Die 1000 besten Songs aller Zeiten
Musikbestenlisten als Ausdruck und kulturelle Medien gesellschaftlichen Wandels
Schlagworte:
Soziologie der Bewertung, Kultursoziologie, Bestenlisten, Charts, MusikAbstract
Bestenlisten sind eine allgegenwärtige Darstellungsweise von Wertigkeit, die uns in vielen Zusammenhängen begegnet: als Liste kanonischer Werke, Universitätsrankings oder musikalische Charts. In unserem Beitrag gehen wir anhand von Beispielen aus dem Bereich der kommerziellen Musik der Frage nach den Wechselverhältnissen von Bestenlisten und gesellschaftlicher Transformation nach. Unsere Überlegungen nehmen die unterschiedlichen Formen von MusikbestenIisten zum Ausgangspunkt, um ihren potenziellen Nutzen für soziologische Empirie und Theorie zu erkunden. Dafür werden wir zunächst exemplarisch Studien vorstellen, in der Musikbestenlisten als Ausdruck von gesellschaftlichen Veränderungen interpretiert werden. In einem zweiten Schritt drehen wir die Perspektive um und fragen danach, inwiefern Musikbestenlisten selbst Einfluss auf gesellschaftliche Prozesse nehmen, oder anders formuliert: als kulturelle Medien gesellschaftlichen Wandels fungieren. Ein Baustein für eine mögliche Antwort liefert der Production-of-Culture-Ansatz, mit dem Charts hinsichtlich ihrer performativen Effekte diskutiert werden können; aber auch musiksoziologische Analysen der Kanonisierung populärer Musik geben darüber Aufschluss. Daran anschließend möchten wir in einem weiteren Schritt die in den letzten Jahren etablierte „Soziologie der Bewertung“ befragen, inwiefern diese einen Betrag zur Analyse von Musikbestenlisten leisten kann. Daraus resultiert schließlich eine vorläufige Forschungsagenda, mit der wir den Beitrag beschließen.
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