Dienstreisen

Ein Feld betrieblicher Aushandlung

Autor/innen

  • Katrin Roller Hoschschule München

Schlagworte:

Mobilität, Arbeitsbeziehung, Dienstreise, Reziprozität, Aushandlung

Abstract

Dienstreisen gehören seit jeher zur betrieblichen Praxis. Im Zuge der sogenannten „Normalisierung" (Kesselring, Vogl 2010) von Dienstreisen wird Mobilität zur Anforderung an Beschäftigte, sie wird zum integralen Bestandteil des Arbeitsalltags. Zugleich verursachen Dienstreisen Kosten für Unternehmen. Unter dem Druck internationalisierter Wertschöpfung – trotz I&K-Technologien lassen sich persönliche Treffen nicht vollständig substituieren – ist anzunehmen, dass das Dienstreiseaufkommen (weiterhin) steigen bzw. auf relativ hohem Niveau verbleiben wird. Das stellt sowohl Beschäftigte als auch Betriebe vor Herausforderungen.

Der Beitrag untersucht die Arbeitsbeziehungen zwischen Dienstreisenden und der Unternehmensführung. Er stellt unterschiedliche empirisch basierte Muster reziproker Aushandlung von Dienstreisen vor dem Hintergrund der spezifischen (neuen und alten) Anforderungen an Mobilität und Arbeit von Dienstreisenden vor. Dienstreisen bilden die Schnittstelle zwischen fordistischer Arbeitsregulation und postfordistischer Arbeits- (und Dienstreise-)praxis und verdeutlichen exemplarisch, wie auf Ebene der Arbeitsbeziehung Arrangements ausgehandelt werden, die sich jenseits herkömmlicher betrieblicher Arbeitsorganisation bewegen und Entgrenzung räumlich, zeitlich und sozial bearbeiten.

 

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Veröffentlicht

2019-08-12

Zitationsvorschlag

[1]
Roller, K. 2019. Dienstreisen: Ein Feld betrieblicher Aushandlung. Komplexe Dynamiken globaler und lokaler Entwicklungen. Verhandlungen des 39. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie in Göttingen 2018. 39, (Aug. 2019).

Ausgabe

Rubrik

Ad-Hoc: Die komplexe Dynamik lokaler Arbeitsziehungen. Globale Entwicklungen und deren lokale Folgen