Europäisierung jenseits der Eliten. Der Einfluss immobilen Transnationalismus auf Einstellungen gegenüber der Europäischen Integration
Schlagwörter:
domestic transnationalism, europäische Identität, Transnationalität, Bildung, EuropaforschungAbstract
Nicht nur die Europäische Union, auch zahlreiche sozialwissenschaftliche Studien zum Thema Europäische Integration begreifen grenzüberschreitenden Aktivitäten als Herzstück Europas. Grenzüberschreitung wird hierbei meist wörtlich genommen und setzt somit die zumindest punktuelle Mobilität von Personen voraus.
Vor dem Hintergrund der weit verbreiteten Kritik, die EU sei ein Eliteprojekt und begünstige in erster Linie die Gewinner europäischer Integration, setzt sich der Beitrag kritisch mit dem herkömmlichen Verständnis transnationalen Handelns auseinander und schlägt eine konzeptuelle Erweiterung vor: Das Konzept des domestic transnationalism beschreibt eine Form des Transnationalismus, der anders als die gängigen Evokationen auf Europa bezogener transnationaler Lebensweisen nicht auf das physische Überschreiten von Grenzen angewiesen ist. Beispiele hierfür sind Interneteinkäufe und -kommunikation, die Begegnung mit Angehörigen anderer EU-Staaten im eigenen Herkunftsland oder etwa der Konsum fremdsprachiger Medien. Transnationales Handeln prägt so virtuell und kognitiv (etwas durch das Überschreiten sprachlich-kultureller Grenzen) die Erfahrungsräume der Akteure, weshalb wir davon ausgehen, dass domestic transnationalism und die eventuell daraus resultierenden (pro)europäische Einstellungen und Identitäten auch unter Bedingungen geringer Mobilität möglich ist.
Der Beitrag diskutiert die Implikationen eines ›heimischen‹ Transnationalismus und stellt erste empirische Ergebnisse vor, die bestätigen, dass auch mittels im Herkunftsland gesammelter transnationaler Erfahrungen die Verbundenheit mir Europa gestärkt werden kann. Die Erweiterung eines Verständnisses transnationalen Handelns, so das Argument, bietet einerseits die Möglichkeit, Europa demokratischer zu denken und trägt andererseits zum Verständnis der Formierung postnationaler Territorialität bei. Postnational heißt dann eben auch, dass bisher fremde Erfahrungsräume gewissermaßen in die eigenen eingebunden werden und nationale Räume so eine virtuelle Ausdehnung aus dem Inneren heraus erfahren. Gerade in Zeiten, in denen selbstverständlich geglaubte Integrationsvoraussetzungen in Frage stehen, könnte diese Form transnationalen Handelns an Bedeutung gewinnen.
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