„Rollen zurück aus’n 60ern“

Familiäre Positionierungen während der Corona-Pandemie

Autor/innen

  • Christina Lokk Universität Hildesheim
  • Laura Maleyka Universität Hildesheim

Schlagworte:

Familie, Familiensoziologie, Corona, Geschlecht

Abstract

Die hier vorgestellte Analyse ist ein Beitrag zur Re-Traditionalisierungsdebatte, die seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie über Familien geführt wird. Anhand von einigen Passagen aus einer Gruppendiskussion mit berufstätigen Müttern der bürgerlichen Mittelschicht, die wir positionierungsanalytisch auswerten, möchten wir exemplarisch nachzeichnen, wie sie ihre eigenen Bewältigungsstrategien während der Pandemie interpretieren. Dabei fokussieren wir Akteur/-innen als Subjekte, die nicht unabhängig von ihrer sozialen Lage handeln, welche sich wiederum in ihren geschlechtsspezifischen Identitätskonstruktionen widerspiegelt. Im hier vorgestellten Fall setzt bei den Eltern ein Automatismus ein, der unhinterfragt die traditionelle Rollenverteilung als Antwort auf die Herausforderungen während der Corona-Pandemie hervorbringt. Legitimiert werden diese Rollen über implizite soziale Wissensbestände und werden aus der akteursperspektive als Common Sense gedeutet. Am Ende muss die Frage gestellt werden, ob dieses Ergebnis als Beleg einer Gesellschaft gelesen werden kann, die es Familien in bestimmten sozialen Lagen unmöglich macht, alternative Handlungsstrategien zu entwickeln.

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Veröffentlicht

29.09.2023

Ausgabe

Rubrik

Ad-Hoc: Familie(n) als polarisierte und in polarisierten Welten. Empirische und theoretische Perspektiven einer qualitativen Familienforschung auf die Corona-Pandemie