Die Evaluation von Migrationspolitiken mittels Lebensgeschichten von Migrant*innen
Das deutsch-französische Projekt MIGREVAL
Schlagworte:
biographical policy analysis, Migrationspolitik, Migration, Cultural Citizenship, Professionalisierung, HipHop, Jugendkultur, Tageselternschaft, Care-Arbeit, Generation, GenderAbstract
Das Projekt MIGREVAL, ein Kooperationsprojekt zwischen den Unis Strasbourg und Frankfurt am Main, baut derzeit eine digitale Datenbank auf, in der bereits über 70 Lebensgeschichten von Migrant*innen aus verschiedenen Ländern in beiden Kontexten gespeichert sind. Ziel ist eine biographische Policy-Evaluation von Migrationspolitiken in Frankreich und Deutschland anhand der Frage, wie sich welche politischen Entscheidungen und Maßnahmen auf Makro-Ebene auf die Biographien und Familiengeschichten ausgewirkt haben.
Lebens- und Familiengeschichten bieten sich dazu besonders an, da sie zum einen die Rekonstruktion sozialer Prozesse in ihrer Tiefendimension erlauben, zum anderen besonders lange Zeiträume abdecken und es erlauben, Langzeitfolgen in den Blick zu nehmen. Eine so umfassende Datenbank erlaubt darüber hinaus, „in die Breite zu gehen“ und sehr unterschiedliche Flucht- und Migrationsprozesse in ihrem historisch-gesellschaftlichen Hintergrund zu erfassen und zu kontrastieren.
Dabei kommt notwendigerweise den Kategorien „Generation“ und „Gender“ zentrale Bedeutung zu, etwa beim Fokus auf die Aushandlungsprozesse zwischen Generationen und die Handlungsstrategien von Subjekten im familiären Zusammenhang. Der Ansatz der Biographieforschung ermöglicht es, Generationenverhältnisse in ihren psychosozialen Dynamiken, in ihrem materiellen Austausch und ihrer „Generationenlagerung“, also in ihrer spezifischen zeitgeschichtlichen Lage zu untersuchen und zu begreifen, wie Individuen auf einschneidende gesellschaftliche Veränderungen, politische Veränderungen und Maßnahmen reagieren und diesen auch Widerstand entgegensetzen, inwiefern sie auf institutionelle Unterstützung zurückgreifen können, und wie dies gerade im intergenerationellen Verhältnis geschieht.
Wir möchten die biographische Bedeutung der Kategorien von „Generation“ und „Gender“ an verschiedenen Fällen aus unserer Datenbank exemplifizieren. Dabei möchten wir die besondere Rolle von Biographischer Policy Evaluation bei der Entstehung und Überwindung von biographischen Verlaufskurven thematisieren und erste Elemente eines an den Fallstudien gewonnenen theoretischen Modells skizzieren.
Literaturhinweise
Apitzsch, Ursula. 2009. Die Macht der Verantwortung. Aufstiegsprozesse und Geschlechterdifferenzen in Migrationsfamilien. In Geschlecht und Macht. Analysen zum Spannungsfeld von Arbeit, Bildung und Familie, Hrsg. Martina Löw, 81–95. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.
Apitzsch, Ursula. 2019. European migration and its consequences. Generational experiences and biographical differences among migrant workers and their children. Rassegna Italiana di Sociologia, Special Issue on Biography and Society 1:19–45.
Apitzsch, Ursula, Lena Inowlocki und Maria Kontos. 2008. The Method of Biographical Policy Evaluation. In Self-Employment Activites of Women and Minorities. Their Success or Failure in Relation to Social Citizenship Policies, Hrsg. Ursula Apitzsch und Maria Kontos, 12–18. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.
Apitzsch, Ursula, Daniel Bertaux, Catherine Delcroix und Lena Inowlocki. 2014. Socialization, Family and Gender in the Context of Migration. ZQF Zeitschrift für Qualitative Forschung 3–10.
Crul, Maurice, Jens Schneider und Frans Lelie. Hrsg. 2012. The European Second Generation Compared – Does the Integration Context Matter? Amsterdam: Amsterdam University Press.
Glaeser, Janina. 2018. Care-Politiken in Deutschland und Frankreich. Migrantinnen in der Kindertagespflege – moderne Reproduktivkräfte erwerbstätiger Mütter. Wiesbaden: Springer VS.
King, Vera. 2002. Die Entstehung des Neuen in der Adoleszenz. Opladen: Leske & Budrich.
Pape, Elise. 2014. Familien marokkanischer Herkunft. In Jenseits von Rif und Ruhr, Hrsg. Andreas Pott, Khatima Bouras-Ostmann, Rahim Hajji und Soraya Moket, 217–232. Wiesbaden: Springer VS.
Rosaldo, Renato. 1994. Cultural Citizenship and Educational Democracy. Cultural Anthropology 9:402–411.
Von Unger, Hella. 2018. Forschungsethik, digitale Archivierung und biographische Interviews. In Handbuch Biographieforschung, Hrsg. Helma Lutz, Martina Schiebel und Elisabeth Tuider, 681–693. Wiesbaden: Springer VS.
Weber, Florian Daniel. 2013. Soziale Stadt, Politique de la Ville, Politische Logiken. (Re-)Produktion kultureller Differenzierungen in quartiersbezogenen Stadtpolitiken in Deutschland und Frankreich. Wiesbaden: Springer.
Downloads
Veröffentlicht
Zitationsvorschlag
Ausgabe
Rubrik
Lizenz
Beiträge im Verhandlungsband des 39. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie werden unter der Creative Commons Lizenz "Namensnennung-Nicht kommerziell 4.0 International (CC BY-NC 4.0)" veröffentlicht.
Dritte dürfen die Beiträge:
-
Teilen: in jedwedem Format oder Medium vervielfältigen und weiterverbreiten
-
Bearbeiten: remixen, verändern und darauf aufbauen
unter folgenden Bedinungen:
-
Namensnennung: Dritte müssen angemessene Urheber- und Rechteangaben machen, einen Link zur Lizenz beifügen und angeben, ob Änderungen vorgenommen wurden
-
Nicht kommerziell: Dritte dürfen das Material nicht für kommerzielle Zwecke nutzen