Zombies kann man nicht beweinen
Zu strukturellen Verspannungen in der Erinnerungskultur des Herbst 1989
Schlagworte:
Kirche von Unten, Pollack-Kowalczuk-Debatte, Revolution, Deutungsmacht, Bluesmesse, Walter SchillingAbstract
Im Beitrag wird ausgelotet, inwiefern die Erinnerungspolitik und Feierkultur zu den Ereignissen des Herbst 1989 im Osten Deutschlands als strukturell „verspannt“ bezeichnet werden kann. Angesetzt wird am Revolutionsbegriff selber, bzw. an dessen Diskussion in der Soziologie der 1990er Jahre. Für viele der heute Kommentierenden sind damit eigene Erlebnisse und Positionen damals verbunden, die ggf. die wissenschaftlichen Sichtweisen beeinflussen. Dies kann zu Vorwürfen gereichen, die schwer aufzulösen sein werden. Eventuell liegen die Verspannungen aber an strukturellen Barrieren, die mit dem abrupten Ableben der DDR zusammenhängen. Jegliche Erinnerung an die DDR, auch die an ihre Opposition, könnte unter wechselseitigem Verdacht der selektiven Wahrnehmung und Subjektivität geraten. Aus der Sicht des nordamerikanischen Ethnologen John Borneman könnten dafür latente Ängste und Ablehnungen vor dem toten, aber nie begrabenen, Körper der DDR verantwortlich sein. Die Verdrängung der DDR als Zombie könnte damit nicht nur eine gemeinsame Feierkultur behindern, sondern auch den Blick auf die Basis der Revolution systematisch verstellen. Dazu wird im zweiten Teil des Beitrags ein kursorischer Überblick über Berichte und Analysen der „Offenen Arbeit“ der protestantischen Kirche geboten, die vor allem durch Walter Schilling und die Kirche von Unten ein Begriff wurde. Diese kann, wie die Blues-Messen 1979–1984, durchaus als entscheidende zivilgesellschaftliche Basisarbeit in den zehn bis zwanzig Jahren vor 1989 beschrieben, in soziologischen Diskussion besser wahrgenommen, und schließlich auch als Teil nationaler Erinnerungskultur gewürdigt werden.
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