Ethnophänomenologische Analysen zu Erfahrungen sexualisierter Gewalt

Autor/innen

  • Frederike Brandt Technische Universität Berlin

Schlagworte:

Sexualisierte Gewalt, Ethnophänomenologie, Ethnographien der Gewalt, Körpersoziologie, Interpretative Soziologie

Abstract

Der Phänomenbereich der sexualisierten Gewalt stellt soziologische Theorien zu Gewalt vor eine Reihe von Herausforderungen. Sexualisierte Gewalt kann in unterschiedlichen Formen im öffentlichen wie im privaten Raum stattfinden. Welche Phänomene als sexualisierte Gewalt erfasst werden, kann sich in unterschiedlichen sozialen Kontexten verändern. In dem vorliegenden Beitrag wird eine Forschungsperspektive vorgeschlagen, die das Phänomen der Erfahrung sexualisierter Gewalt der sozialwissenschaftlichen Analyse zugänglich macht. Da die leibkörperliche Erfahrung stark subjektiv und für Dritte nur vermittelt rekonstruierbar ist, wird eine ethnophänomenologische Analyse der leibkörperlichen subjektiven Erfahrung von sexualisierter Gewalt durchgeführt. So kann dem Umstand Rechnung getragen werden, dass diese Erfahrungen zwar nicht als solche von anderen nachvollzogen werden können, die Betroffenen aber selbst in der Lage sind, ihre Erfahrungen zu reflektieren und diese Reflexion sprachlich intersubjektiv zugänglich zu machen. Durch induktiv herausgebildete analytischen Kernkategorien (Reziprozität, Körperlichkeit und Zeitlichkeit der Erfahrung) werden fünf Erfahrungstypen sexualisierter Gewalt differenziert, die aus dem erhobenen Interviewmaterial gebildet wurden. Exemplarisch wird ein Einblick in unterschiedliche Interviewpassagen gegeben. Die Typenbildung ist dabei als ein offener Vorschlag für Anschlussforschungen konzipiert.

Literaturhinweise

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Veröffentlicht

29.09.2023

Ausgabe

Rubrik

Ad-Hoc: Ethnographien der Gewalt