Herausforderungen im Forschungskontext mit jungen geflüchteten Kindern in Sammelunterkünften - Forschungsethische Spannungsfelder zwischen Anspruch und Wirklichkeit
Schlagworte:
Forschungsethik, geflüchtete KinderAbstract
Das partizipativ-ethnografisch ausgerichtete Forschungsprojekt „Alltagserleben von geflüchteten Kindern bis 6 Jahren in Gemeinschafts- und Notunterkünften“ fokussiert die Perspektiven junger geflüchteter Kinder, da es bisher an systematischen Datenerhebungen zu den Lebensbedingungen und –erfahrungen von jungen Kindern in Flüchtlingsunterkünften mangelt und die Altersgruppe der Kinder unter 6 Jahren neben vorliegenden Studien (World Vision 2016; Unicef 2014, Deutsches Jungendinstitut 2016) ein Forschungsdesiderart im deutschsprachigen Diskurs darstellt. Die Forschung stützt sich auf Ansätze aus der Kindheitssoziologie und sieht „agency“ von Kindern als relationale Handlungsfähigkeit (Eßer 2014) in konkreten sozialen Situationen unter gesellschaftlichen Machtverhältnissen an. Im Spannungsfeld von aktueller Asylgesetzgebung, der UN Kinderrechtskonvention und der generationalen Ordnung von Gesellschaft wird „agency“ von jungen geflüchteten Kindern analysiert. Mittels ethnografischer Vorgehensweise wird die Frage nach dem Leben von jungen Kindern in Sammelunterkünften mit vorrangig teilnehmender Beobachtung erhoben und mit Hilfe der Grounded Theory ausgewertet. In diesem Beitrag wird mit ethischen Fragestellungen nach der Verantwortung von Forschung mit besonders vulnerablen Gruppen vor dem Hintergrund gesellschaftlicher Machtverhältnisse „geschlossener Gesellschaften“ gefragt. Beispielsweise mit Fragen von Freiwilligkeit der Forschungsbeteiligung von Kindern und ihren Eltern vor dem Hintergrund der unsicheren Aufenthaltsperspektive, der Frage von Reifizierung, der Repräsentation von Kindern bzw. Geflüchteteten und reflektieren die Fragen nach der Subjekthaftigkeit der Erkenntnisse selbstkritisch.
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