Nationale, europäische und globale Feinde der offenen Gesellschaft heute
Abstract
Poppers Begriff der offenen Gesellschaft hat eine idealtypische, normative und empirische Facette. Idealtypisch stellt er der modernen offenen Gesellschaft archaischen Stammesgesellschaften gegenüber; normativ werden Prinzipien einer offenen Gesellschaft heraus- gearbeitet und empirisch problematische Facetten heutiger demokratischer Gesellschaften angesprochen. Es gibt heute in der Tat Prozesse, welche die Idee der offenen Gesellschaft in Frage stellen und zwar im politischen, im wirtschaftlichen und gesellschaftlich-kulturellen Bereich. Zuallererst sind es die Interessen von Großmächten der USA, Russlands und Chinas), welche an einer Begrenzung des freien Flusses von Informationen innerhalb und außerhalb ihrer Grenzen interessiert sind; weiters undemokratische Theokratien, terroristische Bewegungen und Organisationen. Sodann gibt es solche Bestrebungen durch multinationale Konzerne und deren internationale Handels- und Geschäftsinteressen, insbesondere durch die Konzerne der elektronischen Datenversammlung. Schon immer geheim agierten internationale Kriminalität, organisiertes Verbrechen, Drogen-und Menschenhandel. Im kulturellen Bereich sind zu nennen globale Medienkonzerne unter dem Einfluss der wirtschaftlichen Interessen ihrer Inhaber; aber auch journalistische Eigeninteressen an publicity-trächtigen News. Der Druck zu political correctness führt dazu, dass problematische Meldungen unterdrückt werden. Selbst die Universitäten, nach Popper ein klassischer Ort der freien und kritischen Diskussion, verlieren diesen Charakter zusehends durch das Vordringen eines ›akademischen Kapitalismus‹ (Münch 2011). Ist die offene Gesellschaft heute weltweit bedroht? Angesichts der skizzierten Tendenzen scheint sich dies nahe zu legen. Es gibt aber auch starke Gegentendenzen. Seit dem Fall der kommunistischen Regimes in Osteuropa gab es demokratische Revolutionen auch in Lateinamerika, in der arabischen Welt, in Afrika südlich der Sahara. Die Einrichtung internationaler Gerichte für Menschenrechte belegt, dass diese heute nicht mehr nur auf dem Papier stehen. Die informationstechnologische Revolution hat einen ungeheuren Zuwachs an Möglichkeiten der Informationsbeschaffung und zu Gegenaktionen auch für oppositionelle Gruppen, soziale Bewegungen und einzelne Bürger mit sich gebracht; die Zunahme der Bildung führt zu kritischeren Haltungen.
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