Geschlecht als Ordnungskategorie in Diskursen um Islamismus – Das Beispiel der britischen „Prevent“ Strategie

Autor/innen

  • Catharina Peeck Gottfried Wilhelm Leibniz Universität Hannover

Schlagworte:

Geschlecht, Minderheitenpolitik, Großbritannien, Muslimische Frauen, Versicherheitlichung

Abstract

Im Rahmen transnationaler Diskurse um Islamismus erscheinen muslimische Frauen häufig gleichzeitig als Opfer patriarchaler Verhältnisse und als potenzielle Terroristinnen (u.a.: Ahmad 2010; Riley 2013; Zine 2007). Vor diesem Hintergrund wurde die britische „Prevent“ Strategie implementiert. Als Teil der Antiterrorstrategie CONTEST beinhaltet sie Maßnahmen, deren Ziel es ist, Terrorismus im Land zu verhindern. Ein Aspekt von „Prevent“ ist die Zusammenarbeit mit muslimischen Frauen im Rahmen von Kooperationen mit existierenden Frauenorganisationen, und in deren Gründung durch staatliche Initiative. Das Empowerment von Frauen, so eine Kalkulation, die „Prevent“ Maßnahmen zu Grunde liegt, kann dazu beitragen Radikalisierungsprozesse zu verhindern, entweder weil Frauen dann eher bereit seien mit den Sicherheitsorganen zusammen zu arbeiten, oder weil sie selbst einen Einfluss auf soziale Konflikte innerhalb der Communities ausüben können. Behörden und politische Entscheidungsträger/-innen versuchen muslimische Frauen in den Kampf gegen Terrorismus einzubeziehen, um mit ihrer Hilfe soziale Konfliktlagen zu entschärfen und Gefahren zu identifizieren. Muslimische Aktivistinnen und Frauenorganisationen befinden sich in einem Dilemma: Sie stehen diesem Anliegen oftmals kritisch gegenüber, profitieren aber zugleich von den Ressourcen, die im Rahmen der Strategie zugänglich gemacht werden. So existieren verschiedene Strategien des Umgangs, die auf ein durchaus umstrittenes Feld hinweisen. Diskurse um den Islam werden im Rahmen von „Prevent“ in den Dienst sicherheitspolitischer Erwägungen gestellt. Sie spiegeln aktuelle Konflikte um die Rolle des Islam innerhalb nicht muslimischer Gesellschaften und sind aufgrund der Vorbildfunktion des Programms über den britischen Kontext hinaus wirksam. Im vorliegenden Beitrag wird die Frage diskutiert, wie Geschlecht als Ordnungskategorie in die Strategie und damit verbundene Maßnahmen eingeschrieben und reproduziert wird. Es wird auf Zuschreibungsmuster verwiesen, die Kontinuitäten zu kolonialen Diskursen nur auf den ersten Blick überwunden haben.

Autor/innen-Biografie

Catharina Peeck, Gottfried Wilhelm Leibniz Universität Hannover

Institut für Soziologie

Wissenschaftliche Mitarbeiterin, Arbeitsbereich Soziologische Theorien

Literaturhinweise

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Veröffentlicht

2017-08-18

Ausgabe

Rubrik

Sektion Frauen- und Geschlechterforschung: Geschlecht als globale Ordnungskategorie