Polarisierte Welt des Artenschutzes

Zoologische Gärten zwischen Kritik und ökologischer Integration

Autor/innen

  • Lisa Gromala Justus-Liebig-Universität Gießen

Schlagworte:

Organisation, Zoologischer Garten, Ökologische Integration

Abstract

Spätestens mit dem Ausbruch der Corona-Pandemie wurden die globale Bedeutung des Artenschutzes und die Problematiken des Eindringens des Menschen in tierische Habitate deutlich. Zwar existieren bereits seit kurz nach Ende des Zweiten
Weltkriegs internationale Netzwerke und Organisationen zum Schutz bedrohter Arten, jedoch kennzeichnet das Mehrebenensystem der Umwelt- und Artenschutzbewegung ein Fehlen alltäglicher und öffentlich zugänglicher Organisationen auf einer Mesoebene. Bezogen auf Bemühungen zum Artenschutz erschwert dies öffentliche Aufklärungsarbeit sowie den Zugang zum Feld des Artenschutzes. Eine Organisation, die sich als potentielle öffentliche Anlaufstelle anbietet, ist der Zoologische Garten. Aufgrund ihrer guten kommunalen wie auch internationalen Einbindung (bspw. in globale Umweltschutzinitiativen bzw. -netzwerke) und ihren, selbst proklamierten, Fokus auf Artenschutz, Bildung und Wissenschaft stellen sie potentielle Schnittstellenakteure dar und verstehen sich zunehmend als solche. Gleichzeitig stellen Zoologische Gärten aufgrund der Gefangenschaftshaltung von Tieren, Ökonomisierung sowie ihrer (post-)kolonialen Vergangenheit und Gegenwart ambivalente und polarisierende Akteure dar.
Der Beitrag widmet sich der Organisation Zoologischer Garten im Mehrebenensystem des Artenschutzes, in der sich das ambivalente gesellschaftliche Verhältnis zum Artenschutz und damit die ungelösten Konflikte über Tierhaltung, Artenschutz sowie die Passungsprobleme des Neoliberalismus mit den Werten des Artenschutzes widerspiegeln. Diskutiert werden Positionierungen Zoologischer Gärten gegenüber den Integrationsdimensionen der ökologischen Integration, Sozialintegration und Systemintegration (Schimank 2000).

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Veröffentlicht

29.09.2023

Ausgabe

Rubrik

Sektion Organisationssoziologie: Organisationen in polarisierten Welten