Männlichkeit und Prekarisierung. Anmerkungen zu einer krisenhaften Beziehung

Autor/innen

  • Susanne Völker Universität zu Köln Institut II Humanwissenschaftliche Fakultät
  • Stephan Trinkaus Institut für Medien- und Kulturwissenschaft Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf

Schlagworte:

Prekarität Männlichkeit Gerschlechterforschung Alltag Praktiken

Abstract

In dem Beitrag diskutieren wir aktuelle Prekarisierungsprozesse als Entsicherung bisheriger Regulierungen und als zunehmende Ungewissheit: Dies betrifft insbesondere auch Männlichkeitskonstrukte, wie sie für den Fordismus typisch waren, und damit die Destabilisierung einer Variante der 'Männlichen Herrschaft' (Bourdieu).
Die partialen, flüchtigen Öffnungen, die sich als Praktiken der Nichtmännlichkeit gerade auch in den unteren Zonen des sozialen Raums ereignen, finden dabei inmitten von verdichteten Kämpfen um legitime Ein- und Ausschlüsse, inmitten des Ringens um die Aufrechterhaltung von Besitzständen, sozialen Positionen und Ansprüchen statt. Dieses Interferieren unterschiedlicher Bewegungen von Öffnung und Markierung oder – in Anlehnung an Karen Barads diffraktive Methodologie – das 'durcheinander hindurch Lesen' von Unbestimmtheiten und Differenzbeziehungen, wirft die immer wieder neu zustellende Frage danach auf, welche Unterscheidungen Bedeutung gewinnen, welche prekär und unbestimmt werden und für wen. Diese Bewegungen entfalten wir in einer interdisziplinären medienkulturwissenschaftlichen und soziologischen Perspektive an Verhandlungen von Nicht/Männlichkeiten.

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Veröffentlicht

2015-12-23

Ausgabe

Rubrik

Ad-hoc: Prekarisierung als Krisendiagnostik