Zwischen Konsens und Konflikt. Wie Paare Elternzeiten aushandeln
Keywords:
Elternzeit, Elterngeld, Arbeitsteilung, Paar, Geschlecht, VäterAbstract
Kontinuität und Wandel in den Geschlechterverhältnissen lässt sich nicht zuletzt in Aushandlungen von Paaren zur Elternzeit beobachten, in denen individuelle Präferenzen, Ideale der Lebensführung, institutionalisierte Geschlechterannahmen, familienpolitische Angebote und ökonomische Rahmungen komplex verwoben werden und dabei von den Paaren in unterschiedlichster Manier abgerufen, relevant gemacht oder negiert werden können. Im Fokus des Beitrags steht die Frage, wie Paare Beruf/Karriere und Einkommen in Aushandlungen zur Elternzeitnahme durch geschlechterdifferenzierende Zuschreibungen von Betreuungsverantwortung (ir-)relevant setzen.
Basierend auf Paar- und Einzelinterviews mit un-/gleichgeschlechtlichen Elternpaaren werden zentrale Begründungsfiguren zur Selbst- und Fremdzuschreibung von Betreuungsverantwortung diskutiert. Der systematische Vergleich der Begründungsfiguren ermöglicht eine Differenzierung von konsensuellen und konfliktbehafteten Aushandlungen zur Elternzeit und zeigt zugleich die Relevanz von Familienarbeit als eigenständigen Aushandlungsbereich. Inwiefern dabei Elternzeit als zu vermeidend und/oder erstrebenswert gilt variiert zwischen den Begründungsfiguren. Daran anknüpfend lässt sich eine ambivalente Gleichzeitigkeit von Öffnungs- und Schließungstendenzen in den Zuschreibungen von Ernährer- und Betreuungsverantwortung in paarinternen Aushandlungen konstatieren.
Die empirischen Ergebnisse zeigen zudem eindrücklich die Eigenleistung der Paare, ihre beruflichen Perspektiven und finanziellen Situationen zu interpretieren und entsprechend ‚Passungen‘ mit Elternzeitarrangements herzustellen. Deutlich wird, dass sich die ausgehandelten Zuständigkeiten für Familienarbeit nicht (allein) über Erwerbsarbeit und Einkommen verstehen lassen. Indem bspw. in einigen Studien die Elternzeitnahme von Vätern über Erwerbstätigkeit, Bildungsniveau und ökonomische Ressourcen erklärt werden soll, werden Hierarchisierungen von Erwerbs- und Familiensphäre perpetuiert und ein ‚occupational bias‘ (re-)produziert. Statt das Vorhandensein von ‚Aushandlungs- und Machtvorteilen‘ (z.B. Karrierestatus oder ein nominal höheres Einkommen) zu betrachten, gilt es in empirischen Studien stärker das Relevantsetzen und Mobilisieren bzw. Nicht-Relevantsetzen und Nicht-Mobilisieren dieser als interaktiv-emergentes Phänomen zu berücksichtigen.
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