https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/issue/feed Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie in Bielefeld 2022 2023-09-29T00:00:00+00:00 Dr. Katherine Bird und Wolfgang Hübner GbR kongressband@soziologie.de Open Journal Systems <p>Der 41. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2020 mit dem Titel "Polarisierte Welten" fand vom 26.-30. September 2022 an der Universität Bielefeld statt. An dieser Stelle finden Sie alle von den Vortragenden eingereichten Beiträge.</p> <p>Zitiervorschlag:<br />Paula-Irene Villa (Hg.) 2023: Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie in Bielefeld 2022</p> https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1595 Typen des Querdenkertums 2023-01-16T10:34:38+00:00 Oliver Nachtwey oliver.nachtwey@unibas.ch Johannes Truffer johannes.truffer@unibas.ch Nadine Frei n.frei@unibas.ch <p>Die Proteste der Bewegung der „Querdenker:innen“ haben viel Aufmerksamkeit erhalten, da auf den ersten Blick eine unwahrscheinliche politische Assoziation beobachtet werden konnte: Altlinke, Esoteriker:innen und Neonazis marschierten zusammen auf der gleichen Demonstration und skandierten „Frieden, Freiheit, keine Diktatur!“. Für unsere Untersuchung der Querdenken-Proteste haben wir eine Mixed-Method-Ansatz gewählt. Er besteht aus einem im Dezember 2020 in Telegramgruppen durchgeführten Online-Survey, mehreren ethnografischen Demonstrationsbeobachtungen und einer Vielzahl an qualitativen Interviews. Als grundlegende geteilte Merkmale der Querdenken-Bewegung identifizieren wir eine starke Entfremdung vom politischen System und ein tiefsitzendes Misstrauen gegen die Institutionen der liberalen Demokratie, die beide auf einem geteilten libertären Verständnis von Freiheit basieren. Empirisch lassen sich jedoch Subtypen innerhalb der Querdenker:innen unterscheiden. Wir haben in einer Faktorenanalyse unserer Surveydaten drei Typen von Querdenker:innen ausmachen können: 1. Die Gruppe der Verschwörungsgläubigen, 2. die Gruppe der Esoteriker:innen und 3. die Gruppe der Rechtsnationalen. Wir vertiefen diese Subtypen anhand einer Auswertung von 45 leitfadengestützten Interviews bezüglich Homologien, Konfliktlinien und spezifischen Verlaufsmuster weiter. Mit dieser Triangulation validieren wird einerseits die typologischen Unterscheidungen und bringen andererseits etwas Licht ins Dunkel der unwahrscheinlichen politischen Assoziation von friedensbewegten Energieheiler:innen und neonazistischen Aktivisten des „III. Weg“.</p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1629 Die experimentelle Stadt 2023-01-28T19:02:47+00:00 Franziska Meinherz franziska.meinherz@tum.de Michael Mögele michael.moegele@tum.de Luca Nitschke luca.nitschke@isoe.de Editha Marquardt editha.marquardt@uni-heidelberg.de Dirk von Schneidemesser Dirk.vonSchneidemesser@iass-potsdam.de <p>Experimente gewinnen zunehmend an Bedeutung in gesellschaftlichen Gestaltungs- und Innovationsprozessen; insbesondere im Kontext von städtischen Nachhaltigkeitstransitionen. Experimenten wird zugutegehalten, dass sie aufgrund ihrer iterativen und partizipationsorientierten Art der Lösungsfindung besser als traditionelle Governance-Ansätze geeignet seien, mit Unsicherheit, Komplexität und heterogenen Wertevorstellungen umzugehen. Jedoch wurde ebenfalls festgestellt, dass Experimente in manchen Fällen unzulänglich Bezug nehmen auf kontextspezifische Lebensrealitäten und soziopolitische Konfigurationen, dass sie bestehende Machtstrukturen festigen können, und am Rande oder außerhalb formalpolitischer Entscheidungsprozesse Realitäten schaffen.</p> <p>In diesem Beitrag beleuchten wir anhand von Beispielen aus unserer Forschungspraxis die Vielfalt der Rollen, die Experimente in der politischen Aushandlung und Gestaltung städtischer Nachhaltigkeitstransitionen einnehmen können. Wir decken eine große Bandbreite von experimentellen Zugängen ab und beleuchten diese aus unterschiedlichen Perspektiven: Pop-up-Fahrradwege während Corona, technologiezentrierte Reallabore, Reallabore im Bereich der Pendelmobilität, Reallabore zur nachhaltigen Stadtentwicklung, und Einwohner*innen-Initiative für autobefreite Stadtteile am Beispiel der Kiezblocks. Wir zeigen auf, dass sich Experimente unterschiedlichen Gegenständen annehmen können und somit unterschiedliche Aspekte städtischer Nachhaltigkeitstransitionen politisch prägen. Der Beitrag verdeutlicht zudem, dass Experimente immer auch Aus- und Einschließungsprozesse mit sich bringen, und dass auch solche Prozesse politisch aufgeladen sind.</p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1663 Armut erzählen 2023-01-31T15:22:24+00:00 Kim Bräuer kim.braeuer@dhsh.de Jana Matz jana.matz@fue-fh-kiel.de <p>Aktuelle Prognosen der zunehmenden Armut, die vielfältigen Lebenslagen in Armut und das homogene Bild von „Armen“ nimmt der Beitrag zum Anlass, um mit dem Konzept immersiver Macht (Mühlhoff 2018) aus einer affekttheoretischen Brille auf biografische Erzählungen von in Armut lebenden Person zu blicken und deren Schilderungen in den Kontext aktueller gesellschaftlicher und sozialarbeiterischer Herausforderungen zu stellen. Entlang des biografischen Interviews von Erika F., die an der Studie „Armut in Schleswig-Holstein“ teilnahm, entfaltet der Beitrag Zustände der emotionalen Überforderung wie auch (affektive) Bewältigungsmechanismen, mit der finanziellen Lage zurechtzukommen. Zudem fragt der Beitrag danach, in welchem Verhältnis gefühlte (Selbst-)Wahrnehmung, gesellschaftliche Zuschreibung und materiellen Grundlagen stehen und führt damit biografische Forschung, Armutsforschung und affekttheoretische Überlegungen zusammen.</p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1706 #papahatdazuehnichtszusagen 2023-02-14T21:08:36+00:00 Kim Bräuer kim.braeur@dhsh.de <p>Dieser Beitrag nimmt die steigenden Zahlen von Nutzer*innen, die sich mit „Väterthemen“ befassen, die zunehmenden Beiträge von Väterbloggern sowie die Tatsache, dass zur (Selbst-)Darstellung auf Instagram bisher insgesamt wenig geforscht wurde, zum Anlass, um sich mit der Frage zu befassen, wie Väterblogger sich selbst und ihre Vaterschaft in unterschiedlichen Darstellungsformaten auf Instagram präsentieren. Die väterliche (Selbst-)Präsentation umfasst sprachlich vermittelte Inhalte der Väter, aber auch die Formen medialer und digitaler Techniken, die sie nutzen und deren emotionale Qualität. Die Perspektive dieses Beitrages basiert auf dem affekttheoretischen Konzept immersiver Macht von Mühlhoff und einer Zusammenführung unterschiedlicher Medienanalysen.</p> <p>Der Beitrag skizziert die (Selbst-)Darstellung von Väterbloggern und benennt systematische Unterscheidungskriterien. Abschließend geht er darauf ein, dass bestimmte Dimensionen sozialer Ungleichheit von Väterbloggern nicht dargestellt werden, und skizziert die Bedeutung von Polarisierungsschleifen in den Kommentarspalten der Väteraccounts.</p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1700 Re-Writing Bodies 2023-02-14T13:55:03+00:00 Jannis Steinke jannis.steinke@tu-braunschweig.de <p>Dieser Artikel beginnt eine Diskussion zur Frage nach der Verantwortung, die in den wissenschaftlichen Praktiken des (ethnografischen) Schreibens liegt. Er schlägt vor, wie ein feministisches Objektivitätsverständnis mit dem Vorschlag von John L. Jackson Jr. kombiniert werden könnte, der darauf hinweist, sich anstatt der aneignenden dichten Beschreibung einer Geertzschen Anthropologie einer dünnen Beschreibung zuzuwenden, die bruchstückhaften Ontologien, Körpern und Phänomenen mehr gerecht werde. Schließlich soll daran das Konzept des Caring with von Astrid Schrader angeschlossen werden, das spezifisch nach der Verschränkung zwischen Wissenschaftler*innen, ihren Praktiken und ihren Untersuchungsgegenständen fragt und wie diese stets wechselseitig re-konfiguriert werden.</p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1652 Der menschliche Körper zwischen technischer Überwindung und irdischer Verwurzelung 2023-01-31T09:26:51+00:00 Justus Pötzsch justus.poetzsch@uni-mainz.de <p>Nicht erst mit der Anthropozändebatte, welche sich als diskursive Einhegung der massiven geosystemischen Disruptionen des 20. und 21. Jhd. verstehen lässt, ist deutlich geworden, dass die etablierten modernen Heuristiken, welche ‚den Menschen‘ gegen- und über ‚der Natur‘, respektive der Erde, dem Planeten oder der Welt verorten, nicht länger zur Beschreibung der sozialen Wirklichkeit geeignet sind. Paradoxerweise erscheint gerade im epochalen Zeitalter des Menschen, die namensgebende und orientierungsstiftende Figur, der Anthropos, sowohl epistemologisch wie ontologisch an ihr Ende gekommen zu sein. Diese multiplen Auflösungserscheinungen des Humanen lassen sich dabei auch und gerade an den unterschiedlichen Anforderungen, Erwartungshaltungen, Kompositionen und Modifikationen des menschlichen Körpers ablesen. Dieser Beitrag versucht deshalb anhand einer Gegenüberstellung, der Kontrastierung polarisierter Körperbilder in Trans- und Posthumanismus, eine Kartierung der onto-epistemologischen Erschütterungen und Verwerfungslinien des neuzeitlichen Humanismus vorzunehmen.</p> <p>So wird die sozio-historisch relative junge Erfindung des Menschen in der Epistemologie westlicher Gesellschaften sowie ihr mögliches Verschwinden in den Gezeitenströmen bereits in Foucaults berühmtem Worten am Ende seines Werks <em>Les mots et les choses</em> von 1966 zum Ausdruck gebracht. Doch drückt sich diese nachgewiesene Kontingenz der humanen Figur zu Beginn des 21. Jahrhunderts nun nicht mehr nur im Wandel der Denkformen aus, sondern gewinnt durch die radikalen Transformationen der irdischen Umwelt eine noch existenziellere Bedeutung. Die Zunahme von Extremwetterereignissen, das Entfalten der Klimakatastrophe, das sich Abzeichnen des Ökosystemkollaps sowie das sich global vollziehende sechste Massenaussterben sind nur einige Herausforderungen, welche sich mittels humanistischer Heuristiken und damit einem Weltverständnis, das auf der Logik des moderner Anthropozentrismus basiert, kaum mehr fassen geschweige denn bearbeiten lassen. Folglich emergieren verschiedene Programme, um die prekär gewordene ‚Erfindung Mensch‘ zu retten oder zu redigieren, in jedem Fall aber neu zu situieren. <em>Trans</em>- und <em>Posthumanismus</em> sind dabei wohl die prominentesten Strömungen, die sich dieser Resituierung verschrieben haben. Und beide setzen in ihren Neuverhandlungen des Humanen insbesondere an der Körperlichkeit an. So streben transhumanistische Programme danach, die vulnerable und durch blinde evolutionäre Prozesse hervorgebrachte ‚wetware‘ (de Grey) mittels technologischer Upgrades zu optimieren. Kryonisierung, genetische Modifikation, technologisches Enhancement und nicht zuletzt die Digitalisierung der sterblichen Hülle stellen antizipierte Interventionen von Transhumanist:innen wie Bostrom, Kurzweil, More und Tipler dar. Der Körper erscheint hierbei als maximal modellierbar, als beliebig zu programmierendes und gar zu überwindendes Residuum einer als Beschränkung empfundenen (ersten) Natur. Posthumanistische Positionen plädieren im Gegensatz dazu vor allem für eine strukturelle ‚embeddedness und embodiment‘ (Hayles, Braidotti) menschlicher und nicht-menschlicher Subjekte. Der Körper wird dabei als vitaler Knotenpunkt multipler ‚companion species‘ (Haraway), als Produkt ‚intraaktiver und relationaler‘ (Barad) Beziehungsverhältnisse, als sozio-materielles ‚Stratifikat‘ (Deleuze/Guattari) oder gar als ‚vibrational structure‘ (Ferrando) eines mehrdimensionalen Multiversums konzipiert. Allen posthumanistischen Körperkonzepten ist dabei ein <em>korporeales</em> Verständnis zu eigen, welches eine materielle Verwurzelung bzw. Verortung erst zur Voraussetzung diverser Daseins- und Werdensmöglichkeiten macht, wobei die konkrete Zusammensetzung, die spezifische Assemblage zur indisponiblen Bedingung sozialer Teilhabe an einer <em>mehr-als-menschlichen Realität</em> wird. Anhand dieser polarisierten Konzeptionen und Bewertungen anthropogener Verkörperungen lassen sich so die fundamentalen Verschiebungen der humanistischen Heuristiken nachvollziehen, welche eine notwendige Resituierung des menschlichen auf dem irdischen Körper versuchen.</p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1733 Der Begriff der Komplexität in der Geschichte der Sozialwissenschaften 2023-02-15T22:32:44+00:00 Martin Hauff hauff@soz.uni-frankfurt.de <p align="JUSTIFY">Was ist genau mit Komplexität gemeint? Über den Begriff der Komplexität wurde bereits häufig theoretisch reflektiert, aber über die Rolle, die er in der Geschichte der Sozialwissenschaften spielte, eher weniger. Bemerkenswert ist, dass die Wörter <em>Komplex</em> und <em>System</em> etymologisch gesehen dasselbe zum Ausdruck bringen, und zwar einen Zusammenhang oder das Zusammengefügte. An diesen Wörtern war immer schon die Frage verknüpft, ob das Ganze mehr als die Summe seiner Teile ist oder vollständig auf diese reduziert werden könne. Diese Frage prägte die modernen Wissenschaften, besonders die Biologie, aber auch die Soziologie.</p> <p align="JUSTIFY">Probleme der Komplexität thematisiert Edmund Burke und August Comte. Der Begriff der Komplexität taucht bei Herbert Spencer explizit auf. In diesem Zusammenhang standen auch Fragen nach der Wechselwirkung zwischen den Teilen, dem strukturellen Aufbau des Ganzen, der Dynamik und Evolution der Systeme und ihr Verhältnis zur Umwelt. Die Philosophie Whiteheads und der Britische Emergentismus prägen auch das Werk Talcott Pasons.</p> <p align="JUSTIFY">Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Komplexität in der Kybernetik und der Systemtheorie zu einem Leitbegriff. Aufgrund des damaligen fortschrittsoptimistischen Zeitgeistes war man zuversichtlich, dass sich mit neuen Methoden, Modellen und dem Fortschritt der Computertechnik komplexe Systeme immer besser regulieren ließen. Dieser Optimismus verblasste aufgrund von gesellschaftlichen und innerwissenschaftlichen Umbrüchen in den 1970ern. Die Chaostheorie zeigte, dass nichtlineare Dynamiken die Berechenbarkeit von Modellen stark einschränken, aber dass zugleich aus dem Chaos heraus neue Strukturen entstehen können. Mit Computersimulationen lassen sich Dynamiken sozialer Systeme modellieren. Diese haben aber den Nachteil, dass sie Phänomene starker Emergenz vernachlässigen.</p> <p align="JUSTIFY">Durch eine solche historische Rekonstruktion können die Möglichkeiten und Grenzen des Leitbegriffs der Komplexität besser umrissen werden.</p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1564 Die Erfindung des Zettelkastens als Vergessensmaschine 2022-11-22T17:17:52+00:00 Alberto Cevolini alberto.cevolini@unimore.it <p>In diesem Beitrag setze ich mich mit&nbsp;<span lang="DE">den komplexen soziokulturellen Veränderungen auseinander, die zur bahnbrechenden Erfindung des Thomas Harrison's Zettelkastens (ca. 1640) geführt haben. Ich beschränke mich darauf, drei Innovationen dieser Erfindung und ihren Zusammenhang mit den strukturellen Merkmalen des Luhmannschen Zettelkastens zu beschreiben, nämlich 1. die Benutzung des Zettelkastens als Zweitgedächtnis, 2. die Auflösung und Rekombinierung des Wissens, und 3. die Überschriftenwahl.&nbsp;</span></p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1601 Soziale Arbeitsteilung in der Digitalisierung 2023-01-18T15:39:33+00:00 Kathrin Ganz kathrin.ganz@uni-hamburg.de Tanja Carstensen tanja.carstensen@uni-hamburg.de <p><span class="TextRun SCXW107745616 BCX9" lang="DE-DE" xml:lang="DE-DE" data-contrast="none"><span class="NormalTextRun SCXW107745616 BCX9">Der Beitrag argumentiert, dass</span><span class="NormalTextRun SCXW107745616 BCX9"> intersektionale </span><span class="NormalTextRun SCXW107745616 BCX9">Herrschaftsverhältnisse</span> <span class="NormalTextRun SCXW107745616 BCX9">in den</span><span class="NormalTextRun SCXW107745616 BCX9"> Debatte</span><span class="NormalTextRun SCXW107745616 BCX9">n</span><span class="NormalTextRun SCXW107745616 BCX9"> um den </span><span class="NormalTextRun SCXW107745616 BCX9">„</span><span class="NormalTextRun SCXW107745616 BCX9">digitalen Kapitalismus</span><span class="NormalTextRun SCXW107745616 BCX9">“</span> <span class="NormalTextRun SCXW107745616 BCX9">systematisch berücksichtigt werden müssen.</span> </span><span class="TextRun SCXW107745616 BCX9" lang="DE" xml:lang="DE" data-contrast="none"><span class="NormalTextRun SCXW107745616 BCX9">Ausgangspunkt ist ein Verständnis von Intersektionalität, wonach Kapitalismus systematisch Herrschaftsverhältnisse hervorbringt, die jeweils spezifisch</span><span class="NormalTextRun SCXW107745616 BCX9">en Logiken folgen, aber zugleich miteinander verschränkt sind. </span><span class="NormalTextRun SCXW107745616 BCX9">Für eine Analyse der empirischen Ausprägungen und Charakteristika des digitalen Kapitalismus lässt sich Intersektionalität a</span><span class="NormalTextRun SCXW107745616 BCX9">ls kritisches Analysetool auf</span><span class="NormalTextRun SCXW107745616 BCX9"> soziotechnische</span><span class="NormalTextRun SCXW107745616 BCX9"> Dynamiken </span><span class="NormalTextRun SCXW107745616 BCX9">sozialer</span><span class="NormalTextRun SCXW107745616 BCX9"> Arbeitsteilung</span><span class="NormalTextRun SCXW107745616 BCX9"> beziehen </span><span class="NormalTextRun SCXW107745616 BCX9">und damit zusammenhängend </span><span class="NormalTextRun SCXW107745616 BCX9">auf </span><span class="NormalTextRun SCXW107745616 BCX9">soziale Ungleichheit, Repräsentation und Diskriminierung an der Schnittstelle von Rassismus, Heterosexismus, </span><span class="NormalTextRun SCXW107745616 BCX9">Ableismus</span><span class="NormalTextRun SCXW107745616 BCX9"> und Klassenverhältnissen</span><span class="NormalTextRun SCXW107745616 BCX9">. Dies realisiert der Beitrag, indem erstens exemplarisch diskutiert wird, welche </span></span><span class="TextRun Highlight SCXW107745616 BCX9" lang="DE-DE" xml:lang="DE-DE" data-contrast="none"><span class="NormalTextRun SCXW107745616 BCX9" data-ccp-charstyle="normaltextrun" data-ccp-charstyle-defn="{&quot;ObjectId&quot;:&quot;ec5a5e47-4801-40a6-a3ce-c968a8fd54ae|5&quot;,&quot;ClassId&quot;:1073872969,&quot;Properties&quot;:[469775450,&quot;normaltextrun&quot;,201340122,&quot;1&quot;,134233614,&quot;true&quot;,469778129,&quot;normaltextrun&quot;,335572020,&quot;1&quot;,469778324,&quot;Default Paragraph Font&quot;]}">neuen Ausprägungen sozialer Arbeitsteilung sich mit der Digitalisierung von Produktion und Reproduktion gegenwärtig herausbilden</span><span class="NormalTextRun SCXW107745616 BCX9" data-ccp-charstyle="normaltextrun">. Zweitens wird beleuchtet, welche </span><span class="NormalTextRun SCXW107745616 BCX9" data-ccp-charstyle="normaltextrun">Aushandlungsprozesse und Kämpfe in diesem Feld</span><span class="NormalTextRun SCXW107745616 BCX9" data-ccp-charstyle="normaltextrun"> derzeit zu beobachten sind und wie Herrschaftsverhältnisse durch den strategischen Einbezug von Kritikdiskursen verhandelt und </span><span class="NormalTextRun SCXW107745616 BCX9" data-ccp-charstyle="normaltextrun">(neu) legitimiert werden.&nbsp;</span></span><span class="EOP SCXW107745616 BCX9" data-ccp-props="{&quot;201341983&quot;:0,&quot;335559739&quot;:160,&quot;335559740&quot;:259}">&nbsp;</span></p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1634 Abwicklung und Arbeitskampf 2023-01-29T23:08:49+00:00 Mathias Berek berek@tu-berlin.de <p class="western">Eingebettet in einen Turn der Vielstimmigkeit von Wende- und Nachwende-Erzählungen liefert dieser Beitrag einen Arbeitsbericht aus einem Projekt zu Erinnerungen an die 1990er Jahre und die Elemente von Zusammenhalt, Solidarität und Ressentiment in ihnen – und in welchem Zusammenhang sie mit Vorstellungen gesellschaftlicher Organisation sowie Einstellungen zu politischen Prozessen und Personen stehen. Im Blick des Beitrag stehen die Arbeitskämpfe jener Zeit am Beispiel des geschlossenen Kaliwerks Bischofferode. Die Untersuchung geht von Hartmut Rosas Interpretation von Selbstwirksamkeitserfahrungen aus und davon, dass sie selbst dann vorliegen können, wenn die geführten Kämpfe erfolglos bleiben.</p> <p>Es kommt also darauf an, sich zusammenzuschließen und zu handeln, selbst wenn die Kämpfe erfolglos bleiben sollten. So ist es auch bei den ambivalenten Erinnerungen unserer Interviewpartner aus dem thüringischen Bischofferode, die zwar offen eingestehen, den Kampf um ihren Arbeitsplatz und die Existenz ihres Betriebs verloren zu haben, aber sich dennoch den Stolz erhalten haben, gekämpft zu haben und die Erinnerungen an diesen Kampf letztlich sogar in Form eines Museums institutionalisiert zu haben.</p> <p>Der Begriff des Zusammenhalts fällt bei den Kumpels letzlich nicht in Bezug auf die Gesellschaft, sondern stets in Bezug auf die ehemalige Brigade zu DDR-Zeiten, auf die Kumpels unter Tage – und auf die Proteste. Zusammenhalt scheint also, zumindest für unseren Untersuchungsgegenstand, ein höchst partikularer Begriff in der Selbstverwendung zu sein, der sich nie auf größere Aggregate, geschweige denn die Gesamtgesellschaft, bezieht.</p> <p>Auch bleibt eine Signatur der Wende- und Nachwendezeit die Gleichzeitigkeit von Selbstwirksamkeit und Ohnmacht. Bei der Erinnerung im Kali-Bergbau-Museum stellt die Frage nach dem »Echo der Kämpfe« eine lebendige Verbindung zu aktuellen politischen Einstellungen, Reflexionen und Handlungen her. Die Erinnerung an kollektive Selbstwirksamkeit in der Vergangenheit prägt somit die Selbstwirksamkeitserwartungen in der Gegenwart, wenn auch auf eine keineswegs eindeutige Art.</p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1668 Kontroversen und Effekte des Diskurses zu sogenannter Clankriminalität 2023-02-01T12:44:00+00:00 Stella Nüschen stella.nueschen@dhpol.de Jens Struck jens.struck@dhpol.de Tamara Dangelmaier tamara.dangelmaier@dhpol.de Daniel Wagner daniel.wagner@dhpol.de Daniela Hunold daniela.hunold@hwr-berlin.de Thomas Görgen thomas.goergen@dhpol.de <p>Innerhalb des Beitrags werden Fremdzuschreibungen, die mit einem als <em>Clan</em> bezeichneten Kollektiv in Verbindung gebracht werden, unter einer Perspektive von (Nicht-)Zugehörigkeit betrachtet. Die empirische Grundlage bilden 52 leitfadengestützte teilstrukturierte Expert:inneninterviews mit 66 Repräsentant:innen verschiedener Professionsgruppen, die mit vermeintlichen <em>Clans</em> respektive dem Phänomen sogenannter <em>Clankriminalität</em> befasst sind. Es deutet sich an, dass die zugeschriebene Zugehörigkeit zu einem diffusen, als <em>Clan</em> bezeichneten Kollektiv – sofern der Begriff affirmativ verwendet wird – vielfach gegenüber anderen Formen der Zugehörigkeit überbetont wird. Die Zuschreibung <em>Clan</em> vereinigt insbesondere Zugehörigkeitsformen von Familie sowie Ethnizität. Dies führt dazu, dass lebensweltliche Erfahrungen, Problemlagen sowie Normbrüche respektive Kriminalität vor allem vor dem Hintergrund einer vermeintlichen <em>Clanzugehörigkeit</em> betrachtet werden.</p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1738 Reise in die Wildnis 2023-02-15T22:56:11+00:00 Michael Ernst-Heidenreich ernst-heidenreich@uni-koblenz.de <div> <p class="Einzug05">Der Beitrag nutzt das Beispiel der Wilden Wiese um zentrale Spannungsfelder ehrenamtlicher Jugendarbeit zu diskutieren. Diese Spannungsfelder liegen zwischen organisationaler Routine und nichtalltäglichem Erlebnis, zwischen dem ‚Brennen‘ und ‚Ausbrennen‘ der Ehrenamtlichen im Speziellen und zwischen Teilhabe und Überforderung der Teilnehmenden im Allgemeinen und nicht zuletzt zwischen persönlichem Engagement und institutioneller Verankerung. Mit der Organisation und Durchführung dieser Reise in die ‚Wildnis‘ des ‚neuen‘ Bundeslagers legt die Malteser-Jugend einen spezifischen Pfad durch diese Spannungsfelder und kultiviert auf diese Weise eine spezifische Praxis der gruppenspezifischen Wertevermittlung. Dessen Eigenart wird im Rahmen des Beitrags rekonstruiert.</p> </div> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1726 Empirische Fährten jugendlicher Fahrten 2023-02-15T19:59:44+00:00 Wolfgang Ilg w.ilg@eh-ludwigsburg.de <p>Jugendgruppenfahrten gehören, zumeist in der Form von Freizeiten, zu den wichtigsten Arbeitsformen der Kinder- und Jugendarbeit. Mit dem Forschungsverbund Freizeitenevaluation hat sich ein wissenschaftlicher Kontext etabliert, der empirische Daten für Kinder- und Jugendfreizeiten sowie internationale Jugendbegegnungen erhebt und diese sowohl für örtliche Träger als auch für übergreifende Auswertungen bereitstellt. Der Artikel zeigt den Ansatz dieses Forschungsverfahrens auf und stellt die Methodik der vernetzten Selbstevaluation als eine Verbindung lokaler Evaluationen und wissenschaftlicher Datenerhebungen vor. Zudem werden die Chancen der im Aufbau befindlichen Panelstudie vorgestellt und hinsichtlich ihrer Aussagekraft für exemplarische Erkenntnisinteressen diskutiert. In den Ergebnissen wird deutlich, welche hohe Relevanz Jugendgruppenfahrten aus Sicht der Teilnehmenden haben und welche Bedeutung den haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeitenden dabei zukommt.</p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1585 Außeralltägliche Situationen 2023-01-03T12:33:44+00:00 Wolfgang Wahl wolfgang.wahl@th-nuernberg.de <p>Auf der Grundlage von ethnografischen Beobachtungsprotokollen und Interviews werden Situationen vorgestellt, die sich während des Gruppenwanderns mit Kindern oder Jugendlichen ergeben haben. Dabei geht es einerseits darum, die Situationen selbst in ihrer Typik strukturell zu charakterisieren, anderseits sollen die sozialen Dynamiken und pädagogischen Potentiale der jeweiligen Begebenheiten sichtbar gemacht werden. Grundlage für die Interpretation der ausgewählten Situationen bilden Bezüge zu systemtheoretischen und (neo)phänomenologischen Theorien. So sind beispielsweise außeralltägliche Gruppensituationen strukturell durch eine absichtsvolle Reduktion von Komplexität gekennzeichnet. Im Innenverhältnis der sozialen Gruppe wirkt diese Entlastung häufig positiv auf die Binnenbezüge der Akteure und erleichtert die Bildung von wechselseitigem Vertrauen. Das gemeinsame Wandern schafft darüber hinaus eine gemeinsame Situation, in der mannigfaltige Phänomene der „Einleibung” zu beobachten sind. Charakteristisch dabei ist, dass sich die während des Wanderns ergebenden Situationen ungeplant einstellen.</p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1569 Wer das Geld hat, hat die Macht? 2022-12-16T00:37:34+00:00 Robin Saalfeld robin.saalfeld@uni-jena.de Sylka Scholz sylka.scholz@uni-jena.de <p>Während für Paare eine zunehmende Verbreitung partnerschaftlicher Beziehungsnormen konstatiert wird, herrschen nach wie vor Geschlechterungleichheiten, die sich u.a. im <em>gender wage gap</em> oder <em>gender care gap</em> dokumentieren. Entsprechend wurden bislang Ungleichheiten bei Paaren primär anhand von Einkommensdifferenzen oder entlang der innerpartnerschaftlichen Verteilung von bezahlter Erwerbs- und unbezahlter Fürsorgearbeit untersucht. Es fehlen Analysen zu den ungleichheits(re)produzierenden Mechanismen der Eigentumsverteilung und -aushandlung innerhalb von Paarbeziehungen, denn Eigentum geht über Einkommen hinaus und umfasst Vermögen, Immobilien, Sachgüter, aber auch Schulden als Form negativen Eigentums. Der Beitrag fokussiert ausgehend von Interviewmaterial aus dem Teilprojekt B06 des SFB/TR 294 "Strukturwandel des Eigentums" auf den paarinternen Umgang mit ungleichen Eigentumsausstattungen (<em>property gaps</em>). Mittels eines Fallvergleichs werden Strategien und Effekte der Umverteilung und Vergemeinschaftung von Eigentum zur Überbrückung von <em>property gaps </em>reflektiert. Es zeigt sich, dass in der Analyse des paarinternen <em>doing property</em> die Differenzierung zwischen Eigentumsströmen (<em>flows</em>) und Eigentumsbeständen (<em>stocks</em>) Berücksichtigung finden muss. Zudem fungiert der individuelle Erfahrungshintergrund der Klassenherkunft – neben Geschlecht – als Regulativ bei den meist subtil ablaufenden Eigentumsverhandlungen in Paarbeziehungen. Insgesamt wird für eine stärkere Berücksichtigung der Eigentumsdimension in der Geschlechterforschung plädiert.</p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1655 Mein, dein oder unser „eigenes Kind“? 2023-01-31T11:10:41+00:00 Nora Lege nora.lege@tu-dortmund.de <p class="western" lang="de-DE" style="margin-bottom: 0.35cm;"><strong><span style="font-weight: normal;">Was ist das „eigene Kind“? Ein Eigentumsverhältnis? Der ersten Irritation zum Trotz, führe ich die, in meinem qualitativ-empirischen Promotionsprojekt</span></strong><strong><span style="font-weight: normal;"> entwickelte, gegenstandsbezogene Theorie zum „eigenen Kind“ mit einer Konzeptualisierung von Eigentum als „doing property“ jenseints von Monetarisierung zusammen. </span></strong></p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1749 Brüchige Beziehungen – konflikthafte Eigentumsarrangements 2023-02-20T15:31:49+00:00 Natalie Grimm natalie.grimm@sofi.uni-goettingen.de Ina Kaufhold ina.kaufhold@sofi.uni-goettingen.de <p>Im Zentrum des Artikels stehen unterschiedliche Bewältigungsstrategien von Haushalten, die mit prekären Beschäftigungs- und Lebenswirklichkeiten konfrontiert sind. Anhand einer qualitativen Studie, in der wir die Lebensführung und soziale Lage von prekären Haushalten mithilfe von biografisch-narrativen Gemeinschaftsinterviews in Form von Paar- und Familiengesprächen untersucht haben, wird deutlich, dass der Haushalt sowohl als Kraftquelle zur Bewältigung prekärer Arbeits- und Lebenssituationen als auch als Prekaritätsbeschleuniger wirken kann. Das heißt, prekäre Beschäftigung kann nicht alleine als Frage der individuellen „Bewältigung“ berufsbiografischer Verläufe behandelt werden, sondern muss als Erfahrung und Anforderung im Kontext sozialer Beziehungen in die soziologische Betrachtung eingehen. Auf diese Weise erweitert sich der analytische und methodische Blick auf gesellschaftliche Wirklichkeiten. Die Logik des Kollektiven (der Haushalt, die Familie, die Partnerschaft) kommt in den Blick und Sozialforschung bleibt nicht auf der Ebene einer Logik des Singulären stehen. Durch eine solche Analyseperspektive treten spezifische Verteilungskonflikte und Machtstrukturen sowie konflikthafte Eigentumsarrangements in Haushalten zutage, die durch prekäre Beschäftigungsverhältnisse, geringe finanzielle Mittel und brüchige familiäre Beziehungen geprägt sind. Anhand der Projektergebnisse wird deutlich, dass prekäre Haushalte im Anschluss an die Solidaritätskonzeption von Durkheim zum Beispiel als mechanische Notgemeinschaften, organische Solidargemeinschaften oder ideelle Bündnisse funktionieren können. Insbesondere in den mechanischen Notgemeinschaften finden sich sehr konflikthafte Eigentumsarrangements und diesbezügliche Verteilungskonflikte, die stark mit den Lebensführungsmustern, Wirtschaftsweisen sowie der Gestaltung der sozialen Beziehungen in den Haushalten zusammenhängen. Anhand zweier Fallbeispiele werden diese inneren Handlungsstrategien bzw. alltäglichen Praktiken sowie ihnen zugrundeliegende Haltungen aufgezeigt.</p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1626 Autonomie – Gelehrsamkeit – Ignoranz 2023-01-28T09:21:44+00:00 Mona Motakef mona.motakef@tu-dortmund.de Christine Wimbauer christine.wimbauer@sowi.hu-berlin.de <p>Was in Paarbeziehungen als Eigentum gilt und wie es gedeutet wird, ist eng mit Männlichkeit verknüpft. Gerade in prekären Lebenslagen können hegemoniale Männlichkeitsvorstellungen wie die Ernährermännlichkeit kaum oder nicht realisiert werden. Paare in prekären Lebenslagen müssen zudem aushandeln, wer Eigentum, Besitz, aber auch Schulden, verantwortet – also ein*e Partner*in oder das Paar gemeinsam. Wie wird also Eigentum in Paaren in prekären Lebenslagen verhandelt und wie wird dabei Männlichkeit relevant?</p> <p>Empirische Grundlage ist eine Studie, die wir im Rahmen des DFG-Projekts „Ungleiche Anerkennung? Arbeit und Liebe im Lebenszusammenhang prekär Beschäftigter“ durchgeführt haben. Wir befragten 24 prekär Beschäftigte – Paare und Menschen ohne Paarbeziehung – mittels Paar- und Einzelinterviews. Theoretisch nahmen wir eine geschlechter- und ungleichheitssoziologische und eine Anerkennungsperspektive ein. Wir fragten nach den Wechselverhältnissen aus unsicherer Erwerbsarbeit, Anerkennung und den vergeschlechtlichten Lebenszusammenhängen der prekär Beschäftigten. Zudem fragten wir, ob an der Ernährerrolle als zentrale Handlungsorientierung festgehalten wird, auch wenn Männer diese nicht realisieren können. Oder wird die enge Kopplung von Männlichkeit und Erwerbsarbeit brüchig und gewinnt Sorge (<em>caring masculinity</em>) als Handlungsorientierung an Bedeutung? Wir präsentieren drei Konstellationen des männlichen Umgangs mit prekären Eigentumsverhältnissen: 1. Nach einer Erschöpfungserkrankung als Führungskraft entscheidet sich Walter W. bewusst gegen Sicherheiten und erprobt sich als autonomer Einsiedler im Verzicht auf Eigentum und Nähe. 2. Die geringe Kompetenz von Ben B. mit (ihren) Finanzen und Eigentum umzugehen führt dazu, dass er zunehmend zu einem „gelehrsamen Schüler“ seiner Partnerin wird. 3. Clemens C. versteht sich als „Eigenbrötler“ und wertet die Anstrengungen um Einkommen und Eigentum seiner Partnerin, die Familienernährerin der vier-köpfigen Familie ist, als sinnlosen Ausdruck ihres Arbeitseifers ab. Im Ergebnis argumentieren wir, dass die Ernährermännlichkeit durchaus weiter angestrebt wird, auch wenn sie nicht realisiert werden kann. In wenigen Fällen kann sie auch und insbesondere im Zusammenhang mit einer „beruflichen Nichtanerkennungsresistenz“ in der Handlungsorientierung an Bedeutung verlieren, womit sich aber große Ambivalenzen, d.h. sorgelose Selbstzentrierungen eröffnen.</p> <p>Wimbauer, Christine und Mona Motakef (2020): <em>Prekäre Arbeit – prekäre Anerkennung? Eine Studie über unsichere Lebensverhältnisse. </em><em>Frankfurt/New York: Campus, (open access) </em><a href="https://www.campus.de/buecher-campus-verlag/wissenschaft/soziologie/prekaere_arbeit_prekaere_liebe-15931.html">https://www.campus.de/buecher-campus-verlag/wissenschaft/soziologie/prekaere_arbeit_prekaere_liebe-15931.html</a></p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1606 Zwischen Uneindeutigkeit und Vereindeutigung 2023-01-20T11:09:17+00:00 Natalie Schwarz natalie.schwarz@unil.ch Reiner Keller reiner.keller@phil.uni-augsburg.de <p>Der Beitrag diskutiert, inwiefern Bildern ein eigenständiges Polarisierungspotential innewohnt, oder ob dieses sich erst aus ihrer gesellschaftlichen Kontextualisierung ergibt.</p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1561 Visuelle Polarisierung in sozialen Medien 2023-01-10T13:55:48+00:00 Tom Kaden tom.kaden@uni-bayreuth.de <p>Der Text analysiert Beiträge, die nachweislich von russischer Seite auf englischsprachigen Social-Media-Plattformen (Facebook und Instragram) mit dem Ziel lanciert wurden, die US-Präsidentschaftswahl 2016 zugunsten Donald Trumps zu beeinflussen. Das Bild-Text-Material wird formal auf hälftige Bildunterteilungen untersucht, mit denen ein inhaltlicher Kontrast einhergeht. Dieser formale Zugang zum Phänomen der Polarisierung wird an einigen Beispielen erläutert. Der Beitrag schließt mit einem Hinweis auf die Reduktionsarbeit auf antagonistische Duale, die in den Daten zu finden sind und die der Realität politischer Positionierungen nicht entspricht.</p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1639 Das Personalentwicklungsparadox in der Wissenschaft 2023-01-30T11:24:46+00:00 Roland Bloch roland.bloch@zsb.uni-halle.de Anne K. Krüger anne.krueger@weizenbaum-institut.de <p>In den Debatten um eine Reform der Karrierewege im deutschen Wissenschaftssystem wird seit einigen Jahren an die Universitäten die Forderung nach einer „strategischen Personalentwicklung“ (BMBF) herangetragen. Mit dem <em>Tenure-Track-Programm </em>hat die Hochschulpolitik hierfür einen konkreten Anreiz gesetzt. Voraussetzung für die Teilnahme war die Vorlage eines Personalentwicklungskonzepts für das gesamte wissenschaftliche Personal. Die Universitäten mussten also, häufig erstmalig, ein ganzheitliches Konzept vorlegen. Weil an Universitäten dem Personal eine zentrale Rolle für die Leistungserbringung zukommt, sei Personalentwicklung, so die Annahme in der Hochschulmanagement-Literatur, immer auch im Interesse der Universität. Im deutschen Wissenschaftssystem ist jedoch der Verbleib des Personals unterhalb der Professur an der Universität gesetzlich auf zwölf Jahre begrenzt. Nach Ablauf dieser sogenannten Qualifikationsphase wird man entweder auf eine Professur berufen oder man scheidet aus der Wissenschaft aus. Universitäten stehen somit vor der paradoxen Aufgabe, Personalentwicklung für ein Personal zu betreiben, das nicht auf Dauer in der eigenen Organisation verbleiben wird. Dieses Personalentwicklungsparadox wird anhand einer qualitativen Auswertung von Personalentwicklungskonzepten von 43 Hochschulen exploriert. Unter Rückgriff auf neo-institutionalistische Ansätze und ihre Problematisierung aus der Gouvernementalitätsperspektive wird der analytische Fokus auf das organisationale Selbstverhältnis von Universitäten gelegt, d.h. wie sie sich selbst als organisationaler Akteur definieren und sich so erst in die Lage versetzen, ihr Handeln mit Sinn zu versehen. Es werden vier Strategien des Umgangs mit dem Personalentwicklungsparadox empirisch rekonstruiert, die Auskunft darüber geben, wie sich Universitäten als handlungsfähig vis-à-vis ihrem Personal konstruieren.