Die Medialisierung der Interaktionsordnung und die Ordnung mediatisierter Interaktion. Über digitale Herausforderungen des Goffmenschen
Schlagworte:
Goffman, Goffmensch, Dramatologie, MediatisierungAbstract
Unter einer medialisierten Interaktionssituation verstehen wir eine medial ‚live‘ oder aufgezeichnet distribuierte Interaktionssituation (mit zwei Anwesenden) oder eine medial (um einen körperlich nicht-anwesenden Dritten) erweiterte Interaktionssituation. Medialisiert wurde und wird die von Goffman in die Diskussion gebrachte Interaktionsordnung also dadurch, dass sie medial ‚übertragen‘ wird, oder dadurch, dass in die von ihm thematisierte face-to-face-Situation durch die neuen mobilen Kommunikationsmittel auch Nicht-Anwesende teilzeitlich oder in Permanenz einbezogen werden. Auch eine medial erweiterte Interaktionssituation ist als solche beendet, wenn der zweite Anwesende ‚weggeht‘, denn dadurch wird die die face-to-face-Situation kennzeichnende Eindrucksfülle zwischen dem verbleibenden Ersten und dem körperlich nicht-anwesenden Dritten auf wechselseitiges kommunikatives Handeln reduziert. Eine medial erweiterte Interaktionssituation erfordert gegenüber der reinen face-to-face-Interaktionssituation eine in verschiedener Hinsicht modifizierte Ordnung.
Unter einer mediatisierten Interaktionssituation verstehen wir eine solche, die gegenüber der face-to-face-Interaktion unter Anwesenden entweder grundlegend transformiert ist, oder die überhaupt nur im Rahmen bestimmter kommunikationstechnologisch gegebener Möglichkeiten stattfinden kann. Kommunikationstechnologische Neuerungen ermöglichen permanente Interaktionen zwischen Nicht-Anwesenden. Diese Interaktionen erfordern und befördern Verhaltensregelungen zwischen den Beteiligten, die sich sowohl von den Regelungen der Interaktion zwischen Anwesenden als auch von den Regelungen des sozialen Verkehrs mit ‚langsameren‘ Kommunikationsmitteln unterscheiden. Eine mediatisierte Interaktionssituation ist als solche beendet, wenn der zweite Nicht-Anwesende ‚offline‘ geht. In einer mediatisierten Interaktionssituation muss, damit sie gelingt, die die face-to-face-Situation kennzeichnende Eindrucksfülle unabdingbar ersetzt werden durch eine Fülle von anderen (Arten von) ‚Informationen‘. Eine mediatisierte Interaktionssituation erfordert gegenüber der face-to-face-Interaktionssituation also eine in verschiedener Hinsicht transformierte Ordnung.
An geeigneten Beispielen werden wir zeigen, dass der notorisch mit sozialen Situationen konfrontierte Goffmensch sich dergestalt vor neue Herausforderungen gestellt sieht.
Literaturhinweise
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