Das Versprechen der Soziologie

Eine explorative Studie zum Soziologieverständnis von Studierenden

Autor/innen

  • Roman Kiefer
  • Christoph Panzer
  • Hannes Weinbrenner

Schlagworte:

Kritik, Public Sociology, Studienmotivation, Studium, Disziplinverständnis, Studierende, Analyse

Abstract

In den Debatten um das Verhältnis von Soziologie und Kritik sowie um Public Sociology wird die Disziplin stets auf die eine oder andere Weise mit gesellschaftskritischer Theorie und Praxis verknüpft. Ausgehend von der Überlegung, dass dieses besondere Verhältnis zur Kritik ein Versprechen auf kritisch-emanzipatorische Inhalte und Praxis als Kernelement der Soziologie darstellt, wird hier in einer explorativen Studie nach der Relevanz dieses Versprechens für die Studienmotivation sowie das Rollen- und Disziplinverständnis von Studierenden der Soziologie in Deutschland gefragt, deren Perspektive in den genannten Debatten bislang unterrepräsentiert ist. Mit Hilfe eines Onlinefragebogens wurden hierfür 1068 Studierende der Soziologie und Sozialwissenschaften befragt. Es zeigt sich, dass die Zustimmung zu einem kritisch-emanzipatorischen Verständnis der Disziplin und der eigenen Rolle als Soziolog*in durchgehend hoch ist, diese Zustimmung jedoch nicht in unmittelbaren Zusammenhang mit zentralen Sozialstrukturvariablen gebracht werden kann. Studienstandort und Position im Studienverlauf hingegen erweisen sich als deutliche Einflussgrößen. Die Ergebnisse zeigen die Bedeutung und das strukturierende Potential der hier verhandelten Fragestellung für eine Analyse des soziologischen Felds in Deutschland und den Bedarf an weiterer selbstreflexiver Forschung.

In the debates about public sociology and about the relationship between sociology and criticism, the discipline is always linked in one way or another with social critique. Based on the premise that this special relationship to criticism is a promise for critical-emancipatory theory and praxis to be a core element of sociology, we conducted an exploratory study on the relevance of this promise for the study motivation as well as the individual role and the general understanding of the discipline of sociology students in Germany, whose perspective is so far underrepresented in the debates mentioned. An online questionnaire asked 1068 students of sociology and social sciences. It is shown that the consent to a criticalemancipatory understanding of the discipline and of the student’s own role as a sociologist is thoroughly endorsed, but this consent cannot be brought into direct connection with central social structure variables. However, the place of study and the position in the course of studies prove to be significant factors. The results illustrate the importance and the structuring potential of the question discussed here for an analysis of the sociological field in Germany and show the need for further self-reflective research.

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Veröffentlicht

2018-04-01