Dienstreisen
Ein Feld betrieblicher Aushandlung
Keywords:
Mobilität, Arbeitsbeziehung, Dienstreise, Reziprozität, AushandlungAbstract
Dienstreisen gehören seit jeher zur betrieblichen Praxis. Im Zuge der sogenannten „Normalisierung" (Kesselring, Vogl 2010) von Dienstreisen wird Mobilität zur Anforderung an Beschäftigte, sie wird zum integralen Bestandteil des Arbeitsalltags. Zugleich verursachen Dienstreisen Kosten für Unternehmen. Unter dem Druck internationalisierter Wertschöpfung – trotz I&K-Technologien lassen sich persönliche Treffen nicht vollständig substituieren – ist anzunehmen, dass das Dienstreiseaufkommen (weiterhin) steigen bzw. auf relativ hohem Niveau verbleiben wird. Das stellt sowohl Beschäftigte als auch Betriebe vor Herausforderungen.
Der Beitrag untersucht die Arbeitsbeziehungen zwischen Dienstreisenden und der Unternehmensführung. Er stellt unterschiedliche empirisch basierte Muster reziproker Aushandlung von Dienstreisen vor dem Hintergrund der spezifischen (neuen und alten) Anforderungen an Mobilität und Arbeit von Dienstreisenden vor. Dienstreisen bilden die Schnittstelle zwischen fordistischer Arbeitsregulation und postfordistischer Arbeits- (und Dienstreise-)praxis und verdeutlichen exemplarisch, wie auf Ebene der Arbeitsbeziehung Arrangements ausgehandelt werden, die sich jenseits herkömmlicher betrieblicher Arbeitsorganisation bewegen und Entgrenzung räumlich, zeitlich und sozial bearbeiten.
References
Bogner, Alexander, Beate Littig und Wolfgang Menz (Hrsg.). 2002. Das Experteninterview. Theorie, Methode, Anwendung. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.
Dröge, Kai, Kira Marrs und Wolfgang Menz (Hrsg.). 2008. Rückkehr der Leistungsfrage. Leistung in Arbeit, Unternehmen und Gesellschaft. Berlin: edition sigma.
Ducki, Antje. 2010. Arbeitsbedingte Mobilität und Gesundheit – Überall dabei – Nirgendwo daheim. In Fehlzeiten-Report 2009. Arbeit und Psyche: Belastungen reduzieren – Wohlbefinden fördern, Hrsg. Bernhard Badura, Helmut Schröder, Joachim Klose und Katrin Macco, 61–70. Berlin, Heidelberg: Springer.
Gouldner, Alvin W. 1960. The Norm of Reciprocity: A Preliminary Statement. American Sociological Review, 25:161–178.
Gouldner, Alvin W. 1984. Reziprozität und Autonomie. Ausgewählte Aufsätze. Frankfurt am Main: Suhrkamp.
Gouldner, Alvin W. 2005. Etwas gegen nichts. Reziprozität und Asymmetrie. In Vom Geben und Nehmen. Zur Soziologie der Reziprozität. Hrsg. Frank Adloff und Steffen Mau, 109–124. Frankfurt am Main, New York: Campus.
Haas, Anette. 2000. Regionale Mobilität gestiegen. Bei einem Betriebswechsel werden immer öfter größere Entfernungen überwunden – gerade auch von Arbeitslosen. IAB-Kurzbericht. http://doku.iab.de/kurzber/2000/kb0400. pdf (Zugegriffen 10. Oktober 2017).
Kesselring, Sven und Gerlinde Vogl. 2010. Betriebliche Mobilitätsregime. Die sozialen Kosten mobiler Arbeit. Berlin: edition sigma.
Kratzer, Nick, Menz, Wolfgang, Knut Tullius und Harald Wolf. 2015. Legitimationsprobleme in der Erwerbsarbeit. Gerechtigkeitsansprüche und Handlungsorientierungen in Arbeit und Betrieb. Baden-Baden: Nomos.
Krause, Andreas, Cosima Dorsemagen, Jörg Stadlinger und Sophie Baeriswyl. 2012. Indirekte Steuerung und interessierte Selbstgefährdung: Ergebnisse aus Befragungen und Fallstudien. Konsequenzen für das Betriebliche Gesundheitsmanagement. In Fehlzeiten-Report 2012. Gesundheit in der flexiblen Arbeitswelt: Chancen nutzen – Risiken minimieren. Hrsg. Bernhard Badura, Antje Ducki, Helmut Schröder, Joachim Klose und Markus Meyer, 191–202. Berlin, Heidelberg: Springer.
Limmer, Ruth. 2005. Berufsmobilität und Familie in Deutschland. Zeitschrift für Familienforschung 17:8–26.
Marx, Karl und Friedrich Engels. 1972. Manifest der Kommunistischen Partei [1847/48], In Karl Marx/Friedrich Engels – Werke, MEW Band 4, 459–493. Berlin: (Karl) Dietz Verlag, unveränderter Nachdruck
Mauss, Marcel. 1990 [1968]. Die Gabe. Form und Funktion des Austauschs in archaischen Gesellschaften.
Neckel, Sighard. 2001. „Leistung“ und „Erfolg“. Die symbolische Ordnung der Marktgesellschaft. In Gesellschaftsbilder im Umbruch. Soziologische Perspektiven in Deutschland. Hrsg. Eva Barlösius, Hans-Peter Müller und Steffen Sigmund, 245–265. Opladen: Leske + Budrich.
