Zögern und Verzweifeln durch Risikoströme: die Erfassung zwischen einem Dorf und den Stromtrassen des Stromnetzausbaus der BRD

Authors

  • Joost van Loon Catholic University of Eichstätt-Ingolstadt image/svg+xml

Keywords:

Monadismus, Wissen, Zögern, Erfassung, Gewissheit

Abstract

Mit diesem Beitrag wird betont,  dass es sinnvoll sein könnte, die wissenssoziologische Betrachtungen der Krisen des Wissens, mit einem monadistischen Ansatz zu ergänzen. Die Monadologie geht nicht davon aus, dass es a priori Subjekte und Objekte gibt, die im Voraus schon voneinander getrennt werden können.  Weder Wahrnehmung noch Wissen lassen sich durch diese Trennung richtig verstehen.  Stattdessen fordert die Monadologie, dass wir Erfahrung als ein Ereignis einer Begegnung zwischen Monaden auffassen; d. h. diese Erfahrung ist eine Differenz und ermöglicht, dass wir von Subjekten und Objekten reden können.  Handeln und Entscheiden sind dann sekundäre Erfahrungen, die auch wieder ihre Subjekte und Objekte gestalten.

Eine monadistische Soziologie betrachtet Erfassungen und Auswirkungen von Entitäten im Sinne einer Gestaltung von Assemblagen.  Wissen soll dadurch nicht außerhalb dieser Assemblagen, sondern als Gegenstände empirischer Metaphysik (praktischer Gewissheit), betrachtet werden. Empirische Metaphysik stellt die Kategorien der epistemischen Verfassung (im Sinne von Logos) auf und verbindet sie mit Anerkennungskriterien, womit Gegenstände „wahr-genommen“ werden können.  Empirische Metaphysik gehört immer  zu einer Assemblage und je mehr Entitäten ihr Logos nachfolgen, desto größer die Legitimitätsansprüche ihrer Wahrnehmungen als „wahrhaftes Wissen“.

Die Fallstudie betrifft ein Dorf in Bayern, das vor kurzem benachrichtigt worden ist, dass es genau auf das Trajekt einer geplanten riesigen Stromtrasse liegt. Die geplante Stromtrasse bezeichnet für alle Einwohner dieses Dorfes eine drohende Katastrophe.  Mittels eines Konzepts der Risikoströme (Risk-Flows) möchte ich beschreiben, wie Krisen als Figurationen der Risiken gestaltet werden. Dabei geht es vor allem um eine Wechselwirkung zwischen den Modalitäten des Zögerns und der Verzweiflung die sich als Zerstörungen praktischer Gewissheiten manifestieren. Diese sind keine intrapsychologischen Zustände sondern bestimmte Erfassungen eines virtuellen Raumes zwischen Entscheidung und Handlung, die deswegen weder eine rein objektive Realität noch eine rein subjektive Erfahrung, sondern eine virtuelle Wirklichkeit sind. Die mittels Diskursanalysen, Beobachtungen und Interviews geforschte Fallstudie dient dazu, empirisch zu belegen, wie man soziologische Begriffe wie Krise, Wissen, Vertrauen, Legitimierung und Institution anwenden kann, ohne dass man vorher von außen bestimmen muss, was sie genau bedeuten.

Author Biography

  • Joost van Loon, Catholic University of Eichstätt-Ingolstadt
    Professor für Allgemeine Soziologie und Soziologische Theorie

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Published

2015-12-23

Issue

Section

Sektion Wissenssoziologie: Krisen des Wissens