Humanisierung der sozialen Welt

Ferdinand Tönnies als Soziologe und Ethiker

Autor/innen

  • Alexander Wierzock KWI Essen

Schlagworte:

Soziologiegeschichte, Ferdinand Tönnies, Ideengeschichte, Ethische Bewegung, Wissenschaftsgeschichte

Abstract

Kontaktzonen zwischen Soziologie und Humanismus sind für den soziologischen Klassiker Ferdinand Tönnies (1855–1936) charakteristisch. Tönnies verkörperte diese Verbindungsachse geradezu: Von anderen als „bürgerlicher Moralapostel“ oder „socialistisch-ideologischer Weltverbesserer“ tituliert, strebte er nach einer menschlicheren Gesellschaft jenseits kapitalistischer Ordnungen. Tönnies blickte als Ethiker und Soziologe in die gleiche Zukunft. Die Konjunktion „und“ bezweckt hier keine bloße Aufzählung. Das Bindewort verweist im Falle von Tönnies, der die Soziologie in letzter Instanz als Transformations- und Interventionswissenschaft begriff, vielmehr auf einen zentralen Ideenkomplex seiner Person und seines Werkes. Sein Streben nach einer Humanisierung des sozialen Lebens machte Tönnies zu einem Vertreter eines praktischen Humanismus. Symbolisch dafür steht sein Engagement in der im Jahr 1892 von ihm mitbegründeten Deutschen Gesellschaft für Ethische Kultur.

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Veröffentlicht

29.09.2023

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Rubrik

AG Sozial- und Ideengeschichte der Soziologie: Ferdinand Tönnies gestern und heute – was Tönnies uns in Zeiten polarisierter Gesellschaften noch zu sagen hat