Der Tod und das Virus
Soziologische Betrachtungen eines thanatopraktischen Ausnahmezustands
Abstract
Dieser Beitrag beleuchtet unterschiedliche Aspekte der Pandemie aus einer thanatosoziologischen Perspektive heraus. Dabei werden etablierte Aussagen zum gesellschaftlichen Umgang mit dem Tod kritisch betrachtet; konkret: die Annahmen zum spektakulären Tod, zum 'guten Sterben', zur Einsamkeit der Sterbenden und zur 'postmodernen Trauer'. Zunächst wird darauf eingegangen, dass die Corona-Krise letztendlich auch eine Krise der todesbezogenen Institutionen ist, deren Funktionalität quasi von einem Tag auf den anderen auf den Kopf gestellt worden ist, so dass sich ein thanatopraktischer Ausnahmezustand entwickelt hat. Anschließend wird die Frage behandelt, was es bedeutet, dass durch Covid-19 die Sterblichkeit des Menschen quasi über Nacht wieder diskursiv in den Vordergrund getreten ist. Hierbei wird insbesondere die Rolle der massenmedialen Berichterstattung hinsichtlich des menschlichen Verhältnisses zum Tod betont. Zum Schluss werden die Implikationen für die Thanatosoziologie im Besonderen sowie deren Verhältnis zur Soziologie im Generellen thematisiert.
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