</p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1675 Soziale Diversität in angespannten Wohnungsmärkten? 2023-02-02T09:41:59+00:00 Ulrike Fettke ulrike.fettke@tum.de Mona Bergmann mona.bergmann@tum.de Elisabeth Wacker esliabeth.wacker@tum.de <p>Die Wohnungsmärkte in Deutschland sind vielerorts angespannt. Besonders in Großstädten kann die Nachfrage nach Wohnraum seit Längerem nicht annähernd gedeckt werden (Henger et al. 2015). Die drängende Wohnraumversorgung in großen Städten fordert auch die umliegenden Kommunen heraus (Ehrhardt et al. 2022, S. 527). Auf dem Wohnungsmarkt geraten bestimmte Personengruppen je nach sozioökonomischem Status, sozialer Ähnlichkeit und gesellschaftlicher Erwünschtheit (Lukes et al. 2018) ins Hintertreffen. Der Wohnungsmarkt beeinflusst die soziale Komposition sowie die Funktionsfähigeit und Lebendigkeit der Kommunen als Gemeinwesen.</p> <p>In der Metropolregion München, konkret im Landkreis Dachau, beobachtet die partizipativ ausgerichtete Feldstudie „WohL – Wohnungsleerstand wandeln! Partizipative Entwicklung neuer Konzepte zum Umgang mit un(ter)genutztem Wohnraum“ diese Phänomene, deckt Hintergründe auf und skizziert Lösungsoptionen.</p> <p>Die WohL Delphi-Studie zeigt die Grenzen sozialer Diversität auf dem Wohnungsmarkt im Landkreis Dachau sowie Impulse für die Förderung lebendiger und zukunftsfähiger Gemeinwesen auf. Demnach sind die aus der Literatur bekannten Listen der auf dem Wohnungsmarkt unerwünschten oder weniger erwünschten sozialen Merkmale zu erweitern. Vermieter:innen wählen häufig nach sozialer Ähnlichkeit. Dies zeigt, dass eine (Wieder-)Erschließung von bislang ungenutztem Wohnraum nicht nur räumliche Ressourcen nutzbar macht, sondern auch das Wagnis neuer Nachbarschaften zu moderieren vermag. Allerdings sind direkte Szenarien von Aufspüren der Angebote und Organisieren der Wohnraumvermittlung mit Kontextsensibilität und Lebensweltbezug umzusetzen.</p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1715 Ostdeutsche ländliche Mietverhältnisse als vergeschlechtlichte und notwendige Wohnrealitäten 2023-02-21T16:35:21+00:00 Rieke Borges rieke_borges@posteo.de <p>Wohnen auf dem Land wird medial gemeinhin als idyllisches Wohnen im großzügigen Eigenheim mit Garten entworfen. Ländliche Wohnrealitäten in Ostdeutschland sind jedoch in hohem Maße durch Mietwohnen in Mehrparteienhäusern geprägt, die zu DDR-Zeiten erbaut wurden. Doch diese Wohnnormalität bleibt diskursiv weitestgehend unsichtbar und findet aktuell wohnungspolitisch und wissenschaftlich kaum Beachtung. Dies ist vor allem deshalb problematisch, da diese günstige und flexible Wohnform zur Miete eine notwendige Alternative für all diejenigen darstellt, die den „Traum vom ländlichen Eigenheim“ nicht realisieren können oder wollen, aber trotzdem im ländlichen Raum leben möchten.</p> <p>Dieser Beitrag stellt die Ergebnisse einer qualitativen Feldforschung zu ostdeutschen ländlichen Mietverhältnissen vor und fragt u.a. danach, welche vergeschlechtlichten Möglichkeitsräume und Abhängigkeiten diese Wohnverhältnisse eröffnen.</p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1671 Private Vermieter*innen in Deutschland 2023-01-31T21:45:00+00:00 Philipp Kadelke philipp.kadelke@tu-dortmund.de <p>Die Wohnungsfrage ist seit nunmehr einem Jahrzehnt (wieder) fester Bestandteil gesellschaftspolitischer und wissenschaftlicher Auseinandersetzungen. In der soziologischen Forschung wird das Thema zuallererst aus Mieterperspektive behandelt (etwa zu Folgen von Verdrängung oder Wohnungslosigkeit). Wird die Angebotsseite thematisiert, dann stehen vor allem Wohnungskonzerne im Zentrum der Aufmerksamkeit, obwohl diese nur über jede zehnte Wohnung in der Bundesrepublik verfügen. Die Rolle privater Kleinvermieter und Kleinvermieterinnen bleibt dabei eine überraschende Leerstelle, obwohl sie mit Abstand die meisten Mietwohnungen halten. Durch welche Motive sind Vermietende charakterisiert? Welche Erfahrungen, Selbstbilder und Strategien prägen Handlungsroutinen der Vermietenden? Reflektieren sie situative und strukturelle Machtungleichgewichte und gibt es womöglich spezifische Legitimationsfiguren? Verfolgen Privatvermietende als (größtenteils) Profiteure der Mietpreisentwicklungen ähnliche politische Interessen zur Absicherung ihrer Position mit entsprechenden Durchsetzungschancen? Der Beitrag bietet auf Basis von Literaturrecherchen und quantitativen Auswertungen ein erstes (sozialstatistisches) „Kennenlernen“ der größten Anbietergruppe auf dem deutschen Mietwohnungsmarkt. Darüber hinaus werden in verschiedenen Phasen des Mietverhältnisses Machtasymmetrien identifiziert, aus denen in einer Prozessperspektive und im Zusammenspiel mit der sozialen Lage Polarisierungen durch den Wohneigentumsstatus sichtbar werden.</p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1711 Hermeneutics of Critical Cyber Security Studies? 2023-02-15T11:47:46+00:00 Lucas Maximilian Schubert lucas.schubert@unibw.de <p>Looking at South-East Europe, and the case of Serbia, offers key insights into reassessing current theoretical debates on cyber (in)security, online disinformation and fake news, and the role of key powers such as China, Russia and the US in this context. Considering the ongoing debate between actor-centered theories of e.g. Balzaq and Cavelty, on the one hand, and political ontology by e.g. Liebetrau and Christensen on the other, the issue of adaptivity of theoretical frameworks in specific cases arises. Hermeneutics represents a possible approach to not only create a synthesis, but also to better understand the relationship between cybersecurity and international relations. In this paper I argue that the specific interrelationship between complexity and interconnectivity of both domestic and foreign factors renders the case of Serbia particularly well suited to investigating our conceptual and empirical understanding of International Relations.</p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1649 Echo Chambers without Conversation? 2023-02-14T16:52:02+00:00 Felix Gumbert felix.gumbert@uni-bielefeld.de Ole Pütz ole.puetz@uni-bielefeld.de Florian Muhle Florian.Muhle@zu.de Robert Ackland robert.ackland@anu.edu.au <p>Echo chambers on social media are described as homophilic clusters that are characterized by a repeated confirmation of users’ political opinions and a lack of confrontation with other opinions, a process that leads to the solidification and radicalization of beliefs. The empirical research literature on the existence and effects of echo chambers yields quite mixed results, with some studies finding evidence for the existence of echo chambers and others not. In this article, we argue that network analytic research about echo chambers on Twitter would benefit from an investigation of reciprocal communication. Current research finds evidence for echo chambers for political topics in retweet networks. However, such approaches may not adequately reflect the degree of fragmentation on Twitter because a retweet is a form of information diffusion that does not support the reciprocity necessary for political discussions. To capture reciprocal communication, we instead suggest to focus on replies. We then show that typical approaches to data collection based on hashtags or keywords capture only a small fraction of replies about any given topic. With the introduction of the conversation_ID by Twitter it is now possible to collect all replies to original tweets, resulting in much larger collections of replies. We illustrate an approach that focuses on reciprocal communication through replies with the construction of the #debate2020 dataset. Here, original tweets and replies are represented in a tree structure as threaded reciprocal communication. We argue that it is in threaded replies where we might find evidence for echo chambers in patterns of mutual affirmation or contestation and delegitimization of dissenting positions.</p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1743 Wo Differenzierung ist, wächst das Verbindende auch? 2023-02-17T08:46:02+00:00 Boris Holzer boris.holzer@uni.kn <p>Prozesse gesellschaftlicher Polarisierung sind nicht nur auf nationaler, sondern auch auf globaler Ebene zu beobachten. Das prominenteste Beispiel einer bipolaren globalen Ordnung stellte lange Zeit der Ost-West-Konflikt dar. Seit seinem Ende werden immer wieder neue Formen globaler Polarisierung und Spaltung diskutiert: vom „Clash of Civilizations“ bis zur „multipolaren Ordnung“. Ähnlich wie Diagnosen gesellschaftlicher Spaltung im Rahmen einzelner Nationalstaaten neigt die Beobachtung globaler Polarisierung jedoch dazu, einzelne Konfliktdimensionen zu fixieren und gegenläufige Tendenzen, die sich aus der Struktur pluralistischer und differenzierter Sozialbeziehungen ergeben, zu unterschätzen. Einer nachhaltigen Polarisierung steht die Strukturprämisse funktionaler Differenzierung entgegen, dass Personen mehrfach und in wechselnde Beziehungskonstellationen inkludiert sind. Aufgrund dieser Mehrfachinklusion gingen bereits Durkheim und Simmel davon aus, dass Differenzierung solidarische Verbindungen zwischen Individuen und Gruppen fördert. Mit Blick auf ideologische Polarisierung beschrieb Parsons den „Pluralismus“ moderner Gesellschaften als eine soziale Infrastruktur, deren „cross-cutting ties“ zur Konfliktdämpfung beitragen. Der Beitrag verfolgt das Ziel, die These der verbindenden und konfliktdämpfenden Folgen funktional differenzierter Beziehungen im Kontext der Weltgesellschaftstheorie zu rekonstruieren. Vor diesem Hintergrund soll geklärt werden, welche Bedeutung historische und zeitgenössische Formen globaler Polarisierung und deren Thematisierung für die Integration der Weltgesellschaft hatten und haben.</p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1586 Integration durch systemische Resonanz? 2023-02-15T20:03:56+00:00 Hannah Vermaßen hannah.vermassen@uni-erfurt.de <p>Im Hinblick auf das Begriffspaar Differenzierung/Integration liegt der Fokus der Systemtheorie Niklas Luhmanns klassischerweise auf der Frage der gesellschaftlichen Differenzierung – der operativen Geschlossenheit sozialer Systeme. Die daran anschließende Frage nach der wechselseitigen Relationierung dieser Systeme – ihrer spezifischen Offenheit für die Belange ihrer Umwelt – wird demgegenüber nur selten systematisch thematisiert. Dies führt dazu, so der häufig geäußerte Vorwurf, dass die Systemtheorie viel zur (affirmativen?) Beschreibung gesellschaftlicher Strukturen, aber nur wenig zur kritischen Auseinandersetzung mit deren Änderbarkeit beizutragen hat (Osrecki 2015, S. 231– 33). Angesichts des mit gesellschaftlicher Differenzierung einhergehenden „gewaltigen Leistungs- und Komplexitätszuwachs der modernen Gesellschaft“ verliert sie die daraus resultierenden „Probleme der Integration, das heißt der geringen Resonanzfähigkeit sowohl zwischen Teilsystemen der Gesellschaft als auch im Verhältnis des Gesellschaftssystems zu seiner Umwelt“ tendenziell aus dem Blick (Luhmann 2008, S. 48). </p> <p>Um dieser Integrationsvergessenheit etwas entgegenzusetzen und die Voraussetzungen, Formen und Folgen gesellschaftlicher Integration beschreiben zu können, muss der auf gesellschaftliche Schließungsprozesse gerichtete Beobachterfokus der Systemtheorie auf die spezifische Offenheit sozialer Systeme umgelenkt werden. Ausgangspunkt hierfür ist das Konzept systemischer Resonanz, das beschreibt, wie soziale Systeme auf ihre Umwelt reagieren können (Baecker 2006, S. 42). Im Anschluss an Luhmanns Diskussion systemischer Resonanz unterscheide ich drei Resonanzdimensionen: Die <em>Resonanzfähigkeit</em> – die strukturellen Voraussetzungen des systemischen Umweltbezugs, das <em>Resonieren </em>– die operativen Prozesse, mittels derer sich Relationierungen von System und Umwelt vollziehen, sowie die <em>Resonanzen </em>– deren systeminterne bzw. gesamtgesellschaftliche Konsequenzen. Mittels dieser drei Resonanzdimensionen kann die spezifische Offenheit operativ geschlossener Sozialsysteme – und damit die Bedingungen, Formen und Folgen gesellschaftlicher Integration – umfassend und systemtheoretisch kohärent beschrieben werden. Wie ich am Beispiel des gesellschaftlichen Umgangs mit der Klimakrise illustriere, kann das Resonanzkonzept darüber hinaus auch als instruktive Beobachterfolie für die empirische Rekonstruktion konkreter gesellschaftlicher Integrationsprobleme genutzt werden.</p> <p> </p> <p><strong>Literatur</strong></p> <p>Baecker, Dirk. 2006. Zu viel Kausalität, zu wenig Resonanz? Becks Risikogesellschaft und Luhmanns ökologische Kommunikation. <em>Politische Ökologie</em> 100: 41–45.</p> <p>Luhmann, Niklas, 2008. <em>Ökologische Kommunikation: kann die moderne Gesellschaft sich auf ökologische Gefährdungen einstellen?</em>, Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.</p> <p>Osrecki, Fran. 2015. Kritischer Funktionalismus: Über die Grenzen und Möglichkeiten einer kritischen Systemtheorie. <em>Soziale Systeme</em> 20 (2): 227–256.</p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1574 Kinderkriegen als sozial distribuierte Praxis 2022-12-20T16:54:22+00:00 Peter Hofmann peter.hofmann@uni-mainz.de Nora Lege nora.lege@tu-dortmund.de Laura Völkle laura.voelkle@uni-tuebingen.de <p>Im Einführungsvortrag zur Ad-Hoc-Gruppe haben wir unsere qualitativ-empirischen Promotionsprojekte hinsichtlich ihres geteilten thematischen Horizonts miteinander ins Gespräch gebracht: Während wir uns mit dem Blick auf Paare in reproduktionsmedizinischer Kinderwunschbehandlung (Peter Hofmann), auf die Herstellung von Vaterschaftspositionen (Laura Völkle), und auf die soziale Konstruktion des "eigenen Kindes" (Nora Lege) unterschiedlichen Fragestellungen widmen, gruppieren sich unsere Forschungsarbeiten um dasselbe soziale Phänomen des Kinderkriegens. Dieses verstehen wir als eine sozial distribuierte Praxis, an der unterschiedliche Akteurstypen, Wissensformen, Körper und Techniken beteiligt sind und welche lange vor der Verschmelzung von Keimzellen beginnt sowie weit über die Geburt eines Kindes hinausreicht.<br />Grob unterschieden, untersuchen die genannten Studien schwerpunktmäßig jeweils eine der drei Dimensionen, die angesichts der zunehmenden Pluralisierung des Kinderkriegens in den letzten Jahrzehnten neu zur Disposition stehen: 1. Wie entstehen Kinder? 2. Wer bekommt sie? 3. Und warum? Peter Hofmann nimmt das "Wie" der Zeugungspraktiken in den Blick und fragt nach der soziomateriellen Praxis, die sich von der Lebenswelt der Paare über die Ärzt:innen-Patient:innenbeziehung bis hinein ins IVF-Labor erstreckt. Laura Völkle wiederum fragt wer am Prozess der Hervorbringung des Kindes beteiligt ist und welche Formen von Beziehungen, Zugehörigkeiten und Elternschaftspositionen aus dieser Beteiligung erwachsen. Zu guter Letzt fragt Nora Lege mit der alltagsweltlichen Konstruktion des "eigenen Kindes" nach der subjektiven Bedeutung des Kinderkriegens für die Eltern-Kind-Beziehung und somit nach dem "Warum" des Kinderkriegens.<br />Ausgehend von unserem gemeinsamen thematischen Horizont und den unterschiedlichen dimensionalen Gewichtungen haben wir uns mit dem Vortrag auf eine sozialtheoretische Spurensuche begeben: Welche Überschneidungen ergeben sich aus den unterschiedlichen Zugängen? Wie tragen die drei genannten Dimensionen zur sozialen Sinnkonstitution des Kinderkriegens bei und welche gemeinsamen sozialtheoretischen Fragen lassen sich finden? In der Gesamtschau der Studien sollten Anknüpfungspunkte und Differenzlinien, aber auch blinde Flecke identifiziert und für die Diskussion geöffnet werden.</p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1754 Welche Kinder kriegen? 2023-02-28T19:58:59+00:00 Eva Sänger esaenger@uni-koeln.de <p>Pränataldiagnostische Untersuchungen im Rahmen der medizinischen Schwangerenvorsorge werfen die Frage auf, welche fötalen Körper überhaupt geboren werden sollen. Vertreter*innen der Disability Studies kritisieren, dass Pränataldiagnostik ableistisch ist. Die Suche nach fötalen Auffälligkeiten beruht auf einem defizitorientierten Modell von Behinderung und bei dem Befund einer genetischen Besonderheit steht die Frage im Raum, ob die Schwangerschaft abgebrochen werden soll. Der Beitrag zeigt auf der Basis einer ethnografischen Studie zum pränatalen Elternwerden im Kontext medizinischer Schwangerschaftsvorsorgen auf, welche Bedeutung die affektive Ebene der medizinischen Schwangerenvorsorge und Pränataldiagnostik für elterliche Subjektivierungsprozesse hat und lotet das Verhältnis von Ableismus und der Affektivität von Praktiken für das vorgeburtliche Elternwerden bzw. Kinderkriegen aus.</p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1612 Konkurrieren 2023-02-06T09:59:09+00:00 Anna Kosmützky anna.kosmuetzky@lcss.uni-hannover.de Frank Meier frank.meier@uni-bremen.de <p>Wettbewerb findet sich in einer Vielzahl von sozialen Kontexten und ist keinesfalls ein ausschließliches Merkmal der Wirtschaft. Will man Aussagen darüber treffen, ob in bestimmten sozialen Bereichen Wettbewerb stattfindet, muss man Wettbewerbsdiskurse von Wettbewerb als sozialer Form unterscheiden. Als soziale Form ist Wettbewerb keine freischwebende Struktur, sondern ein operatives Geschehen, für das Konkurrieren als eine spezifisch strukturierte Form des Handelns konstitutiv ist. Der Beitrag macht im Anschluss an Georg Simmels Soziologie der Konkurrenz einen Vorschlag, wie Konkurrieren konzeptionell verstanden werden kann und ermöglicht so, Wettbewerb empirisch zu erfassen.</p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1644 Verrückte Zeiten? 2023-01-30T15:57:31+00:00 Corinna Schmechel corinna.schmechel@hu-berlin.de <p>Schon länger ist eine gewisse Relevanzsetzung und Normalisierung psychischer Krisenerfahrungen und psychopathologisierter Phänomene in der Popkultur, in Berichterstattungen zu Stars, in Popsongs und Serien zu vermerken, deren normalisierendes und entstigmatisierendes Potential strittig, aber diskutabel ist (Nowotny 2021a). Auch das Genre der autobiografischen Berichterstattung über eigene psychische Krisen- und Krankheitserfahrungen von mehr oder weniger berühmten Personen wächst (z.B. Krömer 2022; Raether 2021; Niessl 2021). Selten jedoch wird dabei direkt auf soziale und politische Umstände als mögliche Ursachen eingegangen (Nowotny 2022; vgl. David 2022), geschweige denn das Konzept psychischer Erkrankung als solches infrage gestellt.</p> <p>Im Kontext der Corona-Pandemie sowie des Krieges in der Ukraine zeigt sich eine weitere Verschiebung mindestens im deutschsprachigen Diskurs: Nun gelten grundsätzlich alle als psychisch belastet und gefährdet. Ein Anstieg von Depressionen und anderen Psychopathologien wird attestiert (Starzmann 2020; BMBF 2020).</p> <p>Ist das als allgemeine Normalisierung, Enttabuisierung und Entstigmatisierung zu begreifen? Deutet sich ein Wandel in der Thematisierung mentaler Gesundheit im öffentlichen und populärwissenschaftlichen Diskurs an? Bietet die kollektive psychische Krisenerfahrung neue Möglichkeiten über die gesellschaftliche Bedingtheit psychischer Krisen zu sprechen, also auch an die Gesellschaftskritik der Antipsychiatrie und Psychiatriekritik anzuknüpfen? Dem soll anhand exemplarischer populärer Medienbeiträge nachgegangen werden, um erste heuristische Antworten auf diese Fragen zu finden.</p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1678 „Oh dann, dann bin ich wohl das Problem.“ 2023-02-02T15:38:07+00:00 Sarah Mönkeberg moenkeberg@uni-kassel.de <p>Der Beitrag stellt empirische Befunde zur (Selbst-)Pathologisierung im psychotherapeutischen Prozess vor. Ziel ist es, Ansatzpunkte für einen Dialog zwischen der soziologischen Disziplin und der psychotherapeutischen Profession auszuweisen, der diesseits des kritischen Gestus liegt, durch den sich insbesondere sozialkonstruktivistische und diskursanalytische Ansätze im Untersuchungsfeld auszeichnen.</p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1660 Long Covid und der „psychosomatische Verdacht“ 2023-01-31T14:27:03+00:00 Carolin Mezes carolin.mezes@uni-marburg.de <p>Eine der vielen Auseinandersetzungen um das pandemische Krankheitsgeschehen entfaltet sich am Krankheitsbild Long bzw. Post Covid. Aufbauend auf vorhergehende, ähnlich gelagterte Auseinandersetzungen entzündet sich die Polarisierung um Long Covid wesentlich an der Frage, ob die bisher nicht geklärten physiologischen Zusammenhänge nahelegen, dass es sich um eine psychosomatisch (mit)bedingte Erkrankung handelt. Streitpunkt ist psychosomatisches und psychotherapeutisches Wissen sowie der Umgang mit wissenschaftlicher und klinischer Evidenz. Ziel dieses Beitrags ist es, die Polarisierung um Long Covid und das Psychosomatische wissenschafts- und medizinsoziologisch in den Blick zu nehmen. Meine Beobachtungen beginnen bei der Situation der Betroffenen zu Anfang der Pandemie, in der ihre Beschwerden durch das von COVID-19 vorgeprägte Raster fielen. Denn, während COVID-19 als sogenannten <em>emerging infectious disease</em> geprägt war, lässt sich Long Covid vielmehr als eine sogenannte <em>emerging contested illness</em> verstehen. Zum Verständnis von Long Covid als einer solchen „umkämpften Krankheit“ ziehe ich ein wissenschaftssoziologisches Argument heran. Es erklärt über die Wirkmächtigkeit der modernen dualistischen Wissensordnung, warum in (hier titelgebenden) Situationen <em>diagnostischer Unsicherheit</em> ein <em>psychosomatischer Verdacht</em> als vielmehr stigmatisierende Verdächtigung des Subjekts wirksam wird. Vor diesem Hintergrund illustriert der Beitrag einige der Kernaspekte des Long Covid Aktivismus. </p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1680 Digitale Monopole 2023-02-03T09:06:47+00:00 Jürgen Beyer juergen.beyer@uni-hamburg.de <p>Die Internetwirtschaft ist durch die Dominanz von digitalen Monopolen geprägt. Tech-Riesen wie Alphabet, Amazon und Meta Platforms konzentrieren immer mehr Marktmacht auf sich. Die gängige ökonomische Erklärung für die „natürliche“ Monopolbildung im Bereich der Internetwirtschaft betont die Netzwerkexternalität als Hauptfaktor. In dem Beitrag wird eine alternative wirtschaftssoziologische Erklärung der digitalen Monopolbildung vorgestellt, die auf eine spezifische Prägung der Marktkonstituierung hinweist, welche Netzwerkexternalität zu einem relevanten Faktor des Markttauschs im Internet gemacht hat. Aufgrund der wirtschaftssoziologischen Perspektive wird deutlich, dass ein Ökonomisierungsschub in Richtung Marktseitenerweiterung, die Parasitierung der Offline-Ökonomie und die intensivierte Verschleierung der dialektischen Beziehung zwischen Gebrauchs- und Warenwerten Folgewirkungen der ursprünglichen Konstitutionsbedingungen für Markttausch im Internet sind.</p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1716 Algorithmen und militärische Führung 2023-02-15T14:17:06+00:00 Cristina Besio besioc@hsu-hh.de Cornelia Fedtke fedtkec@hsu-hh.de Christine Posner posnerc@hsu-hh.de <p class="Einzug05">Die digitale Transformation ist in vollem Gange. Veränderungen, die mit der Digitalisierung einhergehen wirken sich auf Organisationen aus, denn Organisationen gestalten die Folgen der Digitalisierung und ihre Ausprägungen selbst mit. In diesem Beitrag betrachten wir Aspekte von Zukunftsvorstellungen über die Wirkungen digitaler Technologien, die in Organisationen zirkulieren. Zukunftsvorstellungen sind soziale Imaginationen und prägen dabei gesellschaftliche Annahmen und Einstellungen über die Digitalisierung. Dementsprechend gehen wir der Frage nach wie sich organisational respezifizierte Zukunftsvorstellungen auf die digitale Transformation der Bundeswehr, insbesondere bei der Nutzung datenintensiver Algorithmen auswirken; etwa indem sie die Einführung bestimmter Techniken unterstützen oder behindern. Zur Beantwortung der Frage nutzen wir empirisches Material aus dem dtec-Forschungsprojekt „Führungskulturen im digitalen Zeitalter – Der Fall der Bundeswehr“, insbesondere im Hinblick auf die militärische Führung.</p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1748 Vergeschlechtlichte Arbeitsteilung in der Corona-Krise als „Backlash“? 2023-02-20T15:12:16+00:00 Brita Krucsay brita.krucsay@univie.ac.at <p>Als Folge der Lockdown-Regelungen zur Eindämmung der Corona-Pandemie rückte im Jahr 2020 in Österreich die Familie erstmals als Produzentin „systemrelevanter Leistungen“ ins Licht der öffentlichen Wahrnehmung: Sozialwissenschaftliche und massenmediale Beiträge problematisierten den Widerspruch zwischen der Notwendigkeit und der gesellschaftlichen Bewertung und Sichtbarkeit „privat“ geleisteter und vergeschlechtlichter Reproduktionsarbeit. Der Beitrag rekonstruiert anhand der Karriere des soziologisch geprägten Terminus der „traditionellen Rollenbilder“, wie das potentielle Konfliktfeld, das sich aus den getroffenen Maßnahmen und der empirisch dokumentierten Überforderung der Betroffenen ergab, diskursiv neutralisiert wurde, indem dessen kritische Stoßrichtung in gängige individualisierende und kapitalismuskompatible Bearbeitungsstrategien eingepasst wurde. Unter Bezug auf Erkenntnisse feministischer Ökonomie und Ideologiekritik wird rekonstruiert, wie unter Krisenbedingungen herrschende Mythen verfestigt werden und danach gefragt, welche Rolle sozialwissenschaftliche Kritik dabei einnehmen kann.</p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1659 Frau*- und Mann*sein in Südkorea: Lokalisieren der Geschlechterdichotomie als Kategorie der sozialen Orientierung und Grenzbegriff 2023-02-14T13:36:56+00:00 Ju Yun Park ju_yun.park@tu-darmstadt.de <p>Der Name Jiyoung identifiziert sich mit einer weiblich sozialisierten Person in Südkorea. In der Wirklichkeit erhielt eine hohe Anzahl an Frauen* des Jahrgangs 1982 diesen Namen, so repräsentiere Jiyoung jede Frau* dieser Generation und (re-)figuriere deren Betroffenheit. Die Lebensereignisse der Jiyoung lassen die Leser*innen ihre eigene gesellschaftliche Ordnungsrealität wiedererkennen, wie die Lebensentscheidungen unter der patriarchalen Denk-, Deutungs- und Handlungsempfehlungsmatrix strukturell bestimmt werden. Jiyoungs Handlungspragmatik ist meist „sich zum Schweigen bringen (silencing nach Spivak)“, welches sich in einer Entscheidungsverschiebung oder Unentschlossenheit zwischen Akzeptanz und Anlehnung ihrer traditionellen und der davon emanzipierenden Rollenzuschreibung begründen lässt. Der Ausgangspunkt des Beitrags ist die konträre (Re-)Aktion auf den Roman der vergeschlechtlichten Subjekte in Südkorea von 2016 bis 2018; zwischen den Frauen* mit ihrem rasanten Beifall für die Offenbarung der generationsübergreifenden Verletzungen des Frauen*seins und den Männern* mit ihrem Boykott aufgrund der Männerfeindlichkeit und Realitätsverfälschung. Wiederverzauberung und zugleich Marginalisierung des Frau*- und Mann*seins durch die geschlechterdichotome boundary work reproduzierten sexualisierte Narrative und Wahrnehmungsfilter. Eine zentrale Fragestellung des Romans, ob das Ungleiche durch die Verortung vom Frau* oder Mann* sein das Unrecht legitimiere, fand schnell einen Rückgang. Der Beitrag setzt sich diskursanalytisch mit zwei herauszuarbeitenden Erkenntnissen auseinander: 1. Ein lokalspezifisch entwickelter Diskurs über die Geschlechterparadigmen produziert eine epistemische Neuausrichtung. Z. B. die Orientierung am Zweigeschlechtermodell lässt sich im Diskurskontext unverzichtbar gelten, denn die Teilhabe am gesellschaftlichen Diskurs setzt die Subjektverortung in der Zweigeschlechterkategorie voraus. 2. Die Gesellschaftsmitglieder, die sich außerhalb dieser Kategorie verorten, nicht als Teilhabenden am Diskurs wahrgenommen werden. Abschließend werden Forschungsaspekte vorgestellt: wie anschlussfähig sich die westeuropäisch vorgefassten Geschlechterverständnisse für die lokalspezifischen Deutungen der Genderdiskurse verhalten und inwieweit die Geschlechterdichotomie als soziale Orientierung zugleich als Grenzbegriff dezentrierend zu behandeln ist.</p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1582 Die Hervorbringung von Elternschaftspositionen in Fortpflanzungskonstellationen 2022-12-31T15:17:26+00:00 Laura Völkle laura.voelkle@uni-tuebingen.de <p>Die Familiensoziologie ging und geht oft selbstverständlich davon aus, dass beim Kinderkriegen aus „Paaren“ „Eltern“ und „Familien“ werden. Doch die sozialen Arrangements dieser Praxis haben sich längst pluralisiert und reichen von der gewählten Singlemutterschaft mit Samenspender, über gleichgeschlechtliche Konstellationen unter Beteiligung Dritter, bis hin zu postromantischen Co-Parenting-Projekten mit zwei oder mehr „Gründungsmitgliedern“. In solchen Konstellationen ist Elternschaft oft ein deutungsoffenes Konzept, das mehr oder weniger Teilnehmer:innen als die Paardyade einschließen kann und unterschiedliche Formen der Beziehung zum (werdenden) Kind umfasst, die sich mit der einfachen Unterscheidung von Eltern/Nicht-Eltern nicht gut fassen lassen. Der Beitrag nimmt mit und gegenüber anderen Begriffsangeboten vier konzeptuelle Verschiebungen vor und plädierte dafür, den Begriff der Eltern nicht einfach alltagsweltlich vorauszusetzen, sondern als kontingente Herstellungsleistung mittels des Konzepts der <em>Fortpflanzungskonstellation</em> zu untersuchen. Dieser Begriff kann als konzeptueller Rahmen für die Analyse des Kinderkriegens und die Herstellung elterlicher Beziehungen, die dabei stattfindet, fungieren. Nach der Herstellung von Elternschaft zu fragen, bedeutet dann zu fragen, wie Zugehörigkeiten und Beziehungen zum Kind (und zu den anderen Teilnehmer:innen der Fortpflanzungeskonstellation) hervorgebracht, affektiv gefärbt und im Beziehungsgefüge, das sich um die Geburt eines Kindes herum formiert, sozial signifikant gemacht werden.</p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1617 Gesundheitspraktiken und die Logik der Distinktion 2023-01-25T14:18:26+00:00 Dominik Röding roeding.dominik@mh-hannover.de <p><strong>Hintergrund:</strong> Bourdieus Distinktions- und Kapitalkonzept gelten als Schlüssel zur Erklärung sozialer Ungleichheiten in Gesundheitspraktiken. An dieser Literatur wird kritisiert, dass sie Bourdieus Ansatz auf graduelle Unterschiede in der Ressourcenausstattung kapriziert und milieuspezifische Unterschiede in der Kapitalstruktur ausblendet. Bei Bourdieu ist aber Distinktion ein „Spiel“ der Milieus um den Wert der Kapitalarten mit dem Ziel, die eigene soziale Position zu verbessern. Folgt man seiner These, dass die kulturell dominierenden Milieus eine Gesundheitskultur etablieren, mit der sie sich gegenüber den ökonomisch dominierenden Milieus distinguieren, dann verlaufen soziale Ungleichheiten in Gesundheitspraktiken wesentlich entlang der Kapitalstruktur (horizontale Achse).</p> <p><strong>Fragestellungen</strong>: Sind gesunde Lebensführung und Homöopathienutzung entlang der horizontalen Achse ungleich verbreitet? Führt in dieser Frage eine milieu- im Vergleich zur sozialstatusspezifischen Analyse zu ergänzenden Erkenntnissen?</p> <p><strong>Methoden</strong>: Datenbasis ist die deutsche Stichprobe (n = 3.045) des European Social Survey 2014. Anhand eines Klassenmilieu-Schemas wurden in der oberen Klasse die Liberal-Intellektuellen (LIBI) und die Konservativ-Gehobenen (KONG) unterschieden, in der mittleren das postmaterialistische (PM) und materialistische (MA) Milieu sowie in der unteren das Prekariat (PREK). Es wurden Einkommen- und Bildungsgruppen differenziert, die Homöopathienutzung erhoben und ein Index für gesunde Lebensführung gebildet. Gerechnet wurden Kontingenzanalysen und multiple logistische Regressionen.</p> <p><strong>Ergebnisse</strong>: Die Kontingenzanalysen zeigen, dass gesunde Lebensführung und Homöopathienutzung in unteren Einkommens- und Bildungsgruppen weniger verbreitet sind sowie dass gesunde Lebensführung im LIBI und im PM verbreiteter ist als im KONG, MA und PREK sowie dass Homöopathienutzung im PM verbreiteter ist als im LIBI, KONG, MA und PREK. Die Regressionsanalysen bestätigen dieses Bild und zeigen, dass die Milieuzugehörigkeit einen von Alter, Geschlecht, Einkommens- und Bildungsstatus unabhängigen Erklärungsbeitrag liefert.</p> <p><strong>Fazit</strong>: Das Klassenmilieu-Schema legt horizontale Ungleichheiten in Gesundheitspraktiken offen, die bei sozialstatusspezifischen Analysen verdeckt bleiben. Theorie und methodisches Repertoire der gesundheitlichen Ungleichheitsforschung sollten entsprechend erweitert werden.</p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1696 Die „Suche nach Normalität“ als subjektiver Bewältigungsprozess im Arbeitsalltag nach Brustkrebs 2023-02-13T19:20:56+00:00 Miriam Schanze miriam_schanze@web.de <p>Bei dem ersten Deutschen Krebsforschungskongress (DKFK) in 2019 wurde im Zusammenhang mit der steigenden Krebs-Inzidenz von einem zu erwartenden „Tsunami an Krebserkrankungen“ gesprochen. Wie Betroffene nach und mit den Folgen dieser Erkrankung in den Alltag, insbesondere den Berufsalltag, zurückkehren, ist bislang allerdings kaum Thema soziologischer Forschungen gewesen. Vor diesem Hintergrund ist der berufliche Übergangsprozess von zehn Brustkrebsbetroffenen im Rahmen eines 11-monatigen, qualitativen Längsschnitts begleitet worden. Die Ergebnisse der Dissertation zeigen, dass sich auf der subjektiven Ebene für Betroffene trotz institutionalisierter Behandlungs- und Wiedereingliederungsmaßnahmen des professionellen medizinischen Systems komplexe Spannungsfelder rund um Gesundheit, Krankheit und Erwerbstätigkeit entzünden.</p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1638 Tabu, Problem oder Standard? 2023-02-03T19:39:30+00:00 Nils Ellebrecht nils.ellebrecht@soziologie.uni-freiburg.de Hannah Schönberger hannah.schoenberger@posteo.de Isabelle Bartram Isabelle.Bartram@soziologie.uni-freiburg.de Tino Plümecke tino.pluemecke@soziologie.uni-freiburg.de Andrea zur Nieden andrea.zur.nieden@soziologie.uni-freiburg.de <p>Der Beitrag widmet sich dem Phänomen des medizinischen und medizinnahen Forschens mit der – so ein für ein Interview angefragter Mediziner – „delikaten“ Kategorie <em>race</em> unter besonderer Berücksichtigung deutscher Perspektiven. Zu diesem Zweck wird zunächst quantitativ dargestellt, wie häufig und abhängig von welchen Bedingungen <em>race</em>-Klassifikationen in medizinischen und gesundheitswissenschaftlichen Forschungsprojekten eingesetzt werden, wenn Wissenschaftler*innen deutscher Forschungseinrichtungen beteiligt sind. Datengrundlage bildet hier eine 546 Forschungsartikel umfassende Metastudie. Danach wendet sich der Beitrag der Frage zu, ob <em>race</em>-Klassifikationen diese Forscher*innen vor Probleme stellen. Berührt ihr Gebrauch ein Tabu oder gehört er für diese vielmehr zum Standard gegenwärtiger Medizinforschung und wird als unproblematisch angesehen? Ausgehend von einer qualitativen Studie, zu der neben den Publikationen auch 15 Autor*inneninterviews gehören, werden drei Formen der Ethnisierung von <em>race</em> vorgestellt, die das Ziel verfolgen den Gebrauch von <em>race</em>-Klassifikationen zu entproblematisieren.</p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1650 Politische Kultur, Solidarität und zivilgesellschaftliches Engagement 2023-01-30T20:34:37+00:00 Michael Corsten corsten@uni-hildesheim.de Patrick Kahle patrick.kahle@uni-bielefeld.de <div> <p class="paperabstract">Die öffentlichen Debatten der letzten Jahre sind thematisch besonders durch „große Herausforderungen“ (Fluchtmigration, Klimakrise, Covid-19-Pandemie, Krieg in der Ukraine) geprägt, in denen allgemein an die Solidarität der Bevölkerung appelliert wird. In den thematisch verschiedenen Debatten wird allerdings nicht auf gleiche Weise auf ein Wir rekurriert, innerhalb dessen bzw. mit dem Solidarität geübt werden soll. Im Beitrag gehen die Referenten der Frage nach, welche Bedeutung die Voraussetzung eines Wir-Verhältnisses bei der Beanspruchung von Solidarität besitzt. Daran anschließend wird reflektiert, welche Rolle politische Sozialisationsprozesse für die Ausbildung von Wir-Verhältnissen spielen.