Essen in der Krise
Unsicherheitserfahrungen und Prekarisierung im Prisma von Ernährungsroutinen in kulturwissenschaftlicher Perspektive
Keywords:
Prekarität, Unsicherheit, Ernährung, ArmutAbstract
Als soziales Totalphänomen erweist sich gerade der Bereich der Ernährung ergiebig für die Erforschung von Bewältigungsstrategien und Umgangsweisen mit Armut und Prekarität. Das Erzählen über das Essen – von den Wünschen über die Planung und den Einkauf bis zum Verzehr – dient als operabler und alltagsnaher Indikator der Konstruktion von und des Umgangs mit prekären Lebensverhältnissen.
Der Beitrag widmet sich dabei vor allem der subjektiven Wahrnehmung der Prekarität, denen im Prisma der Ernährung vor dem Hintergrund individueller (Arbeits-)Biografien nachgespürt wird. Erzählungen und Reflexionen der Akteure vermögen Aufschluss über die Deutung beruflicher Krisenerfahrungen zu geben, die einen alltagsnahen Einblick in das Wechselverhältnis zwischen Prekarität und Ernährung sowie psychischer Belastungssituationen ermöglichen.
Prekarität und damit häufig einhergehende lebensweltliche Verunsicherung, die in der Erzählung über Ernährungsroutinen hervortritt, wird dabei als eine Vermittlungsfolie angesehen, die neben grundlegenden nahrungsethnologischen Perspektiven einen ebenso fruchtbaren Zugang zu einem sehr alltagsnahen Sprechen über biografische Krisensituationen eröffnet. In den eng miteinander verwobenen Deutungs- und Wahrnehmungsweisen kristallisiert sich die hohe Verflechtung und wechselseitige Beeinflussung von lebensweltlicher Verunsicherung, mangelnder Planungssicherheit und Ernährung sowie den sie beeinflussenden Konstanten heraus, die den alltäglichen Lebenszusammenhang der untersuchten Individuen in hohem Maße prägen.
Dabei wird ein weites Verständnis von Prekarität angesetzt, das gerade die für eine Alltagskulturforschung hochrelevante subjektive Wahrnehmung von Prekarität im Lebenslauf vor dem Hintergrund historisch gewachsener Leitbilder und damit vor allem auch die Heterogenität prekärer Lebenslagen ins Visier nimmt. So geraten Armutsphänomene weder aus den Augen, noch wird der Forschungsgegenstand darauf verengt. Im Fokus der Betrachtung stehen die Innensichten der Akteure, die Deutungen der eigenen Lebensverhältnisse und des eigenen Ernährungshandelns.
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