Das Paarinterview
Method(olog)ische und forschungspraktische Überlegungen am Beispiel prekär beschäftiger Paare
Schlagworte:
Paarinterviews, qualitative Sozialforschung, qualitative Methodologie, soziologische Paarforschung, Paarbeziehungen, soziale Interaktionen, Geschlechterungleichheiten, prekäre Beschäftigung, PrekaritätAbstract
Das Leben in Paarbeziehungen gilt als kulturelle Selbstverständlichkeit des globalen Nordens. Paarbeziehungen fanden in der Soziologie aber lange kaum Aufmerksamkeit, wenngleich Simmel (1985 [1921/22]) sie schon früh als Realität sui generis und als eigenständigen Analysegegenstand fasste. Mit dem Brüchigwerden des geschlechterungleichen männlichen Ernährermodells des golden age of marriage and the family haben sich Familien- und Lebensformen pluralisiert. Geschlechterungleichheiten in Paaren haben sich zum Teil verringert, aber bestehen trotz Egalisierungstendenzen fort.
Vor diesem Hintergrund ist auch in der Soziologie das Interesse an Paarbeziehungen als Realität sui generis und eigenständigem Untersuchungsgegenstand gewachsen, zu deren Erforschung zunehmend (wenn auch noch insgesamt selten) paarzentrierte Analyseinstrumente eingesetzt werden. Bisher existieren aber nur wenige systematische Ausführungen hierzu.
In unserem Beitrag stellten wir daher methodologische Grundlagen des Paarinterviews in der interpretativen Sozialforschung sowie methodische und methodenpraktische Aspekte seiner Anwendung vor (Wimbauer, Motakef 2017a,b). Diese veranschaulichten wir an empirischem Material aus dem DFG-Projekt „Ungleiche Anerkennung? ‚Arbeit‘ und ‚Liebe‘ im Lebenszusammenhang prekär Beschäftigter“ (Wi2142/5-1) (Motakef, Wimbauer 2018; Motakef, Bringmann, Wimbauer 2018). Wir diskutierten besondere Erkenntnisinteressen und -möglichkeiten des Paarinterviews, thematisierten Anwendungsbereiche, Stärken, aber auch method(olog)ische Grenzen von und offene method(olog)ische Fragen zum Paarinterview. Am Beispiel von Interviews mit prekär beschäftigte Paaren zeigten wir, wie es durch Paarinterviews möglich wird, Einblicke in vielfältige relationale Aspekte und insbesondere in die Interaktionen, Aushandlungen, Performances und Präsentationen des Paares und als Paar in situ zu erhalten. Mittels Paarinterviews können Macht- und Ungleichheitsverhältnisse im Paar sowie die Prozesshaftigkeit und Dynamik des Sozialen ausschnitthaft beobachtet werden.
Literaturhinweise
Motakef, Mona. 2019. Zwischen Ressource und Belastungen. Zur Bedeutung der Paarbeziehung bei prekär Beschäftigen. Sozialer Sinn 20(1):59–84.
Wimbauer, Christine und Mona Motakef. 2020. Prekäre Arbeit, prekäre Liebe. Über Anerkennung und unsichere Lebensverhältnisse. Frankfurt am Main/ New York: Campus.
Wimbauer, Christine und Mona Motakef. 2018. Prekäre Beschäftigung – prekäre Nahbeziehungen – prekäre (Selbst-)Sorge? Ambivalenzen von Nicht/Anerkennung im Lebenszusammenhang prekär Beschäftigter. In Bewältigung von Nicht-Anerkennung. Modi von Ausgrenzung, Anerkennung und Zugehörigkeit, Hrsg. Mechthild Bereswill, Christine Burmeister und Claudia Equit, 168–185. Weinheim: Beltz Juventa.
Wimbauer, Christine und Mona Motakef. 2017a. Das Paarinterview. Methodologie – Methode – Methodenpraxis Wiesbaden: Springer VS.
Wimbauer, Christine und Mona Motakef. 2017b: Das Paarinterview in der soziologischen Paarforschung. Method(olog)ische und forschungspraktische Überlegungen [87 Absätze]. Forum Qualitative Sozialforschung 18(2), Art. 4, http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0114-fqs170243.
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