</p> </div> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1729 Politische Partizipation und Sozialisation unter Mediatisierungsbedingungen 2023-02-15T20:59:14+00:00 Dagmar Hoffmann dagmar.hoffmann@uni-siegen.de <p>Der Beitrag beschäftigt sich mit der individuellen und kollektiven Bedeutung und Funktion digitaler Partizipationsformen im Sinne eines „doing politics“ und ihrer Ausdifferenzierung unter Mediatisierungsbedingungen. Es wird danach gefragt, inwieweit „neuartige“ Partizipationsformen zur Konstruktion einer politischen Identität beitragen können und von Sozialisationsrelevanz sind.</p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1686 Interdependenzen und der Blick von außen 2023-02-09T14:13:08+00:00 Uwe Schimank schimank@uni-bremen.de <p>Für die Soziologie und insbesondere die soziologische Gesellschaftstheorie gilt zweifellos, dass nicht nur ihre Anfänge im 19. Jahrhundert, sondern auch die weitere Theorieentwicklung bis heute von „eurozentrischer“ Voreingenommenheit geprägt worden sind. Wie sollte es auch anders sein! Elementare wissenssoziologische Überlegungen zur „Standortgebundenheit“ (Mannheim) des Denkens verweisen darauf.</p> <p>So allgemein hat die postkoloniale Kritik an der „Northern“ – besser: „Western“ – „Theory“ zweifellos recht. Doch was heißt das dann für soziologische Gesellschaftstheorie? Lange galt die – klassisch von der Modernisierungstheorie vertretene - Erwartung, dass der ‚Rest der Welt‘ auf den westlichen Pfad konvergieren werde; und dann wäre ja die „Standortgebundenheit“ global dieselbe. Dieser Anspruch der Modernisierungstheorie, eine universelle Gesellschaftstheorie der Moderne zu sein bzw. zu werden, lässt sich angesichts von „multiple modernities“, „entangled modernities“, „connected histories“ und schließlich der „postcolonial studies“ nicht länger halten. Es ist nicht sehr wahrscheinlich, dass man so bald eine neue universelle Gesellschaftstheorie der globalen Moderne konzipiert. Doch auch wenn man deshalb – wie in diesem Beitrag – bescheidener fragt, wie nunmehr die westliche Moderne gesellschaftstheoretisch zu konzeptualisieren ist, muss auf dem heutigen Stand der Diskussion zweierlei reflektiert werden:</p> <ul> <li>Was muss man für ein angemessenes Verständnis des Westens über dessen jahrhundertelange Interdependenzen mit nicht-westlichen Gesellschaften, insbesondere über Kolonialismus und Kolonialität in die Theorie aufnehmen?</li> <li>Wie erhellend können nicht-westliche Perspektiven ‚von außen‘ dafür sein („provincializing Europe“)?</li> </ul> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1568 Postkoloniale Selbstkritik und dann? 2022-12-13T13:40:17+00:00 Dieter Neubert dieter.neubert@uni-bayreuth.de Matthew Sabbi matthew.sabbi@uni-bayreuth.de <p>Die postkoloniale Kritik radikalisiert bereits früher erhobene Vorwürfe der Nord-Süd Ungleichheit indem sie nicht nur ökonomische, gesellschaftliche und politische Polari­sierungen beklagt, sondern die Soziologie selbst zum Gegenstand der Kritik macht. Aus der Sicht postkolonialer Kritik ist die Ignoranz gesellschaftlicher Vielfalt jenseits Europas Ausdruck einer herrschaftsförmigen zugleich partikularen Universalisierung eine „epistemische Gewalt“, in der das europäische Wissen zum Maßstab gemacht wird.</p> <p>Eine Überwindung der Selbstbegrenzung erfordert eine konsequente Neuaus­richtung der Soziologie auch in Deutschland. Die soziologischen Befunde zu und aus anderen Weltregionen können nicht länger das Thema einiger Spezialist:innen sein. Die wenigen Ansätze für eine global aus­ge­richtete Forschung werden von Institutionen aus Europa und Nordamerika dominiert. Institutionen aus anderen Regionen agieren allenfalls als Juniorpartner. Dies verweist auf die massive Polarisierung in Bezug auf finanzielle Ausstattung, Zugang zu Forschungs­geldern, Zeit für Forschung sowie Freiheit der Wahl von Themen einschließ­lich kritischer Forschung. Dies zu überwinden fordert idealer­weise den eigen­ständigen Zugang zu Forschungs­optionen für die Kolleg:innen aus dem Süden. Ein kleiner aber jetzt schon machbarer Schritt ist die Finanzierung der Kooperation auf Augenhöhe mit Kolleg:innen und Institutionen aus dem Süden mit Vorhaben, die auch deren Forschungsinteressen ernst nehmen. Neben dieser&nbsp; „strukturellen Dekolonialisierung“ gilt es auch die Diskussion über konkurrierende Epistemologien zu führen, wobei es keine klare Nord-Süd Bruchlinie gibt.</p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1611 Am Ende der europäischen Kolonialreiche 2023-01-26T18:11:02+00:00 Matthias Leanza matthias.leanza@unibas.ch <p style="font-weight: 400;">Mit dem sich abzeichnenden Ende der europäischen Kolonialreiche nach dem Zweiten Weltkrieg entstand der verbreitete Eindruck, dass man an der Schwelle zu einer neuen Epoche stehe. In ihr, so die Hoffnung, werde sich der Nationalstaat global durchsetzen. Die Sozialwissenschaften blieben davon nicht unberührt. Auch sie beteiligten sich an der politischen und intellektuellen Neuordnung der Welt im Zeichen universaler Dekolonisation. Insbesondere prägten sie ein Epochenbild, dem zufolge die politische Ordnung der Moderne auf den Nationalstaat zuläuft. Dieses bis heute wirkmächtige Bild verkennt jedoch die Kontingenz nationalstaatlicher Ordnung, gerade auch im Prozess der Dekolonisation, und verstellt den Blick auf die historische Genese des Nationalstaats. Denn der Nationalstaat hat sich keineswegs nur in Opposition zu imperialen Ordnungsstrukturen herausgebildet, sondern wurde durch diese ebenfalls ermöglicht und in seiner Entwicklung gefördert.</p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1581 „So wenig eurozentrisch wie möglich“ 2022-12-30T17:05:17+00:00 Heike Delitz heike.delitz@uni-bamberg.de <p class="paperabstract" style="text-align: justify;">Im Anschluss an die strukturale Anthropologie (an Claude Lévi-Strauss bei Eduardo Viveiros de Castro, Philippe Descola, Marylin Strathern) geht es dem Beitrag um einen Vorschlag, die soziologische Theorie (und damit Forschung) weniger eurozentrisch zu machen, zu einer „allgemeinen“ soziologischen Theorie. Der Vorschlag lautet, dazu jene beiden Blickwenden in die soziologische Theorie einzuführen, die in der Sozial- und Kulturanthropologie unter den Titeln eines postcolonial, und eines <em>ontological turn</em> diskutiert werden. Dabei konzentriert sich der Beitrag auf den <em>ontological turn</em>, diesen als Wendung zum Vergleich von „Ontologien“ einschließlich der eigenen sichtbar machend: als jene Operation, in der es im Vergleich der Begriffe von Natur und Kultur letztlich um den Vergleich von Kultur- und Gesellschaftstheorien geht; oder darum, außereuropäische, extramoderne Gesellschaften und ihre Begriffe des Sozialen ernst zu nehmen, oder um mit den eigenen zu „experimentieren“ (Viveiros de Castro). Im Ausblick wird angedeutet, was dieser <em>ontological turn</em> der soziologischen Theorie ermöglichen würde: nämlich ein systematisch erweitertes Vokabular, in dem die soziologischen Grundbegriffe je in „Transformationsgruppen“ (Lévi-Strauss) auftreten, in denen europäische und außereuropäische Begriffe als Versionen oder Varianten voneinander auftreten.</p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1721 Foucaultsche Perspektiven auf Gesellschaft und Migration 2023-02-15T16:55:13+00:00 Helge Schwiertz helge.schwiertz@uni-hamburg.de <p class="paper_abstract">In Folge der Ausdifferenzierung und „reflexiven Wende“ der Migrationsforschung werden zunehmend Problematiken wie die unbedachte Verwendung nationalstaatlicher Kategorien oder die objektivierende Sicht auf Migration thematisiert. Eine Ursache dieser Problematiken sehen viele Beiträge in der mangelnden Anbindung an über das Fachgebiet der Migration hinausgehende wissenschaftliche Debatten, wobei einige ein „Theoriedefizit“ identifizieren. Hier setzt der Beitrag an, um dazu beizutragen, Migrationsforschung enger mit Sozial- und Gesellschaftstheorien zu verknüpfen und dadurch soziologische Teilgebiete enger aufeinander zu beziehen. Dieses Erkenntnisinteresse greife ich bezüglich poststrukturalistischer Theorien auf, die sich besonders eignen, um dichotome Kategorien und einseitige Perspektiven der Migrationsforschung zu hinterfragen, wobei ich mich insbesondere auf Michel Foucault beziehe. In einem ersten Schritt zeige ich auf, wie Studien der Migrationsforschung sich auf Foucault beziehen. Daraufhin stelle ich den Ansatz einer (de-)fragmentierenden Gesellschaftstheorie im Anschluss an Foucault zur Diskussion. Dazu setze ich bei Mechanismen an, durch die Gesellschaftlichkeit produziert wird und deren Spannungsverhältnisse mit Begriffen von „Bevölkerung“ und „Volk“/„Nation“ erschlossen werden können. Dies ermöglicht es, fixe Begriffe von Gesellschaft infrage zu stellen, die oftmals als Bezugsgröße für die Betrachtung und Bewertung von Migrationsphänomen herangezogen werden, wie es dominante Integrationsdiskurse zeigen. Im dritten und letzten Schritt skizziere ich, wie eine solche Theorieperspektive für die Migrationsforschung genutzt und durch diese weiterentwickelt werden kann. Die sich hieraus ergebende Reflexion des Zusammenhangs von Migration und Gesellschaft ermöglicht es, Migration gesellschaftstheoretisch zu kontextualisieren und zugleich die gesellschaftskonstituierende Bedeutung von Migrationsbewegungen und Grenzziehungen herauszuarbeiten.</p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1604 Back to the Roots 2023-01-19T13:02:00+00:00 Marlene Müller-Brandeck marlene.mueller-brandeck@soziologie.uni-muenchen.de <p>Die Migrationsforschung ist in den letzten Jahrzehnten von einem umfangreichen „reflexive turn“ betroffen, der ihre grundlegen Begriffe und Konzepte nachhaltig ins Wanken gebracht hat. Dieser Beitrag möchte aufzeigen, dass eine Reflexion über methodologische Herausforderungen dann gelingt, wenn die Reflexion über die Spezifik der soziologischen Beobachtung beinhaltet. Diese Rückbesinnung, die Gesellschaft in ihrer Typisierung von Praxis zu beobachten, möchte ich als eine methodologische Anweisung verstehen: <em>Der Beobachtung von Beobachtung</em>. Diese, zugegeben einfache, methodologische Umstellung birgt gerade für die Migrationsforschung großes Potential, denn es ist gerade die Vielfalt und Komplexität des Gegenstandes, der eine methodische Verknappung notwendig macht. <em>Die Beobachtung von Beobachtung</em> hat den Vorteil, dass sie zwar um die Komplexität ihres Gegenstandes weiß, diese aber in ihrer Forschung nicht einfach abbildet und damit reproduziert. Das DFG-Projekt „Gesellschaftliche Andockstellen für Flüchtlinge“ beobachtet deshalb, wie in unterschiedlichen Kontexten Geflüchtete beobachtet werden. Das Projekt interessiert sich für die Praxis der Inklusion in Organisationen, in denen Geflüchtete mit Gesellschaft <em>in Kontakt kommen</em>: dem Amt, der Schule, der Arztpraxis, dem Arbeitsplatz und dem Theater. Geflüchtete werden in den unterschiedlichen Andockstellen unterschiedlich adressiert und jeweils nur in bestimmten Teilaspekten ihrer Person sichtbar gemacht, die für die jeweilige Andockstelle von Bedeutung ist. Diese Einsicht macht deutlich, dass sich soziale Situiertheit nicht nur als Wirkung von Macht- und Ungleichheitsverhältnissen beobachten lässt, sondern auch als Einfluss der Kontexte, in denen sich Geflüchtete befinden. Mit diesen empirischen Einblicken im Hintergrund soll deutlich werden, dass auch die Soziologie sich durch eine spezifische Perspektive auszeichnet, und eine methodische Verknappung auf die <em>Beobachtung von Beobachtung</em> kann dazu dienen, die Komplexität von Migrations- und Inklusionsprozessen zu beschreiben.</p> <p> </p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1755 Struktur, Repräsentation, Identität 2023-03-01T00:47:22+00:00 Sonja Fehr sonja.fehr@uni-kassel.de <p>Soziale Ungleichheit ist eine von Menschen gemachte und somit auch von Menschen veränderbare Grundtatsache gesellschaftlichen Lebens (Kreckel 1997). Im Sinne einer politischen Soziologie sozialer Ungleichheit stellt sich die forschungsleitende Frage nach gesellschaftlichen Kräften, die bestehende Armutsverhältnisse erhalten oder verändern sowie nach den Möglichkeiten des gezielten Einwirkens auf bestehende Verhältnisse.</p> <p>Zur Beantwortung dieser Fragen bietet das Forschungsparadigma der Intersektionalität einen multiperspektivischen Rahmen. Anschließend an Winker und Degele (2010) kann soziale Ungleichheit auf den Ebenen struktureller Herrschaftsverhältnisse (Klassismen, Heteronormativismen, Rassismen und Bodyismen), symbolischer Repräsentationen und Identitätskonstruktionen über das Bindeglied sozialer Praxen (Bourdieu 2020) verknüpft werden. Im Beitrag wird das Konzept auf die Belange der Armutsforschung zugeschnitten. Ziel ist die Skizzierung eines sozialtheoretischen Rahmens, der zur ursächlichen Erklärung von Mechanismen und Zusammenhängen der Entstehung und Reproduktion von Armut als gesellschaftlichem Verhältnis zur Verfügung steht.</p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1588 Social memory and the knowledge politics of school closures during the COVID-19 pandemic 2023-01-06T06:57:53+00:00 Pascal Berger pberger1@uni-bonn.de <p>This paper examines a specific form of mass media memory of the 1918 influenza pandemic during the COVID-19 pandemic. The mass media memory of political interventions during the 1918 influenza pandemic functioned as an interpretive framework at the beginning of the pandemic: state measures in the <em>present</em> are justified by proven measures in the <em>past</em>. The selectivity of memory reduces the complexity of a political decision-making process under conditions of epistemic uncertainty. The hypothesis is elaborated using the example of school closures across Germany in March 2020.</p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1622 Die Krise des Fortschritts 2023-01-27T13:12:43+00:00 Sebastian Suttner sebastian.suttner@uni-wuerzburg.de <p>Der Beitrag setzt sich mit dem semantischen Wandel der dominanten Selbstbeschreibung der modernen Gesellschaft vom Fortschritt zur Krise auseinander. Ausgangslage ist, dass die Selbstbeschreibung der Gesellschaft als Fortschrittsgesellschaft im letzten Jahrhundert vermehrt der Beschreibung als Krisengesellschaft wich. Nachdem die semantische Plausibilität des Fortschritts für den Übergang zur funktional differenzierten Gesellschaft rekonstruiert wird, lässt sich zeigen, dass der Fortschritt mit voranschreitender Differenzierung die inhärenten Paradoxien nicht mehr verdecken kann, auf die der Krisenbegriff seinerseits eine Antwort liefert. Der Beitrag zeigt damit, welche Logik mit der Bezeichnung der Krise einhergeht und vermutet hierin einen typisch modernen Umgang mit Zukunftsunsicherheit und den Folgeproblemen von Asynchronie.</p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1684 Gesellschaftliche Zeit- und Zukunftshorizonte in soziologischer Forschung 2023-02-08T21:18:05+00:00 Jana Fritsche jana.fritsche@hotmail.de <p>Dieser Beitrag beleuchtet gesellschaftliche Zeit- und Zukunftshorizonte anhand der sozialwissenschaftlichen Forschung selbst. Ich zeige am Beispiel der Entwicklung der Männlichkeitsforschung, wie sich gesellschaftliche, das heißt historisch wie räumlich spezifische Zeitvorstellungen in soziologische Beobachtungen einschreiben und damit chronotopologische Spezifika ihrer Genese markieren. Zugleich dienen temporale Ordnungen, wie die Unterstellung verschiedener Eigenzeiten von Phänomenen, auch als Techniken zur Operationalisierung von Untersuchungsgegenständen. Soziale Zeit- und Zukunftshorizonte, so meine These, bestimmen zwar nicht ausschließlich, aber durchaus maßgeblich soziologische Konzeptionen. Dieser Konnex von Temporalisierung und Theoretisierung wird entlang der Genese des Feldes der Männlichkeitsforschung und der Konzeptualisierung von „Männlichkeit“ dargestellt.</p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1691 Generationales Ordnen zwischen being und becoming 2023-02-12T17:14:59+00:00 Dominik Farrenberg d.farrenberg@katho-nrw.de <p>Das epistemische Different-Setzen von Kindern und Erwachsenen wird aus der Perspektive der neuen Kindheitsforschung vorwiegend kritisch begleitet (vgl. Alanen 2009). Der Vorwurf, dass Kinder zuvorderst als Werdende<em> (becomings)</em> adressiert und positioniert werden, wohingegen ihr gegenwärtiger Zustand <em>(being)</em> sowie ferner die Möglichkeit einer darin eingelassenen Handlungsmacht <em>(agency)</em> negiert werden (vgl. Lee 2001, S. 7), kann – praxeologisch-regierungstheoretisch perspektiviert – als Effekt generationaler Subjekt- und Ordnungsbildungen interpretiert werden (vgl. Farrenberg 2018): Regierungstheoretisch perspektiviert schreibt sich das generationale Verortet-Sein des Gegenübers subjektivierend und objektivierend in die Akteure ein (vgl. Foucault 2008, S. 1016; Foucault 1994), die daraufhin als Kinder oder Erwachsene rationalisierbar werden. Praxeologisch perspektiviert gerät die Unterscheidung von <em>being</em> und <em>becoming</em> als eine fortlaufende subjekt- und ordnungsbildende Praxis des Unterscheidens in den Blick (vgl. Reckwitz 2003, S. 289 ff.). Ein derart perspektiviertes „generationales Ordnen“ (vgl. Bühler-Niederberger 2020, S. 232) eröffnet ebenso einen binnendifferenzierten Blick auf z. B. pädagogisch-institutionelle oder peerkulturelle generationale Ordnungsbildungen, wie auch eine Amalgamierung mit weiteren sozialen Ordnungsbildungen sichtbar gemacht werden kann. Exemplarisch zeigt die Studie „RegierungsSpielRäume. Ethnographie über Praktiken der Herstellung des Kindergartenkindes“ (Farrenberg 2018) auf, wie im Zusammenspiel unterschiedlicher (generationaler) Subjekt- und Ordnungsbildungen, wiederkehrende, voneinander unterscheidbare epistemische Muster hervorgebracht werden und schließlich – überdeterminiert und polysem – die Positionierung als Kindergartenkind konstituieren. Diese empirisch generierte Erkenntnis vermag die Kindheitsforschung methodologisch wie gegenstandstheoretisch produktiv anzuregen, indem sich darin die Unmöglichkeit eindeutiger und vollständig geschlossener Subjekt- und Ordnungsbildungen andeutet (vgl. Laclau und Mouffe 2012). Sie macht damit ebenso aufmerksam auf einen Überschuss an Ordnung(-sbildungen) wie auf deren Brüchigkeit bzw. auf den Spalt eines „Dazwischen“; sprich auf RegierungsSpielRäume, die eine dynamische und relational situierte <em>agency</em> jenseits des generationalen Ordnens zwischen <em>being</em> und <em>becoming</em> andeuten.</p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1760 Was bedeutet erfolgreich abgeschlossen? 2023-03-03T11:23:05+00:00 Ina Krause Ina.Krause@tu-dresden.de Paul Sinzig paulsinzig@gmx.de <p>Der Beitrag stellt eine Reflexion der Diskussionen, die im Rahmen der Ad-hoc-Gruppe „Studienerfolg im Spannungsfeld von Wissenschaft und Gesellschaft: Was bedeutet ‚erfolgreich abgeschlossen‘?“ geführt wurden, dar. Er erörtert die Intention der Veranstaltung eine universitäts- und hochschulübergreifende Diskussion zur Frage des Studienerfolgs in den Fächern Soziologie und Sozialwissenschaften anzuregen, spitzt die in der Veranstaltung geführten Themendiskussionen auf einige in der Veranstaltung identifizierte Spannungsfelder zu und möchte einen Impuls für eine Fortführung der Diskussionen zwischen Studierenden untereinander und mit Lehrenden zur Frage der Studienqualität und des Studienerfolgs in den Fächern geben.</p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1593 Laudation zur Verleihung des René-König-Lehrbuchpreises der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2023-01-12T21:20:21+00:00 Jörg Strübing joerg.struebing@uni-tuebingen.de <p>Verleihung des René-König-Lehrbuchpreises im Rahmen der Mitgliederversammlung am 28. September 2022 auf dem 41. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Soziologie an der Universität Bielefeld an Kerstin Jürgens für <em>Mit Soziologie in den Beruf. Eine Handreichung </em>und Tilman Reitz für: <em>Funktionen der Soziologie. Eine wissenssoziologische Einführung.</em></p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1558 Laudatio zum Dissertationspreis 2022 2022-10-28T08:24:59+00:00 Heike Delitz heike.delitz@uni-bamberg.de <p>Verleihung der DGS-Preise 2022 im Rahmen der Mitgliederversammlung am 28. September 2022 auf dem 41. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Soziologie an der Universität Bielefeld an Dr. Hannah Pool: “<em>Doing the Game”. The Moral Economy of Coming to Europe</em>; und Julia Böcker: <em>Fehlgeburt und Stillgeburt. Eine Kultursoziologie der Verlusterfahrung</em>.</p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1627 Zwischen rechtlicher Gleichstellung und Heteronormativität – Mütter-Paare, Mehreltern- und trans-Familien 2023-01-31T10:49:22+00:00 Christine Wimbauer christine.wimbauer@sowi.hu-berlin.de Mona Motakef mona.motakef@tu-dortmund.de Julia Teschlade julia.teschlade@hu-berlin.de <p>Gleichstellungspolitiken mit Blick auf sexuelle Orientierung und Geschlechtsidentität sind in Deutschland in den letzten Jahrzehnten in Bewegung geraten. Spätestens seit der Öffnung der „Ehe für alle“ 2017 scheint sexualpolitisch Gleichstellung erreicht. Wir erhellen hingegen empirisch das Argument, dass die rechtliche Gleichstellung von LGBTIQ*-Familien in Deutschland hinter dem Wandel der Lebenswirklichkeit zurückbleibt. Durch diesen<em> institutional lag</em> werden Familien jenseits der Paar- und Cisnorm weiter von familienpolitischen Rechten ausgeschlossen. Es zeichnet sich ein (bedingter) Einschluss von gleichgeschlechtlichen Paaren ab, während Familien- und Lebensformen, die von der Paar- und Cisnorm abweichen, weiterhin von familienpolitischen Rechten ausgeschlossen werden. Grundlage ist eine Interview-Studie mit insgesamt 13 Familien, die wir im Rahmen des DFG-Projekts „Ambivalente Anerkennungsordnung. Doing reproduction und doing family jenseits der heterosexuellen Normalfamilie“ (MO 3194/2-1, PE 2612/2-1, WI 2142/7-1) an der Humboldt-Universität zu Berlin und der Universität Hamburg vom 1.1.2018 bis 31.7.2021 durchgeführt haben.</p> <p>Wir arbeiten anhand dreier exemplarischer Familienkonstellationen – zwei-Mütter-Familien, Mehreltern- und trans-Familien – heraus, wie Ungleichheiten in rechtlichen Regelungen fortbestehen und sich in die Familienpraxen von LGBTIQ*-Familien einschreiben. Deutlich wird, wie erstens Mütter-Paare die Notwendigkeit einer Stiefkindadoption trotz Ehe als Hürde und Herabsetzung der Elternschaft der nicht-leiblichen Mutter erfahren, wie zweitens in Mehreltern-Familien den sozialen Eltern nahezu jegliche Rechte fehlen und dies zu weitreichenden Unsicherheiten und nachteiligen Lebensbedingungen führt. Drittens zeigen wir, wie das Transsexuellengesetz (TSG) trans-Familien vermittelt, dass ihre Elternschaft explizit nicht vorgesehen ist und von ihnen als unerwünscht erfahren wird. Wir plädieren abschließend für ein „Queering“ der Ungleichheitsforschung und für eine stärkere Berücksichtigung von Hetero-, Cis- und Paarnormativität – denn nicht nur Geschlecht, sondern auch sexuelle Orientierung und Geschlechtsidentität sind zentrale Determinanten sozialer Ungleichheit.</p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1653 Normalisierungspraktiken als aufwändige Arbeit in heteronormativen Gesellschaften 2023-01-31T10:47:24+00:00 Julia Teschlade julia.teschlade@hu-berlin.de Mona Motakef mona.motakef@tu-dortmund.de Christine Wimbauer christine.wimbauer@hu-berlin.de <p>Trotz zunehmender rechtlicher und gesellschaftlicher Anerkennung gleichgeschlechtlicher Beziehungen bestehen offene und subtile Diskriminierungen aufgrund sexueller Orientierung fort. Unsere qualitative Studie „Ambivalente Anerkennungsordnung. Doing reproduction und doing family jenseits der heterosexuellen Normalfamilie“ (gefördert von der DFG, MO&nbsp;3194/2-1, PE 2612/2-1, WI 2142/7-1, 2018-2021) zeigt, wie LGBTQ* Familien als Reaktion auf diese (antizipierten) Diskriminierungen Normalisierungspraktiken etablieren. Als nicht-heteronormative Familie stehen sie unter besonderem Druck, sich möglichst konform zum heteronormativen Familienideal zu verhalten.</p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1661 Mieter:innen zwischen Deprivation und Widerstand 2023-01-31T15:55:37+00:00 Robert Tiede robert.tiede@uni-goettingen.de <p>Auf den städtischen Wohnungsmärkten mangelt es an angemessenem und bezahlbarem Wohnraum. Die Nachfrage nach Wohnungen ist in vielen Städten groß und die Zahl der Kündigungen und Räumungen weiterhin hoch. Der vorliegende Beitrag geht den Fragen nach, wie Mieter:innen – angesichts der angespannten Wohnungsmärkte – einen drohenden Wohnraumverlust durch eine Kündigung erleben und welche Handlungsmuster sie entwickeln. Zu Beginn werden theoretische Bezüge zur kritischen Stadtsoziologie und zu Bourdieus Kapital-, Raum- und Feldbegriff hergestellt. Zur Beantwortung der Forschungsfragen werden dann qualitative Interviews mit Mieter:innen sowie mit Expert:innen ausgewertet, die ich 2021 und 2022 in Berlin geführt habe. Aus dem empirischen Material generiere ich vier Typen von Mieter:innen, die sich auf dem Spektrum zwischen Deprivation und (erfolgreichem) Widerstand befinden. Anhand der Typenbildung wird deutlich, dass die Auswirkungen und Handlungsmuster entlang der verfügbaren Kapitalien, aber auch entlang der Lebenslage und der Bindung an die Wohnung und die Nachbarschaft strukturiert sind.</p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1666 Wohnungslos in der Stadt 2023-02-01T17:55:11+00:00 J. Timo Weishaupt timo.weishaupt@sowi.uni-goettingen.de Christian Hinrichs christian.hinrichs@uni-goettingen.de Jan Weckwerth jan.weckwerth@gmx.de <p>Wohnungs- und Obdachlosigkeit gehören zu den prekärsten Ausdrücken von Armut, Marginalisierung und sozialer Exklusion, die von einem vergleichsweise (noch) gut ausgebildeten Sozialstaat einer reichen Industrienation wie Deutschland „eigentlich“ verhindert werden müssten. Die Zahl wohnungsloser Menschen ist seit 2010 jedoch angestiegen. Daher stellt sich die Frage nach den Gründen.</p> <p>Der vorliegende Beitrag fokussiert die Wechselwirkungen individueller, institutioneller und raumstruktureller Kontexte bei der Entstehung und Verfestigung von Wohnungs- und Obdachlosigkeit. Im Mittelpunkt steht die Herausarbeitung einer Heuristik, mit Hilfe derer Bedingungen identifiziert werden, die sich für das Auftreten von Wohnungsnotfällen als ausschlaggebend erweisen können. Anhand des empirischen Falls einer mittelgroßen Universitätsstadt sollen die intendierten wie nicht-intendierten Mechanismen des (partiellen) Ausschlusses von sozialstaatlichen Leistungen auf kommunaler Ebene identifiziert werden, stets unter der Berücksichtigung der individuellen Dispositionen und Biographien, der kommunalen (Regulierungs-)Praktiken sowie des faktischen Versagens (gesamt-)staatlicher wie marktlicher Rahmenbedingungen.</p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1565 Un/doing stigma 2022-11-23T15:54:11+00:00 Jan Harten jan.harten@uni-hamburg.de <p>Was hat sich unter dem Brennglas der Covid-19-Pandemie besonders deutlich in Bezug auf Wohnungslosigkeit gezeigt? Während diese Frage in gegenwärtiger Ungleichheits- und Armutsforschung vor allem auf ihre ökonomische und (sozial-)politische Dimension hin bezogen wird, zielt dieser ethnografisch orientierte Beitrag auf die Frage nach Humankategorisierungen: Welche Selbst- und Fremdbilder wohnungsloser Forschungspartner:innen lassen sich in der Kommunikation über die Zeit der Pandemie identifizieren? Ausgehend von Stefan Hirschauers Konzept des un/doing differences wird so gefragt, wer in der (De-/)Thematisierung der Pandemie wen wie kategorisiert. In der Folge zeigen sich in der Kommunikation über die Covid-19-Pandemie Wir-Kollektive vielgestaltiger Selbstkategorisierungen, stigmatisierende Fremdzuschreibungen durch andere Personen sowie deren kommunikativ selbstermächtigende Umdeutungen durch wohnungslose Forschungspartner:innen.</p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1657 Körperlichkeit als Daueraufgabe 2023-01-31T18:05:38+00:00 Andrea Protschky protschky@kritis.tu-darmstadt.de <p>Mithilfe körpersoziologischer Ansätze und auf Grundlage einer qualitativen empirischen Studie in Berlin betrachtet dieser Beitrag das Verhältnis von Infrastrukturpraktiken und Körperlichkeit wohnungsloser Menschen. Infrastrukturen für Wasser, Energie, Kommunikation und Mobilität sind heute, auch durch ihre Einbindung in die Wohnung, eng mit körperlichen Funktionen und Bedürfnissen verbunden – ermöglichen etwa warmes Essen, Hygiene oder die Entsorgung von Ausscheidungen. Ohne diesen Zugangspunkt und mit begrenzten finanziellen Mitteln ist es für viele wohnungslose Menschen schwierig, körperliche Bedürfnisse zu erfüllen; ihre durch die eingeschränkte Infrastrukturnutzung geprägte Körperlichkeit wird zur Grundlage für weitere Ausschlüsse von Infrastrukturen und anderen Bereichen. Durch eine praxistheoretische Perspektive auf Körperlichkeit ergänzt der Beitrag bisherige Forschung zu Infrastruktur und Wohnungslosigkeit, die trotz ihrem zunehmenden Fokus auf den Körper die gegenseitige Prägung von Infrastrukturpraktiken und Körperlichkeit eher vage beschreibt. Die Ergebnisse zeigen, dass Infrastrukturnutzung für wohnungslose Menschen körperlich voraussetzungsvoll, mit komplexer Organisation verbunden und durch Abhängigkeiten etwa von sozialen Organisationen und dem eigenen Körper prekär ist – und begründen Forderungen nach langfristigen und rechtlich legitimierten Räumen für die Infrastrukturnutzung. Der körpersoziologische Blick legt offen, wie Körperlichkeit sowohl Voraussetzung für Infrastrukturnutzung ist, durch Infrastrukturpraktiken geprägt wird als auch eine Grundlage für Ausschlüsse von Infrastruktur darstellt.</p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1731 Das polarisierende Selbst im Nexus transzendierender Geschichte 2023-02-15T21:23:07+00:00 Svenja Spyra mail@svenja-spyra.de <p>Der Beitrag befasst sich mit dem Selbst (queerer) Femme-ininität in lesbischer und queerer sowie feministischer Geschichte in Vergangenheit und Gegenwart. Dabei wird der Fokus speziell auf Deutschland gelegt und herausgearbeitet, wie die Selbst- und Fremdbeschreibung als ,(queere) Femme' historisch transzendiert.</p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1744 Der Mensch der Menschenrechte 2023-02-18T09:21:23+00:00 Angelika Poferl angelika.poferl@tu-dortmund.de <p>Der Mensch der Menschenrechte kann nicht vorausgesetzt werden – weder als ahistorisch bestimmbare Substanz noch als delokalisierte Entität. Zwar ist die Sprache der Menschenrechte universalistisch angelegt, was die historischen, politischen, kulturellen und sozialen Hintergründe des Sprechens über den Menschen oft vergessen lässt. Ihr Gegenstand – der menschenrechtlich gefasste Mensch – verweist jedoch allenfalls auf eine kontingente Konstruktion mit universalistischem Anspruch, womit Ambivalenzen und Widersprüche des menschenrechtlichen Menschenbildes, seiner Genese, Diskursivierung, Institutionalisierung und Subjektivierung verbunden sind. Über normative Formierungswirkungen hinaus kommen Prozesse der Selbst-Subjektivierung, der Aneignung menschenrechtlicher Interpretations- und Deutungshorizonte in konkreten, lokalen und kulturellen Kontexten, in den Blick. Den menschenrechtlichen Transzendenzen einerseits korrespondieren existenzielle Erfahrungen des Mensch-Seins andererseits. Gleichwohl ist das Entsprechungsverhältnis von objektiver und subjektiver Wirklichkeit offen. Im Mittelpunkt steht die Frage, wie aus menschenrechtlich gerahmten Formen des Humanen humane Formen der Welt- und Wirklichkeitserfahrung werden können. Mit anderen Worten: was die soziale und subjektive Bedeutung der Menschenrechte ausmacht.</p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1708 Zukunftsindifferenz revisited 2023-02-14T22:46:54+00:00 Bernt Schnettler schnettler@uni-bayreuth.de <p style="font-weight: 400;">Angesichts der Krisendichte der jüngeren Gegenwart bedarf die um den Jahrtausendwechsel diagnostizierte These einer damaligen „Zukunftsindifferenz“ (Schnettler 2004) erneuter kritischer Betrachtung. Soziologie kann dabei zeitdiagnostisch als „rückwärtsgewandte Prophetie“ auftreten – wie Hans-Georg Soeffner (1999) formuliert hat. Ausgehend von der weiter nützlichen Differenzierung in verschiedene Ebenen der Transzendenz im Anschluss an Alfred Schütz (1946/2003), Thomas Luckmann (1991) und Hubert Knoblauch (1998) wird dabei zu reflektieren sein, wie sich aktuelle gesellschaftliche Zukunftsentwürfe entwickelt haben und welche Wirkmächtigkeit sie entfalten können. Dabei werden in der Rückschau markante Wechsel in der je herrschenden Weltansicht offenbar, die zwischen apokalyptischer Befürchtung, Indifferenz und Zukunftsoptimismus oszillieren. Zur Geschichte der Zukunft gehört ebenfalls, dass es divergierende oder gar polarisierte Zukunftsentwürfe gibt, die miteinander in mehr oder weniger scharfe Konkurrenz treten, wenn es um die Legitimation von Handlungsplänen sowie deren gesellschaftliche Um- und Durchsetzung geht. Geprüft werden soll deshalb, in welchem Verhältnis Anstrengungen zur Etablierung kollektivverpflichtender einheitlicher Zukunftsziele mit möglichst globaler Reichweite einerseits zur beobachteten Partikularisierung diverser kleinteiliger Zukunftsentwürfe auf mittlerer und kleinerer Ebene anderseits stehen.</p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1767 The weight of history 2023-06-22T12:21:43+00:00 Mike Savage M.A.Savage@lse.ac.uk <p>I reflect on key arguments of my recent book, <em>The Return of Inequality: Social Change and the Weight of the Past</em> (Savage 2021). I restate the need for sociologists to offer ‘big picture’ accounts of social change, of the kind that canonical social theorists of modernity attempted during the later 19<sup>th</sup> century and into the 20<sup>th</sup> century. I use the particular, but high profile, case of UK non-domiciled tax-payers to reflect on how we need can recognise the contemporary significance of historical forces, and thereby expand our time horizons and recognise that many of the social forms that have been endemic throughout human history – elite power, city states, imperial territorial forms, and entitlement and patronage – are returning forces.</p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1576 Global connections, anti-colonial discourse, and multi-scaler divides 2023-01-10T11:30:31+00:00 Sujata Patel patel.sujata09@gmail.com <p>The polarising divides in the contemporary world are not only about material and digital inequalities and exclusions. These relate to social science knowledge production and circulation as the UNESCO 2010 report graphically depicts. Though some semblance of this polarisation is captured within postcolonial and decolonial perspectives, its presence in most European and North American universities does not represent the complex discussions that it inhabits nor does it recognise that under and beyond this polarised structure, there are embedded distinctive knowledge circuits. An examination of the latter gives us a glimpse of distinct and diverse discussions that have emerged in the last eight decades around the various regions of the Global South on the theme of anticolonial knowledge systems and the politics of knowledge construction. In this paper I deliberate three alternate anti-colonial dominant/hegemonic knowledges: that of the indigenous vs the endogenous, that of colonial modernity, and that of extraversion and coloniality. I will argue that for global social theory to be effective, it should engage with the geographies and histories that these represent and promote diversities in social theorisations without which the former will repeat the binaries that have organised and continue to constitute social science fields. Understanding the multi-scaler dimensions of global social theory will ultimately help to comprehend the complex grid that organises privilege, status, poverty, exclusion and power globally.</p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1562 Die Wirtschaft der Bildung oder Wer kauft welche digitale (Hoch-)Schulexpertise? 