Krise der Sozialforschung und pragmatische Normativität

Konventionentheoretische Perspektiven für eine Soziologie der Sozialforschung

Autor/innen

  • Rainer Diaz-Bone Universität Luzern Soziologisches Seminar Frohburgstrasse 3 6002 Luzern Schweiz

Schlagworte:

Soziologie der Konventionen, Empirische Sozialforschung, Big Data, Amtliche Statistik, Neopragmatismus

Abstract

Der Beitrag skizziert zunächst gesellschaftliche Kritiken an der Sozialforschung sowie Veränderungen der gesellschaftlichen Positionierung der Sozialforschung. Seit Jahren ist eine aufkommende paradoxe Situation zu beobachten, die darin besteht, dass einerseits eine wachsende Nachfrage nach sozialwissenschaftlichen Daten und empirischen Analysen zu beobachten ist, dass andererseits zugleich auch eine wachsende Kritik an solchen Daten und empirischen Analysen aufkommt. In der Öffentlichkeit verschlechtert sich für Umfragen das „Survey-Klima“. Mit der Etablierung der Internet-basierten Big Data-Technologien entsteht zudem ein im wesentlichen unternehmensbasierter Bereich der Sozialforschung, in dem massenhaft generierte Daten, deren Auswertung und die darauf beruhenden Strategien der kommerziellen Gesellschaftsanalyse und Verhaltensbeeinflussung für die Öffentlichkeit und akademische Sozialforschung unsichtbar sind. Es steigt auch daher das Bewusstsein für damit verbundene Probleme des Datenschutzes und die Sorge über die gesellschaftlichen Auswirkungen von kommerziellen Big Data-Technologien. Zudem entstehen weitere "Datenwelten" wie die zivilbürgerliche Datenwelt und auch die amtliche Statistik positioniert sich als Datenwelt neu.

Was sind also Perspektiven für die Sozialforschung im Umgang mit der Kritik und der Konkurrenz durch andere Datenwelten? In dem Beitrag wird auf der Grundlage der Soziologie der Konventionen versucht, die Ausrichtung der Sozialforschung und weiterer Datenwelten auf plurale Formen des Gemeinwohls als Ansatzpunkt zu wählen. Die Soziologie der Konventionen betrachtet Sozialforschung – wie jede Form der Koordination – als auf Logiken fundiert, die zugleich eine pragmatische Normativität darstellen. In dem Beitrag wird daher das Konzept der Datenwelten eingeführt, um systematisch die Kritik und Spannungen zwischen den vier Datenwelten der Sozialforschung, der Big Data Welt, der zivilbürgerlichen Datenwelt und der amtlichen Statistik zu analysieren.

Autor/innen-Biografie

Rainer Diaz-Bone, Universität Luzern Soziologisches Seminar Frohburgstrasse 3 6002 Luzern Schweiz

Professor für Soziologie

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Veröffentlicht

2021-05-03

Ausgabe

Rubrik

Ad-hoc: Sozialforschung in der Kritik und in der Krise – Soziologische Perspektiven auf und für Methodologien im Wandel