Mindestlohn und Arbeitsintensität

Ein Literaturüberblick

Autor/innen

  • Ralf Himmelreicher Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin
  • Jennifer Schlachter Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin

Schlagworte:

Mindestlohn, Arbeitsintensität, Arbeitsbelastung, Arbeitsverdichtung

Abstract

Die Einführung des gesetzlichen Mindestlohns in Deutschland führte zu Kostensteigerungen, vor allem bei den Lohnkosten. Durch Mindestlöhne verursachte gestiegene Lohnkosten durch höhere Anforderungen an die Beschäftigten zu kompensieren erscheint plausibel. So wurde auf Grundlage von Interviews auf der Managementebene festgestellt, dass durch gezielte Strategien die Produktivität der Beschäftigten erhöht werden soll. Zudem ist laut einer repräsentativen Betriebsbefragung in Deutschland ‚Arbeitsverdichtung‘ die am häufigsten genannte Anpassungsstrategie an den Mindestlohn. Über eine zunehmende Arbeitsintensität berichten zudem Personalvertretungen. Auch Beschäftigte im Mindest- und Niedriglohnbereich geben in Befragungen an, dass sie intensiver arbeiten würden. Dies betrifft allerdings, darauf verweisen einige Studien, nur eine Minderheit der Beschäftigten im unteren Segment der Bruttostundenlöhne.

Ziel dieses Beitrags ist es, einen theoretisch eingebetteten Literaturüberblick über verschiedene Forschungsansätze und Befunde zum Thema Mindestlohn und Arbeitsintensität zu geben. Hierzu ordnen wir publizierte Zusammenhänge zwischen Mindestlohn und Arbeitsintensität nach methodischen und regionalen Kriterien, sowie danach, ob betriebliche Akteure oder Beschäftigte berichten.  

Im Ergebnis wurden nur von wenigen befragten Betrieben und Beschäftigten mindestlohninduzierte Veränderungen der Arbeitsorganisation, wie Arbeitsverdichtung oder effizientere Arbeitsorganisation, genannt. Dies ist auf eine grundsätzlich möglichst effiziente Arbeitsorganisation zurückzuführen. Als eine Reaktion auf gestiegene Lohnkosten wurde auch eine Zunahme des nicht vergüteten Mehraufwands berichtet. Zu bedenken ist, dass Möglichkeiten zur Arbeitsintensivierung nicht an jedem Arbeitsplatz gegeben sind, etwa wegen der technisch organisatorischen Arbeitsbedingungen oder ausbleibenden Kundenströmen. Möglich sind auch Erklärungen, die berücksichtigen, dass Beschäftigte mit Mindestlohn in den Betrieben zur untersten Lohngruppe zählen und nicht bereit sind, für die niedrigste Bezahlung im Betrieb eine höhere Arbeitsbelastung in Kauf zu nehmen.

Autor/innen-Biografie

Jennifer Schlachter, Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin

Jennifer Schlachter, B.A. Soziologie, Master-Studentin am Institut für Sozialwissenschaften an der Humboldt-Universität zu Berlin und Studentische Mitarbeiterin in der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin.

Forschungsschwerpunkte: Soziale und politische Ungleichheiten

Postanschrift: Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, Nöldnerstraße 40-42, 10317 Berlin

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Veröffentlicht

2021-09-07

Ausgabe

Rubrik

Ad-hoc: Soziale Ungleichheit auf dem Arbeitsmarkt: Entspannung durch den Mindestlohn?