2022-11-10T10:18:08+00:00 Achim Brosziewski achim.brosziewski@phtg.ch <div> <p class="Einzug05"><span lang="DE">Sowohl der Kritik als auch der Apologie einer Digitalisierung der Bildung liegt ein blinder Fleck zugrunde. Statt der <em>Organisation</em> von Schule und Hochschule wird nur die <em>Institution</em> der Schule (respektive der Universität) betrachtet, was die Diskussionen unweigerlich in unauflösbare Wertedebatten führt. Diesen Stand der Dinge unterläuft mein Beitrag mit einem systemtheoretischen Organisationsbegriff. Schulen und Hochschulen sind nicht hierarchisch, sondern heterarisch verfasst, als ein Netzwerk der Beobachtung zweiter Ordnung, dessen Eigenwerte sich in der Beobachtung von Dozierenden (Lehrpersonen) durch Studierende (Schüler:innen) bilden. Hinzu kommen die wechselseitigen Beobachtungen von Studierenden und Dozierenden in Prüfungen sowie in deren Ergebnissen, die zurückwirken auf die Beobachtungen in Seminar und im Unterricht. Was immer eine Investition in digitale Technologien der Bildung sein will, muss sich demzufolge der Bewertung durch pädagogische und didaktische Expertise unterwerfen, was erfordert, a) pädagogisch-didaktische Aufmerksamkeit zu erlangen, b) pädagogische, didaktische und schulorganisatorische Nutzen-Kosten-Prüfungen zu bestehen, und c) sich in laufende Schul- und Hochschulentwicklungen einfügen können. Unterhalb des (hoch-)schulkritischen Streits von Digitalisierungkritik und Digitalisierungsrhetorik gibt es deshalb keine genuin „ökonomische Logik“, der die Digitalisierung der Bildung „folgen“ könnte. </span></p> </div> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1598 „Daß dies zu etwas Gutem führt, kann niemand sich vorstellen“ 2023-01-17T14:06:06+00:00 Philipp Zeltner zeltner.philipp@gmail.com <p>Fortschritte auf dem Terrain der Gen- und Reproduktionstechnologien werden regelmäßig von öffentlichen Deutungskämpfen flankiert, in denen Zukunftsbezüge in Gestalt technologischer Utopien und Dystopien Konjunktur haben – vom Unsterblichkeitsversprechen auf der einen bis zum Untergang der Menschheit auf der anderen Seite. Prototypisch zeigten sich solche Zukunftsvisionen in den im Beitrag untersuchten Debatten um die Reproduktionstechnologie der In-vitro-Fertilisation (IVF), die in den 1980er Jahren in den Printmedien in der BRD geführt wurden. Mittels qualitativer Inhaltsanalyse wurden eine Reihe privilegierter Gegenstände identifiziert, an denen die Konstruktion dieser polarisierten Zukünfte ansetzte. Herausgearbeitet wurde zudem, mithilfe welcher Narrative, Metaphern und literarischen Referenzen die – vor allem dystopischen – Zukunftsszenarien produziert wurden. Darüber hinaus zeigt der Beitrag, welche Konsequenzen diese „gegenwärtigen Zukünfte“ hatten, wie sie also die „zukünftige Gegenwart“ geprägt haben. Aus dem Bündel rekonstruierbarer Folgen dieser Auseinandersetzungen wird vor allem eine Konsequenz herausgegriffen, die im Zusammenhang mit der weiteren Produktion und Zirkulation von Zukunftsszenarien zentral ist: Die Institutionalisierung einer professionellen Bioethik in der BRD. Als Reaktion auf die Verschränkung kultur- und kapitalismuskritischer Dystopien in den massenmedialen Debatten und auf eigenen Zukunftsszenarien zweiter und dritter Stufe fußend, etablierte sich diese Bioethik als von Politik, Medizin und Wissenschaft getragene Instanz der Entwicklung und Bewertung von Zukünften, die qua Rationalisierung dem unkontrollierten „Wuchern der Diskurse“ über die technologische Zukunft Einhalt gebieten sollte und zur Disziplinierung reproduktiver Zukünfte in den Debatten über die neuen Reproduktionstechnologien führte.</p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1645 „Ich bin Dein und nicht Dein“ oder: Wie Liebe mit Betriebssystemen (nicht) funktioniert 2023-01-30T17:15:18+00:00 Sascha Oswald oswald@uni-hildesheim.de Holger Herma hermah@uni-hildesheim.de <p>Der Spielfilm „Her“ (2013, Regie: Spike Jonze) antizipiert eine nahe Zukunft, in der romantische Bindungen zwischen Menschen und künstlicher Intelligenz möglich sind. Die gezeigte Liebesbeziehung zwischen den Figuren „Theodor“ (ein Mensch) und „Samantha“ (ein Betriebssystem) spielt mit der Möglichkeit, dass eine KI Bewusstsein besitzt, Gefühle entwickelt und Liebe erwidert. Die Filmfiktion öffnet einen Frageraum zu polarisierenden Zukunftserwartungen. Unser Beitrag fokussiert die Frage, wie der Film das Gelingen romantischer Intimität zwischen Mensch und KI inszeniert und authentifiziert? Hierzu bedienen wir uns einerseits Luhmanns (1982) systemtheoretischem Ansatz zu Liebe als Kommunikationscode, andererseits der stark phänomenologisch ausgerichteten Resonanztheorie nach Rosa (2016). Wir zeigen, wie der Film die Liebe der Zukunft abseits einer scharfen Polarisierung imaginiert und die zunächst maximal oppositionelle Natur der Beziehung (Mensch vs Nicht-Mensch, Subjekt vs Objekt) aufzulösen vermag.</p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1605 Die „Woke“ als Avantgardistin 2023-01-19T13:08:28+00:00 Marlene Müller-Brandeck marlene.mueller-brandeck@soziologie.uni-muenchen.de <p>Es gibt wohl kaum ein Genre, welches sich momentan größerer Beliebtheit erfreut als das breite Spektrum von Identitäts(politischer)literatur. Sie verhandelt identitätspolitische Stoffe (wie Rassismus, Sexismus oder Klassismus) changierend zwischen Sachbuch, Ratgeber und (Auto)Fiktion. Identitätspolitische Literatur enthält die Opposition der „woken“, der erweckten Schreibenden, die in ihren Büchern gesellschaftliche Diskriminierungsstrukturen anprangern. Ihnen gegenüber stehen die Lesenden, die diesen Erkenntnisprozess noch nicht durchlaufen haben und deswegen die Realität noch verkennen. Es wird erkennbar, dass diese Polarisierung nicht bloß von einer inhaltlichen, sondern vor allem von einer zeitlichen Diskrepanz geprägt ist, in der die Autor:innen eine Entwicklung bereits abgeschlossen haben, die den Lesenden noch bevor steht. Diese zeitliche Diskrepanz trägt Motive der Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen in sich, in dem sie Superiorität temporalisiert, ein lineares Fortschreiten suggeriert und den weniger Entwickelten zugesteht, „noch“ „in einer anderen Zeit zu leben“ (Nowotny 1993, S. 35). Diese Diagnose bricht mit zwei wesentlichen Annahmen, die mit der Denkfigur der Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen in Verbindung stehen: Die Denkfigur wurde als Ausdruck eurozentristischen Denkens kritisiert, weil sie die Superiorität Europas gegenüber dem Rest der Welt behauptete und mit dem paternalistischen Hinweis auf deren Entwicklungsfähigkeit versah. In identitätspolitischer Literatur funktioniert die Figur in umgekehrter Richtung: Es sind die Kritiker:innen des Eurozentrismus, die den Weg in eine neue Zukunft beschritten haben, während deren Anhänger:innen zurückbleiben. Außerdem wendet sich diese Diagnose gegen die postmoderne „neue Unübersichtlichkeit“. Denn die identitätspolitische Kritik kann als eine Abwendung von der Postmoderne verstanden werden: Die „Woke“, die Erweckte, ist eine post-postmoderne Avantgardistin, die als eine Nachfolgerin des „Pioniers, des Schrittmachers, des Innovators“ (Schmieder 2017, S. 332) gelesen werden kann, gegen den sie sich zwar inhaltlich richtet, obwohl sie, genau wie er, eine Zeitenwende einläutet und zum Fortschritt aufruft.</p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1632 Soziologie zwischen den ‚Fronten‘? 2023-01-29T11:41:42+00:00 Jan Winkelhaus jan.winkelhaus@posteo.de Andreas Schwarzferber andreas.schwarzferber@gmail.com <p>Unser Beitrag nimmt seinen Ausgang von der Beobachtung, dass – dem „Themenpapier“ dieses Kongresses folgend – auch die <em>Fachgeschichtsschreibung</em> der Soziologie „Unterschiede [stiftet]“, indem sie „definiert, misst“ und mithin als „Teil der Konstruktion der ‚Polarisierung‘ von ‚Welt(en)‘“ „Identität“ schafft; auch die historische Identität der Soziologie konstituiert sich, so können wir sagen, indem sie sich von anderen Wissenschaften (oder Nicht-Wissenschaft) „unterscheidet“ (DGS, Themenpapier, 24.12.2022, https://soziologie.de/kongresse/kongress-2022/themenpapier). Mögen ihre Narrative folglich in besonderer Weise von der Anziehungskraft polarer Denkfiguren betroffen sein, scheint eine <em>soziologische</em> Selbstreflexion gerade dort geboten, wo (soziale) Antagonismen ein vertieftes Verständnis der Soziologiegeschichte möglicherweise verstellen. Dies wollen wir anhand der Konstellation Hans Freyer (1887–1969) – René König (1906–1992), genauer: an ihren jeweiligen Machiavelli-Texten, zeigen.</p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1592 Fremd- und Selbstbilder Japans in den Sozialwissenschaften 2023-01-12T11:02:59+00:00 Frank Meyhöfer frank.meyhoefer@uni-bielefeld.de Benjamin Schiffl benjamin.schiffl@web.de <p>Unser Beitrag widmet sich aus soziologiegeschichtlicher Perspektive verschiedenen Selbst- und Fremdbilder Japans in den Sozialwissenschaften. Wir fragen genauer danach, inwiefern <em>sozialwissenschaftliche Modernisierungstheorien</em> für die Veränderungen solcher Fremd- und Selbstbeschreibungen Japans um ca. 1910 bis 1960 eine Rolle gespielt haben. Wir betrachten dafür verschiedene Konstellationen, in denen „die“ Moderne sowie „die“ Modernität des Westens und Japans von Sozialwissenschaftler*innen bestimmt wird: Max Weber um 1910, das Symposium „Overcoming Modernity“ und die „Harvard Meetings“ Anfang der 1940er Jahre sowie die Hakone Konferenz 1960. Zugleich loten wir auf der Grundlage dieses empirischen Materials aus, inwiefern sich Polarisierung und Dialogizität als heuristisch fruchtbare <em>Leit- und Suchbegriffe soziologiegeschichtlicher Forschung</em> erweisen.</p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1703 Partitionierende Repräsentation und Polarisierung 2023-02-14T15:50:20+00:00 Hanno Scholtz scholtz@soziologie.uzh.ch <p>Zur politischen Polarisierung mit dem Extrembeispiel USA liefert das vorliegende Papier eine neue Erklärung: Sie entsteht dadurch, dass Institutionen Individuen zu Gruppen zuordnen, was für heutige individualisierten Gesellschaften nicht mehr angemessen ist. Um dieses Argument zu untermauern, werden Evidenz zu (1) Polarisierung und (2) Individualisierung in westlichen Gesellschaften gesichtet, (3) das Konzept der „partitionierenden Repräsentation" eingeführt, und (4) beschrieben, wie die Diskrepanz zwischen Individualisierung und partitionierender Repräsentation zur Polarisierung in Parteien führt. Abschnitt (5) fasst zusammen.</p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1566 Die französische Gelbwesten-Bewegung 2022-12-01T21:42:55+00:00 Georg P. Mueller Georg.Mueller_Unifr@bluewin.ch <p>Diese Arbeit beschäftigt sich mit der französischen Gelbwesten-Bewegung und verfolgt zwei miteinander verbundene Ziele. Einerseits wird versucht, die Dynamik dieser Volksbewegung mit einem Modell der sozialen Ansteckung von politischem Protest zu erklären. Andererseits exploriert die Arbeit alternative Modellparameter, mit denen der Misserfolg der Gelbwesten-Bewegung hätte verhindert werden können.</p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1736 Theoretische Grundlagen und Herausforderungen einer Sakralsoziologie politischer Vergesellschaftung 2023-02-15T22:59:44+00:00 Arne Dreßler arnedressler@gmail.com <p>Sakralsoziologische Ausführungen sind notorisch schwer zu verstehen. Sollen diese für die Analyse der aktuellen Konjunktur empörungsreicher Prozesse der politischen Vergesellschaftung fruchtbar gemacht werden, stehen der Nachvollzug zweier theoriegeschichtlicher Analogien sowie ein neuer Brückenschlag an: zuerst zwischen vermeintlich disparaten archaischen Religionen, dann zwischen religiösen und säkularen Kontexten sowie schließlich eine sakralsoziologische Akzentuierung des Politischen. Damit diese Unternehmung aussichtsreich wird und auch für die Sakralsoziologie Innovationen einträgt, stellt der Beitrag zentrale Achsen des sakralsoziologischen Wissensbestands dar. Abschließend werden jene offenen Theoriefragen formuliert, derer sich eine Sakralsoziologie politischer Vergesellschaftung annehmen könnte.</p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1567 Biopolitik revisited 2022-12-09T13:43:35+00:00 Thomas Lemke lemke@em.uni-frankfurt.de <div> <p class="Einzug05">In den letzten zehn Jahren hat eine Reihe von Wissenschaftler:innen den Begriff „Kryopolitik“ oder „Kryomacht“ vorgeschlagen, um die tiefgreifenden sozio-materiellen Veränderungen durch Praktiken der Tiefkühlkonservierung zu erfassen. In meinem Beitrag werde ich diesen begrifflichen Vorschlag aufgreifen und ihn mit der aktuellen Debatte um Technologien der Antizipation verknüpfen. Dieser Syntheseversuch soll Grundlinien und Dimensionen einer Politik der Suspension (politics of suspension) kenntlich machen. Sie rekonfiguriert traditionelle Zeit- und Raumkonzepte und hält vitale Prozesse in einem Schwebezustand zwischen Leben und Tod – ein Zustand, den ich als „aufgehobenes“ oder „aufgeschobenes Leben“ bzw. im Englischen: als „suspended life“ bezeichne.</p> </div> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1737 Das gefrorene Gedächtnis 2023-02-15T22:58:46+00:00 Veit Braun braun@soz.uni-frankfurt.de <p>Biobanken sind in den letzten Jahrzehnten zu zentralen Einrichtungen der Medizin und der Biologie geworden. Den Sozialwissenschaften ist diese Entwicklung freilich nicht entgangen; selten sind Biobanken aber als thermische Räume in den Blick genommen worden. In diesem Beitrag möchte ich deshalb die thermische Logik von Biobanken, der darin aufbewahrten „Kryo-Objekte“ und der von ihnen verwendeten Kältetechnik in den Vordergrund stellen und danach fragen, welche Implikationen sie für verschiedene Verständnisse von Biobanken hat. Für die Aufbewahrung von Forschungsproben müssen diese in zwei unterschiedliche Hälften zerlegt werden, die jeweils unter eigenen thermischen Regimen verwaltet werden. Für die Funktion von Biobanken als Archiv und Gedächtnis ist dies eine Herausforderung, weil die Unverfügbarkeit gefrorener Objekte die Antizipation zukünftiger Nutzungsweisen voraussetzt.</p> <p>&nbsp;</p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1637 Geplant offen 2023-01-30T09:54:24+00:00 Christine Neubert christine.neubert@uni-hamburg.de <p>Im Beitrag geht es um die Bedeutung von Straßenbaustellen im Hinblick auf das alltägliche Leben im öffentlichen Raum. Mittels ethnografischer Forschungsdaten kommt die Begegnung zwischen Baustelle und Umfeld in den Blick und Prozesse des Einrichtens im öffentlichen Raum wie auch das Aushandeln von Raumbedarfen unterschiedlicher Akteure werden beschrieben. Die hierzu notwendige, geplante Offenheit von Baustellen legt eine Konzeptualisierung von Baustellen als soziale Praxis nahe.</p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1683 Plurale Performativität 2023-02-06T14:03:34+00:00 Ira Zöller izoeller@soziologie.rwth-aachen.de <p>Fragen nach der Körperlichkeit und Materialität sind in der Bewegungsforschung erst jüngst aufgetaucht und stellen noch einen neuen und spärlich erforschten Bereich dar (vgl. Beyer und Schnabel 2017, S. 207). Dabei erscheint eine sozialwissenschaftliche Auseinandersetzung mit diesen Fragen besonders jetzt relevant und fruchtbar, da sich die Inszenierung und Thematisierung der körperlichen Dimensionen des Sich-Versammelns im öffentlichen Raum innerhalb diverser Bewegungen beobachten lässt: Diese – etwa Black Lives Matter oder Fridays for Future – rücken das körperliche Überleben vor dem Hintergrund von Rassismus, Sexismus oder Umweltzerstörung in den Fokus. Protestierende thematisieren die Gewalt, die gegen diese Körper gerichtet wird und machen diese im Hier und Jetzt sichtbar. Zum Problem wird dies jedoch, wenn diese Akte des Erscheinens im öffentlichen Raum nicht als politische Akte wahrgenommen werden. Zum Thema der „Polarisierungen in öffentlichen Räumen“ leiste ich einen Beitrag, indem ich die Fähigkeiten des Erscheinens, des Atmens, des Sich-Bewegen-Könnens jener aus dem Blickfeld des öffentlichen Raums vertriebenen beleuchte und, entgegen dominanter medialer Aufmerksamkeit als affirmativen, politischen (nicht-destruktiven!) Modus der gemeinsamen Vulnerabilität – in Anschluss an Judith Butlers Theoretisierung von Versammlungen – deute. Die Analyse und Erklärung der Wahrnehmung der Polarisierung im öffentlichen Raum bedarf, so meine Deutung, eine Betrachtung der körperlichen Dimensionen. In ihrem Spätwerk widmet sich Butler nicht nur den sozial-ontologischen Bedingungen der Performativität, die sie mit dem Begriff der Vulnerabilität in Verbindung bringt, womit sie das Blickfeld der Performativität auf den materiellen, gesellschaftlichen Kontext ausweitet, sondern sie bietet mit den „pluralen Akten“ des Sich-Versammelns einen politischen Modus an, der diese Vulnerabilität als Basis anerkennt. Die „plurale Akte“ des gemeinsamen, körperlichen Handelns rücken die körperlichen Bedingungen des Überlebens in den Bereich des Politischen und bilden – neben ihrem aus den 1990er Jahren bekannten subversiven Modus – einen zweiten, affirmativen Modus, der im Hier und Jetzt die Interdependenz der Körper in den Fokus rückt.</p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1672 Polizei am Limit 2023-01-31T21:37:17+00:00 Jonas Grutzpalk jonas.grutzpalk@hspv.nrw.de Megan O'Neill m.oneill@dundee.ac.uk <p>Die soziologische Beschäftigung mit der Polizei fragt entweder nach ihrer Funktion (z.B. als Vertreterin des Gewaltmonopols), ihrer Evolution (z.B. aus der Policey als Verwaltung heraus) oder nach ihrer konkreten Tätigkeit (z.B.&nbsp; im Wach- und Wechseldienst). Alle drei Beobachtungsebenen bieten ein Bild, vervollständigen sich aber nicht immer gegenseitig. Der Beitrag prüft, ob das Krisenmoment der Corona-Pandemie die Polizei hinreichend beeinflusst hat, um mehr über sie zu erfahren. Es zeigt sich, dass sie Routinen folgt, ihre Arbeit in Teilen selbst definieren kann und als administrativer Libero eingesetzt wird.</p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1709 Aushandlung der Klimakrise in der jungen Generation 2023-02-15T07:51:38+00:00 Amelie Straßen amelie.strassen@wupperinst.org Laura Cäcilia Behrmann laura.behrmann@posteo.de <p>Junge Menschen sehen sich durch die Klimakrise einer Einschränkung ihrer Entfaltungs- und Lebensmöglichkeiten gegenübergestellt. So überrascht es nicht, dass gerade die junge Generation sich aktiv für mehr Klimaschutz einsetzt – doch sind es wirklich alle Jugendlichen, die auf die Straße gehen? Die vorliegende explorative Studie zeigt auf, wie sowohl die Wahrnehmung der Klimakrise, die Handlungsmuster und auch die Verantwortungsattribution – individuell, innergenerational und politisch – milieuspezifisch verhandelt werden. Informiert durch das Projekt Schools4Future wurden vier Leitfadeninterviews mit Schüler*innen zur Wahrnehmung und Deutung der Klimakrise geführt. Im dreischrittigen Kodierprozess der Grounded Theory konnten Muster der Betroffenheit, der Verantwortungsattribution und der Handlungsstrategien von vier jugendlichen Klimaaktivist*innen aus akademischen und prekären Herkunftsmilieus rekonstruiert werden.</p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1710 Grüne Kritik, emphatischer Protest, moderne Organisation 2023-02-15T09:25:21+00:00 Julia Elven julia.elven@fau.de <p>Der emphatische Protest der Fridays-for-Future-Bewegung ist angesichts seiner medialen Verbreitung, politischen Responsivität und affektiven Wirksamkeit insbesondere im Bildungsbürgertum so bemerkenswert, dass Versuche der Vereinnahmung – ungeachtet der ausgeprägten Abgrenzungsstrategien der Bewegung – nicht ausblieben (Rucht 2019; Grupp et al. 2020). Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob es sich bei – explizit mit studentischem Personal und dem oft deutlichen Verweis auf einen studentischen Gründungsimpuls ausgestatteten – sog. universitären Green Offices um das von organisationalen Realprozessen weitestgehend entkoppelte Aufgreifen eines gesellschaftlichen Imperativs (Perrow 1970) oder gar um organisationale Hypokrisie handelt (Brunsson 1989). Der vorliegende Beitrag stellt die These auf, dass Organisationen aufgrund ihrer spezifisch modernen Beschaffenheit ökologische Kritik durchaus ernsthaft aufgreifen und in Bearbeitungsprozesse übertragen können, dass dies jedoch für das <em>In-Praxis-Bringen</em> ökologisch-sozialer Werteorientierungen, vor allem wenn sie einem modernistischen Weltzugang widersprechen (Adloff und Neckel 2019), nicht unbedingt herausforderungsärmer ist. Im Beitrag wird zunächst (1) das <em>moderne Praxisarrangement</em> <em>Organisation,</em> insbesondere dessen praxisspezifizierendes, kompromisserzeugendes, formalisierendes und konventionalisierendes Potenzial betrachtet. Sodann wird (2) <em>grüne Kritik</em> (Chiapello 2013) und die hieran in Teilen anschließende Protestbewegungen <em>Fridays for Future</em> als Perspektive vorgestellt, die sich bisweilen in Opposition zu moderne-kulturellen Grundannahmen begibt. Schließlich wird (3) mit Rekurs auf eine empirische Fallstudie zu universitären Green Offices das Problem einer modernistischen Einhegung implizit moderne- bzw. modernisierungskritischer Positionen verdeutlicht.</p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1741 „Anti-Intellektualismus“ 2023-02-16T16:01:02+00:00 Christian Marty christian.marty@evulpo.com <p>Theodor W. Adorno gilt als Denker, der ein sehr positives Verhältnis zur deutschen Geisteskultur hatte: Hegel, Marx, Nietzsche – das waren ihm Vorbilder, welche gezeigt hatten, wie sich über die verwaltete Welt nachdenken lässt. Insofern überrascht es nicht, dass Adornos Kritik an der deutschen Universitätskultur selbst in der Adornoforschung für gewöhnlich entweder gar nicht oder nur am Rande besprochen wird. Das ist im Folgenden anders. In drei Schritten (und unter Bezugnahme auf grosse Hauptwerke, auf kleine Nebenarbeiten und auf einen Briefwechsel) wird nachgezeichnet, wie die deutsche Universitätskultur im Adorno’schen Werk einerseits thematisiert, andererseits attackiert wird. Für Adorno ist diese Kultur, so viel sei vorweggenommen, auch durch „Anti-Intellektualismus“ geprägt.</p> <p>Im ersten Schritt wird aufgezeigt, dass Adorno in vielen Texten – so unter anderem in <em>Minima Moralia</em> – die deutsche Universitätswelt thematisierte. Im zweiten Schritt wird dargelegt, wie Adorno in etlichen Beiträgen – so zum Beispiel in <em>Jargon der Eigentlichkeit</em> – die deutsche Universitätsmilieu attackierte. Schliesslich geht es im dritten Schritt darum, aus einer soziologiegeschichtlichen Perspektive auf die Thematisierung von beziehungsweise auf die Kritik an deutschen Universitätsvertretern zu blicken: Dabei wird thesenhaft illustriert, dass respektive inwiefern der Philosoph, Soziologe und Musiktheoretiker seine harsche Polemik gegenüber der deutschen Universitätskultur im Anschluss an deutsche Universitätsgrössen tätigte, so nicht zuletzt im Anschluss an Max Weber.<a href="#_ftnref1" name="_ftn1"></a></p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1572 Ist die wissenschaftliche Sichtbarkeit befristeter Wissenschaftlerinnen ein beruflicher oder gesellschaftlicher Wegbereiter? 2022-12-19T13:28:31+00:00 Christina Prautsch prautsch@uni-speyer.de Rubina Zern-Breuer zern-breuer@uni-speyer.de Philipp Komaromi Komaromi@uni-speyer.de Lena Milker Lena.Milker@uni-speyer.de <p>Wissenschaftlerinnen sind in ihrem Berufsleben häufig einem gesonderten Karrieredruck ausgesetzt – und dies kann sowohl auf allgemeine strukturelle als auch auf aktuelle hochschulpolitische Gründe zurückgeführt werden: So werden sie im Vergleich zu männlichen Kollegen nicht nur weniger zitiert, sondern fungieren etwa auch seltener als Erstautorinnen (vgl. Franzen 2018). Frauen verrichten im Wissenschaftsbetrieb häufiger als Männer die sog. „academic housework“, also „unsichtbare“ Tätigkeiten (Heijstra et al. 2017), sodass weniger Zeit für prestigeträchtigere wissenschaftliche Arbeit bleibt. Im Ergebnis sind sie dadurch weniger sichtbar – doch genau diese Sichtbarkeit spielt eine bedeutende Rolle bei der Entwicklung von Karrierewegen.<br />Gemeinsam mit weiteren limitierenden Faktoren wie der Befristungshäufigkeit (vgl. Plomteux et al. 2020) führt dies sowohl dazu, dass ggf. andere Karrierepfade eingeschlagen werden, als auch, dass sich die Motivation von Wissenschaftlerinnen hinsichtlich ihrer Sichtbarkeit geändert hat. So gibt es Hinweise darauf, dass Sichtbarwerdung nicht mehr nur intrinsisch motiviert ist, sondern stärker extrinsische Anreize zum Tragen kommen, da Wissenschaftlerinnen schon aus Gründen der finanziellen Absicherung sichtbar sein müssen (vgl. Plomteux et al. 2020).<br />In unserem Beitrag werden die Ergebnisse eines Surveys reflektiert, in dessen Rahmen Wissenschaftlerinnen in Deutschland zu ihrer wissenschaftlichen Sichtbarkeit und damit zusammenhängend ihrer Motivation dazu befragt wurden.</p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1596 Un-/Gleiche Prekarität?! 2023-01-16T12:19:22+00:00 Benjamin Neumann benjamin.neumann@tu-dortmund.de <p>Der Beitrag untersucht, vor dem Hintergrund der Debatten um #IchBinHanna, ob und inwieweit sich variierende Prekaritäten zwischen Biologie, Informatik und Soziologie hinsichtlich des Stellenumfangs, der subjektiven Bewertung der finanziellen Situation sowie der Erwerbsperspektive jenseits des Wissenschaftssystems abzeichnen. Zudem werden die Aspekte nach der jeweiligen Karrierephase der Befragten (Promotions-, Postdoc-, Professurphase) differenziert. Das empirische Material stammt aus dem DFG-Projekt <em>„Akademisch Beschäftigte ‚in Bewegung‘: Eine methodenplurale Untersuchung des Zusammenhangs von sozialer und räumlicher Mobilität in der Wissenschaft“ </em>(2020–2023). Dabei wird auf Daten einer Online-Befragung (n = 1.698) sowie zwölf leitfadengestützte, teil-narrative Interviews zurückgegriffen. Unser Material deutet darauf hin, dass zwar grundsätzlich auch Informatiker*innen den prekären Beschäftigungsbedingungen (z.B. befristete Stellen, Zeitdruck im Rahmen des WissZeitVGs, Konkurrenz um Professuren etc.) ausgesetzt sind, es jedoch wissenschaftsinterne Bereiche gibt, die, aufgrund ihrer Stellensituation (z.B. des Stellenumfangs, der Stellenperspektive) (noch) prekärer erscheinen als andere.</p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1590 Zu alt für die Wissenschaft? 2023-01-27T12:49:22+00:00 Laura Naegele laura.naegele@bibb.de Jessica Ordemann ordemann@dzhw.eu <p>Ungleichverteilte Karrierebedingungen in der Wissenschaft stehen nicht erst seit der #ichbinHanna Debatte im Zentrum von Diskussionen. Ein oft präsentes, aber selten diskutiertes Thema ist dabei der Einfluss des Alters von Wissenschaftler:innen auf dem Weg in eine Entfristung in der Wissenschaft. Auf Basis des DZHW-Promotionspanels geht der Beitrag der Frage nach, welche Rolle das kalendarische bzw. das akademische Alter einer promovierten Person beim Übergang in eine der folgenden Positionen spielt: a) entfristete Postdoktorand:innen-Stelle, b) Professur an einer Hochschule für angewandte Forschung (HAW) sowie c) Universitätsprofessur. Im Ergebnis zeigt sich, dass ältere Promovierte insgesamt schneller in eine unbefristete Stelle gehen sowie ein signifikant positiver Effekt für den Eintritt auf eine HAW-Professur oder eine Postdoktorand:innen-Stelle. Zu Beginn der akademischen Laufbahn über 40 Jahre alt zu sein, ist somit nicht gleichbedeutend damit, „zu alt“ für die Wissenschaft zu sein. Vielmehr ist es so, dass ältere Promovierte andere, alternative und manchmal sogar schnellere Wege im „race for tenure“ einschlagen.</p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1609 Datafizierte Politik und ihre Folgen 2023-01-23T16:05:45+00:00 Isabel Kusche isabel.kusche@uni-bamberg.de <p>Der Begriff der datafizierten Politik steht für die Möglichkeiten politischer Akteure, Entscheidungen über ihre Kommunikation im Kontext von Wahlkampagnen auf der Basis von Daten zu treffen, die auf digitalen Plattformen über Nutzer/-innen anfallen. Solche Daten können genutzt werden, um politische Werbung online gezielt bestimmten Personengruppen anzuzeigen, aber auch zur Abschätzung des Erfolgs eines Beitrages, um daraus Schlüsse für künftige Beiträge zu ziehen. Mit der ersten Möglichkeit verbinden kritische Beobachter/-innen die Sorge, das Wahlverhalten von Wähler*innen lasse sich manipulieren, mit der zweiten Möglichkeit die Befürchtung, dass so Emotionalisierung, Polarisierung und letztlich die Entstehung von Echokammern und Filterblasen gefördert werde. Die aktuelle empirische Forschung zu (politischen) Effekten von Social Media auf Nutzer/-innen gibt in diesen Hinsichten zunehmend Entwarnung, aber die <em>politische</em> Kommunikation über mögliche Effekte bleibt davon aber weitgehend unbeeindruckt. Der Beitrag untersucht zunächst am Beispiel von Bundestagsreden, die die Begriffe Filterblasen und Echokammern verwenden, in welchen thematischen Kontexten sich die politische Überzeugung etabliert hat, dass diese Phänomene existieren und ein Problem darstellen. Daran anschließend wird geprüft, inwiefern Inhalte wissenschaftlicher Politikberatung in den letzten Jahren diese Überzeugung gestützt oder ihr entgegengewirkt haben. Schließlich werden mögliche Funktionen diskutiert, die die Bezugnahme auf Filterblasen und Echokammern in der politischen Kommunikation erfüllt.</p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1642 Gobales Monitoring von SDG 4 „Hochwertige Inklusive Bildung” mittels Daten zu Behinderung 2023-01-30T22:17:56+00:00 Lisa Pfahl lisa.pfahl@uibk.ac.at Julia Biermann julia.biermann@uibk.ac.at <p>Der Beitrag analysiert die komplexe Beziehung zwischen dem Ziel 4 der Agenda 2030 für Nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals, SDGs) – hochwertige inklusive Bildung für alle – und der Generierung von Daten zur Teilhabe von Menschen mit Behinderungen zum Zwecke des Monitorings.&nbsp; Er untersucht, inwiefern ein menschenrechtlich fundiertes, soziales Modell von Behinderung – konstitutiv für das Menschenrechtsmonitoring seit Inkrafttreten der UN-Behindertenrechtskonvention (UN BRK) vor 15 Jahren – zur Anwendung kommt. Gemäß dieses Modells wird Behinderung als eine Wechselwirkung zwischen Beeinträchtigung und Barrieren verstanden, welche die gleichberechtigte Teilhabe an der Gesellschaft behindert (vgl. Art. 1 UN-BRK). Das in der internationalen Behindertenrechtsbewegung entwickelte soziale Modell beschreibt Behinderung also in erster Linie als ein gesellschaftliches Phänomen sozialer Exklusion und Diskriminierung von Menschen mit Beeinträchtigungen, nicht als ein medizinisches Problem (Boger et al. 2022).</p> <p>Im Hinblick auf die Frage, wie ein soziales Modell von Behinderung im Menschenrechtsmonitoring angewandt wird, analysieren wir die sogenannten Washington Group Questions (WGQs), dem von den VN entwickelten Fragenset zur global vergleichbaren Erhebung von Daten zu Behinderung (Mont 2019), das weltweit zum Einsatz kommt. Auf der Grundlage unserer Analyseergebnisse werden wir argumentieren, dass die WGQs noch kein soziales Modell von Behinderung abbilden, stattdessen aber ein soziales Modell von Beeinträchtigung einführen (siehe Biermann und Pfahl 2021).</p> <p>Nur wenige Forschungsarbeiten haben bisher explizit Behinderungsfragen innerhalb des SDG-Kontextes analysiert (siehe z.B. Madans, Loeb und Altman 2011, Alghaib, Thivillier und Cook 2019); daher greifen wir auf Literatur zurück, die die Beziehung zwischen SDGs, Menschenrechten und der Messung von Behinderung diskutiert. Vor diesem Hintergrund stützen wir uns auf Erkenntnisse aus den Disability Studies (Degener 2017) und der Wissenssoziologie (Rottenburg und Merry 2013). Uns interessiert, wie das Wissen um Behinderung die Messung von Behinderung beeinflusst und ein Behinderungsverständnis hervorbringt, das schließlich das weltweite Monitoring von Menschenrechten anleitet und legitimiert.</p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1695 Die Eigenlogik der lokalen Felder 2023-02-13T14:29:31+00:00 Takuma Fujii fujiitakuma@gmail.com <p>In diesem Beitrag beschäftigt sich der Autor mit der Frage, welche Rolle die Studierendenmobilität der jungen Künstler und Künstlerinnen bei der Verbreitung der als „authentisch“ erachteten Kunst sowie als „gut“ betrachteten Methode der künstlerischen Ausbildung spielt. Die Diskussion beruht dabei auf der Feldtheorie Bourdieus und den Interviewdaten, die im Rahmen des DFG-geförderten Forschungsprojekt „Asiatische Bildungsmobilität“ erhoben wurden. Da in sozialen Feldern stets Machtkämpfe um die legitime Sicht- und Teilungsprinzipien (z.B. in Bezug auf Kunst) erfolgen, sollten die feldinternen Machtrelationen gründlich erforscht werden, will man den Prozess der feldspezifischen Transkulturation – also der globalen Durchsetzung einer Idee, die in „der Wiege und dem Zentrum der klassischen Musik“ (<em>Honba</em>) prävalent ist, begreifen. Bei der Datenanalyse stellte sich heraus, dass zwei unterschiedliche Machtgefälle besonders relevant sind: a) die Hierarchie zwischen dem Zentrum und der Semiperipherie und b) Meister(innen)-Schüler(innen)-Beziehung. Die Verbreitung von feldspezifischen Ideen sowie Sicht- und Teilungsprinzipien kann nicht bloß als ein Nachahmungsprozess betrachtet werden.</p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1714 Aufwertung durch verschworenes Misstrauen? 2023-02-15T14:12:01+00:00 Volker Lang v.lang@uni-tuebingen.de <p>In dieser Studie operationalisieren wir erstmalig Indikatoren der sozialen Anerkennungsordnung als Prädiktoren gesellschaftlicher Kohäsion und zeigen davon ausgehend das Identitätsbedrohungen von zentraler Bedeutung für die Erklärung – eines bröckelnden bzw. sich verschlechternden – sozialen Zusammenhalts sind. Insgesamt zeigt die Untersuchung entsprechend unserer Ausgangsthese, dass die gesellschaftliche Anerkennungsordnung von deutlich größerer Relevanz für den sozialen Zusammenhalt ist als die sozialstrukturelle Hierarchie und ihre Veränderungen, welche in der bisherigen Forschungsliteratur im Vordergrund stehen. Indikatoren für Identitätsbedrohung, die an der Makroebene sozialer Aggregation orientiert sind – schichtspezifische soziale Anerkennung und allgemeine Anomiegefühle, sind von besonderer Erklärungskraft für gesellschaftliche Kohäsion. Spezifischer ist politische Anerkennung für die Erklärung politischen Institutionenvertrauens und populistischer Einstellungen besonders relevant, während Identitätsverunsicherung schwerer ins Gewicht fällt wenn es um Misstrauen in Expert:innenwissen und Verschwörungsmentalität geht. Außerdem spielt finanzielle Anerkennung für die von uns untersuchten Bewertungen sozialer Kohäsion keine Rolle.</p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1603 Wahrheit liegt im Auge des Betrachters 2023-01-19T12:36:26+00:00 Martin Ulrich martin.ulrich@plus.ac.at Beat Fux beat.fux@plus.ac.at <p>Verschwörungstheorien haben sich während der Corona-Pandemie beinahe so stark verbreitet wie das Virus selbst. Da der Glaube zu solchen Theorien stark mit der Nichtbefolgung von Maßnahmen gegen die Verbreitung des Virus‘ und der Impfverweigerung korrelieren, ist es für die Soziologie von besonderem Interesse herauszufinden, welche Bevölkerungsgruppen zu solchen Theorien neigen und warum sie dies tun. Dieser Beitrag verbindet Theorien und empirische Ergebnisse aus der Kommunikationswissenschaft, Politikwissenschaft und der Soziologie zu einem gemeinsamen theoretischen Modell, das in einer quantitativen Studie getestet wird. Dieses Modell verbindet Moscovicis Konzept der allgemeinen Verschwörungsmentalität mit Einflüssen des Konsums verschiedener Medien (öffentlich-rechtlicher Rundfunk vs. soziale Medien), politischen Ideologien, grundlegenden Werthaltungen und der sozioökonomischen Lage der Menschen. Dieses Modell wird in einer Sekundärdatenanalyse auf Basis der zweiten Welle des Values in Crisis Panels Austria überprüft.&nbsp;Die Ergebnisse zeigen, dass Covid-19 Verschwörungstheorien mit generellem Institutionsmisstrauen, dem täglichen Konsum von privatem Rundfunk, Boulevardzeitungen und sozialen Medien, rechten Ideologien, einem niedrigen Bildungsniveau, einem ländlichen Wohngebiet und ökonomischer Benachteiligung einhergehen.</p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1746 Imperiale und nationale Logiken des Kaiserreichs 2023-02-20T14:28:32+00:00 Theresa Wobbe twobbe@uni-potsdam.de <p class="Einzug05" style="text-indent: 0cm;"><span style="font-size: 11.0pt; line-height: 115%; font-family: 'Times New Roman',serif;">Die Ausgangsbeobachtung dieses Beitrags ist, dass Imperien und Nationalstaaten zwar analytisch als unterschiedliche Formen politischer Herrschaft auseinander zu halten sind, sie empirisch allerdings oftmals nebeneinander bestehen und interrelational aufeinander bezogen sein können. Vor diesem Hintergrund werden imperiale und nationale Logiken bzw. Prinzipien der Politik des deutschen Kaiserreichs beleuchtet. Die Frage ist, wie sich in den östlichen Provinzen des Reichs diese Prinzipien politisch in der Regulierung der Migration und der Ansiedlung (<em>innere Kolonisation</em>) in den östlichen Territorien manifestierten, und, durch welche spezifischen sozialen Instrumente sie umgesetzt wurden. Aus einer wissenssoziologischen Perspektive wird argumentiere, dass durch beide Politiken mittels sozialer Techniken ein neuartiges Wissen über verschiedene Teile der Bevölkerung, über Raum und Arbeit hervorgebracht wurde. Hierfür wird an Studien angeschlossen, die das Kaiserreich in den globalen Horizont imperialer, kolonialer und nationaler Verflechtungen einbetten, statt von endogenen Entwicklungen Europas auszugehen.