Kirchliche Inklusionsmechanismen am Beispiel katholischer Liturgie

Authors

  • Patrick Heiser FernUniversität in Hagen Fakultät für Kultur- und Sozialwissenschaften

Keywords:

Katholische Kirche, Wort-Gottes-Feiern, Mehr-Ebenen-Systeme, Inklusionsmechanismen

Abstract

Der Wandel religiöser – und folglich auch: kirchlicher – Sozialformen geht einher mit der Transformation ihrer Inklusionsmechanismen. Diesen Befund illustriert der Beitrag anhand der nach wie vor mitglieder- und ressourcenstärksten religiösen Sozialform Deutschlands: der katholischen Kirche. In einem ersten Abschnitt wird der soziologische Forschungsstand zu kirchlichen Sozialformen rekonstruiert, welcher als durchaus defizitär charakterisiert werden muss. Im zweiten Abschnitt wird die Transformation der Inklusionsmechanismen kirchlicher Sozialformen anhand eines Beispiels aus dem Bereich katholischer Liturgie diskutiert: anhand einer empirischen Studie zu sogenannten Wort-Gottes-Feiern. Hier gilt es herauszuarbeiten, dass Kirchenmitglieder heute nicht mehr als reine Publikumsrollenträger konzeptioniert werden können – sondern in aktivistischer Manier in die Gestaltung und Durchführung kirchlicher Angebote inkludiert werden. Derartige Entwicklungen werden in soziologischen Zeitdiagnosen mit Blick auf verschiedenste Gesellschaftsbereiche unter dem Stichwort ‚Aktivierung des Publikums‘ diskutiert. Im dritten Abschnitt wird schließlich gezeigt, dass sich kirchliche Sozialformen – trotz des defizitären Forschungsstands – dann mittels genuin soziologischer Begrifflichkeiten erfassen lassen, wenn distinkte Ebenen von Kirchlichkeit anhand spezifischer Funktionslogiken und Handlungsorientierungen analytisch voneinander getrennt werden. Kirchliche Sozialformen sind dabei als Mehr-Ebenen-Systeme zu verstehen, die unterschiedliche Inklusionsmechanismen zu integrieren suchen.

References

II. Vatikanisches Konzil (Vaticanum) 1963: Sacrosanctum Concilium. Konstitution über die heilige Liturgie, http://www.vatican.va/archive/hist_councils/ii_vatican_council/documents/vat-ii_const_19631204_sacro-sanctum-concilium_ge.html (letzter Aufruf 7. September 2016).

Apostolischer Stuhl (AS) 2004: Instruktion Redemptionis Sacramentum. Über einige Dinge bezüglich der heiligsten Eucharistie, die einzuhalten und zu vermeiden sind. Bonn: Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz.

Deutsche Bischofskonferenz (DBK) 2003: Mitte und Höhepunkt des ganzen Lebens der christlichen Gemeinde. Impulse für eine lebendige Feier der Liturgie. Bonn: Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz.

Deutsche Bischofskonferenz (DBK) 2004: Orientierungshilfe zu Schwerpunkten der Instruktion „Redemptionis Sacramentum“. Bonn: Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz.

Deutsche Bischofskonferenz (DBK) 2007: Zum gemeinsamen Dienst berufen. Die Leitung gottesdienstlicher Feiern. Rahmenordnung für die Zusammenarbeit von Priestern, Diakonen und Laien im Bereich der Liturgie. 7. Aufl. Bonn: Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz.

Ebertz, M. N. 2014: Kirche als Organisation von Organisationen. Am katholischen Beispiel. In P. Heiser, C. Ludwig (Hg.): Sozialformen der Religionen im Wandel. Wiesbaden: Springer VS, 169–184.

Ebertz, M. N., Werner, B., Segler, L. A., Scherer, S. 2012: Was glauben die Hessen? Ergebnisse einer Untersuchung im Auftrag des Hessischen Rundfunks. Freiburg: Zentrum für kirchliche Sozialforschung.

Forschungskonsortium WJT 2007: Megaparty Glaubensfest. Weltjugendtag: Erlebnis – Medien – Organisation. Wiesbaden: VS.

Gabriel, K. 2010: Gemeinden im Spannungsfeld von Delokalisierung und Relokalisierung. Theoretische Überlegungen und empirische Bezüge. In Evangelische Theologie, 70. Jg., Heft 6, 427–438.

