Finanzmarktinstitutionen und Vertrauensordnungen im Zeichen der Krise – Zur Notwendigkeit einer Kontrolle zweiter Ordnung
Schlagwörter:
Vertrauen, Vertrauensordnungen, Finanzmarktinstitutionen, Finanzkrise, Finanzmärkte, Finanzssystem, Kontrolle zweiter Ordnung, Europäische Bankenunion, Dodd-Frank-Act, reflexive Kontrolle, Stresstest, Risikomanagement, makroprudentielle RegulationsansätzAbstract
Sechs Jahre nach dem Kulminationspunkt der Finanzkrise im Herbst 2008 und aufwendigen Rettungsmaßnahmen der Nationalstaaten fokussiert sich die einst akute Bedrohung des globalen Finanzsystems mittlerweile auf das in Medien wie Wissenschaft gleichermaßen präsente Gespenst einer anhaltenden Erosion des Vertrauens in die institutionellen Grundlagen des Finanzsektors. Nicht nur ist in der öffentlichen Diskussion beständig von einer „crisis of confidence“ die Rede, auch die wissenschaftliche Perspektive konzediert, dass es sich bei der Finanzkrise um eine Vertrauenskrise handelt. Dabei wird zugleich auf die außerordentliche Relevanz verwiesen, die dem Vertrauen als Bindemittel der Finanzmärkte beigemessen wird. Waren die Rufe nach radikalen Einschnitten im unmittelbaren Eindruck der Krise noch ebenso laut wie die Verwerfungen im Finanzsektor tief, so erfolgte – auch wenn der Dodd-Frank-Act im Jahre 2010 sowie kürzlich auch die Europäische Bankenunion formal verabschiedet wurden – die Umsetzung institutioneller Gegenmaßnahmen über lange Zeit eher auf „inkrementelle“ denn auf „radikale“ Art und Weise. Zwar ist es zu früh, um Effekte bzw. mögliche Erfolge der eingeleiteten regulativen Restaurationsarbeiten einer abschließenden Bewertung zu unterziehen. Dennoch kann jetzt bereits eine wichtige theoretische Fragestellung eröffnet werden. Der Konferenzbeitrag erarbeitet zunächst eine Bestandsaufnahe der verfügbaren Konzepte für eine begriffliche Fassung des institutionellen Vertrauens, die auf das Finanzsystem bezogen werden. Anschließend werden wesentliche Merkmale der neuen makroprudentiellen Regulationsansätze vorgestellt. Es wird vorgeschlagen, das gerade neu geschaffene supranationale Supervisonsmandat mitsamt seinen „guardians of impersonal trust“ als Ausdruck einer Kontrolle zweiter Ordnung anzusehen, die im Sinne einer ‚vorausschauenden’ und reflexiven Kontrolle die begrenzten Kontrollansprüche ‚erster Ordnung‘ überwindet. Somit wird das komplexe Wechselspiel aus institutionellen Vertrauensverhältnissen und reflexiven Kontrollansätzen auf einer grundlegenden theoretischen Ebene eingeführt und diskutiert und damit an aktuelle finanzsoziologische Diskussionen der „Social Studies of Finance“ bzw. der „Soziologie der Finanzmärkte“ angeschlossen.
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