</span></p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1589 Die Polarisierung der „Einflusssphären” 2023-01-08T15:06:24+00:00 Simon Hecke simon.hecke@uni-bielefeld.de <p>Vorangetrieben vor allem vom Ukraine-Konflikt und -Krieg seit 2014 erleben Konzepte der „Einflusssphären“ eine erneute Renaissance. Der analytische Gehalt und normative Wert solcher Konzepte wird dabei jedoch auffallend unterschiedlich eingeschätzt. Schon zu Beginn der Ukraine-Krise 2014 hatten politische Akteure wie Bundeskanzlerin Angela Merkel und Bundespräsident Joachim Gauck Macht- und Einflusssphären als „überwunden“ geglaubte „Denk- und Verhaltensmuster“ des 19. und 20. Jahrhunderts kritisiert. Demgegenüber beharrte etwa der israelische/US-amerikanische Soziologe Amitai Etzioni darauf, dass „Einflusssphären“ einer liberalen internationalen Ordnung nicht entgegenstehen müssten, sondern umgekehrt zu deren Erhalt beitragen könnten.</p> <p>Diese Uneinigkeit ist kein historisch neues Phänomen. Seit ihrem Auftauchen im Zusammenhang mit der imperialistischen Vereinnahmung weiter Teile Asiens und des afrikanischen Kontinents im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts sind „Einfluss-“ und „Interessensphären“ in politischen, rechtlichen und wissenschaftlichen Diskursen höchst unterschiedlich verstanden und bewertet worden. Eine normative Ambivalenz in der öffentlichen Einschätzung von Einflusssphären tritt dabei bereits um die Wende zum 20. Jahrhundert zum ersten Mal deutlich hervor.</p> <p>Mein Beitrag fokussiert im Folgenden die sich wandelnden Auffassungen von Einflusssphären in der Zeit des Hochimperialismus und wirft dabei einen besonderen Blick auf Diskurse im Deutschen Kaiserreich. Dabei gehe ich zunächst auf das Verständnis von Einfluss- und Interessensphären in der zeitgenössischen Völker- und Kolonialrechtswissenschaft ein. Daran anschließend wende ich mich der Theoretisierung und Bewertung von Einflusssphären in der sozialistischen und linksliberalen Imperialismuskritik um 1900 zu. Damit ist, wie wir sehen werden, eine frühe „polare“ Grundkonstellation im Verständnis von Einflusssphären als entweder förderliche und legitime oder aber gefährliche und verwerfliche Elemente zwischenstaatlicher Ordnung beschrieben. Der Beitrag schließt mit analytischen Implikationen, die sich aus einer begriffs- und diskursgeschichtlichen Betrachtung von Einflusssphären ergeben.</p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1580 Prädiktion in der Präzisionsmedizin 2022-12-29T16:28:44+00:00 Dominik Hofmann dominik.hofmann@uni-bielefeld.de <p align="justify">Die seit ca. 25 Jahren als zukunftsweisende Entwicklung gehandelte „Präzisionsmedizin“ fußt auf dem Versprechen, für jede(n) Patient:in auf Grundlage persönlicher <em>genetischer Information</em> eine <em>individualisierte</em> Behandlung zu liefern.</p> <p align="justify">Wo sich soziologische Beobachtung mit ihr beschäftigen, pflegt sie auf „verschwimmende Grenzen“ zu stoßen. Traditionellere Unterscheidungen, wie beispielsweise zwischen Prognose/Diagnose, Prävention/Behandlung, medizinischen Disziplinen, und Forschung/Klinik, scheinen hier an Trennschärfe zu verlieren. Die vorgestellte These lautet, dass demgegenüber eine noch grundlegendere Integration einander scheinbar ausschließender Konzepte den Kern der Präzisionsmedizin ausmacht, nämlich eine neue Form der Kombination statistischer Daten mit personalisierter Anwendung.</p> <p align="justify">Die „statistische Revolution“ des späten 19. Jhds. hatte mit dem <em>order-from-disorder</em>-Prinzip der Erkenntnis Verbreitung verschafft, dass sich zukünftige Systemzustände probabilistisch vorhersagen lassen, wenn man vom Verhalten ihrer Einzelkomponenten gerade absieht. Das impliziert, dass die Vorhersage auf den Einzelfall übertragen sehr falsch ausfallen kann. Statistische Prognose wurde so zunächst aus der medizinischen Praxis in die Gesundheitspolitik externalisiert. Es ist die Reintegration von Vorhersage und Individualisierung, die im Zentrum der Präzisionsmedizin steht.</p> <p align="justify">Nun ist das Zusammentreffen statistischer Daten und personalisierter Informationen keinesfalls unbemerkt geblieben. Behandelt wird es jedoch als ein weiterer Fall der besagten verschwimmenden Grenzen. Der vorgeschlagene Ansatz unterscheidet sich davon in zweierlei Hinsicht: Erstens, indem er plädiert, von einer Kombination statt von einer Vermischung auszugehen. Zweitens wird angenommen, dass die Integration statistischer und individueller Daten in der Medizin nur einen Fall eines umfassenderen Musters darstellt, das aus dem Einsatz komplexer Algorithmen resultiert, welche auf große Datenbanken (hier: für potentiell pathogene Genvarianten) zurückgreifen, um individualisierte Empfehlungen (hier: für Therapien) zu geben.</p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1570 Personalisierte Versicherung 2022-12-18T15:29:32+00:00 Alberto Cevolini alberto.cevolini@unimore.it <p>Versicherungsunternehmen waren immer besonders datengierig. Denn die einzige Möglichkeit,&nbsp;einen Blick in die Zukunft zu werfen, besteht darin, vergangenheitsbezogene Daten zu&nbsp;sammeln und daraus Informationen abzuleiten, mit denen man sich in einer Zukunft orientieren&nbsp;kann, die noch nicht existiert. Auf dieser Fiktion beruht die evolutionäre Neuheit, die wir&nbsp;Statistik nennen. Digitale Technologien ermöglichen es,&nbsp;neue Daten zu erstellen, die größtenteils auf das Verhalten der einzelnen Individuen&nbsp;zurückzuführen sind. Neue algorithmische Datenverarbeitungstechniken versprechen, sich diese&nbsp;Individualität zunutze zu machen und personalisierte Vorhersagen d.h. Prädiktionen zu treffen. Daraus entsteht die Möglichkeit einer&nbsp;„personalisierten Versicherung“.</p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1579 Die Zukunft der Prädiktion 2022-12-28T14:26:55+00:00 Elena Esposito elena.esposito@uni-bielefeld.de <p>Unser Projekt untersucht die Veränderungen der Formen und Folgen der Vorhersage, die durch die Verbreitung algorithmischer Verfahren in unserer Gesellschaft induziert werden. Unser Ausgangspunkt ist die wachsende Kluft zwischen zwei Arten der Datenverarbeitung mit Computerverfahren: traditionelle probabilistische Formen der statistischen Verarbeitung (bei denen heutzutage natürlich auch Computer eingesetzt werden) und neuere algorithmische Techniken, die auf <em>machine learning</em> und <em>big data</em> basieren.</p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1584 Predictive Policing 2023-01-02T16:46:45+00:00 Simon Egbert simon.egbert@uni-bielefeld.de Maximilian Heimstädt maximilian.heimstaedt@uni-bielefeld.de <p>In der polizeilichen Arbeit werden algorithmische Prognosen seit einigen Jahren im Rahmen von Predictive Policing angewendet. Es handelt sich dabei vor allem um Kriminalitätsprognosen, die raumzeitliche Vorhersagen von Wohnungseinbruchdiebstählen tätigen sollen. Diese sind, so argumentieren wir in unserem Beitrag, mit performativen Effekten, im Sinne von <em>self-destructing prophecies</em>, verbunden. Dabei werden bisweilen komplexe <em>machine learning</em>-Algorithmen genutzt, die auch für die Anwender:innen selbst undurchsichtig sein können. Mit ihnen geht nicht zuletzt eine Granularisierung Präventionsziele polizeilicher Arbeit einher.</p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1615 Political Potency in a fragmented neighborhood? 2023-01-25T12:17:17+00:00 Brigitte Zamzow brigitte.zamzow@gmail.com <p class="paper_abstract">This contribution investigates the current shift from a dominant neoliberalized public discourse on social mixing privatization in public housing and affordable housing programs to a housing discourse rooted in moral and ethical considerations of Housing Justice(s). Investigating the so-called first “real just rezoning” in Gowanus, New York City as a case study with an in-depth ethnographic perspective, a change in moral legitimization of housing practices was retraced through planning documents and the actual community decision process on housing construction and preservation in their neighborhood. All scales of the investigation led to the overall conclusion that a “doing” of “housing justice” had occurred: a learning process of solidary practices of a specific, yet socially fragmented, inner-city clientele basing their interactions and speech acts on a common value system. This demographic can be found in inner-city areas that have not undergone full gentrification/inversion.</p> <p class="paper_abstract">The data suggests that a distinct set of demographics entails a politically educated middle- and upper-middle class that actively seeks solidarity in their everyday decisions and practices on diversity on the one side. The other side are a more socially vulnerable clientele such as public housing residents. What they share is a common experience of actual or simply the fear of displacement in a 2020’s hyper-commodified inner-city based on neoliberal housing distribution logics. Their specific clientele, however, distinguishes itself from fully gentrified neighborhoods not only by their value system, but also in the ideological side they take on in a capitalist system that polarizes increasingly into an elite and a precariat, which makes even a well-earning middle class rather part of a precariat depending on their decision on who to side with and what to advocate for, being well aware of the fact that their actions may lead to consequences like giving up certain securities and privileges.</p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1648 Erkenntniskonstitutive Polarisierung 2023-01-30T20:29:37+00:00 Boris Traue boris.traue@uni.lu <p>Im Beitrag wird – vor dem Hintergrund vergangener und aktueller Methodenstreite und ihren akademischen Produktions- und Vermittlungsbedingungen – das Argument präsentiert, dass Wissenstechniken der Polarisierung für die Soziologie – in Gestalt von <em>Positionierung</em> – gleichermaßen unvermeidlich wie konstitutiv sind. Weiterhin wird zur Diskussion gestellt, welches Verhältnis die Soziologie zur erkenntniskonstitutiven Positionierung findet, zumal in Zeiten verstärkter <em>gesellschaftlicher Polarisierung.</em> Abschließend wird das gespannte Verhältnis der Soziologie zur Normativität der Forschung im Licht des aktuellen Verhältnisses von Komplexitätsdarstellung und Positionierungszwang diskutiert. Der Autor plädiert für einen offeneren und selbstbewussteren Umgang der Soziologie mit Normativität. Sie wird in der Forschung reflektiert und ist damit Teil des gesellschaftlichen Prozesses der Bestimmung von sozial- und menschenrechtlichen Normen. </p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1563 Verschwörungstheorien, soziale Polarisierung und die Rolle der Soziologie 2022-11-18T16:16:01+00:00 Carsten Ullrich carsten.ullrich@uni-due.de <p>Im Beitrag wird die Rolle soziologischer Auseinandersetzungen mit Verschwörungstheorien und wie diese zu Polarisierungen beitragen verdeutlicht werden. Hierzu wird zunächst untersucht, wie in soziologischer Sicht Verschwörungstheorien behandelt werden. Von dem Eindruck ausgehend, dass sich die Soziologie bisher wenig und eher einseitig mit Verschwörungstheorien befasst, wird ein Vorschlag für eine soziologisch gehaltvolle Definition dargelegt, die an Poppers klassische Überlegungen anschließt. Auf dieser Basis erfolgt eine wissenssoziologische Verortung der Wissensform Verschwörungstheorie. Abschließend wird dann verdeutlicht, wie soziologische Beiträge zu Verschwörungstheorien infolge problematischer Vereinfachungen zu Polarisierungen in diesem Bereich beitragen.</p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1742 Soziologie der Polarisierung oder Polarisierung der Soziologie? 2023-02-16T17:09:21+00:00 Michaela Pfadenhauer michaela.pfadenhauer@univie.ac.at Katharina Miko-Schefzig katharina.miko-schefzig@wu.ac.at Cornelia Reiter cornelia.reiter@wu.ac.at Arthur Buckenleib arthur.buckenleib@univie.ac.at <p>In jüngerer Zeit wird – nicht zuletzt befeuert durch die Corona Pandemie – wiederholt von einer Polarisierung innerhalb der Gesellschaft gesprochen, die jener der Zwischenkriegszeit in Wien und anderswo ähnle. In unserem Beitrag loten wir einen wissenssoziologischen Beitrag der Erklärung dieser und kommender Polarisierungen (etwa durch den Klimawandel) aus. Dies gelingt durch die Annäherung aus zwei bislang unverbundenen Perspektiven: der wissenssoziologischen Diskursanalyse mit dem Fokus auf Subjektivierungsanalysen und der wissenssoziologischen Lebensweltanalyse. Zentral wird der Frage nachgegangen, in welcher Weise das kommunikative Vakuum, das aus Polarisierungen resultiert, methodisch adressiert werden kann. Als einen möglichen Weg diskutieren wir die vignettenbasierte Fokusgruppe – einer im interpretativen Paradigma verorteten Methode, die nicht nur als Setting der Datenproduktion, sondern auch als Ort transformatorischen Potenzials konzipiert ist und schließen mit einer Reflexion über die Rolle der Soziologie in polarisierten Zeiten – einer Debatte, die die Soziologie seit ihren Anfängen begleitet.</p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1719 Pferde als Akteure in Pädagogik und Therapie 2023-02-15T15:41:24+00:00 Theresa Franziska Braun theresa.f.braun@erziehung.uni-giessen.de <p>Die bisherige Forschung im Kontext des Praxisfeldes der tiergestützten Interventionen widmet sich vor allem den positiven Effekten von Tieren, in diesem Fall Pferden, auf den Menschen in diesen Settings. Diese Ausrichtung stellt jedoch nur eine Teilebene des feldrelevanten Interaktionsdreiecks „pferdegestützt arbeitende Fachkraft-Pferd-Zielperson“ dar. Zusätzlich relevant und essenziell für das Setting sind die Tiere selbst, die bisher aber noch weniger in den Fokus der Forschung gerückt werden. Vor allem die Frage danach, wie sie die Situationen mit dem ihnen zugewiesenen Status als „Therapiepferd“ u. a. aus soziologischer Perspektive mitgestalten, wurde noch nicht beantwortet. Dieser Forschungslücke widmet sich das hier vorzustellende Forschungsprojekt, in dem die in diesen Settings eingesetzten Pferde in den Mittelpunkt der Betrachtung gestellt werden.</p> <p>Als theoretische und multiperspektivische Annäherungen an die Mensch-Pferd-Interaktionen dienen im vorliegenden Projekt einerseits aktuelle ethologische Studien zu den Pferden selbst sowie andererseits der Symbolische Interaktionismus als soziologische Bezugstheorie im Kontext des Forschungsfeldes der Human-Animal Studies. Dieser theoretische Ausgangspunkt führte zur Durchführung einer qualitativ ausgerichteten Pilotstudie, in der die Mensch-Pferd-Interaktionen in den tiergestützten Interventionen näher untersucht wurden. Die Ergebnisse zeigen, dass sich die pferdegestützten Interventionen durch eine speziesübergreifende Aushandlung, Interpretation und Bedeutungsgebung der Situation in Abhängigkeit aller Individuen auszeichnet. Die eingesetzten Pferde werden von den tiergestützt arbeitenden Fachkräften als gleichwertige Arbeitspartner wahrgenommen, die die Settings aktiv mitgestalten. Eine entscheidende Rolle nimmt hier die nonverbale speziesübergreifende Kommunikation ein.</p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1753 Große und kleine Zukünfte 2023-02-27T10:41:28+00:00 Hannes Krämer hannes.kraemer@posteo.de <p style="font-weight: 400;">Mein Beitrag baut auf der von der Ad-hoc-Gruppe „Soziologie der Zukunft in polarisierten Zeiten“ geäußerten Diagnose einer Wieder-Entdeckung des Temporalmodus‘ der Zukunft innerhalb der Soziologie auf und fragt nach dem Skalenverhältnis von Zukünften. Anhand eines empirischen Falls, Hackathons, werden drei maßgebliche Praktiken (skalieren, veralltäglichen, lösen) der Hervorbringung, Bearbeitung und Relationierung von kleinen und großen Zukünften bestimmt und in ihrer Bedeutung für die konkrete Zukunftspraxis beschrieben.</p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1730 Von der Soziologie der Zukunft zur Soziologie der Zukünfte 2023-02-15T21:20:35+00:00 Sören Altstaedt soeren.altstaedt@uni-hamburg.de Simon Egbert simon.egbert@uni-bielefeld.de Ingmar Mundt ingmar.mundt@weizenbaum-institut.de <p>Das Ziel dieses Beitrags besteht vor dem Hintergrund der vielfältigen beobachtbaren Arten und Weisen der Vergegenwärtigung von Zukunft darin, die Differenziertheit von Zukunftsbezügen in der Gegenwartsgesellschaft zu veranschaulichen. Dabei gilt es, erste Überlegungen zu begrifflich-konzeptuellen Systematisierungen vorzunehmen. Neben der Bestimmung von Idealtypen geht es auch um die empirische Sensibilisierung für die reale Bedeutungsvielfalt der unterschiedlichen Begriffe, anhand derer Akteur:innen ihre Zukunftsbezüge benennen.</p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1620 Adressat/-innenorientierte Forschung als performativer Akt 2023-01-26T19:50:45+00:00 Kristina Enders kristina.enders@uni-siegen.de <p>Im Beitrag blickt die Autorin zurück auf ihre Teilnahme an der Ad-Hoc-Gruppe „Beyond the Narratives: Die Entdeckung unintendierter Folgen Sozialer Hilfen im Spannungsfeld von Integration und Ausgrenzung“ und beschreibt aus einer Selbstbeobachtung heraus den Prozess des erkennenden Denkens im Dialog.</p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1740 Zwischen Kampf und Kooperation 2023-02-16T04:47:20+00:00 Anja Eichhorn anja.eichhorn@uni-siegen.de <p>In den letzten 30 Jahren gab es zahlreiche Studien, die sich mit der Wirkung von Heimerziehung befasst haben. Diese Studien fokussieren vor allem auf die biografischen Entwicklungen der Kinder und Jugendlichen. Die Zusammenarbeit mit den Eltern wird als entscheidender Gelingensfaktor benannt. Welche Folgen aber hat Heimerziehung für die Eltern fremduntergebrachter Kinder? Wie gehen Mütter und Väter mit der Tatsache um, dass ihre Kinder nicht in ihrem Haushalt und Alltag, sondern in einer Einrichtung der Kinder- und Jugendhilfe leben und aufwachsen? Der Vortrag, der auf Zwischenergebnissen einer laufenden Dissertation des DFG-Graduiertenkollegs „Folgen sozialer Hilfen“ beruht, nähert sich diesen Fragen mittels einer Forschungsperspektive „von unten“ an: Anhand narrativer Interviews werden subjektive Sichtweisen von Müttern und Vätern fremduntergebrachter Kinder selbst „zum Sprechen“ gebracht. In ihrer spezifischen Situation als „Eltern(teil) mit Kind im Heim“ sind sie mit der Infragestellung ihrer Elternschaft konfrontiert, und die eigene Erzählung, ein „guter“ Elternteil zu sein, gelingt nicht ohne Weiteres. Vor diesem Hintergrund – so die im Vortrag vertretene These – ringen Väter und Mütter fremduntergebrachter Kinder nach einem Alternativ-Narrativ, mit dem sie das Zustandekommen der Jugendhilfe und die Unterbringung ihrer Kinder erklären und sich gleichzeitig als „gute“ Eltern(teile) oder/und kooperative Hilfe-Adressat*innen legitimieren können. Die in den Erzählungen aufscheinenden Widersprüche werden im Vortrag anhand von Beispielen beleuchtet und als nicht-intendierte Folgen der Jugendhilfe rekonstruiert.</p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1689 Der Migrations- und Krisen-Nexus 2023-02-10T21:14:28+00:00 Mustafa Aksakal mustafa.aksakal@uni-bielefeld.de Philipp Wolfesberger philipp.wolfesberger@uni-bielefeld.de <p>In den letzten Jahren haben nicht nur Regierungen und internationale Organisationen, sondern auch zivilgesellschaftliche Gruppierungen, Migration zunehmend mit dem Begriff der Krise in Verbindung gebracht. In vielen öffentlichen Diskussionen wurden die Begriffe Migrationskrise bzw. Flüchtlingskrise als Interpretationsrahmen zur Beschreibung verschiedener Transformationen in der Gesellschaft verwendet. Geleitet durch absolute Migrationszahlen und durch die Zuschreibung von homogenen Merkmalen und Aspirationen wurden und werden dabei einige Migrationskategorien als nationales Sicherheitsrisiko und kulturelle Bedrohung inszeniert. Diese Tendenzen führen nicht nur zu politischen Diskursen (z.B. sichtbar in AfD-Wahl-Kampagnen), sondern auch zu Mobilisierungen innerhalb der zivilgesellschaftlichen Sphäre. Ebenso sind aber auch Gegenbewegungen zu beobachten, die Migrant*innen und deren Initiativen solidarisch begegnen. Die inflationäre Nutzung des Begriffs der Solidarität verschleiert jedoch oft, welche Mechanismen in der Gemeinschaftsbildung bedient werden. An den zwei Polen der Mobilisierungen in Bezug auf Migration ist daher vor allem im Zusammenhang mit Krisenauseinandersetzungen analytisch anzusetzen.</p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1616 Mobilität und Mobilisierung 2023-01-25T12:39:13+00:00 Angela Pohlmann angela.pohlmann@uni-hamburg.de <p>Der Beitrag analysiert die (Im)Mobilisierungen und Mobilitäten von verschiedenen Akteur:innengruppen auf dem Mittelmeer. Die Bewegungen von Grenzregimeakteur:innen, zivilgesellschaftlichen SAR-Gruppen und fliehenden Menschen werden dabei nicht als polarisiertes Gegeneinander von miteinander oder gegeneinander agierenden Akteur:innen, sondern als Ausdruck und Aushandlung von sozialer Ordnung verstanden. Hierfür wird der Mobilities-Ansatz (Sheller und Urry 2016) mit dem theoretischen Konzept des Dritten, bzw. der Tertiärität (Simmel 2013 [1923]) verknüpft.</p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1724 Social Identity and Social Cohesion: How Disrespect threatens Social Cohesion 2023-02-15T17:41:47+00:00 Ibrahim Akinyemi ibrahim.akinyemi@uni-tuebingen.de Martin Gross martin.gross@uni-tuebingen.de <p>Social inclusion policies, a key focus of the European Union, target at bridging the social recognition gaps between lowly recognized and highly recognized social groups. However, while previously disadvantaged groups might benefit as regards to equal recognition through democratic instruments, the traditionally advantaged groups may feel threatened by inclusion policies resulting from political responsiveness to claims by disadvantaged groups since such responsiveness endangers their ‘special rights’. Using primarily longitudinal data from European Social Survey, Chapel Hill Expert Survey, and independent inclusion indices, our study suggests that higher social inclusion policies do not make the traditionally advantaged groups (natives and religious people) vote more for Eurosceptic parties; instead, the policies motivate them to vote more for pro-EU integration parties just like their traditionally disadvantaged counterparts (migrants and non-religious people). The implication is that inclusion policies are not the reasons for the gaps in voting for pro-EU integration parties in the national elections between the minorities and majorities.</p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1758 Politisierte Antisemitismusdebatten 2023-03-02T10:52:42+00:00 Charlotte Wiemann charlotte.wiemann@mailbox.org <div dir="auto"> <div class="default-style">Israelbezogener Antisemitismus und die Frage nach der korrekten Begriffsbestimmung desselben stehen immer wieder im Mittelpunkt kontroverser Debatten. Im Rahmen dieser von starker Polarisierung gekennzeichneten Aushandlungsprozesse werden in der wissenschaftlichen Analyse Tendenzen der Verrechtlichung sowie Versicherheitlichung ausgemacht. Der vorliegende Beitrag führt mithilfe zweier Fallbeispiele die widersprüchlich anmutende Beobachtung einer polarisierten Debatte und versicherheitlichende wie verrechtlichende Abläufe in ebendieser zusammen, indem die Debatten als Politisierungsprozess analysiert werden. Dabei wird von einem breiten Politisierungsverständnis ausgegangen, welches die Dynamiken öffentlicher wie nicht-öffentlicher Aushandlungsprozesse in verschiedenen Handlungsarenen mit einbezieht. Als breitere Politisierungsbewegung analysiert lassen sich die gegenwärtigen Debatten um israelbezogenen Antisemitismus präziser erfassen.</div> </div> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1591 Personal Space in Social VR 2023-01-10T20:21:52+00:00 Felix Krell felix.krell@zu.de Nico Wettmann soziologie@nico-wettmann.de <p>Interaktionstheorien sehen den menschlichen Körper als Ankerpunkt sozialer Situationen. In solchen handeln und kommunizieren Körper nicht nur, sondern sind auch ein räumlich-strukturierendes Element und stellen somit soziale Nah- und Distanzverständnisse wie -praktiken her. In einer von tiefgreifenden Mediatisierungsschüben geprägten Gegenwart (Hepp 2021) entstehen zunehmend Situationen delokalisierter körperlicher Ko-Präsenz. Durch in Social VR-Plattformen übliche Körpervermessung steigert sich die interaktionale Komplexität von Körper- und Raumvorstellungen enorm: Physische und avatarielle Körper wie Umwelten fallen phänomenal zusammen und müssen trotz Widerständigkeiten in Einklang gebracht werden. Entstehende Synchronisationsprozesse lassen sich eindrücklich anhand der Wahrnehmung, Konstruktion und interaktionalen Aushandlung von Personal Space in Social VR erkennen. Im Anschluss an Erving Goffman untersucht dieser Beitrag avatariell-körperliche Wirkungsbereiche und liefert Einblicke in mediatisierte ko-präsente Nähe. Es wird gezeigt, welche Rolle digital-physische Territorien des Selbst – in ihrer technischen wie sozialen Ausprägung – einnehmen und wie sich Handlungsräume, Körper und leiblich-affektive Wahrnehmung in VR-Situationen wechselseitig bestimmen. Für unsere Analyse greifen wir auf ethnographische Beobachtungen und Interviews zurück, die wir seit 2018 in VRChat durchführen.</p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1757 Intersituativität in der Telemedizin 2023-03-01T14:09:50+00:00 Andrea zur Nieden andrea.zur.nieden@soziologie.uni-freiburg.de Nils Ellebrecht nils.ellebrecht@soziologie.uni-freiburg.de <p>Neue Informations- und Kommunikationstechnologien verändern gesellschaftliche Beziehungen und Körperlichkeiten. Der Beitrag begreift solche Veränderungen in Anlehnung an Stefan Hirschauers Konzept der Intersituativität als Verkomplizierung von Anwesenheit. Für Rettungsdienste wird die volle Präsenz aller Teilnehmer in der Regel als wesentlich angesehen, aber auch hier werden inzwischen Telenotärzt*innen eingesetzt, die versuchen digital Zugriff auf den Patient*innenkörper zu bekommen. Auf der Basis von Beobachtungen und Interviews bei einem Telenotarztsystem beschreiben wir Grundlagen und Herausforderungen telemedizinischer Situationen. Wir analysieren, wie sie von Ärzt*innen, Rettungsassistent*innen und Patient*innen gehandhabt werden, die nur graduell füreinander präsent sind.</p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1625 Die enorme Ausbreitung von Diversitätsstrategien als Hinweis für das Auftauchen des „inklusiven Normalismus“ 2023-01-27T21:20:39+00:00 Andrea Dorothea Bührmann andrea.buehrmann@uni-goettingen.de <p>Mit Blick auf die enorme Verbreitung der expliziten Bearbeitung von Vielfalt in Form von Diversitätsstrategien wird seit einiger Zeit engagiert wie kontrovers diskutiert, ob diese Ausbreitung (bloß) durch ökonomische Kalküle der Inwertsetzung motiviert sei oder ob sie doch auch als An/Zeichen eines gesteigerten Interesses an einem Mehr an (wertschätzender) Anerkennung bisher diskriminierter Gruppen interpretiert werden könne. Die angesprochene Kontroverse steht im Zentrum des Beitrages. In einem ersten Schritt werde ich die angesprochenen kontroversen Positionen in ihren wesentlichen Bestimmungsmomenten re-konstruieren. In einem zweiten Schritt entfalte ich eine normalismustheoretische Perspektive auf das Phänomen dieser Ausbreitung der unterschiedlichen strategischen Dispositive im Feld der Chancengleichheitspolitiken. Dabei verfolge ich die These, dass an der Wende vom 20. zum 21. Jahrhundert eine neue Normalisierungsstrategie auftauchte, die ich als inklusiven Normalismus bezeichne: Mit Hilfe dieser Strategie sollen vormals als nicht-normal geltende Personen – unter bestimmten Bedingungen – gerade wegen ihrer Nicht-Normalität explizit als Andere inkludiert werden. Sie sollen dabei jedoch im Sinne eines „Othering“ ver-andert werden und bleiben. In einem dritten Schritt werde ich schließlich ein Fazit ziehen und nach Widerstandspotenzialen fragen. Den Ausgangspunkt der Überlegungen bildet das Forschungsprogramm der reflexiven Diversitätsforschung.</p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1707 (Un-)Mögliche Subjektpositionen 2023-02-14T21:33:31+00:00 Monika Götsch monika.goetsch@hs-esslingen.de <p>Mit dem Wandel der Erwerbsarbeit und der Erwerbsarbeitsverhältnisse hin zu entgrenzter und projektbasierter Arbeit, wandeln sich auch die (Un)Möglichkeiten anerkannter (vergeschlechtlichter) Subjektpositionen – nicht zuletzt für trans*Personen<a href="#_ftn1" name="_ftnref1"></a>. Die Existenzsicherung über Erwerbsarbeit gilt mehr denn je als Voraussetzung für gesellschaftliche Integration. Notwendig ist dafür vor allem „employability“ und die Marktförmigkeit der Einzelnen, scheinbar unabhängig von intersektionalen Zugehörigkeiten und Zuschreibungen. Zugleich erweist sich die zweigeschlechtsspezifische Segregation des Erwerbsarbeitsmarktes als relativ stabil. In der Folge ist der Erwerbsarbeitskontext derzeit durch die Widersprüchlichkeiten von Pluralisierung und Persistenz heteronormativer Verhältnisse geprägt.</p> <p>Erwerbsbiografische Interviews mit trans*Personen und narrative Interviews mit Schlüsselpersonen im Erwerbsarbeitskontext verweisen auf die hier wirksamen, ineinandergreifenden Subjektivierungsweisen und den damit verbundenen ambivalenten Chancen und Risiken für unterschiedliche trans*Personen:</p> <p>1.Unter anderem durch die zweigeschlechtsspezifische Organisation von Arbeit ist <em>heteronormative Subjektivierung </em>bedingt<em>.</em> Für trans*Personen ist damit die Anforderung verbunden sich geschlechtlich zu vereindeutigen, um als entweder Ausnahme oder „normal“ in männer*- bzw. frauen*dominierten Arbeitsbereichen anerkannt zu werden. Dies erfolgt in Abgrenzung zu bzw. durch Exotisierung von uneindeutigen und „auffälligen“ geschlechtlichen Ausdrucksweisen. Geschlechtliche Uneindeutigkeit wird im Handwerk, in der Industrie und im (sozialen) Dienstleistungsgewerbe zum Markthindernis, während Exotisierung im Showbusiness zum Marktvorteil wird.</p> <p>2.Die <em>ökonomisierte Subjektivierung</em> zielt insbesondere auf das „unternehmerische Selbst“, das seine Marktförmigkeit permanent selbst optimiert und flexibel den Markterfordernissen anpasst. Die vorrangige Leistungsorientierung beinhaltet für trans*Personen die Chance, dass (ggf. uneindeutige) Geschlechtlichkeiten in den Hintergrund und „employability“ in den Vordergrund rücken. Zugleich besteht das Risiko, dass Diskriminierungserfahrungen von trans*Personen selbst individuell „gemanagt“ werden müssen.</p> <p>3.<em>Postkoloniale Subjektivierung</em> gründet historisch im kolonialen Rassismus und in Otheringprozessen, u.a. der Unterscheidung zwischen modern und traditionell. Bezüglich trans*Personen im Erwerbsarbeitskontext wird insbesondere der Aspekt der Toleranz relevant gemacht, was mit „westlicher Moderne“ gleichgesetzt wird. Dies ermöglicht <em>w</em>eißen trans*Personen die Zugehörigkeit zur privilegierten, vorgeblich toleranten Gruppe und beinhaltet zugleich für BIPoC-trans*Personen die Gefahr als unmögliches Subjekt auch rassifiziert diskriminiert zu werden.</p> <p>&nbsp;</p> <p><a href="#_ftnref1" name="_ftn1"></a></p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1694 Doing Loss while doing Generation while doing Kommunalpolitik 2023-02-13T10:32:37+00:00 Gesine Tuitjer gesine.tuitjer@thuenen.de <p>Der Beitrag beschäftigt sich mit Narrationen des Verlustes, die von Bürgermeister*innen eingemeindeter Ortsteile entwickelt werden. Diese Narrationen werden in den Diskurs über das Erstarken populistischer Tendenzen in peripheren Regionen eingebettet. In den analysierten Interviews sind das Betrauern des Verlustes kollektiver kommunalpolitischer Handlungsfähigkeit und von persönlichem Status bzw. Macht eng verwoben. Dort, wo die individuellen Verluste besonders schmerzlich empfunden werden, sind die Verlustnarrationen eingebettet in Rahmenerzählungen einer umfassenden Kritik an den sozialen und politischen Verhältnissen und die interviewten Personen verorten ihren Verlust im Rahmen gesamtgesellschaftlicher Verteilungs- und Gerechtigkeitsfragen. Der folgende Text lehnt sich konzeptionell an Reckwitz‘ Beiträge zu einer „Soziologie des Verlustes“ an, indem zunächst Narration des Verlustes entlang der behandelten Themen und Dimensionen analysiert werden. Ziel ist die „Analyse des faktischen doing loss in der Gesellschaft […], um dessen Ursachen, Ausprägungen und Folgen zu identifizieren.“ (Reckwitz 2022, S. 5).</p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1764 Ethnophänomenologische Analysen zu Erfahrungen sexualisierter Gewalt 2023-03-14T20:53:48+00:00 Frederike Brandt f.brandt@tu-berlin.de <p>Der Phänomenbereich der sexualisierten Gewalt stellt soziologische Theorien zu Gewalt vor eine Reihe von Herausforderungen. Sexualisierte Gewalt kann in unterschiedlichen Formen im öffentlichen wie im privaten Raum stattfinden. Welche Phänomene als sexualisierte Gewalt erfasst werden, kann sich in unterschiedlichen sozialen Kontexten verändern. In dem vorliegenden Beitrag wird eine Forschungsperspektive vorgeschlagen, die das Phänomen der Erfahrung sexualisierter Gewalt der sozialwissenschaftlichen Analyse zugänglich macht. Da die leibkörperliche Erfahrung stark subjektiv und für Dritte nur vermittelt rekonstruierbar ist, wird eine ethnophänomenologische Analyse der leibkörperlichen subjektiven Erfahrung von sexualisierter Gewalt durchgeführt. So kann dem Umstand Rechnung getragen werden, dass diese Erfahrungen zwar nicht als solche von anderen nachvollzogen werden können, die Betroffenen aber selbst in der Lage sind, ihre Erfahrungen zu reflektieren und diese Reflexion sprachlich intersubjektiv zugänglich zu machen. Durch induktiv herausgebildete analytischen Kernkategorien (Reziprozität, Körperlichkeit und Zeitlichkeit der Erfahrung) werden fünf Erfahrungstypen sexualisierter Gewalt differenziert, die aus dem erhobenen Interviewmaterial gebildet wurden. Exemplarisch wird ein Einblick in unterschiedliche Interviewpassagen gegeben. Die Typenbildung ist dabei als ein offener Vorschlag für Anschlussforschungen konzipiert.</p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1664 Nähe-Gewalt-Gefüge im Jugendstrafvollzug 2023-01-31T15:14:13+00:00 Stephanie Schiller schilles@hsu-hh.de <p>Dass der Jugendstrafvollzug ein Ort ist, an dem gewaltförmige Interaktionen an der Tagesordnung sind, steht außer Frage. Zudem übt die staatliche Institution an diesem Ort die ihr als legitim übertragene Gewalt aus, junge verurteilte Menschen für einen gewissen Zeitraum ihrer Freiheit zu berauben und damit ihre Handlungs- und Kommunikationsmöglichkeiten als Teil der Strafe massiv einzuschränken. In diesem Beitrag geht es um die Frage, inwieweit – im Rückgriff auf die Überlegungen zum Begriff des <em>agencement</em> von Gilles Deleuze und Félix Guattari – die Anwendung dieses Gefüge-Konzepts eine neue Perspektive auf die Binnenwelt der Inhaftierten im Jugendstrafvollzug ermöglicht.</p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1630 Konfliktärer Akkumulationsprozess und symbolische Verdichtungen 2023-01-29T13:51:23+00:00 Johannes Gerken johannes.gerken@uni-kassel.de <p>Um Vergesellschaftungsprozesse in EU:ropa über Zeitdiagnosen hinausgehend zu fassen, schlägt dieser Beitrag einen staatstheoretischen Zugang vor, in dem Polarisierungen, konfligierende Leitbilder und Widersprüchlichkeiten zentral eingedacht werden. Mit Fokus auf die Europäische Union (EU) entwickelt der Beitrag hierbei im Anschluss an die materialistische Staatstheorie und Bourdieus staats- und feldtheoretische Überlegungen ein analytisches Verständnis der sich herausbildenden <em>EU-Staatlichkeit</em>. In dieser staatstheoretischen Perspektive auf Vergesellschaftungsprozesse in der EU wird <em>Staatlichkeit als Verhältnis, Prozess, Projekt </em>und<em> Praxis</em> konzipiert und Staatlichkeitsgenese als ein gesellschaftlich umkämpfter und somit <em>konfliktärer Akkumulationsprozess </em>begriffen. In ihm werden Machtressourcen konzentriert, die sich in spezifischer Form symbolisch verdichten. Wenn nicht hegemonial verankert, können diese<em> symbolischen Verdichtungen </em>selber wiederum neue gesellschaftliche Spannungs- und Polarisierungslinien hervorrufen, wie anhand des konfliktären Akkumulationsprozesses während der Euro-Krise verdeutlicht wird.</p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1701 Polarisierung durch Targeting? 2023-02-14T14:29:17+00:00 Carsten Ochs carsten.ochs@uni-kassel.de <p class="Einzug05">Die einschlägigen Analysen der schon länger diskutierten sozialen Problematik des Targeting leisten einen wertvollen Beitrag zur wissenschaftlichen, politischen und normativen Diskussion der datafizierten Machttechniken und ihrer möglichen Regulierung. Jedoch fällt bei genauerem Hinsehen die v.a. sozialphilosophisch-normative bzw. juridische Orientierung der Analysen auf. Zwar hat die Soziologie einiges zum Zusammenhang von Überwachung, Macht und Steuerung generell oder insbesondere zur digitalen Steuerung zu sagen, es bleibt aber zu bestimmen, was beim Targeting aus dezidiert sozialtheoretischer Perspektive eigentlich auf dem Spiel steht. Der Beitrag nimmt eine solche Klärung vor, um so die Problemdiskussion komplementär zu erweitern. Dabei wird es insbesondere darum gehen, den sozialen „Wetteinsatz“, der beim Targeting auf dem Spiel steht, soziologisch zu fassen. Um dorthin zu gelangen, wird zunächst herausgearbeitet, dass einschlägige Targeting-Analysen das Konzept der Entscheidung zentral stellen, während sie gleichzeitig eine stärkere Berücksichtigung der sozialen Dimension des Targeting einfordern (2). Letzteres, so das weitere Argument, erfordert eine Umstellung vom eher individualistischen Entscheidungs- auf das stärker relational angelegte Erfahrungskonzept. Indem dies mithilfe der pragmatistischen Konzeption des Erfahrungsbegriffes erfolgt, wird die soziale Problematik des Targeting als Schließung von Erfahrungsspielräumen bestimmt (3). Abschließend werden Folgerungen erörtert, die sich aus der Analyse ergeben (4).