Der blinde Fleck der Soziologie

Das Leben wird besser, doch niemand spricht darüber

Autor/innen

  • Martin Schröder

Schlagwörter:

blinder Fleck, Zeitdiagnose

Abstract

Dieser Beitrag zeigt, wie soziologische Zeitdiagnosen einen Pessimismus an den Tag legen, der durch empirische Daten nicht gedeckt ist. Historische Veränderungen von Gewalt, Armut, Umweltverschmutzung und Sozialkapital widersprechen den pessimistischen Diagnosen von Marx, Adorno, Bauman, Beck und Rosa, sowie kontemporären Diagnosen einer Abstiegsgesellschaft oder gar eines Untergangs des Kapitalismus. Des Weiteren wird erklärt, wie ein pessimistischer Überbietungswettbewerb, konzeptinduzierter Prävalenzwandel und der Drang, die Gesellschaft zu verbessern, in Verbindung mit radikalkonstruktivistischen Sichtweisen zu einem übermäßig negativen Gesellschaftsbild der Soziologie geführt haben. Der Text schließt mit vier Vorschlägen, wie die Soziologie ein Gesellschaftsbild entwickeln kann, das besser an die Realität angepasst ist.

This article shows how sociological diagnoses of society are beset by a pessimism that is incompatible with empirical data. Historical changes in violence, poverty, pollution and social capital contradict widespread pessimistic diagnoses such as of Marx, Adorno, Bauman, Beck, and Rosa, as well as contemporary views of widespread downward mobility or even an end of capitalism. The paper explains how such unwarranted pessimism can be explained by sociologists competing for the most negative views on society, fueled by a prevalence-induced concept change, as well as an urge to improve society and radical constructivist perspectives, which led sociology towards a view of society that is more negative than society itself. The article concludes with four suggestions on how sociology can develop a more realistic view of society.

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Veröffentlicht

2019-01-01