Notwendig esoterisches Bewusstsein

Bemerkungen zur Esoterik und zum Ideologiebegriff

Autor/innen

  • Jérôme Seeburger Universität der Bundeswehr, München / Universität Leipzig

Schlagworte:

Kritische Theorie, Ideologiekritik, Religionssoziologie, Gesellschaftstheorie, Psychoanalyse, Sozialpsychologie

Abstract

In dem Beitrag wird die Frage diskutiert, inwieweit Esoterik als Ideologie im Sinne von notwendig falschem Bewusstsein begriffen werden kann. Im ersten Teil wird die esoterische Subjektivität gesellschaftstheoretisch und psychoanalytisch bestimmt und die Bedürfnisse analysiert, die durch Esoterik befriedigt werden, sowie die Funktion untersucht, die diese Ideologie erfüllt. Im zweiten Teil werden dann diese Resultate mit Theodor W. Adornos Bestimmungen des Ideologiebegriffs in seinem Beitrag zur Ideologienlehre von 1954 konfrontiert. Adorno behauptet dort, dass die Ideologie nach dem Ende des liberalen Unternehmerkapitalismus nicht mehr als notwendig falsches Bewusstsein begriffen werden könne. Im Gegensatz dazu wird die These aufgestellt, dass Ideologien der Massenkultur wie die Esoterik trotz ihres Mangels an Kohärenz notwendig falsches Bewusstsein darstellen, insofern sie sich blind und anonym aus dem gesellschaftlichen Prozess kristallisieren und in ihnen der gesellschaftliche Geist zum Ausdruck kommt.

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Veröffentlicht

2019-10-28

Zitationsvorschlag

[1]
Seeburger, J. 2019. Notwendig esoterisches Bewusstsein: Bemerkungen zur Esoterik und zum Ideologiebegriff. Komplexe Dynamiken globaler und lokaler Entwicklungen. Verhandlungen des 39. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie in Göttingen 2018. 39, (Okt. 2019).

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Rubrik

Ad-Hoc: Die Rückkehr der Ideologie(n)? Zur ideologischen Struktur der postideologischen Gesellschaft