Gemeinsame Synode der Bistümer der Bundesrepublik Deutschland (Synode) 1976: Beschlüsse der Vollversammlung. Offizielle Gesamtausgabe. Freiburg: Herder.

Gerhards, J. 2001: Der Aufstand des Publikums. Eine systemtheoretische Interpretation des Kulturwandels in Deutschland zwischen 1960 und 1989. Zeitschrift für Soziologie, 30. Jg., Heft 3, 163–184.

Geser, H. 1999: Zwischen Anpassung, Selbstbehauptung und politischer Agitation. Zur aktuellen (und zukünftigen) Bedeutung religiöser Organisationen. In M. Krüggeler, K. Gabriel, W. Gebhardt (Hg.): Institution, Organisation, Bewegung: Sozialformen der Religion im Wandel. Opladen: Leske + Budrich, 39–69.

Heiser, P. 2014: Religiöse Inklusion in das Mehr-Ebenen-System Kirche am Beispiel katholischer Liturgie. In P. Heiser, C. Ludwig (Hg.): Sozialformen der Religionen im Wandel. Wiesbaden: Springer VS, 185–209.

Heiser, P. 2015: Kirchliche Sozialformen im Wandel. Transformationsprozesse im Mehr-Ebenen-System Kirche am Beispiel katholischer Liturgie. Münster: Lit.

Hero, M. 2010: Die neuen Formen des religiösen Lebens. Eine institutionentheoretische Analyse neuer Religiosität. Würzburg: Ergon.

Karle, I. 2011: Der Pfarrberuf als Profession. Eine Berufstheorie im Kontext der modernen Gesellschaft. 3. Aufl. Freiburg: Kreuz.

Knoblauch, H. 2009: Populäre Religion. Auf dem Weg in eine spirituelle Gesellschaft. Frankfurt am Main: Campus.
Lenz, K. 2009: Katholische Priester in der individualisierten Gesellschaft. Konstanz: UVK.

Luckmann, T. 1960: Neuere Schriften zur Religionssoziologie. Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie, 12. Jg., Heft 2, 315–326.

Luckmann, T. 1991: Die unsichtbare Religion. Frankfurt am Main: Suhrkamp.

Luhmann, N. 1972: Die Organisierbarkeit von Religionen und Kirchen. In J. Wössner (Hg.): Religion im Umbruch. Soziologische Beiträge zur Situation von Religion und Kirche in der gegenwärtigen Gesellschaft. Stuttgart: Enke, 245–285.

Mayring, P. 2003: Qualitative Inhaltsanalyse. Grundlagen und Techniken. 8. Aufl. Weinheim: Beltz.

Petzke, M., Tyrell, H. 2012: Religiöse Organisationen. In M. Apelt, V. Tacke (Hg.): Handbuch Organisationstypen. Wiesbaden: VS, 275–306.

Schlamelcher, J. 2013: Ökonomisierung der protestantischen Kirche? Sozialgestaltliche und religiöse Wandlungsprozesse im Zeitalter des Neoliberalismus. Würzburg: Ergon.

Schützeichel, R. 2004: Von der Buße zur Beratung. Über Risiken professionalisierter Seelsorge. In R. Schützeichel, T. Brüsemeister (Hg.): Die beratene Gesellschaft. Zur gesellschaftlichen Bedeutung von Beratung. Wiesbaden: VS, 111–140.

Stichweh, R. 1988: Inklusion in Funktionssysteme der modernen Gesellschaft. In R. Mayntz, B. Rosewitz, U. Schimank, R. Stichweh (Hg.): Differenzierung und Verselbständigung. Zur Entwicklung gesellschaftlicher Teilsysteme. Frankfurt am Main: Campus, 261–293.

Tönnies, F. 2005/1887: Gemeinschaft und Gesellschaft. Grundbegriffe der reinen Soziologie. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft.

Voß, G. G., Rieder, K. 2006: Der arbeitende Kunde. Wenn Konsumenten zu unbezahlten Mitarbeitern werden. Frankfurt am Main: Campus.

Downloads

Published

2017-04-07

Issue

Section

Sektion Religionssoziologie: Modi der In- und Exklusion bei religiösen Sozialformen