Hat der Mindestlohn in der Wahrnehmung der Befragten zu mehr Lohngerechtigkeit geführt?

Eine qualitative Untersuchung im Auftrag des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP)

Autor/innen

  • Ralf Himmelreicher Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin
  • Marleen von der Heiden AIC Berlin am CIEE Global Institute Berlin

Schlagworte:

Mindestlohn, Lohngerechtigkeit, Fokusgruppe, Non-Compliance, Beschäftigungshemmnisse, SOEP, Niedriglohn

Abstract

Nach objektiven Indikatoren hat sich in den letzten Jahren bei vielen Menschen in Deutschland eine Steigerung der Lebensqualität eingestellt. Doch wie sieht es bei der Betrachtung subjektiver Indikatoren aus? Hat die Einführung des Mindestlohns als absoluter Lohnuntergrenze zu mehr Lohngerechtigkeit geführt?

Zur Beantwortung dieser Frage wurden im Auftrag der SOEP-Gruppe des DIW Berlin im Sommer 2015 durch Infratest Sozialforschung Fokusgruppen-Interviews durchgeführt, an denen 31 Personen teilgenommen haben. Die Zielpopulation bestand aus nicht Erwerbstätigen und im Niedriglohnbereich Beschäftigten in Berlin, Leipzig und München.

Unter Berücksichtigung der Arbeitsmarktsituation der Teilnehmenden geht es vor allem darum herauszufinden, ob sie ihre eigene Entlohnung als gerecht einschätzen. In einem zweiten Schritt wird nach der Eignung des Mindestlohns als Instrument zur Herstellung von Lohngerechtigkeit gefragt. Schließlich geht es um die Erfahrungen der Befragten mit der Durchsetzung des Mindestlohns. Die Auswertung zeigt zunächst, dass Befragte ihre Arbeitsmarktsituation oftmals als perspektivlos einschätzen. Vor allem ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie jene, die Kinder oder Angehörige betreuen oder gesundheitliche Probleme haben, fühlen sich am Arbeitsmarkt ungerecht behandelt. Wegen diesen Beschäftigungshemmnissen können sie oft nur wenige Stunden arbeiten oder gehen derzeit keiner Erwerbstätigkeit nach. Als positiv empfunden wird, dass der Mindestlohn das Einkommen für Geringverdiener erhöht, Lohndumping und Ausbeutung verhindern und für mehr Wertschätzung am Arbeitsplatz stehen kann. Die Befragten äußern jedoch die Befürchtung, dass durch den Mindestlohn Arbeitsplätze verloren gehen. Zudem würden Arbeitgeber die Ausnahmeregelungen als ›Schlupflöcher‹ nutzen, um den Mindestlohn zu umgehen. Außerdem besteht die Wahrnehmung, dass der Mindestlohn durch Arbeitszeitverkürzung und mit ›Tricks‹ umgangen wird.

Autor/innen-Biografien

Ralf Himmelreicher, Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin

Ralf Himmelreicher, PD Dr. habil., Privatdozent am Institut für Soziologie der FU Berlin und Senior Researcher in der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin.

Arbeitsschwerpunkte: Soziale Indikatoren, Einkommen und Vermögen im Lebenslauf sowie Altersvorsorge und Alterseinkünfte in vergleichender Perspektive.

Postanschrift: Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, Nöldnerstraße 40-42, 10317 Berlin

 

Marleen von der Heiden, AIC Berlin am CIEE Global Institute Berlin

Marleen von der Heiden, M.A. Soziologie, Program Coordinator bei AIC Berlin am CIEE Global Institute Berlin

Arbeitsschwerpunkte während des Masterstudiums: Soziale Gerechtigkeit, Lohngerechtigkeit und Mindestlohn.

Brüsseler Str. 35, 13353 Berlin

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Veröffentlicht

2019-10-07

Zitationsvorschlag

[1]
Himmelreicher, R. und von der Heiden, M. 2019. Hat der Mindestlohn in der Wahrnehmung der Befragten zu mehr Lohngerechtigkeit geführt? Eine qualitative Untersuchung im Auftrag des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP). Komplexe Dynamiken globaler und lokaler Entwicklungen. Verhandlungen des 39. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie in Göttingen 2018. 39, (Okt. 2019).

Ausgabe

Rubrik

Ad-Hoc: Mindestlöhne und soziale Ungleichheiten in Deutschland und Europa