Geschlossene Umwelten? – Der »Krieg« gegen »invasive Arten« aus systemtheoretischer Perspektive
Schlagwörter:
Konstruktivismus/Realismus, Materialität, Systemtheorie, ökologische GlobalisierungAbstract
Im Anschluss an Luhmanns Ökologische Kommunikation wird die Systemtheorie in der Umweltsoziologie mehrheitlich als radikaler Konstruktivismus interpretiert, der nur Kommunikation über die Umwelt untersuchen könne, nicht aber die Wechselwirkung mit dieser. Dieses auf die „operative Geschlossenheit“ der Gesellschaft fixierte Theorieverständnis wird in dem Beitrag durch eine alternative Lesart herausgefordert, die komplementär auch die kognitive und materielle Umweltoffenheit sozialer Systeme betont. So verstanden könnte die Systemtheorie helfen, die umweltsoziologischen Polarisierung von Realismus und Konstruktivismus zu überwinden, wie an der ökologischen Kontroverse um »invasive Arten« demonstriert werden soll.
Umweltschützer haben hierzulande Wollhandkrabbe, Herkulesstaude, Kirschessigfliege und anderen »Eindringlingen« in die »heimische« Umwelt den Krieg erklärt. Doch handelt es sich dabei tatsächlich um ein reales Risiko ökologischer Globalisierung oder nur um eine xenophobe, sozial konstruierte Auffassung geschlossener Umwelten, wie einschlägige Kritiker meinen? Systemtheoretisch werden ökologische Probleme weder auf biologische Fakten noch auf deren soziale Konstruktion reduziert, sondern über gesellschaftliche Erwartungen erschlossen, die sich auf die materielle Umwelt beziehen. Die invasionsartige Ausbreitung ahumaner Migranten kann Umwelterwartungen empfindlich stören, etwa indem sie ein naturschutzfachliches Flächenmanagement oder eine kleinbürgerliche Gartenidylle durchkreuzt. Soziale Systeme wie Landwirtschaft oder Naturschutz hängen maßgeblich davon ab, durch sinnhafte Operationen physische Differenzen zwischen erwünschten und unerwünschten Organismen zu erzeugen, sollten aber auch die ökologischen und sozialen Folgeprobleme derartiger Schließungen von Umwelten reflektieren.
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