Zur Eingangsselektivität in den lehramtsbezogenen Studiengängen

Worin unterscheiden sich Lehramtsstudierende untereinander?

Autor/innen

  • Sibylle Schneider Universität Augsburg

Schlagworte:

Tertiärer Bildungsbereich, Übergang, Lehramtsstudium, soziale Selektion, Negativselektion, Soziale Anerkennung

Abstract

Die Eingangsselektivität in den lehramtsbezogenen Studiengängen ist seit geraumer Zeit wieder in das Blickfeld der empirischen Bildungsforschung gerückt. Zwar handelt es sich dabei um kein vollkommen neues Forschungsthema, wurde doch schon in frühen bildungssoziologischen Studien die These des „Lehrerberufs als sozialer Aufstiegsberuf“ diskutiert und untersucht. Im Hinblick auf die wichtigen gesellschaftlichen Funktionen von Lehrkräften und Entwicklungen im Hochschulbereich vergangener Dekaden mangelt es aber gegenwärtig an aktuellen Studien zu der Frage, wer sich für ein Lehramtsstudium entscheidet, insbesondere auch zur sozialen Herkunft der Lehramtsstudierenden. Im folgenden Beitrag werden Befunde aus quantitativen Analysen der Daten aus einer Befragung von Lehramtsstudierenden an zwei Universitäten in Bayern zu ihrem sozialen und kulturellen Hintergrund, ihren personalen und lernrelevanten Eingangsmerkmalen und Merkmalen ihrer Studienwahlentscheidung vorgestellt. Die These der „Negativselektion im Lehrerberuf“ wird derjenigen der „Binnenselektion in den lehramtsbezogenen Studiengängen“ gegenübergestellt. Die ermittelten Unterschiede zwischen Studierenden aus verschiedenen schulformspezifischen Studiengängen können die in der Literatur berichteten Ergebnisse zu beiden Thesen und zur sozialen Selektion im Wesentlichen replizieren und ergänzen. Neu sind hingegen die Befunde zu kulturellen Kapitalien und den Parametern des sekundären Herkunftseffekts im Rahmen der Bildungsentscheidung und des Übergangs in den tertiären Bildungsbereich.

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Veröffentlicht

29.09.2023

Ausgabe

Rubrik

Sektion Bildung und Erziehung: Aktuelle bildungssoziologische Forschungsprojekte