Neckel, Sighard, Kai Dröge und Irene Somm. 2005. Das umkämpfte Leistungsprinzip – Deutungskonflikte um die Legitimationen sozialer Ungleichheit. WSI Mitteilungen 58:368–374.
Nies, Sarah, Katrin Roller und Gerlinde Vogl. 2015. Räumliche Mobilität rund um die Arbeit. Working Paper Forschungsförderung. Düsseldorf: Hans-Böckler-Stiftung. https://www.boeckler.de/pdf/p_fofoe_WP_001_2015.pdf (Zugegriffen: 28. Jan. 2019).
Nies, Sarah, Katrin Roller und Gerlinde Vogl. 2017. Mobilität und Leistung. Dienstreisende im Trade-off zwischen Verdichtung und Entgrenzung. Arbeit 26:173–191.
Paridon, Hildegard. 2012. Berufsbedingte Mobilität. In Fehlzeiten-Report 2012. Gesundheit in der flexiblen Arbeitswelt: Chancen nutzen – Risiken minimieren. Hrsg. Bernhard Badura, Antje Ducki, Helmut Schröder, Joachim Klose und Markus Meyer, 79–88. Berlin, Heidelberg: Springer.
Peters, Klaus. 2011. Indirekte Steuerung und interessierte Selbstgefährdung. Eine 180-Grad-Wende bei der betrieblichen Gesundheitsförderung. In Arbeit und Gesundheit im Konflikt, Hrsg. Nick Kratzer, Wolfgang Dunkel, Karina Becker und Stephan Hinrichs, 105–122. Berlin: edition sigma.
Peters, Klaus und Dieter Sauer 2005. Indirekte Steuerung – eine neue Herrschaftsform. Zur revolutionären Qualität des gegenwärtigen Umbruchprozesses. In "Rentier ich mich noch?" Neue Steuerungskonzepte im Betrieb, Hrsg. Hilde Wagner, 23–58. Hamburg: VSA.
Pfau-Effinger, Birgit. 2004. Socio-historical Paths of the Male Breadwinner Model – an Explanation of Cross-national Differences. The British Journal of Sociology 55:377–399.
Roller, Katrin. 2017. Herausforderung arbeitsbedingte Mobilität – zur räumlichen Mobilität und Nachhaltigkeit im Betrieb. AIS Arbeits- und Industriesoziologische Studien 10:87–102.
Roller, Katrin. 2018. Allzeit bereit, allzeit mobil? Zur Rolle von Anerkennung und Reziprozität bei Dienstreisen. Baden-Baden: Nomos.
Ruppenthal, Silvia, Ruth Limmer und Wolfgang Bonß. 2006. Literatur on Job Mobility in Germany. In State-of-the-Art of Mobility Research. A Literature Analysis for Eight Countries. Job Mobilities Working Paper 2006–01. Hrsg. Eric Widmer und Norbert F. Schneider, 87–112. Brüssel: European Commission.
Ruppenthal, Silvia und Detlef Lück. 2009. Jeder fünfte Erwerbstätige ist aus beruflichen Gründen mobil. Informationsdienst Soziale Indikatoren 42:1–5.
Sahlins, Marshall D. 1999. Zur Soziologie des primitiven Tauschs. Berliner Journal für Soziologie 9:149–178.
Sahlins, Marshall D. 2005. Zur Soziologie des primitiven Tauschs. In Vom Geben und Nehmen. Zur Soziologie der Reziprozität, Hrsg. Frank Adloff und Steffen Mau, 73–91. Frankfurt am Main, New York: Campus.
Schneider, Norbert F. und Ruth Limmer. 2008. Job Mobility and Living Arrangements. In Tracing Mobilities. Towards a Cosmopolitan Perspective, Hrsg. Weert Canzler, Vincent Kaufmann und Sven Kesselring, 119–139. Burlington: Ashgate.
Schneider, Norbert F., Ruth Limmer und Kerstin Ruckdeschel. 2002. Berufsmobilität und Lebensform: sind berufliche Mobilitätserfordernisse in Zeiten der Globalisierung noch mit Familie vereinbar? Stuttgart: Kohlhammer.
Witzel, Andreas. 2000. Das problemzentrierte Interview. http://www.qualitative-research.net/index.php/fqs/article/view/1132/2520 (Zugegriffen: 10. Aug. 2011).
Sennett, Richard. 2007. Kulturmaterialismus. Blätter für deutsche und internationale Politik 5:585–590.
Stutzer, Alois und Bruno S. Frey. 2008. Stress that doesn't pay: The Communing Paradox. Scandinavian Journal of Economics 110:339–366
Vogl, Gerlinde und Gerd Nies. 2013. Mobile Arbeit. Betriebs- und Dienstvereinbarungen. Analyse und Handlungsempfehlungen. Frankfurt am Main: Bund Verlag.
Downloads
Published
How to Cite
Issue
Section
License
Beiträge im Verhandlungsband des 39. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie werden unter der Creative Commons Lizenz "Namensnennung-Nicht kommerziell 4.0 International (CC BY-NC 4.0)" veröffentlicht.
Dritte dürfen die Beiträge:
-
Teilen: in jedwedem Format oder Medium vervielfältigen und weiterverbreiten
-
Bearbeiten: remixen, verändern und darauf aufbauen
unter folgenden Bedinungen:
-
Namensnennung: Dritte müssen angemessene Urheber- und Rechteangaben machen, einen Link zur Lizenz beifügen und angeben, ob Änderungen vorgenommen wurden
-
Nicht kommerziell: Dritte dürfen das Material nicht für kommerzielle Zwecke nutzen