Die Bedeutung der Begriffe „Links“ und „Rechts“ in verschiedenen sozialstrukturellen Kontexten
Schlagworte:
links, rechts, ALLBUS, Korrespondenzanalyse, BegriffsbedeutungAbstract
War die sozialstrukturelle Verortung der politischen Richtungsbegriffe „Rechts“ und „Links“ lange unzweifelhaft, so ist diese Klarheit spätestens seit der Entstehung der mehrheitlich aus bürgerlichen Verhältnissen stammenden „Neuen Linken“ und der bevorzugt ökonomisch Benachteiligte adressierenden „Neuen Rechten“ passé. Während die soziale Stellung heute kein eindeutiger Indikator mehr dafür ist, ob jemand sich als „Links“ oder „Rechts“ einordnet, kann sie jedoch die ideologische Bedeutung, die den Begriffen „Links“ und „Rechts“ beigemessen wird, maßgeblich prägen. In der Forschung zur subjektiven Bedeutung der politischen Richtungsbegriffe wurde bereits verschiedentlich gezeigt, dass die verbreitete Annahme eines eindeutigen und kollektiv geteilten Verständnisses von „Links“ und „Rechts“ nur sehr eingeschränkt zutrifft. Mögliche sozialstrukturelle Zusammenhänge wurden dabei bisher allerdings weitgehend außer Acht gelassen. Wir stellen daher folgende Fragen:
- Welche kohärenten Konzepte von „links“ und „rechts“ gibt es in der deutschen Bevölkerung?
- Inwiefern ist die Sozialstruktur – unter Konstanthaltung der politischen Positionierung – hierbei ein strukturierender Faktor?
Wir verwenden Daten aus dem ALLBUS 2008, in dem die Assoziationen der Befragten mit „Links“ und „Rechts“ offen abgefragt wurden und analysieren diese mit CAGalt, einer Variante der Korrespondenzanalyse für Textdaten. Wir zeigen, dass auch bei Befragten mit der gleichen politischen Selbstverortung unterschiedliche Assoziationen mit den Begriffen „Links“ und „Rechts“ auftreten. So lassen sich ökonomische, kulturelle oder politisch-systemische Konzepte sowie eine diffus-emotionale Reaktion abgrenzen, die mit Bildung, Region (Ost/West) und Alter assoziiert sind. Wir argumentieren, dass die auftretenden Muster für zwar unterschiedliche, aber jeweils in sich konsistente Konzepte von „Links“ und „Rechts“ sprechen. Unsere Analyse zeigt, dass die vermeintliche Auflösung sozialstrukturell bedingter politischer Bindungen sich zumindest für das ideologische Verständnis nicht bestätigen lässt und dass die Sozialstruktur mithin ein bedeutender Faktor politischer Verortung bleibt.
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