Spannungen zwischen Religion und Stadt
Ein raumsoziologischer Vermittlungsversuch
Schlagwörter:
Religion, Stadt, Raum, Evangelikale, Subjektivierung, SpätmoderneAbstract
In der Soziologie wurden Religion und Stadt bislang selten zusammengedacht. Erst in den letzten Jahren ist mit dem Themengebiet der Urban Religion ein, allerdings vorwiegend empirisches Forschungsfeld entstanden, das die Effekte des (konflikthaften) Aufeinanderprallens unterschiedlicher religiöser Weltsichten und Praktiken in der Stadt in den Blick nimmt. Der Beitrag macht dies zum Ausgangspunkt eines konzeptionellen Nachdenkens über Religion und Stadt und vertritt folgende These: Um die Bedeutung von Religion für die spätmoderne Gesellschaft zu verstehen, müssen wir unseren Blick auf Städte richten, denn dort formen sich neue Subjektivitäten und dort werden sowohl neue zivilisatorische Arrangements erfunden wie Chancen verspielt. Dass dem so ist, hat etwas mit der Räumlichkeit des Städtischen zu tun. Die Argumentation verläuft in vier Schritten: Nach einer kurzen Theoriegeschichte zum Verhältnis von Religion und Stadt wird die Notwendigkeit eines räumlich definierten Stadtbegriffs abgeleitet. Anhand von qualitativen Interview- und Beobachtungsdaten wird anschließend gezeigt, wie sich religiöse Subjektivierungen in einem diasporischen Setting ausbilden und welche Konflikte dabei verhandelt werden. Konkret geht es darum, wie im stark säkularisierten Leipzig eine spätmodern-evangelikale Subjektivität und Lebensführung aufgebaut und aufrechterhalten wird. Die Konklusion fasst die Ergebnisse zusammen.
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