Prekarität als kollektive Herausforderung im Haushaltskontext
Zur Notwendigkeit und Methode kollektiver Erhebungsverfahren
Schlagworte:
Prekarität, soziale Ungleichheit, narrative Haushaltsinterviews, Haushalte, FamilieAbstract
Zu Formen und Folgen prekärer Beschäftigung liegen umfangreiche sozialwissenschaftliche Kenntnisse vor. Sehr viel weniger wissen wir hingegen über die sozialen Kontexte, die das Gefährdungs- und Ausgrenzungspotential unsicherer Erwerbsbeteiligung entscheidend bestimmen. Insbesondere der Haushalt als Lebenszusammenhang und Wirtschaftsgemeinschaft bedarf diesbezüglich deutlich stärkerer soziologischer Aufmerksamkeit. Deshalb stehen Bewältigungsstrategien von Haushalten, die mit prekären Beschäftigungswirklichkeiten konfrontiert sind, und die Frage, inwieweit unsichere Beschäftigungsformen prekäre Muster der Haushalts- und Lebensführung hervorbringen, im Mittelpunkt eines DFG-Forschungsprojekts am Soziologischen Forschungsinstitut (SOFI) Göttingen. Zentrale Fragen des Projekts lauten: Bildet der Haushalt eine Kraftquelle, um prekäre Arbeits- und Lebenssituationen bewältigen zu können oder wirkt er eher als Prekaritätsbeschleuniger? Welche Rolle spielen zudem Unterstützungsformen von außen (z.B. soziale Nahbeziehungen, öffentliche Infrastrukturangebote, staatliche Transferleistungen)? Kommt es aufgrund der Veränderung der Lebensformen und Haushaltsstrukturen zu einem Bedeutungsgewinn familiärer Bindungen oder sozialer Netzwerke bei der Bewältigung prekärer sozialer Lagen?
Um diese Fragen beantworten zu können, werden im Projekt unterschiedliche Haushaltskonstellationen, die von unsicheren Beschäftigungsformen getragen werden, mittels biografisch-narrativer Haushaltsinterviews untersucht. Der Schwerpunkt wird damit von Individualbiografien auf Haushalte, auf deren gemeinsame Geschichte sowie auf deren Lebensführungsmuster und Bewältigungsstrategien verschoben. Das Projekt erweitert damit den Blick auf die sozialen Folgen prekärer Beschäftigung: Prekarität wird nicht mehr als individuelles Problem betrachtet, sondern als eine kollektive Herausforderung im Haushaltskontext.
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