Konflikte um Wohnen in Gentrifizierungsgebieten
Ein interaktionistischer Zugang
Schlagworte:
Stadt, Gentrifizierung, Verdrängung, Interaktionismus, KonfliktAbstract
In diesem Beitrag diskutieren wir die Frage, wann und in welchen Formen Widerstände und Konflikte in Gentrifizierungsprozessen entstehen, und wann diese ausbleiben, am Gentrifizierungsprozess in Altona-Altstadt. Der Hamburger Stadtteil weist seit knapp zwei Jahrzehnten starke Mietsteigerungen, Immobilienpreise, stadtpolitische Aufwertungsstrategien und deutliche Zeichen von Verdrängung auf. Initiativen des Hamburger Recht auf Stadt-Netzwerkes haben auch hier gegen Gentrifizierung protestiert. Gleichzeitig haben uns Bewohner*innen im Rahmen eines qualitativ-ethnographischen Forschungsprojektes zwar vielfach über die Gentrifizierung des Stadtteils, aber kaum über selbst ausgetragene Konflikte etwa um Mieterhöhungen berichtet. Diesen vermeintlichen Widerspruch untersuchen wir mit Fokus auf verdrängungsrelevante Situationen aus einer praxisanalytischen Perspektive, die kritisch-materialistische Sozialforschung mit einer symbolisch-interaktionistischen Methodologie verbindet. Als zentraler Befund zeigt sich, dass normative Definitionen ‚impliziter Mietvertragsverhältnisse‘ sowie Typisierungen der jeweiligen Vermieter*innen und Selbstzuschreibungen eigener Handlungs(un)fähigkeit von entscheidender Bedeutung dafür sind, ob Bewohner*innen Mieterhöhungen überhaupt als problematisch definieren und ob und wie sie in Aushandlungen mit Vermieter*innen treten. Konfliktorientierter Widerstand gegen drohende Verdrängung resultiert also nicht einfach aus eigener Betroffenheit, sondern ist deutlich voraussetzungsvoller, wobei die normative wie strategische Dimension von agency in verdrängungsrelevanten Situationen in Rechnung gestellt werden muss.
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