Mobilitäten des universitären wissenschaftlichen Mittelbaus

Autor/innen

  • Sigrid Metz-Göckel
  • Kirsten Heusgen

Schlagworte:

Fluktuation und Selektion, passagere Beschäftigung, wissenschaftliche Identifizierung (auf Zeit)

Abstract

Das Universitätssystem ist durch ein hohes Maß an Fluktuation bei gleichzeitig harter Selektion gekennzeichnet. Für die wissenschaftlichen Mitarbeiter/innen geht dies mit unsteten Beschäftigungsverläufen und unberechenbaren Berufsperspektiven einher, kurz mit fragilen ›Wissenschaftskarrieren‹.

Dies sind zwar tradierte Strukturmerkmale, gegenwärtig breitet sich jedoch eine Beschäftigungsvariante aus, die wir mit dem Begriff passagere Beschäftigung erfassen. Sie betrifft vor allem das befristet eingestellte wissenschaftliche Personal – mit unterschiedlicher Ausprägung von Beschäftigungszeiten, Mobilität und wissenschaftlicher Identifikation. Von der Wissenschaft fasziniert und passager in ihr beschäftigt zu sein, konstituiert ein Spannungsverhältnis, nämlich zwischen den ›schönen‹ Versprechungen der wissenschaft­lichen Arbeit und den strukturell befristeten Beschäftigungsbedingungen. Profession und Organisation driften auseinander (Schimank 2002; Heintz et al. 2004). Für anhaltend ambitionierte junge Wissenschaftler/innen folgt aus den konkurrierenden Anforderungen, dass sie sich einen ›perfekten Lebenslauf‹ konstruieren müssen.

Dem Beitrag liegt eine empirische Untersuchung zum universitären Drop-out sowie kontrastiv eine Interview-Studie mit Wissenschaftler/innen der MINT-Fächer zugrunde.

Auf der Basis einer Online-Befragung und der Auswertung der Personalstanddaten von 16 Universitäten werden Einblicke in Vertragsbiographien sowie unterschiedliche intra- und intersektoralen Mobilitätsformen vorgestellt und an Hand von Fallanalysen Konstruktion und Folgen dieser Entwicklung aufgezeigt – u.a. hoher Leistungs- und Konkurrenzdruck, wachsende Mobilitätsanforderungen, Zukunftssorgen, aber auch wie der Umgang mit strukturellen Ambivalenzen und Widersprüchlichkeiten gelingen kann.

Die zentralen Thesen lauten: 1. Insbesondere für Frauen ist für eine gelingende Wissenschaftskarriere die Nutzung zusätzlicher Ressourcen und eine vielfältige Unterstützung aus dem Privatbereich unabdingbar – vor allem wenn sie Kinder haben (wollen). 2. Ein Ausstieg aus der Universität kann auch bei schwierigen Rahmenbedingungen als Chance identifiziert werden, aber Attraktivität des Wissenschaftssystems und Flexibilität der Wissenschaftler/innen zeigen sich in einer relativ hohen Rückkehrmobilität (24%) bzw. Ambition auf eine Rückkehr und Hochschulkarriere.

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Veröffentlicht

2019-10-23

Zitationsvorschlag

[1]
Metz-Göckel, S. und Heusgen, K. 2019. Mobilitäten des universitären wissenschaftlichen Mittelbaus. Komplexe Dynamiken globaler und lokaler Entwicklungen. Verhandlungen des 39. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie in Göttingen 2018. 39, (Okt. 2019).

Ausgabe

Rubrik

Ad-Hoc: Akademische Wege auf dem Prüfstand. Zum Nexus von sozialer und räumlicher Mobilität in der Wissenschaft