Ein- und Ausschlüsse: Geschlechterfragen im Spiegel öffentlich-privater Raumverhältnisse bei/ mit Norbert Elias

Autor/innen

  • Renate Ruhne TU Darmstadt

Abstract

Obwohl Norbert Elias die „Besonderheit des Geschlechterverhältnisses“ (Hammer 1997: 66) durchaus betont, schenkt er dieser in seinen Analysen jedoch kaum Aufmerksamkeit, wie immer wieder kritisch angemerkt wird. Der Beitrag geht der Besonderheit des Geschlechterverhältnisses am Beispiel des Modells der ‚Etablierten-Außenseiter-Figuration’(Elias, Scotson 1993) näher nach. Als ein ‚empirisches Paradigma’ (Elias) zur Erforschung sozialer Ein- und Ausschlussprozesse wird das Modell auch in der Geschlechteranalyse durchaus gewinnbringend zur Anwendung gebracht, benannt werden hier aber auch deutliche bis teils kaum lösbar erscheinende Probleme. Der Beitrag macht in einem ersten Schritt auf eine grundlegende Lücke des Modells aufmerksam, die sich auf eine Nicht-Beachtung der Räumlichkeit sozialer Gegebenheiten bezieht. Das Modell um die soziale Kategorie des Raumes erweiternd, wird in einem nächsten Schritt die Trennung öffentlicher und privater Räume als ein wesentliches konstitutives Moment der Etablierten-Außenseiter-Figuration des (bürgerlichen) Zwei-Geschlechterverhältnisses herausgearbeitet, womit nicht zuletzt für eine (verstärkte) sozialkonstruktivistische Öffnung und Ausdifferenzierung des Geschlechts in bzw. im Umgang mit der Elias’schen Gesellschaftstheorie plädiert wird.

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Veröffentlicht

2017-09-24

Ausgabe

Rubrik

Ad-Hoc: Ein- und Ausschlüsse