»Wie eine Mutter, aber nicht besser als die richtige«

Delegation familialer Fürsorgebeziehungen in der Kindertagespflege

Autor/innen

  • Mareike Tudor Universität Osnabrück

Schlagworte:

Kinderbetreuung, Delegierte Mutterschaft, Kindertagespflege, Private Dienstleistung, Care-Work, Mutterschaft

Abstract

Kindertagespflege kann im Kontext der in Deutschland noch immer vorherrschenden Präferenz weiblicher und insbesondere mütterlicher Kinderbetreuung als eine Delegation von familialer Fürsorge verstanden werden. Die Tagesmutter nimmt in diesem familienähnlichen Betreuungssetting im privaten Kontext dabei den Status einer mütterlichen Bezugsperson ein. Damit steht diese in einem Spannungsverhältnis zu der Mutter des betreuten Kindes in der Hinsicht, als dass sie zwar die Trennung von Mutter und Kind durch eine quasi mütterliche Funktion kompensieren soll, die Mutter-Kind-Beziehung aber gleichzeitig nicht gefährden darf. Mit empirischen Beispielen aus Interviews mit Tagesmüttern und theoretischen Ansätzen der Psychoanalyse und der Arbeitssoziologie wird gezeigt, dass die Betreuungspersonen sich zum einen mit der Mutterposition identifizieren. Zum anderen müssen sie aber auch in ihrer pädagogischen Tätigkeit "emotional management" betreiben, um eine gefühlsmäßge Distanz gegenüber dem Betreuungskind aufrecht erhalten zu können.

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Veröffentlicht

2019-08-21

Zitationsvorschlag

[1]
Tudor, M. 2019. »Wie eine Mutter, aber nicht besser als die richtige«: Delegation familialer Fürsorgebeziehungen in der Kindertagespflege. Komplexe Dynamiken globaler und lokaler Entwicklungen. Verhandlungen des 39. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie in Göttingen 2018. 39, (Aug. 2019).

Ausgabe

Rubrik

Ad-Hoc: Lokale und Globale Sorgebeziehungen – Ein beziehungsorientierter Blick auf die Care-Krise