„Der Kunde soll mit einem Lächeln hier rausgehen.“

Erwartungen an Beschäftigte im Baumarkt aus einer Geschlechterperspektive

Autor/innen

  • Edelgard Kutzner TU Dortmund Sozialforschungsstelle
  • Ninja Ulland TU Dortmund, Fakultät Sozialwissenschaften, Sozialforschungsstelle

Schlagworte:

Einzelhandel, Interaktion, Emotionsarbeit, Geschlechterordnung, Respekt

Abstract

Baumärkte erinnern an ein fabrikähnliches Design. Sie sind bis auf wenige Ausnahmen auf Selbstbedienung ausgelegt, nicht wenige Kund*innen haben allerdings auch Beratungsbedarf. Die Arbeit im Verkauf erfordert bei den Beschäftigten ein gewisses Fingerspitzengefühl für eine sehr heterogene Kundschaft: Heimwerker*innen, Handwerker*innen, Laien und Fachleute mit den unterschiedlichsten Vorkenntnissen und Bedürfnissen wenden sich an die Beschäftigten. Die Anliegen der Kund*innen reichen vom simplen Kauf über die Produktberatung bis hin zur Lösung von Problemen am eigenen Haus. Neben Fachkompetenz werden von den Beschäftigten Empathie und Fähigkeiten im Umgang mit Emotionen erwartet. Es ist für sie eine ständige Herausforderung, ihre Interaktionen mit den Kund*innen entsprechend anzupassen und zu gestalten. Erwartungen der Kund*innen, des Unternehmens und ihre eigenen Erwartungen sind in Einklang zu bringen. Ziel dabei ist es, dass Kund*innen zufrieden, „mit einem Lächeln“ den Markt verlassen, auch wenn sie schlecht gelaunt den Markt betreten haben.

Im Beitrag soll anhand empirischer Ergebnisse gezeigt werden, dass die Kerntätigkeiten im Verkauf quasi gerahmt werden von weiteren Tätigkeiten, in denen Arbeit an und mit Emotionen geleistet wird. Diese werden vorwiegend von Frauen ausgeübt. Mitarbeiterinnen am Infostand begrüßen Kund*innen beim Betreten des Baumarktes freundlich und bieten Hilfe an. An der Kasse wiederum geht es um eine Verabschiedung, mit der auch unzufriedene Kund*innen freundlich gestimmt werden sollen. Die Frauen im Service Center besänftigen verärgerte Kund*innen am Telefon und versuchen, Verständnis für die Situation der Verkäufer*innen zu schaffen. Von den Mitarbeiterinnen an diesen Arbeitsplätzen wird erwartet, dass sie einfühlsam, rücksichtsvoll und ausgleichend auf die Kundschaft einwirken. Das Unternehmen setzt diese vergeschlechtlichten Kompetenzen bewusst ein, um die Emotionen der Kundschaft positiv zu beeinflussen.

Literaturhinweise

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Veröffentlicht

29.09.2023

Ausgabe

Rubrik

Ad-Hoc: Polarisierte Welten – polarisierte Emotionen? Theoretische und empirische Perspektiven auf Emotionen und Geschlecht in Arbeit und Organisation