„Politische Demokratie“ oder „Nivellierte Mittelstandsgesellschaft“? Wolfgang Abendroth und Helmut Schelsky. Zwei politische Soziologien der Bundesrepublik

Autor/innen

  • Oliver Römer Universität Göttingen

Schlagworte:

Marxismus, Grundgesetz, bürgerlicher Rechtsstaat, Marburger-Schule, Schelsky-Schule

Abstract

FALSCHE VERANSTALTUNG

Die Behauptung, eine der zentralen historischen Leistungen der frühen westdeutschen Soziologie sei ihr intellektueller Beitrag zu einer "flexiblen Systemstabilisierung" (Joachim Fischer) der bundesrepublikanischen Nachkriegsgesellschaft, steht auf wackeligen Füßen. Streng genommen lässt sich diese Lesart der bundesrepublikanischen Soziologiegeschichte in dieser Eindeutigkeit nur an der Soziologie Helmut Schelskys festmachen. Zwar wurden Schelskys Arbeiten bereits in der zeitgenössischen fachsoziologischen Diskussion in der Bundesrepublik kritisch rezipiert. Eine pointierte Gegenposition findet sich jedoch insbesondere in den bisher wenig beachteten politisch-soziologischen Arbeiten der Marburger Politikwissenschaftlers und Juristen Wolfgang Abendroth, die auf die Begriffe "antagonistische Gesellschaft" und "politische Demokratie" zugespitzt werden können.

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Veröffentlicht

2017-09-22

Ausgabe

Rubrik

Ad-Hoc: Auf dem Weg in welche offene Gesellschaft?