</p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1621 Evidenzen des Materiellen in virtuellen Trinkabenden 2023-01-26T23:25:43+00:00 Felix Krell felix.krell@zu.de <p>In Social VR verlieren Dichotomien des Digitalen und Materiellen ihre Trennschärfe. Innerhalb phänomenaler Hybridsituationen voller Widerstände bewältigen deshalb VRChat-Nutzer*innen ihren Alltag mit Routinen, Körperwissen und kreativem Handeln, das sowohl den materiellen als auch den digitalen Raum durchzieht. Damit handeln sie Mediatisierungsschübe aus, die gesamtgesellschaftlich noch ausstehen. Dieser Beitrag deckt Evidenzen des Materiellen in sozialen Situationen virtueller Umgebungen auf, um für eine differenzierte soziologische Betrachtung von Materialität, Räumlichkeit und Körperlichkeit innerhalb unseres mediatisierten Alltags zu argumentieren. Als Beispielhafte Situation wurde der virtuelle Trinkabend in VRChat ausgewählt, da soziales Handeln sich hierbei an materiellen Getränken orientiert, die interaktional sowohl in VR als auch im materiellen VR-Spielbereich im Eigenheim der Nutzer*innen relevant bleiben. Auf Basis eines vierjährig fundierten digital-ethnografischen Einblicks in die Lebenswelt erfahrener VRChat-Nutzer*innen wird habituelles Körper- und Routinewissen im Kontext des virtuellen 'Social Drinking' durch die Analyse von Beobachtungsdaten aufgedeckt. In Rückbezug auf Joas' Theorien des kreativen Handelns werden festgehaltene Gebräuche und das darin verfestigte Raum- und Körperwissen vorgestellt, welches Übergangsleistungen und -Objekte zwischen zwei phänomenalen Daseinsebenen durch Evidenzierung hervorbringt. </p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1734 Rurale Selbstversorgung in der Mecklenburgischen Seenplatte 2023-02-15T22:48:02+00:00 Christian Brechler brechler@hs-nb.de Judith Althaus judith.althaus@web.de Theodor Fock fock@hs-nb.de <p class="paper_abstract">In den ostdeutschen Bundesländern sind bis heute die Strukturen der Sozial- und Ernährungspolitik der ehemaligen DDR deutlich erkennbar. Dies betrifft neben dem eigentlichen Agrarsektor über Bodenreform, Kollektivierung und Industrialisierung auch die Privathaushalte. </p> <p class="paper_abstract">Zur Sicherung der Lebensmittelversorgung gab es in der Ernährungspolitik der DDR einen stark subventionierten Lebensmittelankauf. In diese Kategorie fielen Hausgärten, Kleingärten und Flächen, die im Rahmen der LPG-Mitgliedschaft zur Verfügung gestellt wurden. Die hohen Ankaufpreise waren für viele Haushalte ein lukrativer Nebenverdienst, entsprechend umfangreich wurden Gartenbau und Tierhaltung betrieben.</p> <p class="paper_abstract">Der vorliegende Beitrag soll sich mit den Motiven der Kleinproduzent:innen im dörflichen Umfeld beschäftigen. Die Subsistenzwirtschaft soll in dem Kontext der „neuen” und „alten” Mittelklassen nach Reckwitz betrachtet werden. Lassen sich die Kleinproduzent:innen mit diesem Klassenkonzept abbilden? Inwiefern können Konzept, Umfang und Motivation der ruralen Selbstversorgung als Ausdruck der Gesellschaft der Singularitäten verstanden werden? Hintergrund ist der stetige und seit der Pandemie zunehmende Zuzug in den ländlichen Raum. Gerade Personen aus der neuen Mittelklasse sind in der Lage die neue Flexibilität durch Homeoffice und Digitalisierungsschub zu nutzen. Unterschiede und Gemeinsamkeiten zu „traditionellen“ Kleinerzeugern sollen betrachtet werden. Aus den bisherigen Befragungen wird deutlich, dass „Armut“ keinesfalls ein Treiber der Selbstversorgungswirtschaft ist. </p> <p class="paper_abstract">Schließlich wird auch geklärt, inwiefern die betrachteten Gruppen ihre Tätigkeit in Angesicht von Krisen, wie der Covid-19-Pandemie und zuletzt dem Ukraine-Krieg, anpassen bzw. überdenken. Kann die rurale Selbstversorgung als Reaktion auf eine „Katastrophenstimmung” und damit als „Verlustprävention” verstanden werden? </p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1602 Herausgeforderter gesellschaftlicher Zusammenhalt 2023-01-30T10:57:02+00:00 Antonius Liedhegener antonius.liedhegener@unilu.ch Gert Pickel pickel@rz.uni-leipzig.de Anastas Odermatt anastas.odermatt@unilu.ch Yvonne Jaeckel yvonne.jaeckel@uni-leipzig.de <p>Liberale Demokratien scheinen unter Druck zu stehen. Identitätspolitik, so eine häufige Vermutung, löst den sozialen Zusammenhalt und die Unterstützung für die Demokratie auf. Insbesondere religiöse Identitäten werden als anfällig für soziale Abgrenzung und spaltende Konflikte angesehen. Die Polarisierung auf der Grundlage sozialer Identitäten scheint sich vom Alltagsleben über die Zivilgesellschaft bis hin zur politischen Gemeinschaft zu erstrecken.</p> <p>Der Beitrag untersucht, welche Bedeutung religiöse Identität(en) und speziell Religion als soziale Identität für gesellschaftlichen Zusammenhalt und die Unterstützung liberaler Demokratien in pluralistischen Gesellschaften haben. Durch einen interdisziplinären Ansatz und die Kombination der Theorie Sozialer Identitäten (SIT), der Sozialkapitaltheorie und der Vorurteilstheorie wird anhand der Daten des KONID Survey 2019 zu Deutschland und der Schweiz und einer Serie multipler linearer Regressionsanalysen dieser Frage nachgegangen.</p> <p>Es zeigt sich eine unabhängige und eigenständige, aber wie erwartet ambivalente Rolle der religiösen Identität. So ist es in der Regel nicht die Wichtigkeit der religiösen sozialen Identität als solche, die den sozialen Zusammenhalt und die politische Kultur beeinflusst. Die Wirkungen religiöser Identität lassen sich vielmehr auf bestimmte Typen religiöser Identität und die ihnen zu Grunde liegende Ausrichtung zurückführen. Eine exklusivistisch-fundamentalistische Ausrichtung der religiösen Identität fördert Vorurteile gegenüber anderen Gruppen und wirkt damit negativ auf gesellschaftlichen Zusammenhalt sowie die Unterstützung liberaler Demokratien. Ein gemeinschaftsorientierter Stil religiöser Identität wirkt dagegen Vorurteilen eher entgegen, begünstigt so gesellschaftlichen Zusammenhalt und ist der Demokratieunterstützung förderlich.</p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1690 Religiöse Überbietung 2023-02-12T11:45:20+00:00 Youssef Dennaoui youssef.dennaoui@kt.rwth-aachen.de <p>Der Beitrag argumentiert dafür, Überbietungspraktiken in religiösen Auseinandersetzungen mehr soziologische Aufmerksamkeit zu schenken, um ihre Besonderheiten zu erkennen und ihre gesellschaftlichen Folgen besser einschätzen zu können. Es wird in einem ersten Schritt das soziologische Feldkonzept in seinen grundlegenden Eigenschaften entfaltet und als Analyserahmen von religiösen Konkurrenzen, Deutungsmachtkämpfen und -konflikten konzipiert. Dabei wird das Phänomen „religiöser Überbietung“ als eine Sonderform von religiösen Konkurrenzen und Deutungsmachtkonflikten feldtheoretisch bestimmt. Danach werden, ausgehend von empirischem Material aus Marokko, Beispiele von religiösen Überbietungskontexten kurz skizziert. Das Ziel dieser theoretisch wie empirisch geleiteten Reflexion besteht darin, „religiöse Überbietung“ als eine religionssoziologisch gehaltvolle Kategorie zu konzipieren, um besondere Formen nicht-geregelter Konkurrenzkämpfe und Deutungsmachtkonflikte im religiösen Feld des Islam sichtbar zu machen und diese in Hinblick auf ihre Polarisierungs- und Radikalisierungseffekte einer ersten Bewertung zu unterziehen.</p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1635 "Man wirft der DDR ja viel Negatives vor" 2023-01-30T08:17:26+00:00 Michael Corsten corsten@uni-hildesheim.de Melanie Pierburg pierbu@uni-hildesheim.de <p>In unserem Beitrag setzen wir uns mit der Frage auseinander, wie Spannungsverhältnisse zwischen biographischen Erfahrungen und gesellschaftlichen Diskursen narrativ bewältigt werden können. Dazu greifen wir auf Datenanalysen zurück, die wir in dem Projekt <em>Mythen in erzählten Bildungs- und Kindheitserfahrungen der DDR</em> vornehmen. Anhand eines Falles rekapitulieren wir, wie ein Interviewter nach der Wiedervereinigung von unterschiedlichen Bildungserfahrungen in der DDR berichtet, die er über die Komposition von erzählter Zeit und Erzählzeit mit dem vorherrschenden kollektiven Wissen verbindet. Dabei entwickelt er drei Motive, die sich auf seinen Deutschunterricht, sein Engagement in der Evangelischen Studentengemeinde und die schulöffentliche Bekanntmachung des Putsches in Chile 1973 beziehen. In unserer Rekonstruktion zeigen wir, wie der Interviewte über Positionierungen in der erzählten Zeit und der Erzählzeit sowie unterschiedlichen Zuschreibungen von Zeitzeugenschaft ein Positionierungstableau entwirft, in dem seine biographische Perspektive einen anerkennungsfähigen Platz erhält.</p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1669 Die Erfahrung von Zusammenhalt im Rahmen ungleicher Lebensführungen 2023-01-31T18:42:36+00:00 Arne Koevel koevel@uni-bremen.de Andreas David Schmidt andreas.david.schmidt@sofi.uni-goettingen.de Andrea Hense andrea.hense@sofi.uni-goettingen.de <p>Ob Klimawandel, (post-)pandemischer Alltag, Reaktionen auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine, demografische oder sozialstaatliche Wandlungsprozesse post-industrieller Gesellschaften – vielgestaltige gesellschaftliche Umbrüche und Transformationen geben wieder zunehmend Anlass zur Problematisierung des gesellschaftlichen Zusammenhalts. Prominente soziologische Zeitdiagnosen sprechen von einer Polarisierung der Gesellschaft (vgl. Kaube und Kieserling 2022; Münch 2023), durch die sich antagonistische Lager zunehmend unversöhnlich gegenüberstünden (vgl. Reckwitz 2018). Andererseits mehren sich Stimmen, welche derzeitige Konfliktlinien nicht als Polarisierung, sondern vielmehr als Pluralisierung interpretieren (vgl. Mau et al. 2020). Bei aller Uneinigkeit darüber, wie stark und wodurch der gesellschaftliche Zusammenhalt gefährdet sei, bleibt häufig unklar, worauf sich dieser Begriff konkret bezieht.</p> <p>Mit Interviewdaten aus der ersten Welle des FGZ Quali Panels<a href="#_ftn1" name="_ftnref1">[1]</a>, mit dem die soziale Praxis der Wahrung und Gefährdung des gesellschaftlichen Zusammenhalts untersucht wird, rücken wir in diesem Beitrag die Frage ins Zentrum, was die Befragten selbst unter gesellschaftlichem Zusammenhalt verstehen bzw. wie sie diesen auf unterschiedliche Weise erleben und praktizieren. Während in der öffentlichen Debatte primär Diagnosen der Polarisierung oder Solidarisierung verhandelt werden, wirft das empirische Material die Frage auf, was der Gegenstand des jeweiligen Erlebens ist, an dem sich die Befragten in ihren Praxen orientieren.</p> <p>Anhand empirischer Fallbeispiele diskutiert der Beitrag vielfältige Erfahrungen und Vorstellungen von Zusammenhalt im Rahmen ungleicher Lebensführungen. In der Analyse unserer Interviews zeigt sich: Es gibt vielfältige und unterscheidbare Konzeptionen davon, was gesellschaftlicher Zusammenhalt bedeutet. Unsere Daten ermöglichen außdem einen tieferen Einblick in die Zusammenhänge unterschiedlicher Konzeptionen von gesellschaftlichem Zusammenhalt, diverser Praktiken der Lebensführung und den gesellschaftlichen Positionierungen der Befragten. Wir skizzieren, inwiefern sich die Vorstellungen von Zusammenhalt in den Alltagspraktiken der Menschen zeigen, und welche Bedeutung ihre soziale und ökonomische Einbettung haben könnten.</p> <p><a href="#_ftnref1" name="_ftn1">[1]</a> Das Projekt „Qualitatives Panel: Milieuspezifische Praktiken der Gefährdung und Wahrung gesellschaftlichen Zusammenhalts“ wird im überregionalen Forschungsinstitut Gesellschaftlicher Zusammenhalt (FGZ) von den Standorten Bremen (SOCIUM Forschungszentrum Ungleichheit und Sozialpolitik) und Göttingen (Soziologisches Forschungsinstitut Göttingen) durchgeführt und befindet sich im Zeitraum von 2020 bis 2024 in der ersten Förderphase, in der zwei Wellen erhoben werden. Das FGZ wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert.</p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1739 „Ich habe ihm gesagt, dass ich keinen Krieg in meinem Land brauche, wenn ich Krieg in meinem eigenen Haus habe“ 2023-02-15T23:29:17+00:00 Svenja Haberecht svenja.haberecht@uni-bielefeld.de <p>Der Beitrag möchte aufzeigen, welche Diskrepanz zwischen den Fremdzuschreibungen und den Selbstzuschreibungen von Menschen aus „sicheren Herkunftsstaaten“ besteht, die nach Deutschland geflüchtet sind – und wie sich diese Diskrepanz auf die Frage der Teilhabe auswirkt. Dafür werden im Folgenden die Interpretationen und Praktiken Geflüchteter in Bezug auf Teilhabe analysiert und in den Kontext diskursiver und struktureller Ungleichheit gesetzt. Im Mittelpunkt steht das Fallbeispiel einer Frau, die mit ihren Kindern vor der Gewalt ihres Ehemanns aus Albanien nach Deutschland geflüchtet ist. Eine besondere Herausforderung besteht darin, Gewalt im Zusammenhang mit Flucht und Migration zu adressieren, ohne ein negatives <em>Othering</em> zu stärken und ohne die Viktimisierung migrantischer Frauen wissenschaftlich zu reifizieren. Um dieser Herausforderung zu begegnen, erscheint ein breit angelegter Gewaltbegriff nützlich, der imstande ist, die verschiedenen Dimensionen der Verunmöglichung von Teilhabe – im Herkunftsland <em>und</em> in Deutschland – offenzulegen. Darüber hinaus werden aus einer subjektorientierten Perspektive gleichermaßen die Strategien herausgestellt, mit deren Einsatz es Geflüchteten gelingen kann, Handlungsmacht selbst unter Bedingungen massiver Exklusion zu erlangen beziehungsweise aufrechtzuerhalten.</p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1608 Polarisierungen im Kontext Schule 2023-01-23T09:51:47+00:00 Ramona Schneider rschneider@dji.de Klara Lüring luering@dji.de Christine Steiner steiner@dji.de Claudia Zerle-Elsäßer zerle@dji.de Hannah Steinberg steinberg@dji.de <p>Das Forschungsprojekt „Zusammenhänge zwischen prekären Lebenslagen und Bildungsentscheidungen. Die Situation von Schüler:innen am Übergang von der Grundschule in die Sekundarstufe I“ untersuchte demnach zum einen die eigene Armutswahrnehmung von Familien in schwierigen Lebenslagen und ihre damit verbundenen Herausforderungen im Kontext Bildung sowie zum anderen die Armutswahrnehmung von Schüler/-innen durch Lehrpersonen an Schulen. Um sowohl die Außen- als auch die Binnenperspektive zu erheben, wurden im Rahmen des von der Landeshauptstadt München geförderten Projekts an vier in sehr unterschiedlichen Sozialräumen liegenden Münchner Grundschulen insgesamt zwölf Expert/-inneninterviews mit Schulleitungen, Lehrer/-innen und Schulsozialarbeiter/-innen sowie neun Familieninterviews mit Viertklässler/-innen und ihren Eltern durchgeführt.</p> <p>Anhand der drei Aspekte „Armutswahrnehmungen“, „Unterstützungsmöglichkeiten armer Schüler/-innen“ und „Zusammenarbeit zwischen Schule und Eltern“ werden vor allem die Widersprüchlichkeiten, aber auch Ergänzungen in den Perspektiven von befragten Schulakteur/-innen und Familien herausgestellt.</p> <p>Es werden Handlungsimpulse aufgezeigt, wie arme und von Armut bedrohte Kinder und ihre Familien besser unterstützt werden und bereits bestehende Maßnahmen umgesetzt bzw. ausgebaut werden könnten und beim Kind ankommen.</p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1624 Mikrosoziologische Analysen migrantischer Marginalisierungs- und Diskriminierungserfahrungen 2023-01-27T15:23:26+00:00 David Sander Diederich david-sander.diederich@student.uni-tuebingen.de Elena Erstling elena.erstling@student.uni-tuebingen.de Joao-Paulo Peixoto-Figueiredo joao-paulo.peixoto-figueiredo@student.uni-tuebingen.de Sebastian Moser sebastian.moser@uni-tuebingen.de Marion Müller marion.mueller@uni-tuebingen.de <p>Im Fokus des Beitrags steht die Frage wie durch die Zurechnung auf bestimmte soziale Zugehörigkeiten aus einer Ungleichbehandlung eine Diskriminierung wird. Die Arbeit greift damit aktuelle Forschungsarbeiten zur Ungleichheitssoziologie und Diskriminierungsforschung auf und erweitert diese um eine Analyse der sozial voraussetzungsvollen Aushandlungs- und Zurechnungsprozesse der Beteiligten. Das für die Analysen verwendete Datenmaterial stammt aus einem Lehrforschungsprojekt, das an der Universität Tübingen zwischen 2022 und 2023 gemeinsam mit Studierenden des Masterstudiengangs "Diversität und Gesellschaft" durchgeführt wurde.</p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1607 Kommunikativer Konstruktivismus und Gewaltwissen 2023-01-20T16:39:32+00:00 Ekkehard Coenen ekkehard.coenen@uni-weimar.de <p>Bei diesem Text handelt es sich um das Manuskript eines Impulsvortrags, der die Grundzüge einer kommunikationskonstruktivistischen Perspektive auf das Wissen über Gewalt vorstellt. Aus der Perspektive des Kommunikativen Konstruktivismus ist Wissen über Gewalt mit einer De-Zentrierung des Subjekts und einer Hinwendung zur Performativität, Materialität sowie Sequenzialität von gewaltsamen und gewaltbezogenen Situationen verbunden. Gewaltwissen wird hierbei erst im kommunikativen Handeln beobachtbar und wirksam. Dieses Handeln bezieht sich auf das verkörperte Subjekt, auf Andere sowie jene Objektivierungen, die von den Beteiligten als Teil der gemeinsamen Umwelt wahrgenommen werden. Aufgrund dieser Akzentuierung steht nicht „das Wissen“ über Gewalt im Mittelpunkt der Analyse, sondern der Fokus gilt den Kommunikationsprozessen, aus denen Gewaltwissen hervorgeht. Denn Wissen über Gewalt, welches in einer Situation von Relevanz ist bzw. aus dieser hervorgeht, ist stets vermittelt. In dieser Hinsicht kommt insbesondere den Objektivierungen von Gewalt ein hoher Stellenwert zu – seien es z.B. bestimmte gewaltbezogene Begriffe und Redewendungen, Schreie, Narben und Wunden, Mahnmale, Gesetzestexte oder Waffen(gebrauch). Objektivierungen sind die Voraussetzung dafür, dass ein subjektives Wissen über Gewalt in den gesellschaftlichen Wissensvorrat eingespeist werden kann. Daran geknüpft ist zugleich die Frage nach der Mediatisierung von Gewalt, d.h. der Einbettung von Gewaltphänomenen in einen mit dem Medienwandel verbundenen Wandel des kommunikativen Handelns. Dies wird einerseits in Gewaltsituationen deutlich, in denen beispielsweise gegenwärtig zunehmend auch Smartphones und Camcorder als Aufzeichnungsmedien zum Einsatz kommen. Andererseits zeigt sich die Mediatisierung auch im Diskurs um Gewalt, wenn z.B. in dem Social-Media-Bereich oder der massenmedialen Berichterstattung (audio-)visuelle Aufzeichnungen von Gewalthandlungen eingebunden werden.</p> <p>Der Text verdeutlicht, dass der Kommunikative Konstruktivismus somit den Blick für das kommunikative Handeln, die Objektivierungen sowie die Mediatisierung im Wissensfeld der Gewalt öffnet.</p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1640 „Machen Sie ihm doch seine Lieblingssuppe“ 2023-01-30T11:21:52+00:00 Sabine H. Krauss Sabine.Heike.Krauss@gmx.de <p>Bei personenbezogenen Dienstleistungen ist die Ko-Produktion von Leistungsgeber/‑in und Leistungsnehmer/‑in zentral. Dienstleistungen wird daher Potential zugeschrieben, Machtasymmetrien und gesellschaftliche Polarisierungen im konkreten Miteinander abzumildern (Dunkel und Weihrich 2014). Im Gesundheitsbereich sind Rollen im Rahmen der „Dienstleistungsbeziehung“ typischerweise asymmetrisch angelegt. Sie basieren auf Seiten der professionellen Akteur/‑innen auf Fachautorität, während es sich bei den Adressat/‑innen oft um vulnerable Gruppen handelt. Palliative Care, die Begleitung und Versorgung von Schwerstkranken und Sterbenden, hat den Anspruch, den Belangen der Patient/‑innen absoluten Vorrang zu geben, auch vor professionellen oder organisatorischen Erwägungen. Sie kann damit als Versuch gewertet werden, das klassische asymmetrische Verhältnis „umzukehren“.</p> <p>Ausgehend von diesen Überlegungen beleuchtet der Beitrag die Interaktionsarbeit von Akteur/‑innen der ambulanten Palliativversorgung mit einem Fokus auf die Gefühls- und Emotionsarbeit, bei der geschlechtsspezifische Erwartungen aufscheinen. Die Auswertung stützt sich auf das Konzept der Interaktionsarbeit (Böhle und Weihrich 2020), das zwischen Gefühls- und Emotionsarbeit unterscheidet, wobei die Gefühlsarbeit die Beeinflussung der Gefühle anderer bezeichnet, während Emotionsarbeit die eigenen Gefühle in Übereinstimmung mit Gefühlsregeln bzw. Erwartungen bringt. Zwei Aspekte werden herausgearbeitet: Erstens leisten auch Patient/-innen und Angehörige Gefühls- und Emotionsarbeit. Zweitens werden anhand der geschilderten Gefühle bzw. Emotionen Herstellungs- und Umkehrungsprozesse von Asymmetrien erkennbar.</p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1662 „Der Kunde soll mit einem Lächeln hier rausgehen.“ 2023-01-31T15:19:21+00:00 Edelgard Kutzner edelgard.kutzner@tu-dortmund.de Ninja Ulland ninja.ulland@tu-dortmund.de <p>Baumärkte erinnern an ein fabrikähnliches Design. Sie sind bis auf wenige Ausnahmen auf Selbstbedienung ausgelegt, nicht wenige Kund*innen haben allerdings auch Beratungsbedarf. Die Arbeit im Verkauf erfordert bei den Beschäftigten ein gewisses Fingerspitzengefühl für eine sehr heterogene Kundschaft: Heimwerker*innen, Handwerker*innen, Laien und Fachleute mit den unterschiedlichsten Vorkenntnissen und Bedürfnissen wenden sich an die Beschäftigten. Die Anliegen der Kund*innen reichen vom simplen Kauf über die Produktberatung bis hin zur Lösung von Problemen am eigenen Haus. Neben Fachkompetenz werden von den Beschäftigten Empathie und Fähigkeiten im Umgang mit Emotionen erwartet. Es ist für sie eine ständige Herausforderung, ihre Interaktionen mit den Kund*innen entsprechend anzupassen und zu gestalten. Erwartungen der Kund*innen, des Unternehmens und ihre eigenen Erwartungen sind in Einklang zu bringen. Ziel dabei ist es, dass Kund*innen zufrieden, „mit einem Lächeln“ den Markt verlassen, auch wenn sie schlecht gelaunt den Markt betreten haben.</p> <p>Im Beitrag soll anhand empirischer Ergebnisse gezeigt werden, dass die Kerntätigkeiten im Verkauf quasi gerahmt werden von weiteren Tätigkeiten, in denen Arbeit an und mit Emotionen geleistet wird. Diese werden vorwiegend von Frauen ausgeübt. Mitarbeiterinnen am Infostand begrüßen Kund*innen beim Betreten des Baumarktes freundlich und bieten Hilfe an. An der Kasse wiederum geht es um eine Verabschiedung, mit der auch unzufriedene Kund*innen freundlich gestimmt werden sollen. Die Frauen im Service Center besänftigen verärgerte Kund*innen am Telefon und versuchen, Verständnis für die Situation der Verkäufer*innen zu schaffen. Von den Mitarbeiterinnen an diesen Arbeitsplätzen wird erwartet, dass sie einfühlsam, rücksichtsvoll und ausgleichend auf die Kundschaft einwirken. Das Unternehmen setzt diese vergeschlechtlichten Kompetenzen bewusst ein, um die Emotionen der Kundschaft positiv zu beeinflussen.</p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1614 Vertrautheit und Intimität jenseits von Stand und Klasse 2023-01-25T10:59:24+00:00 Isabel Klein isabel.klein@lmu.de <p>Kosmetikstudios sind Orte sozialer Polarisierungen. Während die Kosmetiker:innen an Haut, Haaren, Nägeln arbeiten, erholen sich die Kund:innen, werden gepflegt und umsorgt. Kaum ein Ort beherbergt die paradoxe Gleichzeitigkeit des erholenden Körpers und des arbeitenden Körpers in solch einer Intensität. Aber nicht nur in actu, sondern auch entsprechend der sozialstrukturellen Position ist das Verhältnis von Kosmetiker:innen und ihren Kund:innen durch extreme Differenz und Hierarchie konstituiert. Die Kosmetiker:innen sind meist prekäre, oft rassifizierte, mehrheitlich weibliche Solo-Selbstständige, ihre Kund:innen hingegen mit genügend Kapital und Zeit ausgestattet, die Körperpflege externalisieren zu können.</p> <p>Auf der Grundlage ethnografischer Forschung in Kosmetikstudios fragt der Beitrag danach, wie diese situative und soziale Differenz zugunsten des modus operandi der Kosmetikarbeit nivelliert wird. Dieser modus operandi besteht aus Intimität und Vertrautheit, die in richtigem Maß hergestellt werden muss. Anknüpfend an die These der Beziehungsarbeit (Klein 2020) will der Beitrag näher die soziale und situative Differenz als mögliche Polarisierung diskutieren und danach fragen, welche Form der Arbeit nötig ist, um die Gleichzeitigkeit von Differenz und Intimität zu ermöglichen. Abschließend wird dafür plädiert, Emotionsarbeit in Dienstleistungen stärker mit Blick auf die darin verhandelten sozialstrukturellen und situativen Differenzen zu analysieren, die Hirschauer folgend in der Interaktion vollzogen oder still gelegt werden.</p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1676 Multispezies-Ethnographie 2023-02-02T18:52:12+00:00 Katharina Ameli Katharina.Ameli@erziehung.uni-giessen.de <p>Der Artikel zur Multispezies-Ethnographie kontrastiert, wie durch inter- und crossdisziplinäre Verzahnungen, Analysen zwischen der miteinander verwobenen menschlichen und mehr-als-menschlichen-Welt grundsätzlich gelingen können. Der Fokus wird hierbei konkret auf Mensch-Tier-Interaktionen am Beispiel von tiergestützter Pädagogik gelegt, indem innerhalb der Kontaktzonen ein Perspektivwechsel geschaffen wird und Strategien zum Einbezug von Tieren als Co-Forschende diskutiert wird. </p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1712 Zielkonflikte der Sustainable Development Goals im globalen Kontext 2023-02-15T13:25:37+00:00 Franziska Ohde ohde@soz.uni-frankfurt.de Birgit Blättel-Mink b.blaettel-mink@soz.uni-frankfurt.de <p><span lang="de"><span style="font-family: Times New Roman,serif; font-size: medium;"><span style="font-size: 12pt;"><span style="color: black;">Ziele des vorliegenden Beitrags sind, zum einen Barrieren beim Erreichen der Sustainable Development Goals (SDGs) am Beispiel von SDG 5 (Geschlechtergleichheit) nachzugehen und zum anderen mögliche Lösungsansätze in Form partizipativer Forschung insbesondere von Citizen Science kritisch zu diskutieren. Zu diesem Zweck wird ein Blick auf die Synergien und Zielkonflikte der SDGs geworfen. Dabei ergibt sich, dass die (nationale) Priorisierung der SDGs eine zentrale Herausforderung darstellt. Für die Umsetzung der SDGs heißt das zum einen, dass der integrative Ansatz, soziale, ökonomische und ökologische Ziele in Einklang zu bringen, vernachlässigt wird und damit grundsätzliche Zielkonflikte bestehen bleiben. Für die Umsetzung von SDG 5 lässt sich zudem eine grundsätzliche Kritik an der Verfasstheit der SDGs konstatieren sowie die Erkenntnis, dass die Betroffenen vor Ort sich in ihren Bemühungen um Nachhaltigkeit, gutem Leben oder auch Gerechtigkeitsvorstellungen normativ nicht an den SDGs orientieren. Um die Probleme, Bedürfnisse und Forderungen vulnerabler Gruppen adäquat fassen zu können, ist schließlich auch das von den SDGs vorgegebene, inhärent verkürzte Verständnis von Geschlechtergleichheit zu reflektieren, welches um eine mehrdimensionale, intersektionale Perspektive erweitert werden muss.</span></span></span></span></p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1613 Team We’re-going-to-Mars vs. Team There-is-no-Planet-B 2023-01-31T09:20:42+00:00 Emanuel Deutschmann emanuel.deutschmann@uni-flensburg.de <p>Von Klima- und Umweltkrise über Coronapandemie, Inflation, Globalisierung, Migration und Verkehr bis hin zu Digitalisierung und Alterung der Gesellschaft – die großen Themen unserer Zeit haben einen gemeinsamen Kern: sie folgen exponentiellen Mustern. Während frühere Gesellschaften durch wiederkehrende Zyklen oder allenfalls langsamen, steten Wandel geprägt waren, bestimmt heute eine Vielzahl zugespitzter exponentieller Trends öffentliche Debatten, schürt neue soziale Konflikte und steht im Zentrum der großen Probleme des 21. Jahrhunderts. Doch lange geht es so nicht weiter: kein exponentieller Trend hält ewig und mit der unweigerlichen Explosion der Bestandsgrößen – seien es Treibhausgase, virale Inzidenzen oder Plastik im Ozean – droht das zukunftsgefährdende Desaster. Stabilisierung ist daher das zentrale Ordnungsproblem dieser Exponentialgesellschaft. In wichtigen Gesellschaftsbereichen müssen exponentielle Trends rechtzeitig gebrochen werden, um stabilisierte Verhältnisse auf nachhaltigen und kollektiv wünschenswerten Niveaus herbeizuführen. Wie wir sehen werden, denkt die Gesellschaft zunehmend über Wege in diese Richtung nach, streitet über mögliche Stabilisierungsniveaus, Umsetzungsstrategien, Folgen und Nebenwirkungen. Dies führt dazu, dass eine wachsende Zahl sozialer Konflikte sich an der Frage des Umgangs mit exponentiellen Trends entzündet. Etwas vereinfacht ausgedrückt verläuft der politische Grundkonflikt dabei zwischen <em>expansionistischen</em> und <em>stabilisatorischen</em> Kräften. Während erstere sich für eine Fortsetzung exponentieller Steigerung einsetzen, kämpfen letztere für Stabilisierung. Je weiter sich die Lage der Exponentialgesellschaft zuspitzt, desto mehr wird dieser neue Grundkonflikt andere, bisher in soziologischer Betrachtung im Vordergrund stehende gesellschaftliche Konfliktachsen (Kommunitarismus vs. Kosmopolitismus, „unten“ vs. „oben“, usw.) verdrängen, so eine zentrale These des Beitrags. Obwohl, wie wir sehen werden, die expansionistische Seite in vielerlei Hinsicht im Unrecht ist, ist keineswegs ausgemacht, dass sich die stabilisatorische Seite durchsetzen wird. Dies liegt unter anderem an einem Machtungleichgewicht, denn die expansionistische Seite hat die gewaltigen Kräfte kapitalistisch-exponentieller Steigerung und den Heimvorteil des etablierten Systems hinter sich. Der Beitrag erkundet diesen ungleichen, offenen Kampf um die Zukunft.</p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1681 Atmosphären in Videokonferenzen 2023-02-03T12:01:02+00:00 Johannes Frederik Burow johannes.burow@uni-passau.de <p>Während Videokonferenzen zeigen sich Phänomene wie die Nähe zu anderen Teilnehmenden oder das Gefühl, dass <em>in </em>der Videokonferenz eine ganz eigene Atmosphäre herrscht. Während klassische soziologische Interaktionstheorien nur eingeschränkt in der Lage sind, Fragen nach dem Beieinandersein und Nähe bei körperlicher Separiertheit zu behandeln, zeigt das Beispiel der Videokonferenz, wie es die systematische Integration leibphänomenologischer Konzepte ermöglicht, Grenzsituationen der Interaktion theoretisch und empirisch greifbar zu machen. Während Videokonferenzen kann es trotz technischer und leib-kommunikativer Beschränkungen zu Interaktionen kommen, während derer sich die Teilnehmenden besonders nah kommen. Auch herrschen Gefühle und Stimmungen, die anhand des empirischen Materials herausgearbeitet und mit Schmitz‘ Atmosphären-Begriff analysiert werden konnten. Neben einer knappen Darstellung der Forschung und ihrer Ergebnisse wird in diesem Beitrag insbesondere die soziologische Arbeit mit Schmitz‘ Atmosphären-Begriff dargelegt.</p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1717 Polarisierte Welt des Artenschutzes 2023-02-15T15:02:43+00:00 Lisa Gromala Lisa.Gromala@sowi.uni-giessen.de <p>Spätestens mit dem Ausbruch der Corona-Pandemie wurden die globale Bedeutung des Artenschutzes und die Problematiken des Eindringens des Menschen in tierische Habitate deutlich. Zwar existieren bereits seit kurz nach Ende des Zweiten<br />Weltkriegs internationale Netzwerke und Organisationen zum Schutz bedrohter Arten, jedoch kennzeichnet das Mehrebenensystem der Umwelt- und Artenschutzbewegung ein Fehlen alltäglicher und öffentlich zugänglicher Organisationen auf einer Mesoebene. Bezogen auf Bemühungen zum Artenschutz erschwert dies öffentliche Aufklärungsarbeit sowie den Zugang zum Feld des Artenschutzes. Eine Organisation, die sich als potentielle öffentliche Anlaufstelle anbietet, ist der Zoologische Garten. Aufgrund ihrer guten kommunalen wie auch internationalen Einbindung (bspw. in globale Umweltschutzinitiativen bzw. -netzwerke) und ihren, selbst proklamierten, Fokus auf Artenschutz, Bildung und Wissenschaft stellen sie potentielle Schnittstellenakteure dar und verstehen sich zunehmend als solche. Gleichzeitig stellen Zoologische Gärten aufgrund der Gefangenschaftshaltung von Tieren, Ökonomisierung sowie ihrer (post-)kolonialen Vergangenheit und Gegenwart ambivalente und polarisierende Akteure dar.<br />Der Beitrag widmet sich der Organisation Zoologischer Garten im Mehrebenensystem des Artenschutzes, in der sich das ambivalente gesellschaftliche Verhältnis zum Artenschutz und damit die ungelösten Konflikte über Tierhaltung, Artenschutz sowie die Passungsprobleme des Neoliberalismus mit den Werten des Artenschutzes widerspiegeln. Diskutiert werden Positionierungen Zoologischer Gärten gegenüber den Integrationsdimensionen der ökologischen Integration, Sozialintegration und Systemintegration (Schimank 2000).</p> <p>Schimank, Uwe. 2000. Gesellschaftliche Integrationsprobleme im Spiegel soziologischer Gegenwartsdiagnosen. <em>Berliner Journal für Soziologie</em> 10:449–469.</p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1628 Die Globalisierung lokaler Organisationen 2023-01-30T09:22:12+00:00 Christopher Dorn christopher.dorn@uni-bielefeld.de <p>Bei Organisationen mit polarisierender Kraft denkt man womöglich nicht zuerst an Krankenhäuser, erscheinen sie doch als allgemein befürworteter Organisationtyp. Da Krankenhäuser aber stets unterschiedliche gesellschaftliche Logiken miteinander vermitteln müssen, entstehen auch hier vielfältige Polarisierungspotentiale. Diese ergeben sich einerseits daraus, wie dem organisationalen Zielkonflikt zwischen medizinischen und finanziellen Möglichkeiten begegnet wird. Andererseits ist die Krankenbehandlung in vielerlei Hinsicht lokal verankert, so dass erkrankte Personen nicht global nach Alternativen suchen können. Entsprechende Polarisierungen lassen sich exemplarisch an den USA beobachten, wo sie sich in Form starker sozialer Ungleichheiten hinsichtlich der Zugänglichkeit zu als auch der verfügbaren Qualität von Krankenhausbehandlungen äußern.</p> <p>Mittlerweile hat sich hier aber ein Markt für Medizintourismus entwickelt, der an diesen Polarisierungen ansetzt und sie zur Grundlage einer globalen Orientierung der teilnehmenden Krankenhäuser macht. Dabei reist die erkrankte Person in ein ausländisches Krankenhaus, das eine entsprechende Behandlung zu weitaus geringerem Preis als in den USA anbietet. Allerdings müssen diese Krankenhäuser und mit ihnen verbundene Akkreditierungs- und Tourismusorganisationen wiederum selbst mit den Folgen dieser Polarisierungen umgehen. Denn obwohl globale ökonomische Polarisierungen eine Preisreduktionen in den Zielländern erst ermöglichen, verändern sie auch die Wahrnehmung des Verhältnisses von medizinischer Qualität und Behandlungskosten, so dass die geringen Preise auch eine geringwertige medizinische Leistung erwarten lassen. Zudem müssen die Krankenhäuser kulturelle Polarisierungen überwinden, aufgrund derer die empfangende Organisation aber auch die lokale Medizin-, Rechts- und Alltagskultur als fremd erfahren werden.</p> <p>Insgesamt erörtert der Beitrag, wie die teilnehmenden Krankenhäuser mit diesen Polarisierungen umgehen, welche Rolle Akkreditierungs- und Tourismusagenturen dabei spielen und inwieweit sie mit ihrer globalen Orientierung wiederum Polarisierungen in ihren lokalen Kontexten erzeugen bzw. verstärken. Damit leistet der Vortrag einen Beitrag zum Verständnis dessen, wie Organisationen verschiedene weltgesellschaftliche Polarisierungen produktiv aufnehmen und abmildern können, diese aber zugleich auch perpetuieren.</p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1583 Affektive Kommunikationsdynamiken als Treiber polarisierender Atmosphären 2023-01-02T14:48:02+00:00 Christian Julmi christian.julmi@fernuni-hagen.de <p>Dieser Beitrag beleuchtet die Polarisierung von Diskuren am Beispiel der Corona-Pandemie mit der Theorie der affektiven Kommunikation und zeigt theoriegeleitet Ansatzpunkte der Entschärfung polarisierender Atmosphären auf. Die Argumentation folgt der Prämisse, dass sozialer Affekt und soziales Verstehen in ihrer Wurzel phänomenologisch und epistemologisch zusammenfallen. Wissenschaftlich lässt sich der Beitrag der von Gugutzer begründeten Neophänomenologischen Soziologie zuordnen.