Zur intergenerationalen Stabilisierung der Zugehörigkeit zur Mittelschicht. Befunde und Schlussfolgerungen aus einem Familieninterview
Schlagworte:
Ungleichheit, Mittelschicht, Generation, Familie, Reproduktion von Ungleichheit, Familieninterview, WertetransmissionAbstract
Im Zuge der seit Jahren thematisierten ‚Krise der Mittelschicht‘ wurden Annahmen extremerer Abstiegsprozesse oder -ängste mittlerweile empirisch relativiert, und Umfragen zufolge ist zumindest in Deutschland ein Unsicherheitsempfinden tendenziell leicht rückläufig bei zugleich feststellbaren Strategien des (intergenerationalen) Statuserhalts. Es bleibt eine An- und Herausforderung für die empirische Forschung zu klären, inwieweit sich bei solchen Strategien neue (Coping-)Formen oder gar Neuorientierungen neben den der Mittelschicht lange als typisch zugeschriebenen auf Bildung und Leistung abzielenden Strategien verbreiten. Dabei ist stets die umfassendere, auch gesellschaftstheoretisch interessierende Frage zu stellen, wodurch sich ‚die Mittelschicht‘ als nicht allein sozialstatistische Kategorie auszeichnet.
Im Beitrag wird aus diesem Kontext heraus am Fallbeispiel eines Familieninterviews beschrieben, wie die Statusreproduktion in der Generationenfolge hier unter welchen Bedingungen stattfindet und welcher Zusammenhang zwischen Werte- und Statuskontinuität besteht. Konkret zeigt sich, dass die ‚Unirritiertheit’ dieser Familie auf spezifischen Bedingungen fußt. Der Beitrag schließt mit Folgerungen für eine soziologische Analyse der Mittelschicht, die sich nicht allein auf Ressourcen stützt, um Zuordnungen und Dynamiken sozialer Ungleichheit zu beschreiben.
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