Ordnungsformen der Gewalt in den „Peripherien“

Vom Gewaltmonopol zum Gewaltoligopol

Autor/innen

  • Markus Holzinger Uni Göttingen

Schlagworte:

Unterschiedliche Ordnungsformen von Gewalt, politische Ordnung in Räumen begrenzter Staatlichkeit, von Trotha, Bayart, Holsti, Eurozentrismus

Abstract

94 Prozent aller mit Waffengewalt ausgetragenen Konflikte sind in den 1990er Jahren innerstaatliche Konflikte. Ein besonderes Merkmal dieser Kriege ist insbesondere in ihrer langen Dauer zu sehen. Mit den Begriffen Staatskollaps, Staatszerfall („failed state“)  und fragile Staatlichkeit, hatte man versucht Typisierungsvorschläge für die Gewaltursachen und unterschiedlichen Varianten bzw. Grade von Defiziten staatlicher Ordnung in diesen Regionen zu identifizieren. Und in der Tat scheint es so, dass die zentrale Quelle ursächlicher Eskalationsprozesse bei diesen Kriegen, die mangelnde Durchstaatlichung der Gesellschaften der Entwicklungsländer ist.

Wenn  man von fragiler Staatlichkeit spricht, dann setzt das allerdings erstens auch ein Konzept von stabiler Staatlichkeit voraus. In der Regel ist dies das Ordnungskonzept des europäischen modernen Nationalstaates. Zweitens muss darauf hingewiesen werden, dass es sich bei dieser Form des „Staates“ häufig nicht einfach um einen „failed state“, sondern – zunächst –  um eine andere Ordnung im Rahmen unterschiedlicherOrdnungsformen von Gewalt“ (Trutz von Trotha) handelt, die allerdings durch ihre inneren Strukturen enorm konfliktanfällig ist.  Die Rede vom Scheitern des Staates führt häufig in die Irre, unterstellt sie doch Unfähigkeit wo das Versagen (partiell) interessengeleitet organisiert ist. Die Akkumulationssicherungsmacht des Staates (G. Hauck) kann sehr stark ausgeprägt sein, auch wenn seine Regulationsmacht sehr schwach ist.  

Drittens ist zu vermerken, dass selbst ein Bürgerkrieg nicht nur als Zusammenbruch der gesellschaftlichen Ordnung, sondern auch als Nährboden neuer, gewaltgestützter sozialer Ordnungsformen zu beschreiben ist.

In dem Text soll es somit darum gehen, einerseits die zentralen Mechanismen dieser Kriege/Gewalteskalationen und unterschiedlichen Ordnungskonfigurationen in aller Kürze zu skizzieren, um zu zeigen wie in den Gewaltdynamiken der Bürgerkriege, die einzelnen Ebenen miteinander zusammenhängen. Andererseits soll sich der Vortrag mit der Entstehung sozialer Ordnungen jenseits des (europäischen) Staates befassen. 

 

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Veröffentlicht

2019-10-14

Zitationsvorschlag

[1]
Holzinger, M. 2019. Ordnungsformen der Gewalt in den „Peripherien“: Vom Gewaltmonopol zum Gewaltoligopol. Komplexe Dynamiken globaler und lokaler Entwicklungen. Verhandlungen des 39. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie in Göttingen 2018. 39, (Okt. 2019).

Ausgabe

Rubrik

Ad-Hoc: Anders-Werden: Die vielfältigen Formen sozialer Prozesse