Migrantische Lebenswelten im Kontext von Hartz IV: Interviews und mobile Methoden

Autor/innen

  • Benjamin Hans Freie Universität Berlin

Schlagworte:

Interview, mobile Methoden, Lebenswelt, Migration, SGB II, Arbeitslosigkeit, Triangulation

Abstract

Ein Zugang zu Lebenswelten einer bestimmten sozialen Gruppe, in diesem Falle Menschen mit Migrationshintergrund im Langzeitleistungsbezug, besteht in der Rekonstruktion von Erfahrungen und Perspektiven von Mitgliedern der untersuchten Zielgruppe. Qualitative Interviews ermöglichen die Rekonstruktion von Biografien, von Erfahrungen in bestimmten institutionellen Kontexten, Einstellungen gegenüber Themen wie Arbeit und Arbeitslosigkeit oder Perspektiven auf Selbst- und Fremdwahrnehmung. Gleichzeitig bleiben Interviews auf subjektive Sichtweisen und verbale Rekonstruktionen von Geschehnissen beschränkt. Die Fokussierung auf Sprachlichkeit exkludiert außersprachliche Phänomene, vor Allem alltägliche Praktiken, die in der außeralltäglichen Interviewsituation nur unzureichend thematisiert werden können. Zudem kann ein Interview selbst als Fremdzuschreibung der Gruppenzugehörigkeit wirken, da die Interviewpartner_innen nach spezifischen Kriterien ausgewählt werden. Durch die Fokussierung auf von den Forschenden gesetzte Themen werden nur bestimmte Bereiche der interessierenden Lebenswelten thematisiert, während andere, potenziell für die Erforschten zentralere Aspekte aus der Forschung herausfallen.

Ein möglicher Umgang mit diesen Limitationen ist der Einsatz von den Relevanzen der Studienteilnehmenden gegenüber offeneren Methoden in Kombination mit Interviews. Im Forschungsprojekt MILEA (Migration–Lebenswelt–Arbeitslosigkeit) des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung und der Freien Universität Berlin werden deshalb neben der Durchführung episodischer Interviews auch Sozialraumbegehungen mit Studienteilnehmenden durchgeführt. Dies ermöglicht, die Forschung in den Kontext der lokalen Lebenswelt zu setzen, alltägliche Praktiken zu beobachten und durch eine geringere Steuerung durch die Forschenden den Relevanzen der Studienteilnehmenden näher zu kommen. Da auch dieser methodische Ansatz in der lebensweltlichen Rekonstruktion begrenzt ist, etwa eine systematische Beschäftigung mit der Biografie oder die Thematisierung abstrakterer Themen, wie Arbeitsorientierung oder Bedeutung von Arbeitslosigkeit, nur eingeschränkt möglich sind, werden in diesem Beitrag die Potenziale der Verknüpfung beider Methoden anhand der Vorstellung eines Fallbeispiels diskutiert.

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Veröffentlicht

2017-09-07

Ausgabe

Rubrik

Ad-Hoc: Im Schatten der Gesellschaft – methodische Zugänge qualitativer Forschung zu Randgruppen