Das Potenzial des Weltbegriffs für die Umweltsoziologie
Keywords:
Umweltsoziologie, Umwelt, Welt, Plessner, Philosophische Anthropologie, ÖkologieAbstract
Für die Umweltsoziologie gibt es nichts Selbstverständlicheres als das, was mit dem Begriff Umwelt angesprochen ist. Mit Umwelt ist derjenige ‚Raum’ in der Natur gemeint, zu dem der Mensch in einem instrumentellen Verhältnis steht (Anthroposphäre). Die Bestimmung dieses Verhältnisses folgt dabei stets einer ökologischen Logik. Diese Feststellung wirft einige wissenschaftssystematische Fragen auf. Denn durch den Anschluss an die Ökologie gehen stets biologistische Annahmen als erklärende Axiome in die Umweltsoziologie ein. Dadurch wird fraglich, inwiefern diese die Bestimmung des Subjekt-Umwelt-Verhältnisses systematisch fundieren und ob damit die menschliche Bezugsform zum Umfeld tatsächlich erfasst werden kann. Auf der Subjektebene lassen sich so reduktive Anthropologismen sichtbar machen, die als erklärende Annahmen das Subjekt-Umwelt-Verhältnis speisen. Die Lebensvollzüge des Menschen sind darin bloß eindimensional konzipiert und der menschliche Umfeldbezug somit nicht erfasst. Da aber in der Umweltsoziologie gerade die Analyse auf der Subjektebene (z.B. bezüglich der Kluft zwischen Umweltbewusstsein und Umwelthandeln) stets von anthropologischen Annahmen geleitet ist – dies ist im Umweltbegriff als ein Verhältnisbegriff angelegt –, kommt sie nicht umhin zu fragen, inwiefern dieses systematische Problem mit ihrem Anschluss an die Ökologie zusammenhängt. Einen Ausweg bietet der Weltbegriff der Philosophischen Anthropologie Plessners. Seine Einsicht in die menschliche Weltoffenheit ist phänomenologisch-lebenstheoretisch intendiert. Der menschliche Umfeldbezug ist demnach ein weltoffener, der sich vom Erleben her als dreidimensionale Vermittlung zwischen Mensch und Welt realisiert. Insofern lebt der Mensch als Mensch in Welt- und nicht in Umweltverhältnissen. Um Erklärungen für die Kluft zwischen Umweltbewusstsein und -handeln zu finden, die jenseits der ökologiebasierten Systematik liegen, bietet sich Plessners Ansatz für die Umweltsoziologie an. Denn mit ihm kann aus einer Leibperspektive heraus gefragt werden, warum ein Erleben jener Kluft in aktuellen Selbst-Welt-Beziehungen besteht und inwiefern dieses in den zeitgenössischen Weltverhältnissen gründet.
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