Paradigma oder Parasit? Der new materialism, die Soziologie und die posthumanistische Herausforderung
Keywords:
material turn, Praxistheorie, Ereignis, Marx, PoststrukturalismusAbstract
Der „material turn“ hat auch in der Soziologie Einzug gehalten. Materielle Dinge, so wird argumentiert, sind das Produkt von Praktiken und ermöglichen und stabilisieren zugleich soziale Vollzüge, indem sie zeitliche und räumliche Distanzen von Nahfeldinteraktionen überschreiten. Dinge sind als Produkte und Ko-produzenten der Gesellschaft Gegenstand der Soziologie. Stützen kann sich diese Sichtweise auf praxistheoretische und körpersoziologische, Akteur-Netzwerk theoretische, pragmatistische und historische materialistische Zugänge. In jüngerer Zeit haben Theorien im Umfeld des „neuen Materialismus“ ein radikalisiertes Verständnis von Dinglichkeit und Materialität vorgeschlagen. Zwar teilen die neuen Materialist/-innen mit den praxeologischen Ansätzen die Ablehnung von repräsentationalistischen und linguistizistischen Ansätzen, aber zugleich rücken sie Konfigurationen des Materiellen in den Fokus, die gerade nicht nur Produkt menschlicher Praxis sind. Stattdessen wird die Eigenständigkeit von Dingen, die selbstorganisierende Kraft der Materie, die Emergenz und Prozesshaftigkeit der Natur betont. Dadurch wird eher die Unverfügbarkeit als die Gemachtheit der materiellen Welt hervorgehoben. Der von Marx in den Materialismus eingeführte Grundbegriff der Praxis wird durch den des Ereignisses ersetzt.
Der Beitrag beleuchtet die Potentiale und Grenzen des neuen Materialismus für die Soziologie und veranschaulicht seine Argumentation durch Rekurs auf zwei historische Krisenerfahrungen (das Anthropozän und die Atombombe). Abschließend wird die These vertreten, dass der new materialism vor allem als Parasit einen produktiven Beitrag für die Soziologie liefern kann.
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