Hotspots und die neue europäische Grenzarchitektur: Zur Ethnographie einer Erfassungsform
Keywords:
Europäische Integration und das europäische Asylsystem, Ethnographische GrenzregimeforschungAbstract
Das europäische Asyl- und Grenzregime steckt in einer tiefen systemischen Krise. Diese ist nicht nur im europapolitischen Sinne zu verstehen, sondern auch steuerungspolitisch: Die Instrumente der Migrationskontrolle und -regulation im Mittelmeer und im europäischen Binnenraum scheinen tatsächlich beinahe zum Erliegen gekommen sein. Die im Mai 2015 von der Kommission verabschiedete Europäische Migrationsagenda versucht umfassend auf die flüchtlingspolitische Krise zu antworten und ist eine Zusammenstellung von Maßnahmen, die zu einer kohärenteren europäischen Migrationspolitik beitragen sollen. Ausgehend von einer kritischen Evaluation der ›Europäischen Migrationsagenda‹ und der damit verbundenen Migrations- und Grenzforschung fokussiere ich in meiner Feldforschung zur griechischen Hotspots die Lokalisierung des neuen Dublin- Systems, da seine Effekte sich unmittelbar in aktuellen Grenzkonflikten und Grenzzonen niederschlagen. Grenznahe Hotspots folgen einem Konzept, demgemäß die Agenturen FRONTEX, EASO, EUROPOL und EUROJUST vor Ort an Brennpunkten der Außengrenze untereinander und als ›Migrationsmanagement-Unterstützerteams‹ mit lokalen und nationalen Behörden kollaborieren sollen in Italien und Griechenland. Während die externalisierte Grenzsicherung sowie die Kooperation mit Drittstaaten zu einer Entschleunigung und Verschlankung der Ströme der grenzüberschreitenden Mobilität führen sollen, folgt die Strategie der Hotspots der genau entgegengesetzten Bewegung: Die Konzentration unterschiedlicher Kräfte auf einen Punkt soll zu einer Beschleunigung der Verfahren bzw. zu einer schnelleren Sortierung der Ankommenden führen; damit soll erreicht werden, dass die Brennpunkte zu Drehscheiben werden, wo Asylanträge geprüft, Flüchtlinge auf andere EU-Länder verteilt, und Menschen ohne Asylgrund bzw. Flüchtende und MigrantInnen mit wenig bis keiner so genannten Bleibeperspektive zügig, konsequent und nahe an der territorialen Grenze abgewiesen und rückgeführt oder abgeschoben werden können. In meinem Vortrag werde ich mittels der Methode der ›ethnographischen Grenzregimeanalyse‹ die ersten Ergebnisse aus meiner Feldforschung zur Implementierung des Hotspots-Ansatzes auf Lesbos und Chios präsentieren.Downloads
Published
2017-09-22
Issue
Section
Sektion Migration und ethnische Minderheiten: Asyl, Flucht und Migration im Einflussbereich der EU
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