Lebenslagen von Jugendstrafgefangenen in einer Langzeitperspektive
Schlagworte:
Soziale Kontrolle, Soziale Ungleichheit, Abweichendes Verhalten, Strafvollzug, LängsschnittanalyseAbstract
Unterhält man sich mit Praktikern aus dem Jugendstrafvollzug, so kommt man früher oder später zu dem Punkt, an dem es heißt: ›Früher war es einfacher. Die Jugendlichen waren nicht so schwierig im Umgang, sie hatten weniger Probleme und es war bei ihnen mehr, auf dem man aufbauen konnte!‹ Nun kann man solche Äußerungen als das übliche Jammern über vergangene Zeiten und die Schlechtigkeit der Jugend ab tun und auf die mehrere tausend Jahre alte Tradition dieser Form des Kulturpessimismus verweisen. Man kann sie aber auch ernst nehmen und zum Ausgangspunkt einer wissenschaftlichen Analyse machen: Unterscheiden sich die Jugendstrafgefangenen von heute von Jugendstrafgefangenen, die Anfang der 90er Jahre inhaftiert waren? Sind Jugendstrafgefangene heute beispielsweise häufiger alkohol- oder drogenabhängig, kommen sie aus einem schwierigeren familiären Umfeld oder haben sie problematischere Leistungsbiographien als dies vor 20 Jahren der Fall war? Diese Fragen sind u. a. Gegenstand eines empirischen Forschungsprojektes, das am Institut für Kriminologie der Universität Tübingen durchgeführt wurde. Das Arbeitsprogramm des Forschungsprojektes umfasst drei Teile: Erstens eine aktuelle Bestandsaufnahme der Lebenslagen von Jugendstrafgefangenen. Dabei werden neben den ›klassischen‹ sozio-ökonomischen Indikatoren auch Indikatoren der sozialen Einbindung und subjektiver Exklusionserfahrung, wie sie in den neueren Konzepten der sozialen Ungleichheitsforschung diskutiert werden, berücksichtigt. Zweitens einen Vergleich der sozialen Lage von Jugendstrafgefangenen mit repräsentativ ermittelten Jugendlichen, um so Kriterien der sozialen Selektion zu identifizieren. Drittens, den für diesen Beitrag zentralen Teil, einen Vergleich der aktuellen Jugendstrafgefangenenpopulation mit der Jugendstrafgefangenenpopulation Anfang der 90er Jahre.
Literaturhinweise
Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) 2011: Die Drogenaffinität Jugendlicher in der Bundesrepublik Deutschland 2011. Köln.
Garland D. 2004: Kriminalitätskontrolle und Spätmoderne in den USA und Großbritannien. Kriminologisches Journal, 36. Jg., Heft 1, 3–11.
Garland D. 2007: High Crime Societies and Cultures of Control. In H. Hess, L. Ostermeier, B. Paul: Kontrollkulturen. Kriminologisches Journal, 39. Jg., 9. Beiheft, 231–250.
Haußmann, M., Schmitz-Veltin, A. 2010: Die Stuttgarter Einwohner mit Migrationshintergrund im demografischen Wandel. http://www.staedtestatistik.de/fileadmin/vdst/Muenchen2010/Vortraege/M0512_DGD_Haussmann_Schmitz-Veltin_.pdf (letzter Aufruf 14.12.2013).
Sozialministerium Baden-Württemberg 2009: Familien in Baden-Württemberg. Alleinerziehende. Report 3/2009.
Statistisches Landesamt Baden-Württemberg 2012a: Schulabgänger aus öffentlichen und privaten allgemeinbildenden sowie beruflichen Schulen in Baden-Württemberg 2011 mit ausgewählten Vorjahren nach Abschlussart und Schulart. http://www.statistik.baden-wuerttemberg.de/BildungKultur/Landesdaten (letzter Aufruf 14.03.2013).
Statistisches Landesamt Baden-Württemberg 2012b: Erwerbstätigkeit – Daten zu Baden-Württemberg Sozialministerium Baden-Württemberg 2009. Familien in Baden-Württemberg. Alleinerziehende. Report 3/2009.
Stelly, W., Thomas, J., Vester, T., Schaffer, B. 2014: Lebenslagen von Jugendstraf¬gefangenen – ein Forschungsbericht. Monatsschrift für Kriminologie und Strafrechtsreform, 97. Jg., Heft 4, 267–279.
Wacquant L. 2000: Elend hinter Gittern. Konstanz.
Wirth W. 1996: Legalbewährung nach Jugendstrafvollzug. Probleme und Chancen von Aktenanalyse, Wirkungsanalyse und Bedingungsanalyse. In H.-J. Kerner, G. Dolde, H.-G. Mey (Hg.), Jugendstrafvollzug und Bewährung. Analysen zum Vollzugsverlauf und zur Rückfallentwicklung. Bonn.
Downloads
Veröffentlicht
Ausgabe
Rubrik
Lizenz
Beiträge im Verhandlungsband des 38. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie werden unter der Creative Commons Lizenz "Namensnennung-Nicht kommerziell 4.0 International (CC BY-NC 4.0)" veröffentlicht.
Dritte dürfen die Beiträge:
-
Teilen: in jedwedem Format oder Medium vervielfältigen und weiterverbreiten
-
Bearbeiten: remixen, verändern und darauf aufbauen
unter folgenden Bedinungen:
-
Namensnennung: Dritte müssen angemessene Urheber- und Rechteangaben machen, einen Link zur Lizenz beifügen und angeben, ob Änderungen vorgenommen wurden
-
Nicht kommerziell: Dritte dürfen das Material nicht für kommerzielle Zwecke nutzen