Die neue rechte Bewegung und das „Volk“

Eine Leidensgemeinschaft zwischen den Ordnungen der Gewalt

Autor/innen

  • Johanna Fröhlich Universität Basel

Schlagworte:

Neue rechte Bewegung, Gewalt, Leidensgemeinschaft, Rechtsextremismus, Sozialtheorie, Plessner, Lindemann

Abstract

Der neuen rechten Bewegung gelingt es, verschiedene Ordnungen miteinander zu verbinden und damit gerade offen zu lassen, welche der Ordnungen gegenüber anderen den Vorzug hat. Das Verbindungsglied ist, so meine These, das kollektive Erleben Opfer illegitimer Zugriffe, wenn nicht gar Gewalt zu sein. Damit knüpft die neue rechte Bewegung an den modernen Menschenrechtsindividualismus an und überführt diesen in eine Ordnung des verletzten Kollektivs. Das Volk der neuen rechten Bewegung ist nicht nur eine Identifikationsfigur in Abgrenzung zu anderen Völkern, sondern es ist eine Leidensgemeinschaft, die illegitime Gewalt erfährt. Daraus folgt die Möglichkeit eigene Gewalt als Gegengewalt bzw. Notwehr zu framen. Der Figur des Volkes als Leidensgemeinschaft entspricht dabei das vermittelt unmittelbare Erleben von gesellschaftlichen Ausschluss als neu-rechte. Damit wird das Erleben, auch als Teil des Volkes ausgeschlossen zu sein, unmittelbar plausibel und eigene potenzielle Gewalt subjektiv legitim.

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Veröffentlicht

29.09.2023

Ausgabe

Rubrik

Sektion Politische Soziologie: Mythos im neuen Gewand? Völkische und antisemitische Elemente in Esoterik und Verschwörungsnarrativen