Gemeinsames Planen und die kommunikative Verfestigung sozialer Beziehungen
Zur kommunikativen Konstruktion des familialen Alltags
Schlagworte:
Projektive Gattungen, Gattungsanalyse, Konversationsanalyse, Planen, Familie, Teilnehmerstruktur, Zukunft, Videoanalyse, AlltagAbstract
Der Beitrag befasst sich aus einer gattungsanalytischen Perspektive mit der kommunikativen Planung des familialen Alltags. Planen verstehen wir als eine Unterform der Gattungsfamilie der „Projektiven Gattungen“. Projektive Gattungen dienen dem Zweck, Handlungen planend und antizipierend vorzubereiten. Wir folgen der Annahme, dass sich durch kommunikative Planungen familiale Beziehungsmuster im Alltag festschreiben, und sich auch Familie als „Institution“ in den kommunikativen Formen des gemeinsamen Planens und durch die situative Herstellung sozialer Rollen und Verbindlichkeiten realisiert. Im Vollzug der gemeinsamen Planung konstruiert sich eine temporale Ablauf- und Abhängigkeitsstruktur, die einen intersubjektiven Wirklichkeits- und Handlungsentwurf zur Folge hat, an dem sich alle Familienmitglieder orientieren können. Folglich weist sich kommunikative Planung auch durch eine spezifische Reflexivität aus, weil Familien gleichermaßen als Familie in der Zukunft auf sich selbst bezugnehmen. Dies zeigen wir anhand eines videographisch erhobenen empirischen Fallbeispiels auf.
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