</p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1618 Cancel Culture als Arena politisierter Wissenskonflikte 2023-01-26T14:16:35+00:00 Susanne Richter susannerichter@posteo.de <p>Im Beitrag wird das Phänomen <em>cancel culture</em> aufgegriffen und ein Zugang aus geschlechtersoziologischer Perspektive erarbeitet, um es als Arena politisierter Wissenskonflikte zu fassen. Dies wird anhand eines Materialbeispiels ausgeführt, in dem aktuelle Auseinandersetzungen um das sogenannte N-Wort, also um die Legitimität oder Tabuisierung von rassistischen Begriffen untersucht werden. Im letzten Schritt werden die dargelegten Überlegungen mit dem Schlagwort der "Polarisierung" und dem Anliegen der Ad-Hoc Gruppe zusammengebracht, die sich mit gegenwärtigen Phänomenen wie wissenschaftsfeindlichen Bewegungen auseinandersetzen möchte. Die zentrale These des Beitrags lautet, dass der <em>cancel culture</em> zwar auf seine pejorativen Herkunft und Intention befragt werden muss, aber auch als Phänomen verstanden werden kann, dass aus soziologischer Perspektive durchaus ernstzunehmen ist. Mit einer geschlechtertheoretischen Lesweise kann es dann als Indikator für die Etablierung und Verhandlungen von normativen Maßstäben in gesellschaftlichen Transformationsprozessen verstanden werden.</p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1643 Kampf um Zugehörigkeit 2023-01-30T17:02:24+00:00 Jonas Schmeinck ein.schmeinck@gmx.de Ute Fischer ute.fischer@fh-dortmund.de <p>Die Corona-Maßnahmen haben zu einer emotional aufgeheizten Auseinandersetzung um ihre Angemessenheit geführt. Diese gehört zu den aktuellen Beispielen für eine grundlegende Unzufriedenheit und Verunsicherung von wachsenden Teilen der Bevölkerung, die folgenreich für den gesellschaftlichen Zusammenhalt sein können. Die Vehemenz der Maßnahmengegner*innen war Ausgangspunkt unserer Forschung über die Hintergründe der Ablehnung und die Gemeinsamkeit der Gegner*innen, die durch die bisher vorliegenden Untersuchungen als stark heterogene Gruppe identifiziert worden ist. Prägnantes Ergebnis: Die Maßnahmengegner*innen bilden eine neue Form der Vergemeinschaftung über ihre Allianz des „Gegenwissens“ und stiften sich dadurch eine kollektive Identität. Diese ist in der Lage einen Sinnstiftungsverlust zu kompensieren, der durch die Corona-Maßnahmen angestoßen wurde. Um diese These zu begründen, präsentiert der Beitrag ausgewählte Ergebnisse der rekonstruktiven Analysen anhand der Objektiven Hermeneutik. Untersucht wurden Dokumenten von und Interviews mit Gegner*innen der Maßnahmen in Bezug auf Form, Funktion und Folgen der Allianzbildung. Zudem werden Schlüsse gezogen für den gesellschaftlichen Zusammenhalt, die Stärkung der Demokratie und die Rolle der Soziologie.</p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1728 Politisierung des Wissens 2023-02-15T20:45:53+00:00 Sebastian Büttner sebastian.buettner@fau.de Marius Hildebrand marius.hildebrand@fau.de Thomas Laux thomas.laux@phil.tu-chemnitz.de <p>Mit der Entwicklung hin zur Wissensgesellschaft gewinnt nicht bloß wissenschaftliches Wissen an Bedeutung, etwa für die Legitimierung politischer Entscheidungen, sondern wird auch zunehmend zum Gegenstand politischer und gesellschaftlicher Konflikte. Vor dem Hintergrund wissenspolitischer Konflikte diskutiert der Beitrag die wissenssoziologischen Implikationen der aktuellen Debatten über einen „antiliberalen Backlash“ und eine „große Regression“, die zunehmende Thematisierung der Politisierung des Wissens als ein multidimensionales Phänomen sowie die politiktheoretischen Implikationen der Wissensproblematik der Politik.</p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1651 „In Tirana bin ich Geschäftsmann und arbeite rund um die Uhr. Hier habe ich ein Arbeitsverbot und sitze nur herum.“ 2023-01-30T20:51:24+00:00 Svenja Haberecht svenja.haberecht@uni-bielefeld.de <p>Der Beitrag beleuchtet die Verflechtungen von Selbst- und Fremdzuschreibungen Geflüchteter aus „sicheren Herkunftsstaaten“ und macht die daraus resultierenden Ambivalenzen zwischen Vulnerabilität und Handlungsmacht sichtbar. Im Mittelpunkt stehen die Selbstzuschreibungen der Biograph*innen im Kontext gesellschaftlicher Strukturierungen von Teilhabe. Anhand von biographischen Interviews und Dokumenten aus Asylverfahren wird herausgearbeitet, welche Positionierungen sie entlang verschiedener Ungleichheitsdimensionen vornehmen und wie sie diese in Bezug auf soziale Ungleichheit interpretieren.</p> <p>Zunächst werden die gesellschaftspolitischen Rahmungen, die Polarisierung und damit einhergehende Marginalisierung dieser sozialen Gruppe hervorbringen, beleuchtet. Daran anschließend werden Selbstzuschreibungen Geflüchteter aus Westbalkanstaaten im Lichte gesellschaftlicher Strukturierungen von Teilhabe analysiert. Für den vorliegenden Beitrag wurden zwei Fallbeispiele von Menschen aus Albanien ausgewählt, die ein Asylverfahren in Deutschland durchlaufen haben und sich bis dato in Deutschland aufhalten. Darüber hinaus zeigt sich, wie sich Schutzsuchende aus „sicheren Herkunftsstaaten“ in Abwägung von Gemeinsamkeiten und Unterschieden zu anderen Geflüchteten positionieren und welche Strategien des Zugangs zu gesellschaftlicher Teilhabe sie entwickeln.</p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1687 Wissenschaftsbezogener Rechtspopulismus/-extremismus 2023-02-14T19:51:57+00:00 Christoph Haker christoph.haker@gmail.com Esther Lehnert lehnert@ash-berlin.eu Lukas Otterspeer lukas.otterspeer@tu-dortmund.de Werner Thole werner.thole@tu-dortmund.de <p>Mit dem Begriff wissenschaftsbezogener Rechtspopulismus/-extremismus werden (extrem) rechte Praktiken, Diskurse, Akteur:innen und Organisationen beschrieben, die entweder von außen Bezüge zum Feld der Wissenschaft herzustellen versuchen oder selbst Teil des akademischen Milieus sind. Der hier vorliegende Text ist eine redigierte und stark gekürzte Transkription der Podiumsdiskussion „Wissenschaftsbezogener Rechtspopulismus/-extremismus“. Der Text gliedert sich entlang von drei Schwerpunktsetzungen. Zunächst nehmen wir eine historische Perspektive ein. Anschließend rücken wir das Thema Gender in den Mittelpunkt des Austauschs. Abschließend fokussieren wir hochschulimmanente (extrem) rechte Tendenzen.</p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1722 (Berufs-)Biografische Erfahrungen und die Sozialisation von Wissenschaftler*innen 2023-02-15T16:42:13+00:00 Sabine Schäfer sabine.schaefer@uni-bielefeld.de <p>Seit mehr als 100 Jahren beherrscht Max Webers Diktum vom akademischen Hazard als Leitnarrativ die Große Erzählung von der wissenschaftlichen Karriere. Protagonist der Großen Erzählung ist die Figur des Privatdozenten bzw. der/des fortgeschrittenen Postdoktorand*in, der nach vielen Jahren der Unsicherheit auf unbezahlten bzw. befristeten Positionen endlich eine Lebenszeitprofessur ergattert. Diese Große Erzählung ist verflochten mit&nbsp; Studien zum wissenschaftlichen Werdegang, die eine große Menge an Wissen über statistische Verhältnisse und Mechanismen sozialer Ungleichheiten auf den unterschiedlichen Ebenen in Hochschulen und Wissenschaft hervorgebracht haben. Im vorliegenden Beitrag geht es dagegen darum, Aufschluss über individuelle Handlungsoptionen im dynamischen Prozess der beruflichen Sozialisation von Wissenschaftler*innen zu gewinnen, die Spielräume jenseits der Großen Erzählung eröffnen. Grundlage für die Untersuchung von zwei autobiografischen Texten arrivierter Wissenschaftler ist die Unterscheidung in strategisches und taktisches Handeln von Michel de Certeau. Die Fallanalysen zeigen, dass Wissenschaftler*innen durch die Kombination von biografischen Erfahrungen, die sie in unterschiedlichen sozialen Welten gemacht, und Übersichten, die sie dabei erlangt haben, Gelegenheiten wahrnehmen und ergreifen, wobei sie einem individuellen Handlungsmodus folgen. Dabei wird sichtbar, wie sie (berufs-)biografische Erfahrungen in Ressourcen für einen erfolgreichen wissenschaftlichen Werdegang umwandeln. </p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1756 Die Folgen der Pandemie für die empirische Sozialforschung 2023-03-01T13:45:21+00:00 Ralf Himmelreicher ralf@himmelreicher.de Claudia Vogel cvogel@hs-nb.de <p>Im Hinblick auf die Folgen der Corona-Pandemie für die empirische Sozialforschung gehen wir im vorliegenden Aufsatz grundsätzlich davon aus, dass sich die Folgen der Pandemie für jüngere und ältere Erwerbspersonen stark unterscheiden. Stehen bei den Jüngeren Übergänge in den Arbeitsmarkt im Vordergrund, sind es bei den Älteren oftmals Probleme des Verbleibs im Job, möglichst ohne Abstiege, sowie zum Teil unfreiwillige Übergänge in die Arbeitslosigkeit oder den (vorzeitigen) Ruhestand, die in verschiedenen Studien thematisiert werden. Neben diesen altersspezifischen Phänomenen am Arbeitsmarkt erschweren zwei spezifische pandemiebedingte Effekte die empirische Sozialforschung. In diesem Zusammenhang unterscheiden wir direkte Effekte in der sozialen Welt von indirekten Effekten in der Datengewinnung und machen diese an einigen Beispielen deutlich. Unter direkten Effekten verstehen wir konkrete Folgen der Pandemie für den Arbeitsmarkt, zum Beispiel bei jüngeren Menschen dahingehend, dass sie pandemiebedingt Probleme damit haben, ihre Berufsausbildung abzuschließen. Unter indirekten Effekten verstehen wir pandemiebedingte zusätzliche Probleme bei der Erhebung von Informationen bei Beschäftigten wie auch bei Betrieben, die sich zum Beispiel in Folge der Kontaktbeschränkungen oder Abstandsregelungen, um die Ausbreitung des Virus zu verlangsamen oder zu verhindern, ergeben haben.</p> <p>Insgesamt tragen Ältere höhere Gesundheitsrisiken und teilweise finanzielle Einbußen. Jüngere haben auch gesundheitliche Risiken und pandemiebedingte Probleme ihre Berufsausbildung abzuschließen und oftmals Probleme beim Einstieg in den Arbeitsmarkt. Zusammenfassend bleibt im Beitrag offen, ob und wie vor allem Jüngere pandemische Brüche in ihren noch kurzen Erwerbsbiografien kompensieren können.</p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1623 „Rollen zurück aus’n 60ern“ 2023-01-30T10:24:18+00:00 Christina Lokk lokkch@uni-hildesheim.de Laura Maleyka maleyka@uni-hildesheim.de <p class="Einzug05">Die hier vorgestellte Analyse ist ein Beitrag zur Re-Traditionalisierungsdebatte, die seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie über Familien geführt wird. Anhand von einigen Passagen aus einer Gruppendiskussion mit berufstätigen Müttern der bürgerlichen Mittelschicht, die wir positionierungsanalytisch auswerten, möchten wir exemplarisch nachzeichnen, wie sie ihre eigenen Bewältigungsstrategien während der Pandemie interpretieren. Dabei fokussieren wir Akteur/-innen als Subjekte, die nicht unabhängig von ihrer sozialen Lage handeln, welche sich wiederum in ihren geschlechtsspezifischen Identitätskonstruktionen widerspiegelt. Im hier vorgestellten Fall setzt bei den Eltern ein Automatismus ein, der unhinterfragt die traditionelle Rollenverteilung als Antwort auf die Herausforderungen während der Corona-Pandemie hervorbringt. Legitimiert werden diese Rollen über implizite soziale Wissensbestände und werden aus der akteursperspektive als Common Sense gedeutet. Am Ende muss die Frage gestellt werden, ob dieses Ergebnis als Beleg einer Gesellschaft gelesen werden kann, die es Familien in bestimmten sozialen Lagen unmöglich macht, alternative Handlungsstrategien zu entwickeln.</p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1692 In Guantánamo Bay arbeiten 2023-02-12T20:15:39+00:00 Sebastian Köthe sebastian.koethe@zhdk.ch <p>Von der Gefangenenperspektive ausgehend untersucht der Beitrag das Konzept der Arbeit im Gefangenenlager Guantánamo Bay, um so übersehene Aspekte der Folter, des Widerstandes und des Überlebens in der Extremsituation offenzulegen. Der zentrale Untersuchungsgegenstand ist der 2021 veröffentlichte Zeugenschaftsbericht <em>Don’t Forget us Here. Lost and Found at Guantanamo</em> von Mansoor Adayfi in Zusammenarbeit mit Antonio Aiello, der bislang nicht ins Deutsche übersetzt worden ist. Informiert durch Theorien der Zeugenschaft (Derrida, Weigel, Kalisky), die Arbeitssoziologie Lars Clausens und Theorien sogenannter immaterieller Arbeit sollen vor allem die Beobachtungen und Theoretisierungen des Überlebendenzeugnisses selbst zur Kenntnis genommen und entfaltet werden. Deutlich wird dabei die situierte und situative Funktion des Konzepts der Arbeit, das im Diskurs der Täter:innen Verantwortungsdelegation und Kompartmentalisierung bedeuten kann, im Diskurs der Anwält:innen ein Set formalisierter Handlungsanleitungen bereitstellen kann oder im Diskurs der Gefangenen die Routisierung des Erleidens und Widerstehens erklärt.&nbsp;</p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1727 Sozialpolitik für Transformation und Krise 2023-02-15T20:39:23+00:00 Peter Bartelheimer p.bartelheimer@t-online.de <p>Sozialpolitik ist in der sozialökologischen Transformation doppelt gefordert. Zum einen hängt es von sozialen Garantien ab, ob Beschäftigte und Konsumentinnen und Konsumenten geplante Transformationsschritte zur Klimaneutralität („transformation by design“) akzeptieren und unterstützen. Zugleich aber wird die Transformation, soweit sie überhaupt geplant wird, keineswegs nach Plan verlaufen. Die Transformationsperiode ist vielmehr bereits durch eine Abfolge von Krisen gekennzeichnet. Diese Krisen haben transformative Effekte („transformation by disaster“) und produzieren akute Risiken, die ihrerseits sozialpolitisch zu bearbeiten sind. Sozialpolitik muss gegenüber diesen Risiken für mehr Gleichheit sorgen. Sie muss dabei aber auf Instrumente setzen, die auch unter Krisenbedingungen über Ad-hoc-Maßnahmen hinaus strategisch mit Transformationszielen konsistent sind. Dieser Beitrag skizziert hierfür konzeptionelle Bezugspunkte und Handlungsfelder.</p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1641 Bürger- und Klimageld als Wende zu einer generationengerechteren Sozial- und Klimapolitik? 2023-01-30T13:00:44+00:00 Jürgen Schupp jschupp@diw.de Rolf G. Heinze Rolf.Heinze@ruhr-uni-bochum.de <p>Der Krieg in der Ukraine sowie die anschließenden wirtschaftlichen Sanktionsmaßnahmen führten nach wenigen Wochen zu inflationär steigenden Energie- und Mobilitätskosten in Deutschland. Sie haben innerhalb wie zwischen Einkommensgruppen der Haushalte zu gravierenden finanziellen Belastungen bei Bürgerinnen und Bürgern geführt und machten sozialpolitische Sofortmaßnahmen der Regierung erforderlich. Die milliardenschweren Entlastungspakete der Ampelkoalition machten deutlich, dass die bisherigen Prinzipien traditioneller sozialpolitischer Instrumente immer stärker in Konflikt geraten mit der Einhaltung klimapolitischer Zielvorgaben. Die notwendige Dekarbonisierung von Industrie- und Energieproduktion sowie beim Mobilitätsverhalten erfordern künftig „neue“ Formen eines Sozialausgleichs, der vor allem der Einlösung der Klimaziele verpflichtet bleibt. Trotz berechtigter Kritik an manchen klimapolitischen Fehlanreizen des Entlastungspakets gelang der Einstieg in die Einführung eines Energie- oder Klimageldes als künftigen Sozialausgleich und unbürokratischen Weg für Direktzahlungen noch in diesem Jahr. Dies ermöglicht einen entsprechenden Auszahlungsweg für künftige Pro-Kopf-Entlastungen (negativer Einkommenssteuer) nahezu aller Bevölkerungsgruppen. Neben bedarfsorientierten Transferzahlungen an einkommensschwache Haushalte mit vergleichsweise geringen Anreizen zu Energieeinschränkungen werden folglich Vorschläge diskutiert, die mit Grundeinkommensmodellen kompatibel wären. Wir sehen dies als einen weiteren Schritt in Richtung eines „stillen“ Wandels hin zum universalistischen Grundsicherungsstaat.</p> <p>Das im Koalitionsvertrag beschlossene Klimageld bedarf derzeit noch einen beschleunigten Aufbau eines entsprechenden Ordnungsrahmens (konkret eines Registers), um künftig direkte Auszahlungen unbürokratisch und umfassend tätigen zu können.</p> <p>Die klimapolitischen Ziele sowie bislang vorliegende empirische Studien zu Präferenzen, Ausgestaltung wie Umsetzung einer Abfederung von steigenden Energiekosten werden hinsichtlich bisheriger sozialpolitischer Verteilungsprinzipien sowie einer wohlfahrtsstaatlichen Transformation eingeordnet.</p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1761 Gemeinsames Planen und die kommunikative Verfestigung sozialer Beziehungen 2023-03-03T15:55:04+00:00 Jonas Kramer jonas.kramer@uni-bielefeld.de Ajit Singh ajit.singh@uni-bielefeld.de <p>Der Beitrag befasst sich aus einer gattungsanalytischen Perspektive mit der kommunikativen Planung des familialen Alltags. Planen verstehen wir als eine Unterform der Gattungsfamilie der „Projektiven Gattungen“. Projektive Gattungen dienen dem Zweck, Handlungen planend und antizipierend vorzubereiten. Wir folgen der Annahme, dass sich durch kommunikative Planungen familiale Beziehungsmuster im Alltag festschreiben, und sich auch Familie als „Institution“ in den kommunikativen Formen des gemeinsamen Planens und durch die situative Herstellung sozialer Rollen und Verbindlichkeiten realisiert. Im Vollzug der gemeinsamen Planung konstruiert sich eine temporale Ablauf- und Abhängigkeitsstruktur, die einen intersubjektiven Wirklichkeits- und Handlungsentwurf zur Folge hat, an dem sich alle Familienmitglieder orientieren können. Folglich weist sich kommunikative Planung auch durch eine spezifische Reflexivität aus, weil Familien gleichermaßen als Familie in der Zukunft auf sich selbst bezugnehmen. Dies zeigen wir anhand eines videographisch erhobenen empirischen Fallbeispiels auf.</p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1594 Deutungsmuster von Arbeitslosigkeit im Wandel der Zeit 2023-01-23T11:53:44+00:00 Dominik Spreen dominik.spreen@uni-due.de Carsten G. Ullrich carsten.ullrich@uni-due.de Marina Vukoman marina.vukoman@uni-due.de Nils Rottgardt nils.rottgardt@uni-due.de <p>Im Rahmen der Ad-Hoc Gruppe „Erwerbslosigkeit unter den Bedingungen gesellschaftlicher Transformation. Polarisierung der Erwerbsarbeitsnorm?“ wurden die Ergebnisse des DFG geförderten Projekts „Deutungsmuster von Arbeitslosigkeit“ präsentiert. Qualitative Analysen entsprechender Deutungsmuster, verstanden als handlungsermöglichende, den Handelnden allerdings weitestgehend latent bewusste, komplexe Wissensformen, wurden in Ansätzen zuletzt vor fast 40 Jahren durchgeführt. Neben der Vorstellung der aktuellen grundlegenden Deutungsmustertypen wird auch ein Vergleich zu den ähnlichen Studien der 1980er Jahre gezogen. Dabei wird gezeigt, dass sich die Deutungsmuster seither erheblich gewandelt haben und in ihrer heutigen Ausprägung u. a. deutlich mit dem aktivierungspolitischen Diskurs der „Hartz Gesetze“ und einer diskursiven Normalisierung der (Massen-)Arbeitslosigkeit korrespondieren.&nbsp; Die Erwerbsarbeitsnorm spielt dabei eine unverändert große Rolle, gewinnt unter den Vorzeichen einer individualisierenden Aktivierungslogik sogar zusätzlich an Bedeutung.</p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1667 Muss es immer (Erwerbs-)Arbeit sein? 2023-01-31T16:17:44+00:00 Sarah Karim sarah.karim@uni-koeln.de <p>Spätestens seit Inkrafttreten der UN-Behindertenrechtskonvention im Jahr 2009 stehen die Werkstätten für behinderte Menschen vermehrt in der Kritik. Fragen nach der zukünftigen Ausgestaltung der Einrichtung, ihrer Reformfähigkeit oder den Möglichkeiten ihrer Schließung beschäftigen sowohl den politischen als auch den (heil-)pädagogischen Diskurs. Soziologisch kann die Werkstatt für behinderte Menschen als Einrichtung verstanden werden, die Behinderung in der Erwerbsarbeitsgesellschaft reguliert und die Erwerbsarbeitsnorm stabilisiert. Der Beitrag rekonstruiert drei unterschiedliche Kritikstränge: eine menschenrechtsbasierte Kritik, eine institutionelle Rechtfertigung und eine heilpädagogisch-anthropologische Exklusionskritik. Die drei Kritiken setzen sich implizit mit der Frage nach der (De-)Kommodifizierung behinderter Menschen auseinander; zugleich blenden sie ein mögliches Recht auf Nicht-Arbeit aus.</p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1713 Die Scham, arbeitslos zu sein 2023-02-15T12:54:33+00:00 Lena Schürmann lena.schuermann@hu-berlin.de <p class="Default" style="text-align: justify; line-height: 150%;"><span style="font-size: 9.5pt; line-height: 150%; font-family: 'Open Sans',sans-serif;">Der Beitrag stellt erste Überlegungen zur Wirkungsweise der Erwerbsarbeitsnorm dar. Es wird eine subjektivierungstheoretische Argumentation entfaltet, welche die Scham darüber, arbeitslos zu sein, in den Mittelpunkt rückt. <br /></span></p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1699 Die neue rechte Bewegung und das „Volk“ 2023-02-14T13:23:10+00:00 Johanna Fröhlich johanna.froehlich@unibas.ch <p lang="de-DE" style="text-indent: 0.2in; margin-bottom: 0.14in;">Der neuen rechten Bewegung gelingt es, verschiedene Ordnungen miteinander zu verbinden und damit gerade offen zu lassen, welche der Ordnungen gegenüber anderen den Vorzug hat. Das Verbindungsglied ist, so meine These, das kollektive Erleben Opfer illegitimer Zugriffe, wenn nicht gar Gewalt zu sein. Damit knüpft die neue rechte Bewegung an den modernen Menschenrechtsindividualismus an und überführt diesen in eine Ordnung des verletzten Kollektivs. Das Volk der neuen rechten Bewegung ist nicht nur eine Identifikationsfigur in Abgrenzung zu anderen Völkern, sondern es ist eine Leidensgemeinschaft, die illegitime Gewalt erfährt. Daraus folgt die Möglichkeit eigene Gewalt als Gegengewalt bzw. Notwehr zu framen. Der Figur des Volkes als Leidensgemeinschaft entspricht dabei das vermittelt unmittelbare Erleben von gesellschaftlichen Ausschluss als neu-rechte. Damit wird das Erleben, auch als Teil des Volkes ausgeschlossen zu sein, unmittelbar plausibel und eigene potenzielle Gewalt subjektiv legitim.</p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1732 Understanding Trans-Sequential Ethnography and its Place in the Contemporary Sociological Landscape 2023-02-15T21:45:01+00:00 Matthew Mahler matthew.mahler@yale.edu Mirco Liefke m.liefke@fu-berlin.de <p style="font-weight: 400;">What is trans-sequential ethnography? What defines it – both as a theoretical apparatus and a way of practicing ethnography? We address these questions by situating trans-sequential ethnography, also frequently known as trans-sequential analysis or TSA, within broader trends within the discipline of sociology as a whole. In particular, we argue that TSA can perhaps best be understood in two ways. First, we argue that it should be seen as standing within a long line of social theory which argues that the fundamental ontological condition of social life is one of, what we term, excess. Second, we argue that TSA should also be seen as a rather systematic attempt to overcome the methodological difficulties that sociologists (and ethnographers in particular) have encountered as a result of this ontological fact.</p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1769 „Wir sind wütend, wir sind traurig“ 2023-09-21T16:46:04+00:00 Mirjam Wenzel mirjam.wenzel@stadt-frankfurt.de <p>In ihrem Eröffnungsvortrag zum Deutschen Soziologiekongress 2022 geht Mirjam Wenzel, Direktorin des Jüdischen Museums Frankfurt, darauf ein, in welchem Maße die öffentliche Auseinandersetzung mit der deutschen Gewaltgeschichte von „Polarisierten Welten“, dem Kongressmotto, geprägt ist. Ausgehend von der internationalen Debatte um eine neue Museumsdefinition legt sie dar, dass die Frage nach der Provenienz von Sammlungsobjekten und den Restitutionsansprüchen von Communities in der neuen Definition nicht verankert ist. Ihr Aufsatz wirft die Frage auf, wem die Geschichte gehöre und skizziert das Spannungsverhältnis, das die gegenwärtigen Diskurse um postkoloniale versus jüdische Studien, Genozid versus Schoa, Rassismus versus Antisemitismus prägt. Im Zentrum stehen dabei die Konflikte um die documenta 15 und der Vorschlag, partikulare Erfahrungen und universale Perspektiven in einer Ethik des „Nie wieder“ zu verbinden.</p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1599 Dankesrede zur Verleihung des Preises der Deutschen Gesellschaft für Soziologie für ein hervorragendes wissenschaftliches Lebenswerk 2023-01-18T10:45:22+00:00 Hans Joas hans.joas@hu-berlin.de <p>Dankesrede zur Verleihung des Preises der Deutschen Gesellschaft für Soziologie für ein hervorragendes wissenschaftliches Lebenswerk gehalten am 30. September 2022 auf dem 41. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Soziologie an der Universität Bielefeld. </p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1633 Extraktive Bioökonomie 2023-02-10T12:54:05+00:00 Anne Tittor anne.tittor@uni-jena.de Maria Backhouse maria.backhouse@uni-a.de Malte Lühmann malte.luehmann@uni-jena.de <p>Als Projekt zur gesellschaftlichen Transformation zielt die Bioökonomie auf eine nachhaltige Alternative zur fossilen Wirtschaft, indem fossile Rohstoffe durch erneuerbare biogene Alternativen ersetzt werden. In diesem konzeptionellen Beitrag argumentieren wir demgegenüber, dass das realpolitische Transformationsprojekt der Bioökonomie die globalen extraktiven Verhältnisse und Machtasymmetrien des Agrarsektors fortschreibt. Wir stützen uns dabei auf eine Analyse des Sojakomplexes, der einen Kern des gegenwärtigen globalen Agrar- und Ernährungssystems darstellt. Theoretisch knüpfen wir an Ansätze der kritischen Agrarian Studies, insbesondere zu Food Regimes, Agrarextraktivismus und Cheap Food, an. Ausgehend von der Analyse des Sojakomplexes zeigen wir, dass eine gerechte sozial-ökologische Transformation tiefgreifende Veränderungen von den Konsummustern bis zu den globalen Handelsstrukturen erfordert.</p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1705 Die wechselseitige Bewertung sozialer Milieus und die strukturierende Wirkung sozialer Kontakte 2023-02-14T18:48:47+00:00 Liz Weiler liz.weiler@uni-bremen.de Betina Hollstein betina.hollstein@uni-bremen.de Michael Windzio mwindzio@uni-bremen.de Jan-Philip Steinmann jp.steinmann@kfn.de <p>In dem Beitrag stellen wir erstmals Ergebnisse des Forschungsprojekts „Segmentation und wechselseitige Bewertungen sozialer Milieus“ vor. In diesem Projekt untersuchen wir den Grad der Durchmischung bzw. Abschottung zwischen sozialen Milieus und die Frage, wie durch soziale Kontakte oder -barrieren das (Nicht-)Wissen sowie die Vorstellungen über andere soziale Milieus strukturiert werden. Dem Projekt liegt ein Mixed-Methods Forschungsdesign zugrunde, das sich durch eine Netzwerkperspektive sowie die Präsentation und Bewertung von idealtypischen Milieu-Vignetten auszeichnet. <br />Der Fokus des Beitrages liegt auf drei ersten tentativen Befunden und nimmt die Ablehnung anderer sozialer Milieus, Polarisierungstendenzen nach der Theorie der Sozialen Produnktionsfunktion zwischen ausgewählten Milieus sowie die Bedeutung und strukturierenden Wirkungen von Milieu-Homophilie innerhalb sozialer Netzwerke in den Blick.</p> <p> </p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1674 Plattformisierung als Transformation strategischer Handlungsfelder 2023-02-01T11:02:15+00:00 David Seibt david.seibt@tu-berlin.de <p><span style="font-weight: 400;">Der Beitrag stellt einen Analyserahmen für die Untersuchung von Plattformisierungsprozessen vor und greift dazu auf die Theorie strategischer Handlungsfelder (Fligstein und McAdam 2012) zurück. Plattformisierung bezeichnet einen soziotechnischen Transformationsprozess, bei dem Felder im Sinne eines spezifischen Strukturmusters (re-)organisiert werden, das als Plattformarchitektur (Ametowobla 2020) gefasst wird. Typisch ist dabei, dass Plattformorganisationen über eine Reihe technisch wie organisational verfasster Schnittstellen einen zunehmenden Teil der feldspezifischen Interaktionen anderer Akteure vermitteln und regulieren. Den Fluchtpunkt dieser Entwicklung bildet ein Zustand, in dem Plattformorganisationen eine zentrale Position für die Strukturation des Feldes einnehmen.</span></p> <p><span style="font-weight: 400;">Der Großteil der multidisziplinären Plattformforschung setzt hier an und konzentriert sich auf erfolgreiche Plattformen und ihre polarisierenden Effekte, etwa bei der Steuerung von Innovationsökosystemen, der Organisation mehrseitiger Märkte oder der Regulation von Social Media Plattformen. Weniger ist darüber bekannt, wie Plattformarchitekturen und die damit einhergehenden Machtasymmetrien in strategischen Handlungsfeldern erst hergestellt und gegen Alternativen durchgesetzt werden. Dies ist aber insbesondere dann erklärungsbedürftig, wenn Plattformorganisationen als Herausforderer in stark institutionalisierten Handlungsfeldern agieren, die verfestigte Positionen und Beziehungsmuster aufweisen und von ausgeprägten Normen, Regeln und Sichtweisen geprägt sind. </span></p> <p><span style="font-weight: 400;">Der Artikel leistet einen Beitrag zur Schließung dieser Forschungslücke. Er richtet den Blick auf eine frühe Phase der Plattformisierung und beschreibt diese als voraussetzungsvollen Prozess der wechselseitigen Anpassung von Plattformorganisationen, den von ihnen entwickelten Technologien und den etablierten Akteuren in strategischen Handlungsfeldern. Dieser Perspektivwechsel, weg von verfestigten Strukturen hin zu fortlaufenden Aushandlungsprozessen wird anhand einer Fallstudie aus dem Feld der Orthopädietechnik illustriert. Der neue Ansatz öffnet den Blick für verschiedene Formen und Grade der Plattformisierung. Er liefert Erkenntnisse zur Durchsetzung und Ausdifferenzierung von Plattformen in unterschiedlich strukturierten Feldern sowie zu Bedingungen und Grenzen der Plattformisierung.</span></p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1573 Rekonstruktive Forschung in einem polarisierten Forschungsfeld 2022-12-20T09:36:49+00:00 Nadine Jukschat nadine.jukschat@hszg.de Katharina Leimbach Katharina.leimbach@uni-bielefeld.de <p>Die soziale Welt der Radikalisierungsprävention stellt mit ihren normativen und politischen Aufladungen sowie damit einhergehenden Polarisierungen (rekonstruktive) Forschung vor Herausforderungen. Der Beitrag diskutiert diese Herausforderungen exemplarisch anhand unserer Erfahrungen im Zuge des Verbundprojektes „Radikalisierung im digitalen Zeitalter – Risiken, Verläufe und Strategien der Prävention“ (RadigZ) und zeigt dabei insbesondere auf, wie produktiv im Sinne des Erkenntnisprozesses es ist, den Fokus gerade auf die herausforderungsvollen „Störungen“ und „Irritationen“ zu richten.</p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1679 Wozu Identität? 2023-02-02T15:30:58+00:00 Stefan Hirschauer hirschauer@uni-mainz.de <p>Was sind Menschen, wenn sie sagen, wer sie ‚sind‘? Sie sind, soziologisch besehen, (a) in ihren zahlreichen sozialen Zugehörigkeiten grundsätzlich sehr Vieles zugleich und nur situativ etwas vorübergehend Bestimmtes; (b) sind sie Vieles davon nicht eindeutig, weil sie auch in Zwischenräumen siedeln; und (c) sind sie Vieles für sich selbst relativ insignifikant, also auf niedrigem Relevanzniveau. Vor diesem Hintergrund betrachtet der Beitrag Identität als eine ethnosoziologische Kategorie, also einen Teilnehmerbegriff für einen bestimmten Aggregatzustand von Selbstver­ständ­nissen, der in Prozessen der Identarisierung entstehen kann. Nur in besonderen Lebenslagen geben Menschen ihrem biografisch gewachsenen aktuellen Selbstverstehen, das fluide mit Situationen und Beziehungen changiert, die Form einer Identität. Identitätspolitiken sind Begleit­erscheinungen eskalierender Humandifferen­zierungen. Sie politisieren ausgewählte Kategorien der Humandifferenzierung auf Basis von Identifizierungs- und Gruppierungs­prozessen. Für Individuen können Identitäten sowohl eine aktivierende psychische Ressource als auch eine behindernde Fixierung sein; für soziale Bewegungen eine politische Ressource wie eine Sackgasse der Fortentwicklung mit ihren Erfolgen; für die Gesellschaft sowohl eine Gelegenheit der Stiftung kultureller Ordnung als auch dauerhafte Quelle von Desintegration und Fragmentierung.</p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1747 Antagonistisch verbunden 2023-02-20T14:44:18+00:00 Lotta Mayer lotta.mayer@mwi.uni-heidelberg.de <p><span lang="DE" style="font-size: 11.0pt; font-family: 'Open Sans','sans-serif';">Das Konzept der Polarisierung spielt in der sozialwissenschaftlichen Konflikttheorie und Konfliktforschung eine tragende Rolle. Nur wenige Ansätze bieten dabei allerdings eine systematische Verbindung zu allgemeineren Kategorien oder betten das Konzept gar – direkt oder vermittelt über <em>Middle-Range-</em>Theorien – in eine umfassende Sozialtheorie ein. Entsprechend bleibt das Konzept unterbestimmt und seine Verbindung zu anderen sozialtheoretischen Kategorien unklar. Eine seltene Ausnahme stellt hier Herbert Blumer dar: Zwar beschäftigt er sich nur in einem einzigen Aufsatz mit Polarisierung, und auch da nicht als Hauptthema, sondern als Teil der Analyse von Protestbewegungen. Doch eben dadurch ist das Konzept in eine Bewegungstheorie eingebettet, die zugleich als Konflikttheorie einschließlich einer Theorie der Konflikteskalation gelesen werden kann. Vermittelt über diese Bewegungstheorie, aber teils auch direkt, ist es wiederum in Blumers symbolisch-interaktionistische Sozialtheorie eingebettet. Blumer konzipiert Polarisierung als einen Prozess, in dem soziale Gruppen unvereinbare „Welten“ entwickeln. Diese Entwicklung ist nicht einfach nur ein Differenzierungsprozess hin zu einer pluralisierten (oder fragmentierten) Gesellschaft geschuldet, in der unterschiedliche soziale Gruppen kaum direkt miteinander interagieren und derart in wenig miteinander verbundenen Welten leben. Vielmehr entstehen diese verschiedenen Welten gerade in der und durch die direkte Bezogenheit der Gruppen aufeinander: Sie sind Folge ihrer intensiven, aber antagonistischen Interaktion miteinander, durch die entsprechend unvereinbare Bedeutungen auf unterschiedlichen Ebenen entstehen – welche wiederum zur Grundlage erneuter konflikthafter Interaktion zwischen den Akteuren werden. So macht Blumers Konzept zum einen die empirisch beobachtbare Tendenz zu einer immer weiteren Steigerung der Polarisierung sozialtheoretisch erklärbar, und zum anderen wird das inhärent relationale Konzept der Polarisierung sozialtheoretisch relational fundiert. </span></p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1720 Antisemitische Einstellungen von Muslim:innen im Zusammenhang von Religiosität und Herkunftskontext 2023-02-15T15:13:50+00:00 Nora Storz storz@svr-migration.de Nils Friedrichs friedrichs@svr-migration.de <p>Während Studien relativ einhellig eine stärkere Verbreitung antisemitischer Einstellungen bei Muslim:innen im Vergleich mit Nicht-Muslim:innen feststellen, ist der Einfluss muslimischer Religiosität in der Forschung weniger eindeutig. Auch die Frage, ob der Herkunftskontext von Muslim:innen in Deutschland mit ihren antisemitischen Einstellungen in Zusammenhang steht, ist nicht geklärt. Inwieweit muslimische Religiosität in westeuropäischen Ländern Antisemitismus befördert, dürfte bei Muslim:innen mit Migrationshintergrund u.a. auch vom Herkunftshintergrund abhängen. Der Beitrag geht deshalb dem Zusammenhang zwischen antisemitischen Einstellungen unter Muslim:innen in Deutschland, ihrer Religiosität und des Herkunftskontextes nach.</p> <p>Es lassen sich Unterschiede in den antisemitischen Einstellungen abhängig vom Herkunftskontext und der Religiosität von Muslim:innen feststellen, jedoch nicht für alle Facetten von Antisemitismus gleichermaßen. Vorhandene Narrative zum Nahostkonflikt scheinen eine generalisierte Ablehnung von Juden:Jüdinnen wahrscheinlicher zu machen. Zudem geht Religiosität bei Muslim:innen mit einem Hintergrund außerhalb der arabischen Welt tendenziell mit einer höheren Wahrscheinlichkeit einher, klassisch und sekundär antisemitische Einstellungen zu vertreten. Bei arabischstämmigen Muslim:innen liefern die Befunde wiederum Anhaltspunkte, dass die Präsenz des Nahostkonflikts und damit ggf. einhergehende Narrative die Effekte von Religiosität überlagern.</p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1654 Arbeit als Spiel 2023-01-31T12:49:05+00:00 Annika Becker annika.becker@uni-due.de <p>Gamification-Technologien werden in verschiedenen Bereichen zur Motivation und Verhaltensänderung eingesetzt. Dieser Beitrag thematisiert Gamification-Technologien auf Crowdwork-Plattformen. Als Crowdwork wird die Vermittlung digital bearbeitbarer Arbeitsaufträge über Plattformen bezeichnet. In Deutschland wird Crowdwork meist als Nebentätigkeit ausgeübt. Durch die freiberufliche Ausübung der Tätigkeit setzen Plattformen verschiedene Anreize wie attraktive Aufträge oder Gamification-Elemente zur Motivation der Crowdworker:innen ein. Im Beitrag liegt der Fokus auf der subjektiven Bedeutung der Gamification-Technologien für die Crowdworker:innen in ihrer Arbeitspraxis.