68 als Neuansatz in der Erzählung der Bundesrepublik
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Basiserzählung, 1968, GenerationAbstract
Die Generation generiert etwas – nicht zuletzt ein Neuansetzen nachwachsender Kulturträger im Erzählen einer Gesellschaft. Gibt es aber auch etwas, was in der Erzählung einer Gesellschaft nicht übersehen werden kann? Etwas, demgegenüber sich die Erzählenden stellen müssen? Ein Rahmen, der verpflichtet, nach einer Wendung von Charles Taylor (2012). Mit dem Konzept der ‚Basiserzählung‘ entwickelte Thomas Aage Herz (1993) in Anlehnung an Trutz von Trotha (1993) einen Entwurf, solche „unausweichlichen Bezugspunkte“ in der Selbsterzählung einer Gesellschaft zu bestimmen. Über sie werde auch die „beherrschende legitimatorische Konstruktion der Vergangenheit“ sichtbar. Hinsichtlich der Geschichte der Bundesrepublik erkennt Herz diese Bezugspunkte in der Begründung einer ‚Stunde null‘ 1945. Die Basiserzählung der Bundesrepublik setze beim kollektiven Neuanfang nach der Zerschlagung des NS-Staates an. Das Schlagwort erfülle mehrere Funktionen: Die Selbstvergewisserung einer Zäsur in allen gesellschaftlichen Bereichen, die Abstützung der Nicht-Kontinuität des neuen Staates, überdies die moralische Teil-Entpflichtung vom Mord an den europäischen Juden. Teile der 68er haben dies als kulturelle Zäsur angezweifelt. Ihr Argument: Das Sprechen über historischen Schnitt und demokratisch fundierte Gesellschaft kennt über zwei Jahrzehnte lediglich eigentümliche Verwaltungssprache. Die verpflichtende Frage danach, wie mit der Vergangenheit umzugehen sei, habe jedoch als veränderte moralische Frage gestellt zu werden. Dieser Imperativ fließt zunächst in eine kritische Gegenlesung der Basiserzählung der jungen Bundesrepublik ein. Langfristig motiviert sie deren Revision. Im Scharnier zwischen alter Basiserzählung und kritischer Gegenlesung zeigt sich nun nicht lediglich eine Neubewertung aus gleicher Perspektive. Vielmehr zeigt sich darin ein Generationswechsel. Er wird kenntlich im veränderten Selbstverhältnis des gesellschaftlichen Subjekts, das die Frage nach Schuld und Verantwortung neu arrangiert. Im Sinne Karl Mannheims ist es der Punkt des Neuansetzens der historischen Generation im Fluss der Geschichte.
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