</p> <p>Auf Basis qualitativer Interviews wurden typische Muster subjektiver Relevanz von Gamification-Technologien in der Arbeitspraxis herausgearbeitet, die im Beitrag ausgeführt werden. Diese wurden zur Explikation mit dem Motivations-, Alltags- und Erwerbskontext in Verbindung gebracht, in den die Crowdwork-Tätigkeit eingebettet ist. Neben den unterschiedlichen Bedeutungen wird dargestellt, wie Personen die Crowdwork-Tätigkeit insgesamt als Spiel wahrnehmen. Diese Muster werden im Hinblick auf den Einsatz von Gamification-Technologien auf Crowdwork-Plattformen insgesamt diskutiert. Außerdem wird auf Basis der Muster erörtert, welche subjektive Funktion die Crowdwork-Tätigkeit für die Personen einnimmt.</p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1725 Digitale Durchdringung durch Plattformisierung 2023-02-15T18:12:58+00:00 Jasmin Schreyer jasmin.schreyer@fau.de <p>Die Digitalisierung der Arbeits- und Lebenswelt hat diverse neue Geschäftsmodelle hervorgebracht und damit einhergehend eine massive Datafizierung in Gang gesetzt. Nahezu alle digitalen Aktivitäten, Handlungen und Interaktionen, die auf den handelsüblichen Hard- und Software-Programmen durchgeführt werden, werden registriert, getrackt, gespeichert, aggregiert und ausgewertet sowie weiterverkauft. Die Durchdringung fast jeder digitalen Aktivität in beinahe jedem Alltagsbereich betrifft vielfältige soziale Prozesse und forciert eine Grenzauflösung zwischen privaten, öffentlichen und ökonomischen Räumen.</p> <p>Dabei ist das digitale Panoptikum unsichtbar, schmerzfrei und tritt diskursiv mit Schlagworten wie Transparenz, Vernetzung und Sharing auf. Plattformunternehmen inszenieren sich als neutrale Vermittlungsinstanzen und propagieren, dass ihre Datensammlungen eine Form der „höheren“ Intelligenz, die Wissen, Wahrheit und Objektivität herstellen würden. Nicht thematisiert wird dabei, dass diese Datafizierung einem Daten-Behaviorismus sowie einer algorithmischen Gouvernance Vorschub leistet.</p> <p>Im Rahmen des Beitrags wird die Frage diskutiert, wie in diesem Spannungsfeld die Verwendung von algorithmischer Infrastrukturarchitektur zur Durchdringung der Arbeitskoordination beiträgt und zur Steuerung und Herrschaft genutzt wird. Denn der Grundgedanke von (Arbeits-)Plattformkonzepten beruht auf der großflächigen, automatisierten und vernetzten Sammlung und Nutzung von (Persönlichkeits- und Meta-)Daten als Geschäftsmodell. Ziel des Vortrags ist es, die Spannungen, Ambivalenzen und Herausforderungen, die durch die Datafizierung möglich geworden sind und die eine erhebliche Brisanz für Arbeitsbeziehungen in sich bergen, exemplarisch anhand empirischer Beispiele aus dem Kurierwesen zu diskutieren.</p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1665 You‘ll never walk alone 2023-01-31T19:57:14+00:00 Mona-Maria Bardmann mona.bardmann@uni-hohenheim.de Caroline Ruiner caroline.ruiner@uni-hohenheim.de Matthias Klumpp matthias.klumpp@uni-goettingen.de Laura Künzel laura.kuenzel@uni-goettingen.de <p>Durch die Implementierung und Nutzung digitaler Technologien werden Arbeitsprozesse verändert und neue Aufgaben geschaffen. Dabei kann es zu Automatisierungs- und Verselbständigungsprozessen kommen, wenn digitale Technologien Tätigkeiten ausführen, welche zuvor von Menschen übernommen wurden oder mit einem begrenzten, aber zunehmenden eigenen Entscheidungsspielraum autonom mit Menschen zur Aufgabenerfüllung zusammenarbeiten. Mit der Durchdringung der Arbeitskontexte durch digitale Technologien gehen schließlich veränderte Kontrollmöglichkeiten sowie auch Kontrollnotwendigkeiten einher, deren Wahrnehmung seitens der Mitarbeiter:innen und insbesondere die Wechselbeziehung mit der Autonomiewahrnehmung zu berücksichtigen ist, da diese unmittelbar handlungswirksam werden. Dies ist speziell für Organisationen, die sich mit lebensbedrohlichen Situationen befassen – sogenannte Hochzuverlässigkeitsorganisationen (high-reliability organizations, HRO) – in hohem Maße relevant. Ziel dieses konzeptionellen Beitrages ist die Diskussion der Auswirkungen des Einsatzes von selbstständigen digitalen Systemen (SDS) auf die Autonomie- und Kontrollwahrnehmung von Mitarbeiter:innen in HRO-Arbeitskontexten, wobei der Schwerpunkt auf Krankenhäusern als Hochzuverlässigkeitsorganisation liegt. Vor diesem Hintergrund ergänzt der Beitrag sowohl die arbeitssoziologische als auch organisationssoziologische Diskussion zu den Auswirkungen digitaler Durchdringung durch SDS auf die Wechselwirkung der Autonomie- und Kontrollwahrnehmung von Mitarbeiter:innen. Es lassen sich in HRO-Kontexten unterschiedliche Autonomie- und Kontrollwahrnehmungen gegenüber SDS beobachten: Autonomie <em>bestärkende</em> Kontrolle und Autonomie <em>beschränkende</em> Kontrolle. Die Wahrnehmung von Autonomie und Kontrolle ist dabei abhängig von Sensemaking-Prozessen, welche zur Legitimation von Kontrolle und damit zu einer Umdeutung dieser zuvor beschränkenden Maßnahmen in autonomiebestärkende dienen.</p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1759 Wie man koloniales Kapital emulgiert 2023-03-03T09:38:49+00:00 Jürgen Schraten juergen.schraten@sowi.uni-giessen.de <p>Zentrales Argument des Beitrags ist, dass südafrikanisches Privatrecht ein Eigentumsregime aus drei historischen Quellen geschaffen hat, die miteinander unvereinbar sind, und der in Entscheidungsfällen folglich einem Prinzip den kollisionsrechtlichen Vorrang einräumen muss. In jeder der drei Quellen wurde das Eigentum in Referenz auf die funktionalen Erfordernisse der Konfliktregulierung, des gesellschaftlichen Weiterbestands, des Handels und der politischen Legitimation durch Gerechtigkeit ausgestaltet, wofür jedoch unterschiedliche Prinzipien angewendet wurden.</p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1765 Zur Eingangsselektivität in den lehramtsbezogenen Studiengängen 2023-03-21T14:45:11+00:00 Sibylle Schneider sibylle.schneider@phil.uni-augsburg.de <p>Die Eingangsselektivität in den lehramtsbezogenen Studiengängen ist seit geraumer Zeit wieder in das Blickfeld der empirischen Bildungsforschung gerückt. Zwar handelt es sich dabei um kein vollkommen neues Forschungsthema, wurde doch schon in frühen bildungssoziologischen Studien die These des „Lehrerberufs als sozialer Aufstiegsberuf“ diskutiert und untersucht. Im Hinblick auf die wichtigen gesellschaftlichen Funktionen von Lehrkräften und Entwicklungen im Hochschulbereich vergangener Dekaden mangelt es aber gegenwärtig an aktuellen Studien zu der Frage, wer sich für ein Lehramtsstudium entscheidet, insbesondere auch zur sozialen Herkunft der Lehramtsstudierenden. Im folgenden Beitrag werden Befunde aus quantitativen Analysen der Daten aus einer Befragung von Lehramtsstudierenden an zwei Universitäten in Bayern zu ihrem sozialen und kulturellen Hintergrund, ihren personalen und lernrelevanten Eingangsmerkmalen und Merkmalen ihrer Studienwahlentscheidung vorgestellt. Die These der „Negativselektion im Lehrerberuf“ wird derjenigen der „Binnenselektion in den lehramtsbezogenen Studiengängen“ gegenübergestellt. Die ermittelten Unterschiede zwischen Studierenden aus verschiedenen schulformspezifischen Studiengängen können die in der Literatur berichteten Ergebnisse zu beiden Thesen und zur sozialen Selektion im Wesentlichen replizieren und ergänzen. Neu sind hingegen die Befunde zu kulturellen Kapitalien und den Parametern des sekundären Herkunftseffekts im Rahmen der Bildungsentscheidung und des Übergangs in den tertiären Bildungsbereich.</p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1597 „und dann bin ich kriminell geworden“ 2023-01-17T10:39:53+00:00 Selin Arikoglu selin.arikoglu@khsb-berlin.de <p>Für die Wissenschaft, Praxis und Politik sollte das Thema der straffällig gewordenen jungen Frauen mit einem Migrationshintergrund von besonderer Bedeutung sein, weil die Lebenslagen dieser Gruppe in der Fachdiskussion im Gegensatz zum männlichen Part unterrepräsentiert sind. Dies mag darin begründet sein, dass ein dominierender Männeranteil bereits in der PKS feststellbar ist. Ziel der vorliegenden Untersuchung war, aus subjektiver Sicht der zur Bewährung verurteilten jungen Frauen im Alter von 18 bis 21 Jahren Einblicke in deren biographische Entwicklungen sowie deren spezifische Formen der Lebensbewältigung zu gewinnen. Die jungen Frauen durchleben mit dem Erwachsenwerden die Konfrontation mit den gesellschaftlichen und familiären Erwartungen. Da sie keine adäquate Unterstützung in der Bewältigung des Erlebten erfahren, wenden sie ihre kognitiven Erfahrungen unreflektiert an, um entsprechende Lösungsansätze zu entwickeln, sie zeigen straffälliges Verhalten auf, um die ihnen erforderliche Anerkennung zu erhalten. Auffällig hierbei ist, dass der Migrationshintergrund aus ihrer Sicht keinen kausalen Grund für das straffällige Verhalten darstellt. Eine gezielte sozialpädagogische Intervention kann durch die institutionelle Netzwerkarbeit zu einem straffreien Verhalten beitragen.</p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1631 Polarisierende Katastrophen – katastrophale Polarisierungen 2023-01-29T08:26:20+00:00 Stephan Lorenz Stephan.Lorenz@uni-jena.de <p>Durch Pandemie, Klimaprognosen oder Fluten rückten Katastrophen global wie auch in Deutschland verstärkt in den Fokus öffentlicher Aufmerksamkeit. Zwar lösen Katastrophenereignisse oft unmittelbare Hilfsbereitschaft und Solidarisierung aus, sie bergen aber zugleich Polarisierungspotenziale. Zum einen wird im Nachgang katastrophaler Ereignisse über Verantwortlichkeiten gestritten. Zum anderen erweisen sich die tatsächlichen Betroffenheiten i.d.R. als ungleich verteilt oder bestehende Ungleichheiten verschärfend, sei es zwischen sozialen Statusgruppen, zwischen den Generationen, Regionen oder Staaten. Dabei werden die Polarisierungen nicht durch vermeintliche Naturkatastrophen forciert, die als „äußere“ Ereignisse die Gesellschaft heimzusuchen scheinen. Vielmehr sind es zahlreiche vorauslaufende, akute oder folgenbearbeitende Maßnahmen – oder ihr Unterlassen –, die soziale „Gräben“ ausheben oder vertiefen. Polarisierende Teilungen in Außen und Innen, Natur und Gesellschaft, einschließlich Natur- und Sozialwissenschaft, verstellen aber den Zugang zu einem angemessenen Verständnis. Nach wie vor dominieren naturwissenschaftlich-technische Perspektiven auf Katastrophen, während ihr sozio-kulturelles Verständnis noch wenig Eingang in die Katastrophenforschung und deren öffentliche und politische Berücksichtigung findet. Und schon im Vorfeld von erwartbaren Katastrophen, also im notwendig mit Ungewissheiten behafteten Bereich von Risikowahrnehmungen, Risikoanalysen und präventiven Aktivitäten, sind Polarisierungen zu beobachten. Solange das Ereignis noch nicht eingetreten ist oder die konkreten Auswirkungen lediglich als mehr oder weniger fundierte Prognosen erscheinen können, bleibt viel interpretativer Spielraum. Apokalyptische Szenarien stehen der Leugnung jedweder Gefährdung gegenüber.</p> <p>Soziologisch beginnt die Katastrophe bereits mit ihrer polarisierenden Gegenüberstellung zum und ihrer Ausblendung im gesellschaftlichen Alltag. Um Katastrophenrisiken zu mindern, müssen sie aber dauerhaft in geeigneter Weise berücksichtigt werden. Die Beiträge der Ad-Hoc-Gruppe widmen sich empirisch und konzeptionell verschiedenen katastrophenbezogenen Polarisierungen oder/und zeigen Optionen auf, wie die Überwindung solcher Polarisierungen Katastrophenrisiken verringern könnte.</p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1702 Doing family und displaying family in der elterlichen Konstruktion des Kindes in seiner Geschlechtlichkeit 2023-02-15T10:25:52+00:00 Ljuba Meyer ljuba.meyer@tu-dortmund.de Rabea Krollmann rabea.krollmann@tu-dortmund.de <p>Das Bild der Familie als primärer Sozialisationsinstanz unterliegt gegenwärtig einem Wandel. Das Kind wird als „Projekt“ begriffen, dessen Gelingen von den elterlichen Bemühungen abhängig ist (vgl. Beck-Gernsheim 2010). In unserem DFG-Projekt „Projekt Kind: Elterliche Konstruktion des Kindes in seiner Geschlechtlichkeit“ wird durch eine Methodentriangulation von (Paar-)Interviews und Kinderfotografien die (geschlechtlich) geformten Imaginationen und Projektionen von Eltern untersucht. Wir interviewten sowohl heterosexuelle Eltern als auch LGBTQ+-Eltern, Alleinerziehende oder Patchworkfamilien. Das Projekt verortet sich an der Schnittstelle von Geschlechter-, Familien- und Kindheitsforschung. Es verbindet die Ansätze des Doing und Displaying Family und des Doing Gender. Es wird davon ausgegangen, dass Geschlecht und Bilder eines (geschlechtlich geformten) „gelungenen Kindes“ von den Eltern im Interview und in Fotografie deutlich werden; sei es, indem eine traditionelle Zuordnung akzentuiert wird, gerade unkonventionelle Verhaltensweisen des Kindes betont werden oder durch eine Darstellung von praktizierter Geschlechtsindifferenz.</p> <p>Am Beispiel unseres empirischen Materials wird anhand eines heterosexuellen Elternpaars die elterlichen Darstellungs-, Vorstellungs- und Herstellungsleistungen sowie deren (geschlechtlich) geformten Imaginationen und Projektionen in Bezug auf ihre Kinder aufgezeigt.</p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1735 Gemeinschaft vs. Gesellschaft im Wechselspiel zwischen Weimarer Soziologie und Konservativer Revolution 2023-02-15T22:43:07+00:00 Martin Hauff hauff@soz.uni-frankfurt.de <p align="JUSTIFY"><span style="font-family: Times New Roman, serif;"><span style="font-size: medium;">Die neue Rechte zehrt heutzutage von Narrativen und ideologischen Prägungen, die aus dem Dunstkreis der Konservativen Revolution stammen und die sehr stark durch Polarisierungen bestimmt sind. Diese polarisierten Semantiken wurden einerseits durch sozialwissenschaftliche Forschung inspiriert und beeinflussten wiederum die soziologische Begriffsbildung in der Weimarer Republik. Diese spannungsgeladene Wechselwirkung zwischen akademischen Bereich und politischen Bewegungen lässt sich an der Unterscheidung zwischen Gemeinschaft und Gesellschaft rekonstruieren.</span></span></p> <p align="JUSTIFY"><span style="font-family: Times New Roman, serif;"><span style="font-size: medium;">Ferdinand Tönnies begründete in seinem Hauptwerk <em>Gemeinschaft und Gesellschaft</em> von 1887 seine Leitunterscheidung noch mit einer subtilen Analyse von Willensformen. Der durch Tönnies geprägte Dualismus erhielt seit der Neuauflage des Buches 1912 jedoch eine enorme öffentliche Resonanz und vollzog eine weltanschauliche Aufladung.</span></span></p> <p align="JUSTIFY"><span style="font-family: Times New Roman, serif;"><span style="font-size: medium;">Im Zuge des 1. Weltkriegs radikalisierte sich dieses polarisierte Narrativ und wurde gegen feindliche Nationen gewendet. Thomas Mann meinte, die deutsche Kultur gegen die flache Zivilisation des Westens und den Krämergeist der Engländer verteidigen zu müssen. Dem Dualismus von Zivilisation und Kultur wurde von Oswald Spengler geschichtsphilosophische Weihen verliehen. Und auch der Ökonom Werner Sombart unterteilte die Völker in Händler und Helden. Diese sogenannten „Ideen von 1914“ wurden von deutschen Intellektuellen inhaltlich gegen die liberalen „Ideen von 1789“ und geographisch gegen den Westen abgegrenzt.</span></span></p> <p align="JUSTIFY"><span style="font-family: Times New Roman, serif;"><span style="font-size: medium;">Nach dem 1. Weltkrieg wurden auch die neu errichteten Institutionen der Weimarer Republik, das Parlament und der demokratische Rechtsstaat, mit dem abschätzigen Begriff der Gesellschaft belegt. </span></span><span style="font-family: Times New Roman, serif;"><span style="font-size: medium;">In der Zwischenkriegszeit war dieser rechtspopulistische Diskurs der Konservativen Revolution so dominant, dass dieser wieder auf die Sozialwissenschaften zurück färbte. Besonders die Soziologen Othmar Spann und Hans Freyer waren in den 1920ern sehr einflussreich. Sie kritisierten mithilfe des Begriffs der Gemeinschaft soziologische Ansätze, die im Geist der Gesellschaft verhaftet seien, also Ansätze, die von rationalen und individuellen Handelnden ausgehen.</span></span></p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1763 Zeitstrukturen (neu)rechter Zukunftsvorstellungen 2023-03-10T16:48:02+00:00 Maximilian Weckemann maximilian.weckemann@wzb.eu <p style="margin: 0cm;"><span style="font-size: 11.0pt; font-family: 'Calibri',sans-serif;">Der Beitrag nimmt eine zeitsoziologische Perspektive auf rechte Zukunftsvorstellungen ein und untersucht, ob die Polarisierung sozialer Zeit – also die scharfe Kontrastierung verschiedener Zukunftsszenarien – oder deren Gegenteil – die vermeintliche Vorherbestimmtheit einer einzelnen Zukunftserzählung – mit bestimmten politischen Handlungen einhergeht. Als Untersuchungsgegenstand bieten sich hierbei die Erzählungen vom „Großen Austausch“ und „Great Reset“ an, da es sich bei beiden um weit verbreitete Deutungsmuster der Rechten in verschiedenen westlichen Ländern handelt. Die Vorstellung des „Großen Austausches“ tauchte hierbei in der Vergangenheit in rechtsterroristischen Manifesten in einer Variation auf, die ein apokalyptisches Bürgerkriegsszenario für notwendig hielten. Es kam also weder zu einer Kontrastierung der Gegenwart mit der Zukunft, noch zu einer Polarisierung verschiedener Zukunftsszenarien. Vielmehr wurde ein bestimmtes Szenario aus der Gegenwart abgeleitet und als unausweichlich vorausgesetzt. Da dieses Szenario darüber hinaus von einem hohen Maß an zukünftiger Gewalt ausgeht, eignet es sich als Rechtfertigung für Gewalt in der Gegenwart. Bei der Erzählung des „Great Reset“ findet sich wiederum eine ähnliche Gewissheit ihrer Anhänger bezüglich der diktatorischen Absichten der herrschenden Eliten. Allerdings präsentiert sich die Zukunft hier als ein „Entweder-oder“: Während die Abschaffung der Demokratie kurz bevorsteht oder bereits in vollem Gange ist, kann sie mittels einer revolutionären Protestbewegung durchaus verhindert werden. Es findet somit eine Polarisierung zwischen zwei möglichen Zukünften statt, deren jeweiliges Eintreten von der Stärke des „Widerstands“ der Bevölkerung abhängt. </span></p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1636 (Erwerbs-)Arbeit mit Hindernissen 2023-01-30T11:37:42+00:00 Fabian Rombach fabian.rombach@uni-koeln.de Anne Waldschmidt anne.waldschmidt@uni-koeln.de Sarah Karim sarah.karim@uni-koeln.de Lisa Prior lisa.prior@uni-koeln.de <p>Der Beitrag benutzt eine dispositivanalytische Forschungsperspektive auf biographische Erzählungen von Menschen mit Behinderungen und fragt am Beispiel von (Erwerbs-)Arbeit, wie sich das Dispositiv der Behinderung in individuellen Erwerbsbiographien manifestiert und welche Dispositivelemente dabei zum Vorschein kommen. Anhand von Interviewdaten zeigen sich Verflechtungen des Behinderungsdispositivs mit weiteren Dispositiven, etwa der Bildung oder der Erwerbsarbeit. Auch werden handlungsfähige, wirkmächtige Dispositivelemente freigelegt, die als relevante Andere die Erwerbsbiographien behinderter Personen und deren Teilhabe an (Erwerbs-)Arbeit mitgestalten. Herausgearbeitet wird zudem, wie die interviewten Frauen und Männer mit unterschiedlichen Beeinträchtigungen mit den Erwartungen von Fachkräften und der Arbeitsagentur umgehen.</p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1571 Quantitative Surveys of Refugees 2022-12-19T10:07:09+00:00 Simon Schmidbauer simon.schmidbauer@st.oth-regensburg.de Sonja Haug sonja.haug@oth-regensburg.de <p>Mit dem erhöhten Zuzug von Asylsuchenden seit 2012 stieg der Bedarf von Politik und Gesellschaft an zeitnahen, reliablen und validen Daten über die neu Hinzugekommenen. Geflüchtete sind jedoch eine vulnerable, versteckte und schwer erreichbare Population, woraus sich eine Vielzahl von Herausforderungen für deren Befragung ergibt. Der Beitrag beschreibt und vergleicht die Möglichkeiten und Grenzen verschiedener Stichprobenziehungsverfahren. Weiterhin wird ein Einblick in die Felderfahrungen bei der Datenerhebung der Mixed-Methods-Studie „Demokratieakzeptanz und Partizipation von Geflüchteten in Bayern“ vorgestellt.</p> <p>With the increased influx of asylum seekers since 2012, policymakers’ and society’s need for timely, reliable, and valid data on the newly arrived has increased. However, refugees are a vulnerable, hidden, and hard-to-reach population, which poses a variety of challenges to surveying them. The paper describes and compares the possibilities and limitations of different sampling methods. Furthermore, an insight into the field experiences during data collection of the mixed-methods study “Democracy and Participation of Refugees in Bavaria” is presented.</p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1677 Schüler*innen beruflicher Schulen – eine polarisierte Zielgruppe? 2023-02-02T12:15:01+00:00 Paul Lachmann paulmiro.lachmann@uni-goettingen.de <p>In diesem Beitrag werden zentrale Ergebnisse des Projekts „Gestern wie heute – Haltung zeigen!“ vorgestellt. Das Projekt ist als Reaktion auf die Präsenz der extremen Rechten im öffentlichen Raum, die Alltäglichkeit gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit in Hessen sowie die schlechte Lage politischer Bildung an beruflichen Schulen entstanden.</p> <p>Einerseits versucht es die Resilienz der einzelnen teilnehmenden Schüler*innen und ihr Bewusstsein für gemeinschaftliche Konfliktlösung zu stärken. Andererseits ist mit dem maßgeblich pädagogisch arbeitenden Projekt auch ein wissenschaftliches Interesse verbunden. Schüler*innen beruflicher Schulen (SbS) sind in Einstellungserhebungen selten vertreten. Meist beschränkt sich die Teilnahme auf Berufliche Gymnasien. Fachoberschulen, Berufsfachschulen und Berufsschulen werden nur in Einzelfällen erhoben. In Studien heißt es meist: Je geringer die formale Bildung, desto weniger stehen die Schüler*innen für demokratische Werte ein und stimmen eher extrem rechten Einstellungsmerkmalen zu (Albert et al. 2019; Achour und Wagner 2019).</p> <p>Dieser Beitrag versucht anhand der Ergebnisse einer eigenen Einstellungserhebung sowie qualitativer Beobachtungen die Frage zu beantworten, ob diese Verallgemeinerungen auch auf die bisher unsichtbar gebliebene Schüler*innenschaft an beruflichen Schulen zutreffen. Im vorliegenden Projekt offenbaren sich strukturelle Benachteiligungen für SbS, zudem deuten sich konflikthafte Gleichzeitigkeiten in den Werthaltungen der SuS an – einerseits werden Solidarität und Demokratie befürwortet, andererseits Ressentiments gepflegt. Zum Ende des Beitrags werden aus den Ergebnissen abgeleitete Handlungsempfehlungen im Allgemeinen, sowie mögliche konkrete Forschungsfragen für Folgeprojekte vorgestellt.</p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1619 Vermittlung zwischen polarisierten Differenzen 2023-01-26T19:10:57+00:00 Miriam Tekath miriam.tekath@uni-marburg.de <p>Politische Polarisierung prägt gleichermaßen politische Systeme wie alltägliche Lebenswelten. Die lebensweltliche Bedeutung polarisierter sozialer Differenzen wird in den stark institutionalistisch geführten Debatten um Konfliktbearbeitung in polarisierten Gesellschaften jedoch wenig beachtet. Dabei können gerade lebensweltliche Perspektiven wichtige konflikttheoretische Erkenntnisse für politisch polarisierte Gesellschaften generieren. Diese Forschungsnotiz geht daher der Frage nach, welche Konflikt- und Kooperationsdynamiken von sozialer Polarisierung geprägte Begegnungskontexte aufweisen. Als hochgradig diverse und insbesondere territorial polarisierte Kontexte bieten senegalesische Hochschulen dafür ein ideales Forschungsfeld. Aufbauend auf mehrfachen Forschungsaufenthalten im Senegal argumentiere ich, dass die Polarisierung territorialer Differenzen zwar situativ konfliktverschärfend wirkt, senegalesische Studierende jedoch auch auf ein breites Handlungsspektrum rekurrieren, um der Polarisierung zu begegnen. Friedlichen Kooperations- und polarisierten Konfliktdynamiken kommt somit eine gewisse Gleichzeitigkeit zu; die Betonung der relationalen Verbundenheit als Studierende in einem geteilten prekären Kontext hilft jedoch, zwischen den politisch polarisierten Differenzpositionen zu vermitteln.</p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1745 „Eine christliche, tolerante und europäische Nation“ 2023-02-19T20:20:26+00:00 Barbare Janelidze barbare.janelidze@uni-kassel.de <p>Georgien stellt einen Palimpsest imperialer, postimperialer und postsowjetischer historischer Erfahrungen dar (vgl. van der Zweerde 2015). Seit dem 19. Jahrhundert, als unter der Herrschaft des Russischen Kaiserreichs von der damaligen lokalen Intelligenzija Ideen und Narrative über die georgische Nation entwickelt wurden, bleibt Georgien – mitsamt seiner politischen und gesellschaftlichen Eliten − in einer endlosen Suche nach seiner eigenen räumlichen und temporalen Zugehörigkeit gefangen. Dabei sind Fragen der Religion und des Christentums und der ihnen zugeschriebenen kulturellen Bedeutungen untrennbare Teile dieser Suche, also Elemente der Interaktion zwischen lokalen und globalen Narrativen und Imaginationen von Modernität in Georgien. Diese Narrative enthalten historische Kontinuitäten in sich, aber auch Brüche in den Selbstthematisierungen: wie Georgien im Kontext des russischen Kaiserreichs in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts modern und europäisch werden sollte; oder wie Georgien schon immer europäisch und damit modern gewesen sei, wie es nach der sogenannten Rosenrevolution im Jahr 2003 vom Präsidenten Micheil Saakaschwili in seinen öffentlichen Reden immer wieder betont wurde.</p> <p>Der Beitrag beschäftigt sich mit diesen Narrativen der Zugehörigkeit in Georgien. Er zeigt, wie die Kategorie Religion bei der Selbstthematisierung der Modernität von Georgien in politischen Narrativen verwendet und verändert wird. Dabei analysiert der Beitrag, wie die verschiedenen Bedeutungen, die dieser Kategorie zugeschrieben werden, sowohl zur Rechtfertigung politischer Ansprüche als auch für die Herstellung der Bedeutungen von „Nation“ in imperialen und postimperialen Kontexten verwendet werden.</p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1647 Die soziomaterielle Konstitution von Cybersicherheit in der Dynamik kritischer Informationsinfrastrukturen 2023-01-30T18:11:00+00:00 Alexandros Gazos alexandros.gazos@kit.edu <p>Informations- und Kommunikationstechnologien dringen zusehends in gesellschaftliche Routinen vor und werden zu einem kritischen Faktor in ihrer Aufrechterhaltung. Als kritische Informationsinfrastrukturen sind sie zum essenziellen Bestandteil jeder anderen kritischen Infrastruktur geworden. Aufgrund dieser zunehmenden Verstrickungen und damit einhergehenden Interdependenzen wird Cybersicherheit geradezu zu einer <em>existenziellen</em> Aufgabe. Dabei sehen sich Organisationen, die kritische Informationsinfrastrukturen betreiben, mit einer Fülle an Herausforderungen in System und Umwelt konfrontiert: von der Konvergenz physischer und digitaler Infrastrukturen bis hin zu Cybercrime, -terror und -krieg. Trotz aller Widrigkeiten behaupten sich die Betreiber <em>noch</em> in dem Unterfangen eine hohe Verfügbarkeit ihrer Infrastruktur zu gewährleisten. Doch welche Strukturen und Fähigkeiten benötigen sie für einen sicheren Betrieb? Welche Bewältigungsstrategie wird einem so schwer zu antizipierendem Feld an potenziellen Bedrohungen noch gerecht? Mein Beitrag besteht in einem gegenstandsangemessenen, kohärenten sowie soziologisch informierten Resilienzkonzept, welches ein neues Licht auf die drängenden Fragen der Cybersicherheit wirft, ihre soziomaterielle Bedingung beleuchtet und so der Dynamik in digitalen und kritischen Infrastrukturen gerecht wird. Das Konzept ebnet möglichen Antworten den Weg, indem es organisationssoziologische Theorien mit Ansätzen aus dem Sicherheitsmanagement technischer Systeme verbindet und deren Aspekte einer sozialkonstruktivistischen Reflexion unterzieht.</p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1682 Materialität und räumliche Gerechtigkeit 2023-02-07T12:16:41+00:00 Anna-Lisa Müller anna-lisa.mueller@uni-bielefeld.de <p>Der Beitrag adressiert die Frage, welche Bedeutung der gebaute Stadtraum und die städtische Materialität für die Hervorbringung und Aufrechterhaltung einer heterogenen und Gerechtigkeit ermöglichenden Stadtgesellschaft aufweisen. Am Beispiel der <em>street art</em> wird die Bedeutung des urbanen designs für die Gesellschaft dargestellt und darauf aufbauend ein Vorschlag entwickelt, wie die Wechselbeziehun­gen von Materialität und Sozialität in die Theoriebildung und Konzeptio­na­li­sierung von räumlichen Prozessen integriert werden kann. Dazu wird in einem ersten Schritt ausgeführt, wie sich die Beziehung von Stadt und Gerechtigkeit aus stadtplanerischer Sicht fassen lässt und auf welche Weise sich aus stadtsoziologischer Perspektive das Moment des Materiellen in die Analyse integrieren lässt. In einem zweiten Schritt wird dargestellt, wie Konzeptionalisierungen der Öffentlichkeit und des öffent­lichen Raums von der Berücksichtigung des Materiellen und des gebauten öffentlichen Stadtraums profitieren können. Im dritten Schritt wird ein Vorschlag ausformuliert, wie mit einer materialitätssensitiven Perspektive räumliche Polarisie­rungen untersucht und konzeptionell fassbar gemacht werden können, um damit letztlich auch die Frage nach räumlicher Gerechtigkeit adressieren zu können.</p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1718 „Man muss nicht immer alles so ernst nehmen“ 2023-02-15T14:36:02+00:00 Nico Meier nico.meier@uni-konstanz.de Sebastian Koch sebastian.koch@uni-konstanz.de <p>Der Beitrag betrachtet Aushandlungsprozesse im Umgang mit Forschungsethik innerhalb inter- und transdisziplinärer Forschungsgruppen anhand empirischer Beispiele aus einem Stadtforschungsprojekt. Dabei zeigen sich praktisch auftretende Herausforderungen im Umgang mit Interviewdaten, die von den Akteur*innen gelöst werden müssen. Fokussiert werden hier insbesondere Situationen, in denen invasive Momente in Gesprächen auftreten und daran anschließende Aushandlungsprozesse sichtbar werden. Daraus leiten sich Implikationen für praktische Lösungen ab, die bisher noch lückenhaft in der soziologischen Methodenausbildung thematisiert und gelehrt werden. Die vorliegenden Praxisbeispiele werden aus einer ethnomethodologischen Perspektive heraus betrachtet und die ethnografisch erhobenen audiovisuelle Transkriptionsdaten dabei sequenzartig mithilfe der Konversationsanalyse untersucht. Drei empirische Schlaglichter verdeutlichen die situative Positionierung disziplineigener Ethikverständnisse, die Auslotung von Vertrauenszusagen und das Anstreben kompromissorientierter Lösungen. Ethik schwankt innerhalb des interdisziplinären Aushandlungsprozesses zwischen einem hohen Grad der Einhaltung sozialwissenschaftlich-ethischer Prinzipien und einer absoluten Ergebnisorientierung und Prozessoptimierung. Abschließend wird die Einbindung von Forschungsethik als „Konstrukt“ im interdisziplinären Kontext in die Methodenlehre als eine Handlungsempfehlung, im Sinne bestimmter praktischer Lösungsvorschläge, für die qualitativ soziologische Arbeits- und Forschungspraxis formuliert.</p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1752 Von Opfern zu Seelen 2023-02-27T10:45:16+00:00 Luis Bernardo Bastidas Meneses bastidasluism@gmail.com <p>Dieser Beitrag befasst sich mit der Koexistenz von Gewalt und Religion in Puerto Berrío, einer kleinen kolumbianischen Stadt. Seit den 1980er Jahren ist es den Paramilitärs, die für zahlreiche Verbrechen verantwortlich sind, gelungen, einen Diskurs durchzusetzen, der die Opfer stigmatisiert. Dieser Diskurs wird widersprüchlicherweise von Menschen reproduziert, deren Angehörige getötet wurden, die aber gleichzeitig ihren Ruf wiederherstellen wollen. Der Kult der Seelen im Fegefeuer erlaubt es, diesen Widerspruch zu tolerieren, da er den Opfern von Gewalt eine neue Bedeutung verleiht.</p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1688 Von Teams und Individuen 2023-02-10T11:23:37+00:00 Lara Rowitz lara.rowitz@uni-hamburg.de Lukas Underwood lukas.underwood@uni-hamburg.de Kathrin Maleyka Kathrin_Maleyka@gmx.de Arne Wohlfarth Arne.Wohlfarth@uni-siegen.de <p><span class="ui-provider ug b c d e f g h i j k l m n o p q r s t u v w x y z ab ac ae af ag ah ai aj ak" dir="ltr">Der vorliegende Artikel fragt nach der Bedeutung ökonomisierter Rahmenbedingungen in der Sozialen Arbeit für die darin handelnden Subjekte am Beispiel der stationären Kinder- und Jugendhilfe. Dies geschieht anhand von qualitativen Daten, die in Expert.innengespräche, Interviews und Gruppendiskussionen gewonnen wurden. Das empirische Material erlaubt einen multiperspektivischen Blick auf die Relevanz der Ökonomisierung, indem Deutungen und Umgangsweisen von Expert:innen, Beschäftigten und Adressat:innen rekonstruiert und zusammengeführt werden. Dabei wird die These erläutert, dass es den Beschäftigten durch einen starken Fokus auf ihr fachliches Team sowie ihr nahes Arbeitsumfeld gelingt, ökonomische Logiken weitgehend - wenn auch nicht bruchlos – von ihrem Arbeitsalltag fernzuhalten. Die Adressat:innen können diesen starken Teams wiederum nur als Individuen begegnen, was die vorherrschende Machtasymmetrie verstärken und eine Vereinzelung begünstigen kann.</span></p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1723 Humanisierung der sozialen Welt 2023-02-15T17:10:24+00:00 Alexander Wierzock alexander.wierzock@hu-berlin.de <p>Kontaktzonen zwischen Soziologie und Humanismus sind für den soziologischen Klassiker Ferdinand Tönnies (1855–1936) charakteristisch. Tönnies verkörperte diese Verbindungsachse geradezu: Von anderen als „bürgerlicher Moralapostel“ oder „socialistisch-ideologischer Weltverbesserer“ tituliert, strebte er nach einer menschlicheren Gesellschaft jenseits kapitalistischer Ordnungen. Tönnies blickte als Ethiker und Soziologe in die gleiche Zukunft. Die Konjunktion „und“ bezweckt hier keine bloße Aufzählung. Das Bindewort verweist im Falle von Tönnies, der die Soziologie in letzter Instanz als Transformations- und Interventionswissenschaft begriff, vielmehr auf einen zentralen Ideenkomplex seiner Person und seines Werkes. Sein Streben nach einer Humanisierung des sozialen Lebens machte Tönnies zu einem Vertreter eines praktischen Humanismus. Symbolisch dafür steht sein Engagement in der im Jahr 1892 von ihm mitbegründeten Deutschen Gesellschaft für Ethische Kultur.</p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1658 Rassistisch motivierte Anschläge und ihre sozialräumliche Wirkmächtigkeit 2023-01-31T14:00:27+00:00 Anna-Lisa Müller anna-lisa.mueller@uni-bielefeld.de Mert Pekşen mert.peksen@uni-osnabrueck.de Daniel Kubiak daniel.kubiak@hu-berlin.de Emma Brahm ebrahm@uni-osnabrueck.de Kübra Gencal kubra.gencal@uni-bielefeld.de Rani Pabst rani.pabst@hu-berlin.de <p>Der Beitrag stellt Ergebnisse aus dem Forschungsprojekt „Räume der Migrationsgesellschaft“ (RäuMig) vor, in dem die Wirkung von rassistisch motivierten Anschlägen auf Stadtgesellschaften und Stadträume untersucht wird. Die übergeordneten Frage lautet, auf welche Weise die Anschläge und der Umgang mit ihnen zur Konstitution spezifischer Räume der Migrationsgesellschaft beitragen. Fallbeispiele sind Rostock und Solingen. Die Städte sind zwei Orte in Deutschland, an denen rassistisch motivierte Anschläge geschehen sind und die als Extremfälle lokalisierter und verräumlichter Kämpfe um Zugehörigkeit verstanden werden können. Mithilfe von empirischen Daten aus Interviews, ethnographischen Beobachtungen vor Ort und Dokumentenanalysen diskutieren wir, wie solche offen rassistischen Handlungen in lokale Erinnerungspraktiken einbezogen werden und auf welche Weise durch diese Anschläge und als Reaktion auf sie spezifische Erinnerungsorte in den Städten entstehen. Der Fokus liegt dabei auf den Akteur:innen vor Ort und ihren Formen, mit Erinnerung vor Ort umzugehen.</p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022 https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2022/article/view/1693 Text als Daten 2023-02-13T08:59:09+00:00 Hendrik Erz hendrik.erz@liu.se Anastasia Menshikova anastasiia.menshikova@liu.se <p>Dieser Artikel stellt eine neue Methode vor, die Text direkt in quantitative Variablen umwandelt. Mithilfe von neuronalen Netzwerken des Typs „Long Short-Term Memory“ <span class="citation">(LSTM, Hochreiter und Schmidhuber 1997)</span> nach <span class="citation">Komninos und Manandhar (2016)</span> kann sie latente Informationen aus Text in nominal-skalierte Variablen überführen. Wir testen unsere Methode mit einer Fallstudie und untersuchen, ob weiblich gelesene Personen seltener <em> handeln </em> als männlich gelesene Personen <span class="citation">(vgl. auch Garg et al. 2018)</span>. Wir können zeigen, dass weiblich gelesene Personen insgesamt seltener als Akteure in Erscheinung treten als männlich gelesene. Diese ersten Ergebnisse zeigen, dass es mit diesem Ansatz möglich ist, Text automatisiert in Daten umzuwandeln und somit neue Wege für die quantitative Sozialforschung zu eröffnen.</p> 2023-09-29T00:00:00+00:00 Copyright (c) 2023 Polarisierte Welten. Verhandlungen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2022